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Landkreis Marburg Biedenkopf - ganz persönlich

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MARBURG-BIEDENKOPF<br />

DER LANDKREIS<br />

<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>


Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> – <strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>


ANDE<br />

AMSTERDAM<br />

HANNOVER<br />

DÜSSELDORF<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

FRANKFURT<br />

WIESBADEN<br />

STRASSBURG<br />

STUTTGART<br />

FRANKREICH<br />

MÜNCHEN<br />

2 · 3<br />

<strong>Biedenkopf</strong><br />

Münchhausen<br />

Breidenbach<br />

Lahntal<br />

Cölbe<br />

Steffenberg<br />

Angelburg<br />

Dautphetal<br />

Gladenbach<br />

Wetter<br />

<strong>Marburg</strong><br />

Wohratal<br />

Rauschenberg<br />

Kirchhain<br />

Amöneburg<br />

Neustadt<br />

Stadtallendorf<br />

Bad Endbach<br />

Weimar<br />

Lohra<br />

Ebsdorfergrund<br />

Fronhausen


DER LANDKREIS<br />

MARBURG-BIEDENKOPF<br />

<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong><br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

in Zusammenarbeit mit der<br />

neomediaVerlag GmbH


IMPRESSUM<br />

4 · 5<br />

Herausgeber<br />

Kreisausschuss des <strong>Landkreis</strong>es<br />

<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

Im Lichtenholz 60, 35043 <strong>Marburg</strong><br />

Tel. 06421 405-0<br />

landkreis@marburg-biedenkopf.de<br />

www.marburg-biedenkopf.de<br />

In Zusammenarbeit mit:<br />

neomediaVerlag GmbH<br />

Industriestraße 23, 48653 Coesfeld<br />

Tel. 02546 9313-0<br />

info@neomedia.de<br />

www.neomedia.de<br />

Idee und Konzeption<br />

Rainer Wendorff<br />

Redaktion/Lektorat<br />

Kreisausschuss des <strong>Landkreis</strong>es<br />

<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

Dr. Markus Morr<br />

Andreas Schmidt<br />

neomediaVerlag GmbH,<br />

Günter Poggemann<br />

Marc Hankmann<br />

Grafik/Layout<br />

Kerstin Katemann<br />

Projektakquise<br />

Matthias Kurz<br />

Bildnachweis<br />

fotostudio Wiegand: Seite 14, Christine Fenzl:<br />

Seite 56, Benjamin Heller: Seite 95, Hinterlandmuseum<br />

Schloss <strong>Biedenkopf</strong>: Seite 54, Paul<br />

Kronenberg: Seiten 96, 98, Daniela Lippelt/jsdeutschland:<br />

Seite 37, Dr. Markus Morr: Seiten 6,<br />

7, 19, 45, 49, 53, 73, 80, 83, 97, 105, 111, 112, Thomas<br />

Naumann: Seiten 6, 12, 25, 68, Thorsten Richter:<br />

Seiten 13, 31, 58, 59, 85, Schartenhof: Seite 34,<br />

Andreas Schmidt: Seiten 9, 11, 20, 22, 33, 39, 46,<br />

51, 64, 93, Stadt Gladenbach: Seite 17, Wolfgang<br />

Schekanski: Seiten 87, 106, Stephan Schienbein:<br />

Seite 65, Jakobine Theis: Seite 6, Sascha Valentin:<br />

Seite 7, Rainer Waldinger: Seiten 7, 10, 35, 55,<br />

57, 62, 63, 67, 77, 81, 88, 89, 93, 114, 115, Welterforscher<br />

Film und so weiter GmbH: Seite 110<br />

Porträt- und Firmenfotos stammen, soweit<br />

nicht anders vermerkt, von den jeweiligen<br />

Personen und Unternehmen.<br />

Printed in Germany 2017<br />

Das Manuskript ist Eigentum des Verlages.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Dem Buch liegen neben den Beiträgen der<br />

Autoren Darstellungen und Bilder der Firmen<br />

und Einrichtungen zugrunde, die mit ihrer<br />

finanziellen Beteiligung das Erscheinen des<br />

Buches ermöglicht haben.<br />

Druck<br />

C. Maurer GmbH & Co. KG<br />

73312 Geislingen an der Steige<br />

Bibliographische Information der<br />

Deutschen Bibliothek<br />

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet<br />

diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;<br />

detaillierte Daten sind im<br />

Internet über http://dnb.dbb.de abrufbar.<br />

ISBN 978-3-931334-76-5


DER LANDKREIS<br />

MARBURG-BIEDENKOPF<br />

<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong><br />

INHALT<br />

10 Mein Gefühl von Heimat<br />

Landrätin Kirsten Fründt<br />

14 Bilder der Flucht werden zu Kunst<br />

Khaled Al Deab<br />

16 Gladenbachs Regentin für ein Jahr<br />

Katharina Alena Becker<br />

18 <strong>Landkreis</strong> erhielt den Vorzug<br />

vor Bonn<br />

Friedrich Bohl<br />

21 Erfindergeist im Sinne des<br />

Umweltschutzes<br />

FAUDI GmbH<br />

22 Schoko-Pionier fand seine Heimat<br />

im <strong>Landkreis</strong><br />

Dr. Giuseppe Faussone<br />

24 Keine Angst um die Zukunft<br />

der Region<br />

Diplom-Kaufmann Eberhard Flammer<br />

26 Kompetenz in Technik und Effizienz<br />

BECKER GmbH CAD·CAM·CAST<br />

28 Vom Gemischtwarenladen<br />

zum Modehaus<br />

Begro R. Krug GmbH<br />

30 Aufbruch und Geborgenheit<br />

Florian Gärtner<br />

32 Der Schartenhof war die<br />

Keimzelle der Kultur<br />

Annemarie Gottfried<br />

35 Wandel führt zurück in die<br />

Erfolgsspur<br />

Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />

36 Voller Einsatz für junge Menschen<br />

in der Feuerwehr<br />

Karina Gottschalk und Matthias Zeidler<br />

38 Die Jugend ist die Zukunft der<br />

Region<br />

Helmut Henkel<br />

40 Europäischer Marktführer<br />

für Pkw-Bremsscheiben<br />

Buderus Guss GmbH


Schloss Rauischholzhausen Fronhausen Wohratal-Hertingshausen<br />

6 · 7<br />

42 In der Finanzwelt zuhause, in der<br />

Region tief verwurzelt<br />

Deutsche Vermögensberatung AG<br />

55 Seit Generationen Kompetenz<br />

in Holz<br />

HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />

44 Fantastische Geschichten, inspiriert<br />

durch die Region<br />

Brunhilde Heß<br />

56 Traumhafte Kindheit in<br />

zauberhafter Stadt<br />

Nina Kronjäger<br />

47 Qualifizierte Ausbildung und<br />

modernste Technologie<br />

Henkel Modellbau GmbH<br />

60 Der Mensch steht immer im<br />

Mittelpunkt<br />

Das Deutsche Rote Kreuz in Mittelhessen<br />

48 Ein Grundgefühl von Beheimatung<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Margot Käßmann<br />

50 Aus Rumänien als Pfarrer<br />

nach Lohra<br />

Herwig Klein, Pfarrer i. R.<br />

52 Grenzgangsmohr – der Traum an<br />

der Lahn<br />

Earl Kolbe<br />

62 Aus Prinzip 100 Prozent für den<br />

Erfolg des Kunden<br />

ELKAS GmbH & Co. KG<br />

64 Die Zukunft unserer Jugend<br />

mitgestalten<br />

Simona Lison<br />

66 Durch den Sport zurück in die Heimat<br />

Prof. Gerd Manthei


DER LANDKREIS<br />

MARBURG-BIEDENKOPF<br />

<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong><br />

Steffenberg-Oberhörlen Das Rathaus in Kirchhain Lahntal-Göttingen<br />

69 Regionalität und bester Geschmack<br />

Meier III GmbH Metzgerei & Partyservice<br />

70 Leben und Dienst verbinden<br />

sich hier ideal<br />

Generalmajor Andreas Marlow<br />

72 Getragen von Wind und Sonne<br />

Werner Meuser<br />

74 Wenn flüssiges Eisen zur<br />

Leidenschaft wird<br />

Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG<br />

76 Für jeden Pflegebedürftigen der<br />

passende Hausengel<br />

Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />

78 <strong>Marburg</strong> wurde meine zweite Heimat<br />

Prof. Toshio Ozawa<br />

81 Kleine Idee wird große Erfindung<br />

NOLTA GmbH<br />

82 Lyrischer Input aus dem <strong>Landkreis</strong><br />

Lars Ruppel<br />

84 Erinnerungen an ein genussvolles<br />

Studentenleben<br />

Martin Schneider<br />

86 Platz für viele Kulturen<br />

Aysel Söhret ,<br />

88 Erfahrener Vermittler für<br />

Kfz-Hersteller und -zulieferer<br />

Huppert Engineering GmbH & Co.<br />

KG/PMD GmbH & Co. KG<br />

90 High-end-Produkte aus<br />

Leidenschaft<br />

K+G Wetter GmbH<br />

92 Das Landleben bietet soziale Nähe<br />

Katrin Storck-Müller


8 · 9<br />

94 Mit dem Rhönrad von <strong>Marburg</strong><br />

in die Welt<br />

Laura Stullich<br />

96 In <strong>Marburg</strong> habe ich<br />

Grundvertrauen gefunden<br />

Sabriye Tenberken<br />

99 Exzellenz, Professionalität und<br />

Begeisterungsfähigkeit<br />

SCK SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH<br />

108 Ich habe hier alles für meinen Sport<br />

Vanessa Weinhauer<br />

110 Der Geschmack von Heimat<br />

Willi Weitzel<br />

113 In der Region für die Region<br />

Raiffeisenbank eG<br />

114 Weltmarktführer mit vielen Stärken<br />

Roth Industries GmbH & Co. KG<br />

100 Krug-Produkte sind immer dabei<br />

KRUG Gruppe Breidenbach<br />

102 Die Rundum-Kompetenz für ein<br />

Leben in Bewegung<br />

Rheumazentrum Mittelhessen GmbH & Co. KG<br />

104 Vertrauen ist Basis des<br />

Zusammenlebens<br />

Egon Vaupel, Oberbürgermeister a. D.<br />

116 Verlässlicher Partner –<br />

gut für die Region<br />

Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

118 Mein Herz schlägt für Kinder und Lohra<br />

Lydia Willershausen<br />

120 Übersicht der PR-Bildbeiträge<br />

107 Handwerkliches Können und<br />

modernste Technik<br />

Werner Preis GmbH


Das Brauchtum wird im <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> auch mit Trachten noch gepflegt – wie etwa beim Folklorefestival.<br />

DER LANDKREIS<br />

MARBURG-BIEDENKOPF<br />

<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>


LANDRÄTIN<br />

KIRSTEN<br />

FRÜNDT<br />

geb. 1967 in <strong>Marburg</strong>, verheiratet, zwei Kinder | 1986 Abitur in <strong>Marburg</strong> | 1986<br />

bis 1991 Ausbildung im Gartenbau mit anschließender Berufstätigkeit | 1991 bis<br />

1997 Studium der Agrarwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen |<br />

1997 bis 2000 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Landschaftsökologie<br />

& Landschaftsplanung an der Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen | 2000 bis 2013 Mitarbeiterin Stadtgrün, Umwelt & Natur der<br />

Stadt <strong>Marburg</strong> | 2013 bis 2014 Sportamtsleiterin der Stadt <strong>Marburg</strong> |<br />

diverse Ehrenämter im Bereich Sport | seit 2014 Landrätin des<br />

<strong>Landkreis</strong>es <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

10 · 11<br />

Landrätin Kirsten Fründt<br />

MEIN GEFÜHL<br />

VON HEIMAT<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Heimat ist da, wo man sich nicht erklären<br />

muss.“ In dieser Aussage Herders steckt viel<br />

Wahrheit. Heimat ist zwar immer ein sehr individueller,<br />

geografisch nicht immer zu lokalisierender<br />

Ort. Aber dennoch kennt wohl jeder das Gefühl<br />

starker Verbundenheit mit einem Ort, einer Landschaft oder<br />

Region. Dies gilt auch für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>,<br />

der für viele Menschen Heimat war und ist. Für mich<br />

<strong>persönlich</strong> ist unser <strong>Landkreis</strong> definitiv Heimat. Dabei ist<br />

das Gefühl von Heimat auch für mich schwer an einem einzigen<br />

Ort festzumachen. Vor allem deshalb, weil es im <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> so viele Orte, Menschen und Begegnungen<br />

gibt, die ihn zu „meiner Heimat“ gemacht haben.<br />

Sicher ist es so, dass auch Landschaften Menschen prägen.<br />

Dies erfährt, wer mit offenen Augen in fremden Regionen<br />

unterwegs ist. Umgekehrt habe ich in Gesprächen mit Men-<br />

Die Martinskirche auf dem Christenberg bei Münchhausen


Volle Deckung: Bei der 875-Jahr-Feier in Niederweimar wurden 120 Brieftauben aufgelassen.<br />

schen, die im <strong>Landkreis</strong> aufgewachsen sind, ihn aber für<br />

Studium oder Beruf verlassen haben, oft gehört, dass sich etwas<br />

in ihrem Inneren regt, dass sie nicht nur erkennen, sondern<br />

auch spüren, wenn sie in die Heimat zurückkommen.<br />

Wenn Landschaften Menschen prägen, dann gilt dies sicher<br />

auch umgekehrt. Unsere Kulturlandschaften werden von<br />

Menschen bearbeitet, verändert und geprägt. Sie heißen so,<br />

weil sie Bestandteil unserer Kultur geworden sind, und nicht<br />

nur in Abgrenzung zur Naturlandschaft.<br />

„Innovativ und traditionsbewusst, weltoffen und<br />

heimatverbunden, engagiert, vielfältig und verantwortungsbewusst<br />

gegenüber Natur und Umwelt –<br />

so sind hier die Menschen.“<br />

In den Köpfen vieler Menschen herrscht nach wie vor das<br />

Bild vor, dass ländliche Regionen eher rückständig seien.<br />

Dies gilt für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>, in dem<br />

Innovation und Tradition auf so vielfältige und sinnvolle<br />

Weise miteinander verbunden sind, definitiv nicht. Und sicher<br />

auch nicht für unsere Landwirtschaft, die diesen Spannungsbogen<br />

täglich lebt, wichtige Beiträge für Ernährung,<br />

Landschaftspflege und Erhaltung der Biodiversität leistet.<br />

Und darüber hinaus Arbeitgeber, Träger von Innovation in<br />

den Bereichen Erneuerbare Energien oder Direktvermarktung<br />

ist. Und schließlich wurde der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

zu allen Zeiten von sehr unterschiedlichen Menschen<br />

immer wieder neu geprägt. Die Nachfahren der Hugenotten<br />

haben nicht nur sprachlich Spuren hinterlassen, sondern<br />

durch „Franzosen-Wiesen“ oder eigene Kirchen zum<br />

Mosaik unserer Heimat beigetragen. Die als Folge des<br />

schrecklichen Zweiten Weltkriegs aus Osteuropa Vertriebenen,<br />

Menschen aus Südeuropa, die zu uns kamen, um in der<br />

Industrie zu arbeiten, die Flüchtlinge, die in den letzten Jahren<br />

Zuflucht im <strong>Landkreis</strong> gefunden haben – sie alle haben<br />

zur Entwicklung unserer Heimat beigetragen, prägen sie<br />

auch weiterhin.


Der Junker-Hansen-Turm: ein einzigartiger Fachwerkrundbau in Neustadt<br />

12 · 13<br />

Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> besteht in dieser Form<br />

erst seit gut 40 Jahren. Er hat eine Reihe von Vorläufern und<br />

erst die Verwaltungsreform von 1974 vereinigte die Alt-Kreise<br />

<strong>Marburg</strong> und <strong>Biedenkopf</strong> zum <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>.<br />

Die Universitätsstadt <strong>Marburg</strong> verlor ihren 1929<br />

erworbenen Status als kreisfreie Stadt und wurde mit Sonderrechten<br />

versehen ebenfalls in diesen Kreis integriert. Sie<br />

ist größte Stadt, einziges Oberzentrum im Kreis und mit reicher<br />

Geschichte sowie der Philipps-Universität ausgestattet,<br />

die bereits 1527 als erste protestantische Universität von Philipp<br />

dem Großmütigen gegründet wurde. <strong>Marburg</strong> ist eine<br />

Universitäts- und Kreisstadt, die ein besonderes Flair hat als<br />

sozusagen prototypische Universitätsstadt. Aber auch hier<br />

gilt: Die Vielfalt auch der anderen 21 Kommunen im Kreis<br />

mit ebenfalls oft sehr langer, wechselvoller und reicher Geschichte,<br />

tragen zur Lebensqualität in unserem <strong>Landkreis</strong><br />

bei.<br />

So wie das Verhältnis von Stadt <strong>Marburg</strong> und den anderen<br />

Kreiskommunen, ist auch unsere Wirtschaftsstruktur geprägt.<br />

Einige große Unternehmen zum Beispiel der Pharmaindustrie<br />

oder Metallverarbeitung auf der einen, und sehr<br />

viele klein- und mittelständische Unternehmen, häufig familiengeführt,<br />

sowie Handwerksbetriebe auf der anderen Seite.<br />

Unternehmen und Betriebe, die standorttreu sind, sich regional<br />

engagieren, Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen und<br />

zur Vielfältigkeit und Wirtschaftskraft des <strong>Landkreis</strong>es beitragen.<br />

Darunter etliche Weltmarktführer, die ein Fremder<br />

nicht zwingend zum Beispiel im Hinterland vermuten würde.<br />

Doch nicht nur Einheimische fühlen sich im <strong>Landkreis</strong> wohl.<br />

Auch unsere Besucher auf Zeit schätzen das touristische Angebot<br />

in den Städten des Kreises, in unserer reizvollen Mittelgebirgslandschaft.<br />

Zahlreiche Wanderwege, die Premium-<br />

Wanderregion im Burgwald, der Lahnradweg oder das vielfältige<br />

kulturelle Angebot vom Freilichtmuseum bis zum<br />

Musical vor reizvoller Kulisse locken viele Touristen zu uns<br />

in den <strong>Landkreis</strong>.<br />

Gäste auf Zeit sind auch die zahlreichen jungen Menschen,<br />

die in den Kreis kommen, um an der Philipps-Universität<br />

<strong>Marburg</strong> zu studieren und hier einen oft prägenden Abschnitt<br />

ihres Lebens zu verbringen. Und mit dafür sorgen,<br />

dass der <strong>Landkreis</strong> bei aller Geschichte und Tradition eine<br />

sehr zukunftsgewandte, innovative Region ist und bleibt.<br />

Beleg dafür ist zudem, dass es seit einigen Jahren in <strong>Biedenkopf</strong><br />

eine zweite Hochschule im <strong>Landkreis</strong> gibt, und dieser<br />

Standort der Technischen Hochschule Mittelhessen auch ein<br />

deutliches Zeichen für die Verbundenheit der regionalen<br />

Unternehmen mit ihrer Heimat ist. Innovation gibt es eben<br />

nicht nur im Silicon Valley, sondern auch im Lahn- oder<br />

Ohmtal.


Wie wunderbar sich Innovation und Heimatverbundenheit<br />

in globaler Verantwortung miteinander verbinden lassen, belegen<br />

die Aktivitäten im <strong>Landkreis</strong> beim Thema Klimaschutz.<br />

Sind wir doch einer der „Masterplan 100 Prozent<br />

Klimaschutz-<strong>Landkreis</strong>e“ bundesweit. Hier leistet die Kreisverwaltung<br />

tatsächlich Beispielhaftes. Auf das Engagement<br />

der Bürgerinnen und Bürger kann der <strong>Landkreis</strong> hier <strong>ganz</strong><br />

besonders zählen. Ein herausragendes Beispiel dafür sind die<br />

aktuell 11 Bioenergiedörfer. Ein Ergebnis des außergewöhnlichen<br />

Engagements vieler Menschen in unseren Dörfern.<br />

Mit den demnächst 18 Bioenergiedörfern nimmt der <strong>Landkreis</strong><br />

in Hessen auch hier eine Spitzenstellung ein. Innovativ<br />

und traditionsbewusst, weltoffen und heimatverbunden, engagiert,<br />

vielfältig und verantwortungsbewusst gegenüber<br />

Natur und Umwelt – so sind hier die Menschen. Und auf die<br />

kommt es ja zuallererst an, wenn man etwas erreichen will.<br />

Das gilt selbstverständlich auch für das Produkt, das Sie nun<br />

nach langer Vorbereitung und viel Engagement in den Händen<br />

halten, in dem Sie blättern und lesen können: „<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>…<strong>ganz</strong><br />

<strong>persönlich</strong>“. Deshalb möchte ich<br />

mich herzlich bei denjenigen Menschen bedanken, die dieses<br />

Buchprojekt ermöglicht haben. Da sind zunächst selbstverständlich<br />

diejenigen, die sich „<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>“ in diesem<br />

hochwertigen Band porträtieren lassen und somit auch<br />

Schlaglichter auf die Vielfältigkeit des <strong>Landkreis</strong>es und seiner<br />

Menschen ermöglichen. Mein Dank gilt darüber hinaus<br />

denjenigen, die durch ihren finanziellen Beitrag diese Publikation<br />

möglich gemacht haben sowie dem neomediaVerlag.<br />

Und er gilt dem Team mit Andreas Schmidt und Dr. Markus<br />

Morr sowie ergänzend Anna Margarethe Becker dafür, dass<br />

das Angebot des Verlags für den vorliegenden Band genutzt<br />

und umgesetzt wurde.<br />

Entstanden ist so ein Band, der – na ja, zumindest fast – so<br />

vielfältig wie die rund 245.000 Einwohnerinnen und Einwohner<br />

des <strong>Landkreis</strong>es ist. Deshalb wünsche ich nun allen<br />

Leserinnen und Lesern, Einheimischen wie Gästen, eine interessante,<br />

unterhaltsame und manchmal sicher überraschende<br />

Lektüre, die Ihnen neue Perspektiven und Eindrücke<br />

bieten wird.<br />

Herzlich Ihre<br />

Kirsten Fründt<br />

Landrätin<br />

Das Schloss in <strong>Biedenkopf</strong> oberhalb der früheren Kreisstadt <strong>Biedenkopf</strong>


KHALED<br />

AL DEAB<br />

geb. 1985 in Damaskus, lebte dort bis zu<br />

seinem 27. Lebensjahr | das Kunststudium<br />

konnte er aufgrund des Krieges nicht<br />

beenden | als eine Bombe in seiner<br />

Woh­nung­einschlug,­flüchtete­seine­<strong>ganz</strong>e­<br />

Familie nach Amman in Jordanien |<br />

arbeitete dort, um sich das nötige Geld<br />

für die weitere Flucht zu verdienen | kam<br />

2014 über die Balkanroute nach Deutschland<br />

und lebt jetzt mit seiner Frau in<br />

<strong>Biedenkopf</strong>.<br />

Khaled Al Deab setzt sich in <strong>Biedenkopf</strong>, wo er eine neue Heimat gefunden hat,<br />

künstlerisch mit Vergangenheit und Gegenwart auseinander.<br />

14 · 15<br />

Khaled Al Deab<br />

BILDER DER FLUCHT<br />

WERDEN ZU KUNST<br />

Dass ich heute in <strong>Biedenkopf</strong> lebe, macht mich<br />

unheimlich glücklich. Denn mein Heimatland<br />

Syrien musste ich verlassen: Der Krieg machte<br />

das Leben dort unerträglich. Eigentlich wollte<br />

ich gerne bleiben, denn mein Traum war es, Kunst zu studieren.<br />

Nach dem Abitur habe ich zunächst eine kleine Firma<br />

gehabt: eine Reinigung für Kleidung und Teppiche. Doch<br />

2009 wurde ich zur Armee eingezogen. Und als mein Wehrdienst<br />

zu Ende war, konnte ich mich meinem Traum widmen<br />

und anfangen zu studieren. Mit meinen beiden Brüdern, den<br />

zwei Schwestern und meiner Mutter hatte ich ein gutes Leben,<br />

mitten in der Stadt. Doch dieses Leben und auch mein<br />

Studium wurde schnell beendet. Denn als eine Bombe in<br />

meinem Zimmer einschlug – glücklicherweise ohne zu explodieren<br />

– bin ich mit meiner Familie nach Jordanien geflohen.<br />

Dass ich noch lebe, ist also reines Glück.<br />

In Jordanien habe ich eineinhalb Jahre an einer Tankstelle<br />

gearbeitet, um Geld für die Weiterreise und auch für die<br />

Familie zu verdienen. Aber der Job war sehr schlecht bezahlt.<br />

Jeden Tag habe ich zwölf Stunden lang gearbeitet, sieben Tage<br />

in der Woche, für 200 Euro im Monat. Nach eineinhalb<br />

Jahren musste ich wegen Rückenproblemen aufhören. Mittlerweile<br />

hatte ich genug Geld, um mit einem Flug ticket in die<br />

Türkei zu reisen. Ich wollte weiter nach Deutschland. Gemeinsam<br />

mit einem Freund suchte ich einen Schlepper – in<br />

Bodrum, Izmir, Istanbul und Marmaris. Nach 20 Tagen fanden<br />

wir einen, bezahlten ihm 1.800 Euro, um mit einem<br />

Boot nach Griechenland zu kommen. Ich hatte Angst, besorgte<br />

mir eine Rettungsweste. In dem Boot waren wir elf<br />

Leute, und die Angst reiste mit. Nach einer halben Stunde<br />

kamen wir in Griechenland an, landeten in Seskli, einer kleinen<br />

Insel in der Ägäis. Wir hatten nichts: Kein Essen, kein<br />

Wasser – und wir wussten nicht, wie es weitergeht.<br />

Schließlich wurden wir vom Militär aufgegriffen und in ein<br />

Lager gebracht. Dort wurden wir zwar versorgt, aber es war<br />

wie im Gefängnis. Eine Woche später wurden wir nach


Athen gebracht. Das Spiel begann von vorne: Wieder suchte<br />

ich einen Schleuser, diesmal, um nach Mazedonien zu kommen.<br />

Auf einem Lastwagen ging es weiter: 40 Leute wurden<br />

zusammengepfercht, der Fahrer brachte uns über die Grenze<br />

– und wieder kostete es 1.800 Euro.<br />

Wir marschierten zu Fuß weiter in Richtung Serbien. Dort<br />

wurde ich von der Polizei geschnappt und ins Gefängnis<br />

geworfen. Nach zehn Tagen brachte man mich zurück<br />

nach Mazedonien. Und derselbe Schleuser wie vorher<br />

brachte mich dann wieder über die Grenze. Ich schlug<br />

mich zunächst wieder zu Fuß durch Serbien, dann kam irgendwann<br />

ein Kleinwagen. Mit zehn Personen kamen wir<br />

in Belgrad an.<br />

„Ich will auch den Neuanfang illustrieren, die<br />

Hoffnung, die ich hier in <strong>Biedenkopf</strong> wieder erleben<br />

kann. Denn die Stadt ist für mich der Ort, an dem<br />

ich endlich wieder unbeschwert leben kann.“<br />

Ein weiterer Schleuser wollte mich für 1.500 Euro nach<br />

Italien bringen, in Ungarn wurde ich allerdings wieder festgenommen.<br />

Drei Tage blieb ich im Gefängnis, wurde freigelassen<br />

und zum Glück nicht zurückgebracht. Mit dem Auto<br />

ging es für 600 Euro weiter – über Italien und Österreich<br />

kam ich letztendlich nach insgesamt etwa einem halben<br />

Jahr in Frankfurt an. Von dort ging es weiter ins Camp<br />

nach Gießen – und jetzt bin ich hier, habe eine Duldung für<br />

drei Jahre und konnte sogar meine Frau Arij nachholen.<br />

vom Postraub, das <strong>Biedenkopf</strong>er Schloss und die Statue „El<br />

Niño“. Doch in den Bildern zeige und verarbeite ich auch,<br />

was ich während der Flucht erlebt habe. Ein einzelner, roter<br />

Turnschuh, mit Blut beschmiert, ist alles, was von einem<br />

Kind übrig blieb. „Bombeneinschlag“ habe ich das Bild<br />

genannt, auf dem sich eine Familie die Ohren zuhält. Und<br />

„Auf dem Wasser“ zeigt ein überfülltes Boot, voll mit<br />

Flüchtlingen.<br />

Aber ich will auch den Neuanfang illustrieren, die Hoffnung,<br />

die ich hier in <strong>Biedenkopf</strong> wieder erleben kann. Denn<br />

die Stadt ist für mich der Ort, an dem ich endlich wieder<br />

unbeschwert leben kann. Nun wünsche ich mir, dass ich einen<br />

Beruf erlernen kann. Wenn es mit dem Kunststudium<br />

nicht klappt, dann könnte ich mir auch eine Ausbildung als<br />

Maler und Lackierer vorstellen, um mein eigenes Geld zu<br />

verdienen.<br />

Meine Geschwister sind mittlerweile auch weit verteilt: ein<br />

Bruder lebt in Edmonton in Kanada, der Zweite in Stuttgart.<br />

Und eine meiner Schwestern wohnt in Saudi-Arabien, meine<br />

andere in Wilhelmshaven. Wir bleiben über Internet in Kontakt,<br />

das spendet Trost. Denn ich denke noch oft an Syrien.<br />

Doch zurück will ich nicht mehr. Zu tief sind die Wunden,<br />

die der Krieg gerissen hat. Arij und ich bauen hier unsere<br />

Zukunft auf. Und vielleicht kann meine Mutter, die in Jordanien<br />

blieb, zu uns kommen. Dann wäre das Glück perfekt.<br />

Eines der Werke Al Deabs zeigt ein überladenes Flüchtlingsboot.<br />

Ich bin sehr glücklich, denn ich wurde sehr freundlich aufgenommen,<br />

habe viel Hilfe gefunden. Auch habe ich schon<br />

viele Freunde gefunden. Und ich konnte schon zweimal bei<br />

den <strong>Biedenkopf</strong>er Schlossfestspielen mitmachen – dort habe<br />

ich im Stück „Der Postraub“ den Räuber Jost Wege gespielt.<br />

Meinen Text kann ich noch.<br />

Durch den Workshop zum Musical habe ich die Musiklehrerin<br />

Silvia Salzbauer kennengelernt, die mich toll fördert.<br />

Mittlerweile kann ich Klavier spielen, Silvia hat mir ein gebrauchtes<br />

Piano besorgt. Und jetzt kann ich auch wieder<br />

malen. In einigen Ausstellungen konnte ich meine Werke<br />

nun schon zeigen. Ein Bild zeigt zum Beispiel die Kutsche


KATHARINA ALENA<br />

BECKER<br />

geb. 1997 | 2014 Ausbildung<br />

zur Übungsleiterin | 2015<br />

Abitur in <strong>Marburg</strong> | seit 2015<br />

Ausbildung zur Biologie-<br />

Laborantin bei CSL Behring |<br />

Kirschenkönigin in Gladenbach<br />

von 2015 bis 2016<br />

16 · 17<br />

Katharina Alena Becker<br />

GLADENBACHS<br />

REGENTIN FÜR EIN JAHR<br />

Schon als kleines Kind, wenn ich den Kirschenmarkt<br />

besuchte, hatte ich den Traum, Prinzessin zu sein –<br />

so, wie viele Mädchen. Und immer, wenn ich die<br />

Kirschenkönigin mit ihrer Krone gesehen habe,<br />

wurde in mir der Wunsch geweckt, selbst Königin zu sein.<br />

Schon im Jahr 2014 hätte ich mich beinahe beworben.<br />

Allerdings war es das Jahr vor meinem Abitur – und das war<br />

wichtiger. Aber ein Jahr später, als ich den Abschluss in der<br />

Tasche hatte, habe ich mich zur Wahl beworben. Dabei haben<br />

mich meine Familie und meine Freunde unterstützt: Sie<br />

waren davon überzeugt, dass ich es kann. Und plötzlich ging<br />

alles Schlag auf Schlag.<br />

Mir war natürlich bewusst, dass im Verlauf des Jahres einige<br />

Termine auf mich zukommen werden. Aber <strong>ganz</strong> blauäugig<br />

bin ich nicht an das Thema herangegangen: Ich kannte Nadine<br />

Koch, die ebenfalls aus Weidenhausen kommt. Sie war<br />

2013 Kirschenkönigin, und so konnte ich mich nicht nur bei<br />

ihr informieren, sondern auch einige Tipps bekommen. Ich<br />

wusste also, was auf mich zukam und war nicht überrascht,<br />

dass ich jeden Monat etwa ein bis zwei Termine für die Stadt<br />

absolvieren musste. Das war zu schaffen – so konnte ich zur<br />

Wahl antreten.<br />

Es kam der Wahl-Abend im Kirschenmarktzelt. Heiß war<br />

es, und das Zelt war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ich<br />

kannte es zwar, vor vielen Menschen zu stehen. Denn beim<br />

TV Hartenrod turne ich selbst und bin als Übungsleiterin<br />

des Kinderturnens aktiv. Und auch in der Tanzgruppe des<br />

TV Weidenhausen mache ich mit. Doch an dem Abend im<br />

Zelt – das war schon eine andere Situation.<br />

Ich war die erste Kandidatin, die mit der Rose in der Hand<br />

über den Laufsteg gehen musste. Erfahrungen auf der Bühne<br />

und vor Publikum hatte ich bereits, aber aufgeregt war ich<br />

dennoch, als das Publikum johlte, schrie und mich anfeuerte.<br />

Danach mussten meine Fans für mich jubeln, denn die ge-


messene Lautstärke von zwei Läufen wird addiert. Im ersten<br />

Durchgang erreichte ich durch meine Unterstützer 94 Phon –<br />

ein sehr guter Wert.<br />

Dann musste mein Prinz, Jonas Haus, am Glücksrad drehen –<br />

und erreichte die Höchst-Punktzahl vier. Es folgte der zweite<br />

Lauf, und im Anschluss stieg der Phon-Wert sogar noch auf<br />

96 – es war geschafft, mich hatte das Publikum zur Kirschenkönigin<br />

gewählt. Es folgte der große Moment, als mir meine<br />

Vorgängerin Jennifer Fuchs den Mantel umlegte, die Krone<br />

aufsetzte und das Zepter überreichte. Das ging so schnell –<br />

ich kann mich kaum noch erinnern. Denn es war eine Mischung<br />

aus Freude, Erleichterung und Blitzlichtgewitter.<br />

Beim anschließenden Ausmarsch kamen wir nur bis zum<br />

Zelt-Ausgang, denn es folgten noch zahlreiche Fotos und<br />

auch Interviews.<br />

Direkt am nächsten Morgen hatte ich meinen ersten Termin:<br />

beim Pressefrühstück auf dem Kirschenmarkt. Und am<br />

5. September folgte der erste offizielle Auftritt als Kirschenkönigin<br />

auf dem Gladenbacher Weinfest. Ich hatte mich gut<br />

vorbereitet, eine Rede geschrieben. Doch als der zweite Vorredner<br />

mit seiner Rede fertig war, merkte ich: Alles, was ich<br />

eigentlich sagen wollte, war bereits gesagt. Ich konnte zum<br />

Glück improvisieren – und seit der Weinprobe sind wir<br />

Weißweintrinker.<br />

Es folgten zahlreiche weitere Auftritte. Irgendwann hatte ich<br />

eine gewisse Routine – auch dank Planung und Disziplin.<br />

Die habe ich durch meinen Sport gelernt: Schon kurz nachdem<br />

ich laufen konnte, fing ich mit dem Turnen an – vom<br />

Kleinkinder- und Mädchenturnen bis zum Leistungsturnen.<br />

Hinzu kommt noch der Tanz, bei dem Disziplin ebenfalls<br />

sehr wichtig ist.<br />

„Ich bin hier verwurzelt. Denn Freunde und Familie<br />

sind mir wichtig. Durch das Amt der Kirschenkönigin<br />

habe ich mit meinem Prinz Veranstaltungen besucht,<br />

die Leute unseres Alters normalerweise nicht erleben.<br />

Das hat auch den Sinn für die Region geschärft.“<br />

Daher finde ich es schade, dass es offenbar immer schwieriger<br />

wird, Kandidatinnen für das Amt zu begeistern. Ich<br />

kann allen nur Mut zusprechen: Man muss zwar Engagement<br />

zeigen und Herzblut in die Sache stecken. Doch es ist<br />

wirklich eine sehr positive Erfahrung. Außerdem gibt es<br />

auch viel Unterstützung durch die Stadt.<br />

Ich mag unsere Region, ich fühle mich hier wohl und kann<br />

mir vorstellen, auch während meines Studiums, das ich plane,<br />

hierzubleiben. Ich bin hier verwurzelt. Denn Freunde<br />

und Familie sind mir wichtig. Durch das Amt habe ich mit<br />

meinem Prinz Veranstaltungen besucht, die Leute unseres<br />

Alters normalerweise nicht erleben. Das hat auch den Sinn<br />

für die Region geschärft. Ich fühle mich hier sehr wohl und<br />

sehe keinen Grund, hier wegzugehen. Außerdem bin ich kein<br />

Stadtmensch.<br />

Ein Höhepunkt war auch das Hoheitentreffen im Biebricher<br />

Schloss mit Ministerpräsident Volker Bouffier. Gut 100 Hoheiten<br />

kamen und wurden für ihr ehrenamtliches Engagement<br />

gewürdigt. Es war spannend zu sehen, wie viele Hoheiten<br />

es gibt – ob Spargel-, Erdbeer- oder Kartoffelkönigin.<br />

Dort habe ich sogar eine weitere Kirschenkönigin kennengelernt<br />

– aus Witzenhausen.<br />

Aus der Zeit bleiben viele Erfahrungen und schöne Erlebnisse.<br />

Das Amt hat Nachwirkungen, es hat ein Stück weit eine<br />

Persönlichkeitsentwicklung stattgefunden. Ich hätte garantiert<br />

bereut, mich nicht beworben zu haben, denn die Erlebnisse<br />

bleiben in Erinnerung. Es war ein Jahr, das ich nie<br />

missen möchte. Und als ich meiner Nachfolgerin auf dem<br />

Kirschenmarkt nach ihrer Wahl dann Krone, Mantel und<br />

Zepter überreichte, habe ich mich für sie gefreut – aber ich<br />

war auch etwas traurig.<br />

Der Kirschentags-Festzug ist immer ein Highlight in Gladenbach.


FRIEDRICH<br />

BOHL<br />

geb. 1945 in Rodorf (Göttingen) | Studium der Rechts wissenschaften in<br />

<strong>Marburg</strong> | 1978 bis 2002 Vorsitzender des CDU-Kreisverbands |<br />

1970 bis 1980 Mitglied im Hessischen Landtag | 1980 bis 2002 Mitglied<br />

im Bundestag | 1991 bis 1998 Chef des Bundeskanzleramts |<br />

1998 bis 2009 Vorstand bei der Deutschen Vermögensberatung<br />

(DVAG), seit 2009 Aufsichtsrats-Vorsitzender der DVAG | seit<br />

2011 Präsident der von Behring-Röntgen-Stiftung | Träger des<br />

Großen Goldenen Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um<br />

die Republik Österreich, des Großen Verdienstkreuzes der<br />

Bundesrepublik Deutschland, des Großkreuzes des portugiesischen<br />

Verdienstordens und der Alfred-Degger-Medaille in Gold<br />

18 · 19<br />

Friedrich Bohl<br />

LANDKREIS ERHIELT DEN<br />

VORZUG VOR BONN<br />

In unserem schönen heimatlichen <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<br />

<strong>Biedenkopf</strong> fühle ich mich sehr wohl. Seit 1950 lebe ich<br />

hier. Damals zogen meine Eltern nach Rauschenberg,<br />

von wo aus mein Vater mit der Wohratalbahn täglich<br />

als Landwirtschaftslehrer zu seiner Dienststelle nach Kirchhain<br />

und zurück fuhr. 1951 wurde ich dann eingeschult in<br />

die damalige Volksschule Rauschenberg, in der jeweils zwei<br />

Jahrgänge in einer Klasse zusammen unterrichtet wurden.<br />

An sich habe ich eine recht unbeschwerte Kindheit dort verbracht<br />

– konnte man doch damals noch in der Wohra baden.<br />

Allerdings musste ich zweimal in der Woche mit dem Bus<br />

nach <strong>Marburg</strong> zu orthopädischen Übungen fahren, um meine<br />

Rückgratprobleme – zusätzlich zu meinem Gipsbett, in<br />

dem ich nachts schlief – kurieren zu können. Besonders<br />

gerne erinnere ich mich noch an das Jahr 1954, als wir in<br />

Kirchhain auf dem Marktplatz unsere beiden Motorradweltmeister<br />

im Seitenwagenfahren, Wilhelm Noll und Fritz<br />

Cron, begeistert feiern konnten. Auch die Fußball-WM im<br />

gleichen Jahr mit dem deutschen Sieg habe ich vor dem<br />

Fernseher im Restaurant des Hotels Ruckert, dem heutigen<br />

Restaurant „Venezia“, in Rauschenberg erlebt: beides unvergessliche<br />

Erlebnisse!<br />

1955 zogen meine Eltern nach Kirchhain und ich wechselte<br />

in das damalige Realgymnasium für Jungen in <strong>Marburg</strong>, die<br />

heutige Martin-Luther-Schule. Die Zugfahrten hatten Lichtund<br />

Schattenseiten: Zumindest hatte man den Vorteil, auf<br />

der Hinfahrt seine Schulaufgaben noch komplettieren und<br />

sich auf der Rückfahrt dem Skatspiel hingeben zu können.<br />

In Kirchhain habe ich mich unheimlich wohlgefühlt und<br />

insbesondere beim TSV Kirchhain in den Jugendmannschaften<br />

des Hand- und Fußballs viel Freude und viele Freunde<br />

gehabt. Was mir an technischen Fertigkeiten fehlte,<br />

wurde halt mit „englischer Härte“ gut ausgeglichen.<br />

Schon früh hat mich das politische Geschehen außerordentlich<br />

interessiert. So haben mich die Fernsehberichte der Nie-


Das Landgrafenschloss in <strong>Marburg</strong> dominiert das Erscheinungsbild der Universitätsstadt.<br />

„Es berührt mich immer wieder, wenn ich von meinem Büro<br />

derschlagung des ungarischen Volksaufstands 1956 ebenso<br />

tief bewegt wie die Ereignisse, die mit dem Berliner Mauerbau<br />

1961 einhergingen. Damit war der Weg in die Politik<br />

fast programmiert: 1963 trat ich in die CDU ein und wurde<br />

im gleichen Jahr Vorsitzender der Jungen Union Kirchhain.<br />

Aus unserem <strong>Landkreis</strong> sind eine Reihe bekannter und prominenter<br />

Politiker hervorgegangen, die zum großen Teil an<br />

unserer Philipps-Universität studiert haben. Ich denke aus<br />

früherer Zeit vor allem an Heinrich Schneider, Hans-Jochen<br />

Vogel, Alfred Dregger, Egon Klepsch, Walter Wallmann,<br />

aber auch an Gerhard Jahn und Ludwig Preiß. Auch meine<br />

Schulklasse war politisch <strong>ganz</strong> schön „aufgemischt“. Mit<br />

den späteren SPD-Größen Thomas Naumann und Hans-<br />

Joachim Wölk habe ich zusammen Abitur gemacht und mir<br />

manch hitzige politische Diskussion geliefert. Besonders<br />

dankbar denke ich dabei an unseren verstorbenen Deutschund<br />

Geschichtslehrer Dr. Helmut Krause, den Vater der heutigen<br />

Uni-Präsidentin Prof. Dr. Katharina Krause, der nicht<br />

von der Deutschen Vermögensberatung in Frankfurt zurück<br />

nach <strong>Marburg</strong> fahre. Dann sehe ich schon von Weitem das<br />

<strong>Marburg</strong>er Schloss und weiß, dass ich nun zu Hause bin.“<br />

nur fachlich auf der Höhe der Zeit war, sondern uns auch<br />

Toleranz und gegenseitigen Respekt gelehrt hat.<br />

Mein anschließendes Jurastudium von 1964 bis 1969 habe<br />

ich in <strong>Marburg</strong> absolviert. Es waren politisch sehr stürmische<br />

Zeiten – gerade auch an unserer Hochschule selbst –<br />

und ich als Mitglied des Stadtparlaments mittendrin. Der<br />

Slogan „Die rote Uni“ war zu hören.<br />

Wohltuend davon hob sich mein Studentenjob als Steinesetzer<br />

bei den Flurbereinigungen in Mardorf und Amöneburg<br />

ab. Zusammen mit meinem Freund Ludwig Schick,<br />

dem heutigen Bamberger Erzbischof, habe ich Löcher für


20 · 21<br />

Die Ruine der Franziskus-Kapelle am <strong>Marburg</strong>er Pilgrimstein in unmittelbarer Nähe der Elisabethkirche<br />

„Auch wenn es an manchen Wochenenden schon sehr<br />

stressig war, so konnte man doch auf Grenzgang- und<br />

Feuerwehrfesten sowie Sport- und Vereinsjubiläen,<br />

Festzügen und vielen anderen Ereignissen sehr gut Land<br />

und Leute kennen und schätzen lernen.“<br />

neue Grenzsteine gebuddelt. Das ging in Mardorf wegen des<br />

guten Bodens <strong>ganz</strong> leicht, in Amöneburg mit seinem vielen<br />

Basalt nur mit Stemmeisen.<br />

Unseren <strong>Landkreis</strong> habe ich in seiner <strong>ganz</strong>en Größe und<br />

Ausdehnung, aber auch in seiner Schönheit und Vielfalt<br />

bestens in meiner Zeit als Abgeordneter im Land und Bund<br />

kennengelernt. Auch wenn es an manchen Wochenenden<br />

schon sehr stressig war, so konnte man doch auf Grenzgangund<br />

Feuerwehrfesten sowie Sport- und Vereinsjubiläen, Festzügen<br />

und vielen anderen Ereignissen sehr gut Land und<br />

Leute kennen und schätzen lernen. Dies war nicht nur<br />

äußerst informativ, sondern hat mir sehr viel Verbundenheit<br />

mit vielen Menschen geschenkt, die ich nicht mehr missen<br />

möchte. Übrigens war das der Grund, warum wir nie nach<br />

Bonn gezogen, sondern in unserem schönen <strong>Marburg</strong> geblieben<br />

sind. Das hat sich ausgezahlt, auch wenn meine Frau<br />

und ich jahrelang eine Wochenendehe geführt haben.<br />

Unser heutiger <strong>Landkreis</strong> besteht seit der Gebietsreform in<br />

1974 aus dem Zusammenschluss der Altkreise <strong>Marburg</strong> und<br />

<strong>Biedenkopf</strong> sowie der früher kreisfreien Stadt <strong>Marburg</strong>.<br />

Dankbar erinnere ich mich an die zehn „Aufbaujahre“, die<br />

ich als CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag mit seiner<br />

CDU/FWG-Mehrheit begleiten durfte. Es ist schön, dass auf<br />

diesem Fundament unser <strong>Landkreis</strong> in vieler Hinsicht einfach<br />

Spitze geworden ist!<br />

Ich fühle mich hier einfach wohl. Es berührt mich immer<br />

wieder, wenn ich von meinem Büro von der Deutschen Vermögensberatung<br />

in Frankfurt zurück nach <strong>Marburg</strong> fahre.<br />

Dann sehe ich schon von Weitem das <strong>Marburg</strong>er Schloss<br />

(das übrigens mein Dienstsitz als Präsident der von Behring-<br />

Röntgen-Stiftung ist) und weiß, dass ich nun zu Hause bin.


FAUDI GmbH<br />

ERFINDERGEIST IM SINNE<br />

DES UMWELTSCHUTZES<br />

2 · 3<br />

Das Unternehmen FAUDI wurde 1938 von Fritz<br />

Faudi gegründet. Es beschäftigt sich seit mehr<br />

als 75 Jahren mit dem Filtern von Flüssigkeiten<br />

und Gasen in industriellen Prozessen. Mit innovativen<br />

Produkten hat FAUDI in der Filtration Meilensteine<br />

geschaffen. Der Name FAUDI steht heute als Inbegriff für<br />

höchste Qualität. Für diese Qualität stehen das Expertenwissen<br />

unserer Mitarbeiter, die Erfahrung aus sieben Jahrzehnten<br />

erfolgreicher Tätigkeit und schließlich unsere Produkte,<br />

die seit über 40 Jahren in den Anlagen unserer Kunden<br />

zuverlässig arbeiten. Diese Zuverlässigkeit basiert auf<br />

unserer Philosophie, in moderne Technologien zu investieren<br />

und die Entwicklung innovativer Produkte voranzutreiben.<br />

Fritz Faudi lag insbesondere der schonende Umgang mit<br />

Ressourcen am Herzen. So widmet sich die „Fritz & Margot<br />

Faudi Stiftung“ der Weiterentwicklung von Verfahrenstechniken<br />

zur Reinhaltung von Luft, Wasser und Boden sowie<br />

der Erforschung neuer Energiequellen. Die gasunterstützte<br />

Rückspülung gilt als Alleinstellungsmerkmal von FAUDI.<br />

Vollautomatische Rückspülfi lter mit regenerierbaren Mikrofi<br />

lterelementen entlasten durch einen geringen Rückspülverlust<br />

die Umwelt. Mit den Schnecken- und hydraulischen<br />

Brikettierpressen von FAUDI können Unternehmen bis zu 95<br />

Prozent Frischöl einsparen. Unternehmen wie VW, Audi,<br />

Bosch oder auch global tätige Ölkonzerne wie etwa die brasilianische<br />

Petrobras setzen auf die FAUDI-Filtertechnik.<br />

Für diesen Erfi nder- und Unternehmergeist steht auch Horst<br />

Watz. Der Diplom-Ingenieur übernahm FAUDI 2006 und<br />

führte den Filtrationsexperten an die Weltspitze. Heute sind<br />

über 120.000 FAUDI-Filteranlagen auf fünf Kontinenten im<br />

Einsatz, vornehmlich in der Öl-, Gas- und Chemieindustrie,<br />

in Raffi nerien, Stahlwerken und Kraftwerken sowie in der<br />

Automobil- und metallverarbeitenden Industrie.<br />

Die FAUDI beschäftigt ca. 100 Mitarbeiter – ein leistungsfähiges,<br />

hoch qualifi ziertes Team von Ingenieuren, Kaufl euten,<br />

Konstrukteuren, Monteuren und Schweißern, das FAUDI in<br />

die Lage versetzt, jede gewünschte Leistung nach länderund<br />

kundenspezifi schen Regelwerken und Vorschriften zu<br />

erbringen. Bereits in der Ausbildung wird viel Wert auf innovatives<br />

Denken gelegt. Wer bei FAUDI eine Ausbildung oder<br />

ein Duales Studium absolviert, lernt ihn vom ersten Tag an<br />

kennen – den Erfi ndergeist, der FAUDI zu einem Global<br />

Player gemacht hat.<br />

Mit einem solchen FAUDI-<br />

Modulfilter inklusive<br />

Rückspülung entlasten<br />

Raffinerien die Umwelt.<br />

Kontakt<br />

FAUDI GmbH<br />

Faudi-Straße 1<br />

35260 Stadtallendorf<br />

www.faudi.de


DR. GIUSEPPE<br />

F A U S S O N E<br />

geb. 1925, verheiratet, drei Kinder |<br />

1951 bis 1954 Maschinenbaustudium<br />

in Turin | 1954 Eintritt bei<br />

Ferrero in Alba (Italien) | 1956<br />

Aufbau des Werks in Stadtallendorf,<br />

Werksleiter bis 1992 | 2013<br />

Verleihung des „Kreislöwen“, einer<br />

selten verliehenen Auszeichnung<br />

für Menschen, die sich besonders<br />

für den <strong>Landkreis</strong> engagiert haben |<br />

2014 Verleihung der Ehrennadel<br />

der Stadt Stadtallendorf<br />

22 · 23<br />

Dr. Giuseppe Faussone<br />

SCHOKO-PIONIER FAND SEINE<br />

HEIMAT IM LANDKREIS<br />

Als ich 1956 aus Italien in den <strong>Landkreis</strong> kam, um<br />

ein Werk für Ferrero aufzubauen, konnte ich<br />

kaum absehen, dass ich hier meine Heimat finden<br />

würde. Und dass das Werk in Stadtallendorf gegründet<br />

wurde, war letztlich nur ein Zufall. Zu dieser Zeit<br />

war Ferrero lediglich in Italien ein Begriff. Für Inhaber<br />

Michele Ferrero war klar: Er wollte nach Deutschland expandieren.<br />

Deutschland war für seine Maschinen für Süßwarenfabriken<br />

bekannt. Ferrero kam jedes Jahr mit einem Dolmetscher<br />

nach Deutschland, um nach Maschinen zu schauen.<br />

Eigentlich wollte Michele Ferrero einen Standort in München.<br />

Denn in den 50er-Jahren war Deutschland für Italiener<br />

München. Doch ein Berater empfahl uns Frankfurt –<br />

aufgrund der Lage inmitten von Europa, mit einem großen<br />

Flughafen. Also fuhren Michele Ferrero und ich mit dem<br />

Zug von Turin nach Frankfurt, um eine kleine Halle zu mieten.<br />

Der Plan war, zunächst kleine Artikel herzustellen, um<br />

zu testen, wie die Deutschen auf unsere Produkte reagieren.<br />

Doch eine Halle gab es in Frankfurt nicht – zu groß war<br />

noch die Zerstörung nach dem Krieg.<br />

Uns wurde vorgeschlagen, nach Allendorf – damals noch ohne<br />

den Zusatz „Stadt“ – zu gehen. Denn dort hatte es unter<br />

anderem die Munitions- und Sprengstofffabriken gegeben –<br />

es war also jede Menge Fläche vorhanden. Dazu wurde uns<br />

ein Mitarbeiter der Aufbaugesellschaft Allendorf zur Seite<br />

gestellt. Als wir durch das Gebiet fuhren, sahen wir zunächst<br />

nur die riesigen Bunker mit den Bäumen auf den Dächern. Es<br />

war nichts Passendes dabei – bis wir am Ende der Schleife an<br />

einer Halle vorbeifuhren, in deren großen Fenstern Buchstaben<br />

klebten. Mein Chef wollte wissen, was die Buchstaben<br />

bedeuteten – dort stand „zu vermieten“, wir hatten unsere<br />

Halle gefunden.<br />

Wenige Monate später brach ich mit drei Mitarbeitern nach<br />

Stadtallendorf auf. Kurz zuvor hatte ich meine Frau Marisa<br />

geheiratet, doch es hieß zunächst Abschied nehmen. Angst


hatte ich keine: Ich war jung und freute mich auf die Aufgabe.<br />

Und schließlich war es eine große Ehre für mich, die<br />

neue Fabrik im Ausland aufzubauen. Noch dazu, wo ich erst<br />

seit zwei Jahren im Werk in Alba arbeitete. Michele Ferrero<br />

hatte großes Vertrauen in mich.<br />

Wir bereiteten die Halle vor, und im Januar 1957 begannen<br />

wir mit der Produktion. Das Werk hieß zunächst „Süßwarenherstellung<br />

GmbH“, dann „Assia“ – das italienische<br />

Wort für Hessen. Die ersten zwei Jahre waren allerdings ein<br />

Flop, denn wir haben viele kleine Artikel produziert – aber<br />

sie kamen bei den Deutschen nicht an. Eine Crème mit<br />

Milch, Butter und Kakaopulver war dabei – der Vorläufer<br />

von Nutella. Auch einen Vorgänger von Hanuta produzierten<br />

wir. Auf der Waffel war ein Bild mit Jagdmotiven zu sehen.<br />

Vor allem die Kinder aber hatten gehofft, es gäbe jeden<br />

Tag ein neues Motiv. Doch schon nach einer Woche wiederholten<br />

sich die Bilder.<br />

„Und der Durchbruch in Deutschland kam schließlich<br />

mit Mon Chéri. Das war eine Rakete.“<br />

hat in der Anfangszeit in einer Feldküche Pasta für unsere<br />

ersten Assia-Mitarbeiter gekocht. Später gab sie dann viele<br />

Jahre lang Italienisch-Kurse an der Volkshochschule. Und<br />

auch als Schriftstellerin hat sie sich einen Namen gemacht.<br />

Seit fast 40 Jahren wohnen wir nun in <strong>Marburg</strong>. Anfangs<br />

blieben wir in Stadtallendorf, damit ich notfalls schnell im<br />

Werk sein konnte. Dann kauften wir das Haus am Ortenberg.<br />

Es ist einfach schön hier – das ist unsere Heimat. Unsere<br />

drei Kinder sind hier geboren, gingen in Amöneburg zur<br />

Schule, haben in Deutschland studiert und arbeiten hier.<br />

Wichtig ist uns beiden auch die Musik. Ich habe beispielsweise<br />

als Organist ausgeholfen, in <strong>Marburg</strong> bei St. Peter und<br />

Paul und zugleich in Wehrda und in Cölbe. Auch heute spiele<br />

ich noch gerne. Wegen der Musik reisten wir auch quer<br />

durch Deutschland. Ich erinnere mich noch an Karajan in<br />

Kassel. Ein Höhepunkt waren immer die Wagner-Festspiele<br />

in Bayreuth. Auch der <strong>Landkreis</strong> hat musikalisch viel zu bieten.<br />

Marisa singt heute noch in zwei <strong>Marburg</strong>er Chören, wir<br />

haben ein Abonnement des Musikvereins und freuen uns jedes<br />

Jahr auf die Eckelshausener Musiktage – und auf die<br />

neue Stadthalle in <strong>Marburg</strong>.<br />

Michele Ferrero hatte aber die Weitsicht, dennoch am Deutschen<br />

Markt festzuhalten. Und der Durchbruch in Deutschland<br />

kam schließlich mit Mon Chéri. Das war eine Rakete.<br />

Mon Chéri wurde bereits in Italien produziert. Zu einer Besprechung<br />

in Frankfurt hatte jemand eine Schachtel vor dem<br />

Konferenzsaal auf den Tisch gestellt. Und als die Konferenz<br />

zu Ende war, war die Schachtel leer. Also haben wir die<br />

Pralinen in Stadtallendorf als Einzelstücke hergestellt. Denn<br />

die Leute hatten kein Geld, um sich eine <strong>ganz</strong>e Schachtel<br />

Pralinen zu leisten. Aber Mon Chéri kosteten nur ein paar<br />

Pfennige – jeder konnte sie kaufen, und so wurden sie sehr<br />

schnell bekannt.<br />

Nach und nach wuchs das Werk, wir fanden aber nur sehr<br />

schwer Mitarbeiter. Also haben wir Frauen aus Italien nach<br />

Stadtallendorf geholt, die bei uns im Werk gearbeitet haben<br />

und in der Anfangszeit bei Privatleuten in Amöneburg unterkamen.<br />

Heute arbeiten mehr als 5.000 Menschen aus 50 Nationen<br />

bei Ferrero in Stadtallendorf.<br />

36 Jahre lang habe ich als Werksleiter gearbeitet und bin<br />

Ferrero auch nach meiner Pensionierung in 1992 treu geblieben.<br />

Ich arbeitete noch sechs Jahre lang als Berater und bin<br />

jede Woche nach Turin geflogen, häufig auch nach Südamerika,<br />

um dort beim Aufbau von Werken zu helfen.<br />

Heimweh nach Italien hatte ich nie. Die Arbeit hat mich so<br />

begeistert, ich wollte nicht mehr weg. Für meine Frau, die<br />

erst 1957 wieder zu mir kam, war es anfangs schwieriger. Sie<br />

Von links: Michele Ferrero, seine Mutter Piera Cillario Ferrero und seine Ehefrau<br />

Maria Franca bei einer Werksbesichtigung in Stadtallendorf im Jahr 1968


EBERHARD<br />

FLAMMER<br />

geb. 1953 in Heilbronn | 1972 bis 1974 Ausbildung zum Bankkaufmann<br />

| 1974 bis 1978 Studium der Betriebswirtschafts lehre<br />

in München | 1979 KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

in München | seit 1983 geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Firma Elkamet Kunststofftechnik<br />

GmbH in <strong>Biedenkopf</strong> | seit 1990 Mitglied der Vollversammlung<br />

der Industrie- und Handelskammer<br />

Lahn-Dill | 2002 bis 2014 Vorsitzender des Industrieausschusses<br />

| seit 2014 Präsident der Industrie- und<br />

Handelskammer Lahn-Dill | seit 2010 Mitglied des<br />

Vorstands des Competence Center Duale Hochschulstudien<br />

(StudiumPlus ® )<br />

24 · 25<br />

Diplom-Kaufmann Eberhard Flammer<br />

KEINE ANGST UM DIE<br />

ZUKUNFT DER REGION<br />

Was die Region auszeichnet, ist das einzigartige<br />

Landschaftsbild mit seinen Hügeln und<br />

Wäldern, den unzähligen Schattierungen von<br />

Grün im Frühjahr und dem berückenden<br />

Farbenspiel im Herbst. Das hat mich schon als Kind beeindruckt,<br />

wenn ich meinen Vater mit nach <strong>Biedenkopf</strong> zu der<br />

Firma begleiten durfte, die ich dann nach seinem frühen Tod<br />

schon mit 30 Jahren übernahm. Ich erinnere mich gut an<br />

diesen Septembermorgen im Jahr 1983, als ich in <strong>Biedenkopf</strong><br />

aus dem Auto stieg, mit einer ordentlichen Portion<br />

Tatendrang, Neugierde, aber auch Skepsis im Reisegepäck.<br />

Das Handwerkzeug aus Ausbildung, Studium und den ersten<br />

Schritten im Beruf hat mir bei meinem Start sehr geholfen.<br />

Eine noch viel größere Hilfe aber waren die Menschen<br />

um mich herum: Mitarbeiter und Mentoren, Familie und<br />

Weggefährten. Im hessischen Hinterland, das war mir<br />

schnell klar, trifft man sich nie nur einmal oder zweimal –<br />

sondern ist über viele unterschiedliche Bezüge und Zusam-<br />

menhänge miteinander verbunden, begegnet sich auf verschiedenen<br />

Ebenen zu wechselnden Anlässen. Das schafft<br />

ein besonderes Geflecht, das sich durch Verbindlichkeit und<br />

Verlässlichkeit auszeichnet und dessen Wert sich insbesondere<br />

dann erweist, wenn es sich bei Belastungsproben bewährt.<br />

Je mehr Menschen hier leben, sich qualifizieren und sich in<br />

die Gesellschaft einbringen, desto besser steht es um unternehmerisches<br />

Handeln, berufliche Perspektiven, <strong>persönlich</strong>e<br />

Weiterentwicklung oder privates Wohlergehen für alle. Für<br />

mich als Unternehmer bedeutet das von Anfang an, dass die<br />

Investition in die Leute die wertvollste Investition in die<br />

Zukunft ist. Heute, in Zeiten des bereits schmerzhaft spürbaren<br />

Fachkräftemangels, ist das eine oft gehörte Selbstverständlichkeit.<br />

Aber es ist noch nicht lange her, dass Aus- und<br />

Weiterbildung eher als lästige Pflicht denn als wertvollste<br />

Zukunftsvorsorge für jeden Wirtschaftsbetrieb angesehen<br />

wurden.


Die Gemeinde Breidenbach im Hinterland bietet Wohn- und Arbeitsplätze in schöner Umgebung.<br />

„Je­mehr­Menschen­hier­leben,­sich­qualifizierenund<br />

sich in die Gesellschaft einbringen, desto besser<br />

steht­es­um­unternehmerisches­Handeln,­berufliche­<br />

Perspektiven, <strong>persönlich</strong>e Weiterentwicklung oder<br />

privates Wohlergehen für alle.“<br />

Mit der dualen Berufsausbildung haben wir in Deutschland<br />

ein weltweit einzigartiges Qualifizierungsmodell, das unbestritten<br />

ein wesentlicher Erfolgsfaktor unserer Wirtschaft<br />

ist. Um unsere „Ausbildung made in Germany“ und die<br />

großartigen Fachkräfte, die daraus hervorgehen, beneiden<br />

uns viele Volkswirtschaften. Der deutsche Mittelstand als<br />

starkes Rückgrat unseres Gemeinwesens ist doch überhaupt<br />

nur denkbar durch das enge Zusammenspiel von betrieblicher<br />

Praxis und schulischer Wissensvermittlung.<br />

Ich bin wirklich froh und sehr dankbar, dass viele Menschen<br />

sich für die ständige Weiterentwicklung dieses Systems engagieren:<br />

die Ausbilderinnen und Ausbilder in den Betrieben,<br />

die Lehrkräfte in den Beruflichen Schulen, die ehrenamtlich<br />

Aktiven in den Berufsbildungs- und Prüfungsausschüssen<br />

unserer Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern.<br />

Das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung schreiben<br />

wir hier nicht weniger erfolgreich fort durch das duale<br />

„StudiumPlus ® “. Unter diesem Begriff werden die dualen<br />

Studiengänge der Technischen Hochschule Mittelhessen<br />

(THM) zusammen gefasst: Die Partnerunternehmen entsenden<br />

ihre Studenten an die Hochschule. Vorlesungsphasen an<br />

der Uni und Praxisphasen im Betrieb wechseln sich ab. Hinter<br />

diesem dualen Konzept stehen neben der THM das<br />

„Competence Center Duale Hochschulstudien“ (CCD), in<br />

dem knapp 600 Unternehmen zusammengeschlossen sind,<br />

sowie die Indus trie- und Handelskammern in Mittelhessen<br />

unter der Federführung der IHK Lahn-Dill.<br />

Zum Wintersemester 2012/2013 wurde nicht zuletzt dank<br />

der großen Unterstützung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

und der umliegenden Kommunen die „StudiumPlus“-<br />

Außenstelle in <strong>Biedenkopf</strong> eröffnet, wo angehende Ingenieure<br />

und Betriebswirte in mittlerweile vier verschiedenen<br />

Studiengängen das nötige Rüstzeug bekommen – eine<br />

großartige Gemeinschaftsleistung von Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Politik, die hier durch die mittlerweile rund 55<br />

Studierenden und bereits zwei Absolventenjahrgänge erfahrbar<br />

wird.<br />

Der Hochschulstandort <strong>Biedenkopf</strong> mit dem dualen Angebot<br />

ist die Antwort der Region auf die demografische Herausforderung:<br />

Wir jammern nicht über den Fachkräftemangel, sondern<br />

halten die Potenziale in der Region und bilden unsere<br />

Fachkräfte vor Ort aus. Zugleich muss das duale Studium in<br />

<strong>Biedenkopf</strong> in seiner Qualität keinen Vergleich scheuen. Wenn<br />

ich mir den wachsenden Wissenschafts- und Wirtschaftscampus<br />

in direkter Nachbarschaft der Beruflichen Schulen in <strong>Biedenkopf</strong><br />

anschaue, dieses klare Bekenntnis zu Bildung und<br />

Qualifizierung in und für die Region – dann ist mir um die<br />

Zukunft unseres Landstrichs kein bisschen bange.


262 · 27 3<br />

BECKER GmbH CAD·CAM·CAST<br />

KOMPETENZ IN<br />

TECHNIK UND EFFIZIENZ<br />

Eigentlich war alles <strong>ganz</strong> anders gedacht. Michael<br />

Becker wollte CAD/CAM-Dienstleistungen für die<br />

Modell- und Formenbauer hier im Hinterland anbieten.<br />

Stattdessen hat sich das Unternehmen als kompetenter<br />

und zuverlässiger Partner für die weltweite Automobilindustrie<br />

etabliert und beschäftigt heute insgesamt 55<br />

Mitarbeiter. Die BECKER GmbH CAD·CAM·CAST aus<br />

Quotshausen produziert qualitativ hochwertige Gussteile für<br />

Kunden aus der Automobilindustrie, dem Motorsport sowie<br />

für Motorenentwickler. „Unsere Kernkompetenzen sind Engineering,<br />

Rapid Prototyping und Kleinserienfertigung von<br />

Gussteilen“, erklärt Geschäftsführer Michael Becker. 1991<br />

begann alles mit einem kleinen CAD/CAM-Büro. Bereits drei<br />

Jahre später wurde ein Engineering-Büro in Detroit eröffnet.<br />

Ende der 1990er-Jahre erweiterte das Unternehmen sein Portfolio<br />

und begann mit der Fertigung von Prototypen-Gussteilen.<br />

Stetig investierte BECKER in modernste Technologien<br />

und die Erweiterung der Fertigungskapazität bis hin zur Kleinserie.<br />

„Wachsen die Anforderungen, wächst unser modulares<br />

Produktionskonzept mit“, sagt Becker.<br />

Alles aus einer Hand lautet das Unternehmensmotto. „Vom<br />

Engineering bis zum fertigen Gussteil stehen wir in der Verantwortung“,<br />

erklärt der Geschäftsführer. Dank des umfassenden<br />

Know-hows und der langjährigen Erfahrung der Mitarbeiter<br />

kann BECKER eine durchgängig hohe Qualität und<br />

Prozesssicherheit gewährleisten. Beim Thema Qualität kennt<br />

BECKER keine Kompromisse. Umfangreiche Qualitätskontrollen<br />

während des gesamten Produktionsprozesses erfüllen<br />

diese Vorgabe auf hohem Niveau.<br />

BECKER-Gussteile werden ausschließlich im Niederdruck-<br />

Sandguss-Verfahren hergestellt: die turbulenzarme Formfüllung,<br />

eine exakte Wiederholbarkeit sowie ein regelbarer<br />

Speisungsdruck sorgen für exzellente Gussqualität und für<br />

beste mechanische Eigenschaften.<br />

Für eine schnelle und zerstörungsfreie Prüfung der Gussteile<br />

auf „innere Werte“ verfügt das Unternehmen über eigene<br />

Computertomographen. Die Vermessung der Gussteile erfolgt<br />

über eine CNC gesteuerte Messmaschine, mehrachsige Mess-


Die Computertomographie bietet eine schnelle und zerstörungsfreie Werkstoffprüfung.<br />

arme oder Scanner. Um die mechanischen Eigenschaften zu<br />

prüfen, steht neben Härtemessgeräten auch eine Zugprüfmaschine<br />

zur Verfügung.<br />

Die Grundlage für einen erfolgreichen Herstellungsprozess<br />

wird bereits im Engineering gelegt. Hier setzt BECKER auf<br />

komplette 3D-CAD-Datenmodelle für die Geometrie von<br />

Gussteilen, Kernpaketen und Werkzeugen. Der Vorteil: Mit<br />

diesen Datenmodellen und einer speziellen Datenkontrolle<br />

kann BECKER konstruktive Fehler frühzeitig erkennen und<br />

eliminieren. Sollten solche Fehler erst bei der Fertigbearbeitung<br />

des Gussteils oder sogar erst auf dem Motorenprüfstand<br />

auffallen, führen sie unweigerlich zu erheblichen Kosten und<br />

großen Zeitverlusten. Zusätzlich druckt BECKER die 3D-<br />

Datenmodelle als maßstabsgetreue „begreifbare“ 3D-Modelle<br />

aus. Vor der Werkzeugfertigung und dem ersten Guss werden<br />

mittels Computersimulation wichtige Gießparameter festgelegt.<br />

Die Formfüll- und Erstarrungssimulation als auch die<br />

Berechnung der Eigenspannungen vermeiden Fehler und ersparen<br />

sehr viel Zeit und Geld.<br />

Die Kombination von Qualität und Effi zienz gelingt<br />

BECKER auch beim Umweltschutz. Das Unternehmen hat in<br />

den letzten Jahren großzügig in modernste Absaugungs- und<br />

Filteranlagen investiert. Außerdem setzt BECKER in einem<br />

Teilbereich der Produktion ein Anorganik-Bindersystem ein,<br />

das neben Umweltaspekten auch wirtschaftliche Vorteile<br />

bringt.<br />

Dank des umfassenden Know-hows und der langjährigen<br />

Erfahrung der Mitarbeiter kann BECKER eine durchgängig<br />

hohe Qualität und Prozesssicherheit gewährleisten.<br />

BECKER setzt alles daran, dass seine Kunden erfolgreich sind.<br />

Unter anderem in Rennserien wie der WEC, WRC, Nascar,<br />

DTM, Formel 1 oder der WRX, wurde BECKERs umfassende<br />

Kompetenz schon vielfach unter Beweis gestellt. So viel Kompetenz<br />

und Qualität bleibt natürlich nicht lange im Verborgenen.<br />

2013 wurde BECKER mit dem Volkswagen Group<br />

Award ausgezeichnet. „Ihre Technologie ist äußerst fl exibel,<br />

insbesondere über die komplette Entwicklungszeit des Porsche<br />

918 Spyder haben Sie sich als kompetenter und überaus zuverlässiger<br />

Partner erwiesen“, lobt der Automobilkonzern das Unternehmen<br />

aus Quotshausen – ein weiterer Erfolg, auf den das<br />

BECKER-Team stolz sein kann. Mit weiteren Innovationen<br />

wird BECKER seine Kompetenzen ausbauen. Ab 2017 stehen<br />

Selective Laser Melting Maschinen zur Verfügung, die im<br />

Schichtbauverfahren komplexe Metallteile fertigen.<br />

Kontakt<br />

BECKER GmbH CAD·CAM·CAST<br />

Brückenstraße 19<br />

35239 Steffenberg-Quotshausen<br />

www.beckerccc.com


In den Modehäusern bietet Begro eine umfangreiche Auswahl an Bekleidung.<br />

28 2 · 29 3<br />

Begro R. Krug GmbH<br />

VOM GEMISCHTWARENLADEN<br />

ZUM MODEHAUS<br />

Das Kaufmännische lag Robert Krug schon früh<br />

im Blut. Nicht selten brachte er der Mutter auf<br />

dem Heimweg von seinem damaligen Arbeitsort<br />

Frankfurt frisches Obst aus der Wetterau mit,<br />

um es im heimischen Lebensmittelgeschäft in Kleingladenbach<br />

zu verkaufen. Doch selbst ein so umtriebiger Geschäftsmann<br />

wie Krug konnte 1965, als er mit nur 28 Jahren<br />

ein Kolonialwarengeschäft in Wiesenbach eröffnete, nicht<br />

erahnen, dass daraus eine Unternehmensgruppe mit über<br />

450 Mitarbeitern entsteht, die mit einer Gesamtverkaufsfl<br />

äche von 13.000 Quadratmetern zu den führenden Modeunternehmen<br />

in der Region zählt.<br />

Ende der 1960er-Jahre herrschte Aufbruchsstimmung und<br />

die ersten Geschäfte begannen zu expandieren – so auch<br />

Krug. 1969 übernahm er in Wolzhausen nahe Breidenbach<br />

den Großhändler Heppner. 1971 übergab die Familie<br />

Hackenberg ihren Großhandel aus Altersgründen an Krug.<br />

Dabei lernte er seine spätere Ehefrau Renate kennen, die für<br />

ihn zukünftig den Einkauf übernahm. 1976 begann Krug in<br />

Breidenbach zu bauen. Mit der neu gegründeten Top-Kauf<br />

wurden nun erstmalig in Breidenbach großfl ächig Textilien<br />

und Lebensmittel angeboten.<br />

Durch die steigende Mobilität der Konsumenten Ende der<br />

1970er-Jahre sank jedoch die Zahl der kleinen Regionalanbieter<br />

in den Dörfern, wohingegen die Verkaufsfl ächen<br />

größer wurden. Diese Veränderung entging auch dem Unternehmerpaar<br />

nicht und als im Jahr 1982 im Gewerbegebiet<br />

<strong>Marburg</strong>-Wehrda eine Fläche zum Verkauf stand, ergriffen<br />

die Krugs die Chance und eröffneten auf einer für damalige<br />

Verhältnisse großen Fläche von 3.000 Quadratmetern einen<br />

Bekleidungsgroßhandel. Auch der Firmenname war schnell<br />

gefunden: Aus „Bekleidung“ und „Großhandel“ wurde das<br />

noch heute im Kaufpark ansässige Modehaus Begro, das<br />

neben Modebekleidung auch Sportartikel sowie Spiel- und<br />

Schreibwaren führte.


Bei Intersport Begro gibt es alles, was das Sportlerherz begehrt.<br />

Firmengründer Robert Krug (3. v. l.) inmitten seiner Familie: Sohn Markus<br />

mit Ehefrau Jasmin und Krugs Frau Renate mit Enkelin Lina Marie<br />

In den 1980ern traten im Lebensmitteleinzelhandel und<br />

Modebereich die Discounter verstärkt in den Wettbewerb.<br />

Zudem suchte der Konsument nach einer immer breiteren<br />

Auswahl. Doch die Krugs waren vorbereitet, denn mit dem<br />

1976 etablierten Geschäftsmodell hatte man bereits ein<br />

Handelskonzept entwickelt, das nun in die Filialisierung<br />

gehen konnte. Unter dem Namen Krug wurde Mitte der<br />

1990er der Filialstamm auf fünf Modehäuser im Umkreis<br />

von 30 Kilometer um Breidenbach ausgebaut. Im Großhandelsformat<br />

sah das Unternehmerpaar indes auf lange Sicht<br />

keine Chancen und baute die Begro Anfang der 1990er zu<br />

einem Groß- und Einzelhandel um.<br />

1996 legten die Krugs den Grundstein für die Erweiterung im<br />

Sportbereich: Sie gingen dazu über, Sortimente zu spezialisieren.<br />

Die Fachmärkte traten ihren Siegeszug beim Konsumenten<br />

an. Im Kaufpark <strong>Marburg</strong>-Wehrda bot sich zu diesem<br />

Zeitpunkt eine weitere Fläche für ein solches Konzept an.<br />

Aufgrund der bereits vorhandenen Affi nität zum Sport –<br />

Robert Krug war selbst lange als erfolgreicher Fußballer aktiv<br />

– wurde der Sportbereich aus dem Haupthaus Begro ausgegliedert<br />

und in ein Fachmarktkonzept überführt. Zu diesem<br />

Zweck trat man dem größten Einkaufsverbund im Sportbereich,<br />

der Intersport Deutschland, bei. Seitdem baut sich der<br />

Handelsbereich der Krug Unternehmensgruppe auf drei<br />

Säulen auf: Krug Mode mit vier Filialen in <strong>Biedenkopf</strong> und<br />

Mit­über­450­Mitarbeitern­und­einer­Gesamtverkaufsfl­ächevon<br />

13.000 Quadratmetern gehört die Firmengruppe Begro<br />

R. Krug GmbH und R. Krug GmbH & Co. KG zu den führenden<br />

Modeunternehmen in der Region.<br />

Umgebung, Begro Mode als prägendes Haus in der Region<br />

<strong>Marburg</strong>, das auf mittlerweile 6.000 Quadratmeter angewachsen<br />

ist, sowie Intersport Begro mit ebenfalls vier Filialen<br />

in <strong>Marburg</strong>, Gießen und Schmallenberg sowie zwei in den<br />

Krug-Häusern <strong>Biedenkopf</strong> und Bad Berleburg integrierten<br />

Sportabteilungen. 2002 zog sich Robert Krug zurück und<br />

überließ die Geschäftsführung vollständig seiner Frau Renate<br />

und seinem Sohn Markus. Der Firmengründer steht ihnen<br />

heute noch beratend zur Seite. Durch regelmäßige Erweiterungen<br />

und Umbauten gelingt es der Unternehmensgruppe, den<br />

stetig verändernden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.<br />

Kontakt<br />

Begro R. Krug GmbH<br />

Industriestraße 5<br />

35041 <strong>Marburg</strong><br />

www.begro-mode.de


FLORIAN<br />

GÄRTNER<br />

geb. 1968 in Korbach | ledig | aufgewachsen in<br />

<strong>Marburg</strong> und London | 1987 Abitur am Gymnasium<br />

Philippinum | 1988 bis 1995 Studium<br />

der Anglistik und Medienwissenschaften<br />

in <strong>Marburg</strong> und Berlin | Super-8-Autodidakt<br />

| in den 90ern drei Filme für die<br />

Redaktion „Das Kleine Fernsehspiel“ des<br />

ZDF, daneben Arbeit als Schauspieler,<br />

Cutter und Regieassistent | seit 1995<br />

freier Autor und Regisseur | Mitgründer<br />

des 1991 gegründeten Berliner Grundtheaters |<br />

1999 Auszeichnung des Films „Drachenland“ mit<br />

dem Max Ophüls Preis<br />

30 · 31<br />

Florian Gärtner<br />

AUFBRUCH UND<br />

GEBORGENHEIT<br />

Als ich <strong>Marburg</strong> mit 21 Jahren Richtung Berlin<br />

verließ, hatte ich fast meine gesamten Kindheits-<br />

und Jugendjahre in <strong>Marburg</strong> und Umgebung<br />

verbracht, mit einer wichtigen Unterbrechung:<br />

In den Siebzigern lebten wir vier Jahre lang in London,<br />

wo mein Vater als Dozent am Kings College arbeitete.<br />

Als ich acht Jahre war, zogen wir dann aus der Londoner<br />

Vorstadt in das kleine Dorf <strong>Marburg</strong>-Moischt. Der Kontrast<br />

zwischen dem Leben in der Londoner Vorstadt, wo<br />

mein kompletter Freundeskreis einen Migrationshintergrund<br />

hatte, und dem dörflichen Leben umgeben von Bauernhöfen<br />

und den Kindern von Landwirten war extrem<br />

und prägt mein Empfinden von Identität und Heimat noch<br />

heute.<br />

Mit dem <strong>Landkreis</strong> verbinde ich viele Erinnerungen an<br />

Natur: an die Streifzüge mit Freunden durch die Wälder<br />

zwischen <strong>Marburg</strong> und Moischt, an den „Stempel”, einen<br />

Grillplatz in einem alten Krater dort, den ich in meiner<br />

Phantasie in eine druidische Kultstätte verwandelte, oder<br />

an Fahrrad- und Zelttouren mit Freunden entlang der Lahn<br />

Richtung Gießen und <strong>Biedenkopf</strong>.<br />

Dass eine Stadt dieser Größe damals <strong>ganz</strong>e acht Kinosäle<br />

zu bieten hatte, wusste ich sehr zu schätzen. Wichtig war<br />

für mich immer das „Sommerfestival” im Capitol-Kino, wo<br />

zwei Monate lang jeden Tag ein anderer Filmklassiker gezeigt<br />

wurde. Die kulturelle Vielfalt der Stadt habe ich dann<br />

als Student zu schätzen gelernt. Ich war noch nicht bereit,<br />

<strong>Marburg</strong> zu verlassen, und studierte vier Semester dort an<br />

der Uni. So hässlich und ungemütlich die Türme der „Phil-<br />

Fak”, der philologischen Fakultät, auch waren, habe ich die<br />

Überschaubarkeit der Uni später in Berlin sehr vermisst.<br />

Ich sagte mir manchmal, in <strong>Marburg</strong> hätte ich mein Studi-


Die Größe der Stadt und die kulturelle Vernetzung dort<br />

war für mich entscheidend für meinen beruflichen Werdegang<br />

als Filmemacher. In Berlin hätten wenig Leute von einem<br />

Super-8-Amateurfilmer Notiz genommen, aber in<br />

<strong>Marburg</strong> konnte ich mit meinen eigenproduzierten Filmen<br />

Säle füllen und wurde von der Oberhessischen Presse als<br />

„Hitchcock von <strong>Marburg</strong>” tituliert. Mein Film „Zeichen<br />

und Wunder”, eine Dreiecksgeschichte unter Studenten,<br />

war sogar ein kleiner Hit, spielte das Doppelte seines Budgets<br />

ein und verschaffte mir den Kontakt zu einer Redakteurin<br />

beim ZDF, die selber in <strong>Marburg</strong> studiert hatte und<br />

noch für eine Anzeigenzeitung Filmkritiken schrieb.<br />

1995 kehrte ich für meinen zweiten ZDF-Film nach <strong>Marburg</strong><br />

zurück. Ich wollte einen Film mit und über Jugendliche<br />

machen und suchte nach einer Möglichkeit, meine Haltung<br />

zu der Stadt und der Gegend in Bilder zu fassen. Der<br />

Film beginnt mit dem Blick eines Jugendlichen von der<br />

Mauer des Schlosses herab auf die Stadt im Morgengrauen.<br />

Eine Situation, die ich als Jugendlicher und junger Erwachsener<br />

häufig erlebt hatte: ein Zwischenstopp auf dem Weg<br />

nach Hause nach einer durchgemachten Nacht (ich wohnte<br />

in Wehrs hausen). Der Sonnenaufgang am Schlossberg gibt<br />

„Dies ist meine Heimat, und sie ist ein Teil von<br />

mir, ob ich will oder nicht.“<br />

31<br />

Herbststimmung am Hörsaalgebäude der Universität <strong>Marburg</strong><br />

um abgeschlossen. Ich spielte Theater in der Englischen<br />

Theatergruppe, genoss die Musikszene im Kulturladen<br />

KFZ, arbeitete im studentischen Filmclub, machte erste<br />

Gehversuche in der überschaubaren, aber doch lebendigen<br />

Schwulenszene und setzte vor allem meine Filmarbeit, die<br />

ich bereits in der Schule begonnen hatte, fort.<br />

dir eine Distanz zur Welt, eine Möglichkeit der ruhigen<br />

Introspek tion. In dem Film selber werden fünf Episoden<br />

um Jugendliche zwischen Anpassung und Aufbruch erzählt.<br />

Wie ich kamen auch die Figuren in den Geschichten<br />

nicht so einfach von der Stadt los. In der letzten Episode<br />

bricht eine Gruppe von Freunden nachts spontan nach England<br />

auf – in einem klapprigen VW-Bus, der aber kurz vor<br />

Caldern wegen eines Ölschadens liegenbleibt. Eine zufällig<br />

vorbeikommende Bekannte hilft ihnen mit etwas Öl aus –<br />

mit dem kommen sie gerade zurück nach <strong>Marburg</strong>, um an<br />

der Autobahntank stelle aufzutanken. Im letzten Bild des<br />

Films schreitet die jugendliche Hauptfigur von der Tankstelle<br />

weg und wir blicken mit ihr auf das Stadtpanorama<br />

in der Morgendämmerung. Eine Klammer zum Bild am<br />

Anfang: Dies ist meine Heimat, und sie ist ein Teil von mir,<br />

ob ich will oder nicht.<br />

Ich bin heute vielleicht zwei- oder dreimal im Jahr in der<br />

Stadt, weil meine Eltern dort wohnen. Da die Stadt fast in<br />

der geografischen Mitte Deutschlands liegt, ist sie ein praktischer<br />

Treffpunkt für die Familienmitglieder. In der Stadt<br />

selber fühle ich mich zunehmend fremd. Vieles hat sich verändert,<br />

ist umgebaut, wirkt sehr touristisch, viele Nippes-<br />

Läden. Was ich emotional spüre ist eine Verbindung zu der<br />

Landschaft: das leichte Mittelgebirge, die sanften Hügel<br />

und Täler durchzogen von kleinen Flüssen. Diese Landschaft<br />

vermittelt mir ein Gefühl von Heimat.


ANNEMARIE<br />

GOTTFRIED<br />

geb. 1924 in Bad Schwalbach, verheiratet mit dem Musiker und Musikwissenschaftler<br />

Heinz Gottfried | Ausbildung zur Kranken- und Säuglingsschwester |<br />

während des Zweiten Weltkriegs als Schwester in Mainz, Düsseldorf,<br />

München und Vilnius tätig | 1945 Aufbau einer Puppenwerkstatt |<br />

ab 1949 Veranstaltung zahlreicher Hauskonzerte in <strong>Biedenkopf</strong> |<br />

1950 Erweiterung der Werkstatt zu einer Firma für Werbepuppen |<br />

1951 bis 1953 künstlerische Weiterbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie<br />

| 1970 Kauf und Sanierung des Schartenhofs in Eckelshausen |<br />

1986 Gründung der Eckelshausener Musiktage | 1997 Gründung des<br />

Marionettentheaters Schartenhof | Auszeichnungen: 1990 Otto-<br />

Ubbelohde-Preis, 2003 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 2013 Kreislöwe des<br />

<strong>Landkreis</strong>es<br />

32 · 33<br />

Annemarie Gottfried<br />

DER SCHARTENHOF WAR<br />

DIE KEIMZELLE DER KULTUR<br />

Meine erste Begegnung mit dem ländlichen Leben<br />

im <strong>Landkreis</strong> hatte ich als Kind, während<br />

ich meinen Vater, Kreistierarzt Dr. Karl<br />

Frost, auf seinen Praxisfahrten begleitete. Ich<br />

lernte viele bäuerliche Betriebe kennen, schätzte das einfache<br />

Leben und auch die Herzlichkeit der so hart arbeitenden Bevölkerung.<br />

Dank unserer Haushaltshilfen, die aus Engelbach<br />

und Eifa stammten, wuchs ich mit meinen beiden Brüdern<br />

im Umfeld landwirtschaftlicher Aktivität auf, genoss es, mit<br />

auf den Acker zu gehen, zu pflanzen und zu ernten, den Duft<br />

des frisch geschnittenen Grases zu inhalieren oder im Herbst<br />

ein dunkles Schwarzbrot mit Zwetschenmus zu essen.<br />

Es war eine kurze, aber sehr einprägsame Zeit, die vermutlich<br />

dazu beitrug, dass ich nach dem Krieg und nach meinen<br />

beruflichen Aufenthalten in Düsseldorf, Mainz, München<br />

und Vilnius in Litauen meine Zelte wieder in der Region<br />

aufschlug. Während amerikanische Soldaten noch mein<br />

Elternhaus in <strong>Biedenkopf</strong> besetzt hielten, begann ich, aus<br />

Nesselresten und Sägemehl Spielpuppen anzufertigen, die im<br />

Tausch gegen Lebensmittel ein wenig zum Überleben verhalfen.<br />

Damals konnte ich noch nicht ahnen, dass sich daraus<br />

eine Werkstatt mit vielen Heimarbeitern entwickeln würde,<br />

dass meine Fähigkeit, alles in die natürliche, figürliche Proportion<br />

umzusetzen, der Anfang einer Firma war, die zu den<br />

ersten in Deutschland gehörte, die für die Produktion von<br />

Werbepuppen verantwortlich zeichnete. Millionen „Maskottchen“<br />

wurden in Formen in Kautschuk gegossen, bemalt,<br />

etikettiert und in Handarbeit hergestellt. Sie warben<br />

für die Auto- und Pharmaindustrie, für Bekleidung, Lebensmittel<br />

und den aufkommenden Tourismus.<br />

Das Werbeatelier rekrutierte von Düsseldorf aus die Großaufträge,<br />

die Produktionsstätte war in <strong>Biedenkopf</strong>. Leider<br />

war der Standort für einen Ausbau nicht geeignet, das<br />

bedeutete eine Zäsur in der weiteren Planung.<br />

Durch meine Verbindung zur Düsseldorfer Akademie der<br />

Kunst und durch den Austausch mit verschiedenen Musik-


hochschulen Deutschlands über die musikwissenschaftliche<br />

Arbeit meines Mannes veranstalteten wir parallel Konzerte<br />

und Ausstellungen im eigenen Haus. Viele Künstler, die ihre<br />

Heimat im Krieg verloren hatten, fanden Unterschlupf in<br />

<strong>Biedenkopf</strong>. Gemeinsam bauten wir einen Freundeskreis auf,<br />

der neben der existenziellen Herausforderung den künstlerischen<br />

Dialog suchte. So bin ich seit 1950 engstens mit dem<br />

kulturellen Engagement in der Region verbunden.<br />

1970 ergab sich die Chance, den von mir schon lange geschätzten<br />

Schartenhof in Eckelshausen zu erwerben. Dieses<br />

bäuerliche Anwesen, etwa 1690 erbaut, eröffnete mir die<br />

Vision, dort einen Platz für bildende Kunst, Literatur und<br />

Musik anzusiedeln. Einerseits bot mir der Schartenhof eine<br />

Heimat, die stark mit meinen Kindheitserinnerungen verbunden<br />

war, andererseits erschienen mir seine Gebäude als<br />

wunderbare Raumspender für kreative Arbeit und Kultur.<br />

Das Anwesen zu sanieren, war harte Arbeit. 1975 fanden<br />

dort erste Lesungen, Ausstellungen und Kammermusikabende<br />

statt. In <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> entfaltete sich eine neue<br />

Keimzelle der Kultur, anfangs noch mit Skepsis beobachtet,<br />

später aber das Zentrum, in dem die Eckelshausener Musiktage<br />

aus der Taufe gehoben wurden. 2016 feierten sie ihren<br />

30. Geburtstag, zahlreiche Spielorte tragen mit hochkarätigen<br />

Interpreten und Konzerten zu einem regen Kulturtourismus<br />

bei. In der wunderschönen Räumlichkeit der Wetteraner<br />

Stiftskirche erklangen u. a. die phantastischen Stimmen<br />

der Wiener Sängerknaben, der Augsburger Domsingknaben<br />

und des lettischen Chores Latvia unter der Leitung von Maris<br />

Sirmaris oder auch Weltstars wie der Violonist Gidon<br />

Kremer und Cellist Julius Berger sind nur einige Beispiele,<br />

die in diesen Jahren den herausragenden Ruf der Musiktage<br />

geprägt haben. Auch Veranstaltungsorte wie die Wetteraner<br />

Stiftskirche, der Fürstensaal des Landgrafenschlosses der<br />

Universitätsstadt <strong>Marburg</strong>, der Garten der Baumschule Kuhli<br />

in Caldern, der Paradiesgarten der Klosterkirche in Caldern,<br />

das Schloss Wittgenstein oder das Atrium der Roth<br />

Werke in Buchenau geben ihnen ihr eigenes, <strong>ganz</strong> besonderes<br />

Gesicht.<br />

„In <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> entfaltete sich eine neue Keimzelle<br />

der Kultur, anfangs noch mit Skepsis beobachtet, später<br />

aber das Zentrum, in dem die Eckelshausener Musiktage<br />

aus der Taufe gehoben wurden.“<br />

Das Czech National Symphony Orchestra unter der Leitung von Heiko Mathias Förster bei den Eckelshausener Musiktagen


Sehr verbunden mit der Geschichte der Eckelshausener<br />

Musiktage sind die im <strong>Landkreis</strong> beheimateten Politiker<br />

Landrat a.D. Prof. Dr. Kurt Kliem, der langjährige Schirmherr<br />

Landrat a.D. Robert Fischbach, Dr. Christian Wagner,<br />

hessischer Kultusminister a.D., und der jetzige Schirmherr,<br />

Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer. Auch Manfred<br />

Roth, Inhaber von Roth Industries, ist ein langjähriger Partner<br />

des Festivals. Natürlich erfährt eine solche Kulturarbeit<br />

auch einen intensiven Reifeprozess. Insbesondere der Begegnung<br />

mit Prof. Dr. Max Wichtl, Lehrstuhl der Pharmazie an<br />

der Universität <strong>Marburg</strong>, und Dr. Giuseppe Faussone, ehemaliger<br />

Leiter von Ferrero in Stadtallendorf, ist es zu verdanken,<br />

dass junge Menschen Zugang zur Musik, zur Oper<br />

und zum klassischen Marionettenspiel fanden. Prof. Dr.<br />

Wichtl war Mitbegründer des Marionettentheaters Schartenhof,<br />

das sich intensiv den Aufführungen der Opern von<br />

W. A. Mozart, G. Rossini, J. Strauß, C. M. von Weber, O.<br />

Nicolai und E. Humperdinck auf einer Bühne mit Figurentheater<br />

widmet. Dr. Faussone ermutigte in den Anfängen das<br />

junge Ensemble zu einem Gastspiel im italienischen Alba,<br />

dem Hauptsitz von Ferrero, um dort vor großer Zuschauerzahl<br />

„il flauto magico“ von Mozart zu spielen. Die Resonanz<br />

war überwältigend – es begann die aufregende Vita des Marionettentheaters.<br />

Neben dem eigenen Haus fanden zahlreiche<br />

weitere Gastspiele etwa in Wien, Asiago, Boswil und vielen<br />

Städten Deutschlands statt. Inzwischen sind 20 Jahre<br />

vergangen, das Marionettentheater ist etabliert und ein Magnet<br />

für Freunde von Oper und Figurentheater.<br />

Natürlich erfüllt es mich mit Freude, für das Theater über<br />

150 Marionetten gestaltet zu haben, eigenwillige Darsteller<br />

und Charaktere warten stets auf ihren Auftritt – geführt von<br />

hochbegabten Spielern in einer von Heinz Zürcher zauberhaft<br />

entworfenen und gestalteten Bühnenarchitektur.<br />

Mit den Ausstellungen, dem kulturellen Engagement im<br />

Schartenhof und meiner künstlerischen Arbeit – ob es meine<br />

Papierskulpturen, meine Bronzearbeiten oder große Freiluftskulpturen<br />

sind – glaube ich, in den 70 Jahren, die ich nun<br />

hier lebe, Impulse geschaffen zu haben, die die Menschen in<br />

die Welt der Kreativität und Kunst entführen. Ein besonderer<br />

Dank geht auch an meine Familie, die ebenso hier sesshaft<br />

wurde, Landschaft und Vielseitigkeit zu schätzen weiß<br />

und wesentlich zum Gelingen der vielen Projekte beiträgt.<br />

34 · 35<br />

Ein außergewöhnliches Erlebnis ist der Besuch der Marionettentheater-Aufführungen.


Haben die Zeichen der Zeit erkannt: Norbert Diehl (links) und Klaus Hönscher, die Geschäftsführer<br />

der Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />

Friedhelm Wilmes übernahm von seinem Vater den Holzhandel<br />

und baute ihn zu einem mittelständischen Unternehmen aus.<br />

Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />

WANDEL FÜHRT<br />

ZURÜCK IN DIE<br />

ERFOLGSSPUR<br />

Es war der Vater, der Friedhelm Wilmes nach Wohra<br />

brachte. Denn Franz Wilmes hatte im frühen<br />

20. Jahrhundert einen fl orierenden Holzhandel in<br />

Neheim-Hüsten bei Arnsberg im Sauerland gegründet<br />

und fertigte dort außerdem Holzleuchtenzubehör, Nähkästchen,<br />

Blumenhocker und Beistelltische – und dafür benötigte er Holz.<br />

Das bezog er auch aus Langendorf, wo er seit 1934 die Jagd<br />

gepachtet hatte. So verbrachte die Familie Wilmes fast jedes<br />

Wochenende in der im Jahr 1937 gebauten Jagdhütte.<br />

Als sein Vater mit nur 56 Jahren verstarb, übernahm Friedhelm<br />

Wilmes mit 26 Jahren die Firma. Die Zeichen standen<br />

auf Expansion. Diese war am Standort in Hüsten aber nicht<br />

möglich – Bahnschienen begrenzten das Gelände. Daher entschloss<br />

sich Friedhelm Wilmes, in Wohra zu bauen – Land gab<br />

es genug. Er stellte die Produktion auf Wohnmöbel um und<br />

gründete 1961 die Möbelfabrik Wohra GmbH.<br />

Die 60er-Jahre waren die Zeit des Wirtschaftswunders – der<br />

Versandhandel boomte. Die Firma Wilmes lieferte anfangs<br />

fertig aufgebaute Möbel direkt in die Lager der Kunden, später,<br />

dem Trend folgend, zerlegte Möbel. Um der wachsenden<br />

Nachfrage gerecht zu werden, wurden neue Produktionshallen<br />

gebaut. Neben heimischen Arbeitskräften fanden auch italienische<br />

Gastarbeiter und Nebenerwerbs-Landwirte aus der Region<br />

eine Anstellung. Große Kaufhäuser wie Horten, Hertie und<br />

Bilka standen ebenso auf der Kundenliste wie der Versandhändler<br />

Neckermann. Einen weiteren Wachstumsschub gab es<br />

nach dem Mauerfall und der Grenzöffnung. Wilmes setzte nun<br />

hauptsächlich auf den Versandhandel. Doch dann kamen zwei<br />

Rückschläge in Folge: Im November 2011 verstarb Friedhelm<br />

Wilmes. Und im Juli 2012 meldete Neckermann Insolvenz an.<br />

Ohne Vorwarnung brach ein Großteil der Umsätze weg.<br />

Keine leichte Aufgabe also für die beiden Geschäftsführer,<br />

Klaus Hönscher und Norbert Diehl, die ihr Amt 2013 antraten.<br />

„Wir mussten das Geschäft komplett neu strukturieren“,<br />

sagt Hönscher. Die Möbelfabrik wurde verschmolzen mit der<br />

Franz Wilmes Möbelvertriebs GmbH. Das Unternehmen<br />

schaffte mit seinen 58 Mitarbeitern die Kehrtwende. „Nicht<br />

zuletzt durch die Reaktivierung alter Kunden und das Erschließen<br />

neuer Vertriebswege“, so Diehl. Der Wandel gelang:<br />

Zu den Kunden zählen heute weiterhin große Versandhäuser,<br />

aber auch 25 Online-Händler. So fand das Unternehmen zurück<br />

in die Erfolgsspur.<br />

Kontakt<br />

Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />

Halsdorfer Straße 40<br />

35288 Wohratal<br />

www.moebelfabrik-wohra.com


KARINA<br />

GOTTSCHALK<br />

geb. 1978 in <strong>Marburg</strong> | aufgewachsen als eine von drei<br />

Töchtern in Münchhausen | nach dem Fachabitur Ausbildung<br />

zur Bankkauffrau | 2003 Abschluss als Fachwirtin<br />

BankCOLLEG | 2009 nochmals einen neuen Weg eingeschlagen<br />

als Berufsschullehrerin im Bereich Wirtschaft und<br />

Verwaltung,­zunächst­an­den­Beruflichen­Schulen­Untertaunus<br />

in Taunusstein und seit 2015 an der Wirtschaftsschule<br />

am Oswaldsgarten in Gießen | seit 1989 Mitglied der<br />

freiwilligen Feuerwehr<br />

MATTHIAS<br />

ZEIDLER<br />

geb. 1983 in Finsterwalde | aufgewachsen im ländlichen<br />

Südbrandenburg in einer Familie und als einer von zwei<br />

Söhnen | nach dem Abitur Studium der Erziehungswissenschaften<br />

an der Philipps-Universität in <strong>Marburg</strong> | seit 2003 wohnhaft in <strong>Marburg</strong> | 2005 bis 2009 Mitarbeiter in<br />

der Jugendförderung der Stadt <strong>Marburg</strong> | seit 2010 Mitarbeiter im Fachdienst Schule der Stadt <strong>Marburg</strong> | seit<br />

1993 Mitglied einer ehrenamtlichen Feuerwehr: zunächst in Finsterwalde, dann in <strong>Marburg</strong><br />

36 · 37<br />

Karina Gottschalk und Matthias Zeidler<br />

VOLLER EINSATZ FÜR JUNGE<br />

MENSCHEN IN DER FEUERWEHR<br />

Als hätte es so sein müssen. Sie ist Lehrerin an<br />

einer Berufsschule in Gießen, er Diplom-Pädagoge<br />

in <strong>Marburg</strong>. Zusammen haben sie bereits ein<br />

halbes Jahrhundert Feuerwehrerfahrung. Obwohl<br />

Karina Gottschalk, die Kreis-Jugendfeuerwehrwartin,<br />

erst 38 Jahre alt ist und ihr Stellvertreter Matthias Zeidler<br />

33. Ein perfektes Team, um 1.472 Feuerwehr-Jugendlichen<br />

und 141 Jugendfeuerwehrwarten im <strong>Landkreis</strong> vorzustehen.<br />

Dass sie gute Freunde geworden sind, ist zu spüren, das<br />

brauchen sie nicht zu sagen, „aber wir streiten uns auch“,<br />

schränkt Matthias Zeidler ein. Dabei ginge es um wichtige<br />

Themen. Schließlich hätten sie durch ihre Berufe unterschiedliche<br />

Sichtweisen darauf. Trotzdem immer wieder zustimmendes<br />

Nicken im Gespräch, wenn der andere etwas zu<br />

ihrem gemeinsamen Ehrenamt sagt. Bei einer Konfrontation<br />

geht es ausschließlich um die Sache, den Inhalt. Das treibt<br />

sie an und voran. Sonst ziehen sie an einem Strang.<br />

Faszination Blaulicht, Signalhorn, Technik, Helfen, Kameradschaft.<br />

Probleme gemeinsam lösen. Spaß haben. Schlagworte,<br />

die die beiden als Kinder zur Feuerwehr gezogen<br />

haben. Die Münchhäuserin seit 1989, den gebürtigen<br />

Brandenburger seit 1993.<br />

Immer mehr Aufgaben kamen hinzu. Karina Gottschalk<br />

wurde in ihrer Heimat Jugendfeuerwehrwartin, dann Wertungsrichterin<br />

auf Kreisebene und letztlich 2007 die erste<br />

hessische Kreis-Jugendfeuerwehrwartin. „Die Chefin“, sagt<br />

Matthias Zeidler freundschaftlich, aber auch respektvoll.<br />

Er kam zum Studium nach <strong>Marburg</strong> und wendete sich durch<br />

die Feuerwehr erst der Erwachsenenbildung im Institut für<br />

Gefahrenabwehr zu. Er bildete Krisenmanager aus. Zeidler<br />

war auch Ausbilder und Kassenwart in <strong>Marburg</strong>. 2007 wurde<br />

er Gottschalks Schriftführer, dann 2010 ihr Vertreter.<br />

Beide loben die kurzen und unbürokratischen Wege, die sie


haben und ihre Arbeit erleichtern. Und die beiden sehen<br />

sich in der Verantwortung, die sie ernst nehmen. Sie verstehen<br />

sich in einer Vorreiterrolle und wollen Impulse setzen.<br />

Ihr großer Wunsch: Sie möchten jeden Jugendlichen erreichen.<br />

Eine schwierige Aufgabe, die sie sich gesetzt haben. „Und<br />

manchmal ist der Spagat nicht <strong>ganz</strong> einfach“, wie sie sagen –<br />

und nennen den Jugendfeuerwehr-Aktionstag in 2014 als<br />

Beispiel. Zwei Jahre Vorbereitungszeit, Nächte darüber gebrütet.<br />

Schließlich kam Feuerwehrnachwuchs aus <strong>ganz</strong> Hessen.<br />

„Bei solchen großen Aufgaben kann man nicht alle<br />

gleich gut betreuen“, wie sie sagen.<br />

Aber ihr Anspruch ist und bleibt, dass sie Dienstleister der<br />

Feuerwehr für junge Menschen sind und deren Interessenvertreter,<br />

ihr Sprachrohr. Die beiden wollen „das bunte Portfolio“<br />

für den <strong>Landkreis</strong> erhalten und ermöglichen, wie sie sagen.<br />

Dazu gehören die Wettbewerbe, die Lehrgänge und Tagungen,<br />

aber auch die Freizeiten. Wie beispielsweise die Kreiszeltlager.<br />

Karina Gottschalk und Matthias Zeidler wollen diese Vielfältigkeit<br />

„nach vorne bringen“. Das ist ihr Ziel. Und ein weiteres<br />

Ziel ist es, die eigene Jugendarbeit im Ausschuss zu fördern.<br />

Junge Menschen nicht nur direkt an der Löschspritze in die<br />

Verantwortung zu ziehen, sondern auch darüber hinaus.<br />

„Schließlich lebt unsere Arbeit von Menschen“.<br />

Obwohl es über die Jahre hinweg einen leichten Zugewinn<br />

an jungen Leuten gegeben hätte, sei es nicht gerade einfacher<br />

geworden, Jugendliche zu begeistern. Da liege ein generelles<br />

Problem vor. Im Medienkonsum sehen sie ihren größten<br />

Gegner. Ebenfalls sagt ihnen ihr Gefühl, dass Sport nicht<br />

mehr so angesagt sei. Aber auch eine Art Angst vor Verpflichtung<br />

und Verantwortung haben sie ausgemacht. „Das<br />

macht es schwierig, junge Feuerwehrleute, Jugendwarte und<br />

Ausschussmitglieder zu finden“, sagen sie. Davon lassen sich<br />

aber nicht entmutigen. Im Gegenteil, das spornt sie an. Man<br />

nimmt es ihnen ab.<br />

Fragt man Karina Gottschalk nach anderen Hobbys, lächelt<br />

sie. Es erklärt sich von selbst. Die Feuerwehr ist ein großer<br />

Teil ihres Lebens. Wegen ihr und der Familie kam sie auch<br />

nach sechs Jahren aus dem Taunus zurück. Hier fühlt sie<br />

sich wohl, verstanden.<br />

Mittlerweile ist auch Matthias Zeidler hier „fest verwurzelt“,<br />

wie er sagt. Der <strong>Landkreis</strong> ist seine zweite Heimat.<br />

Wenn er mal frei hat, reist er gerne, Menschen und Kulturen<br />

kennenlernen. Beide haben auch Lieblingsplätze im <strong>Landkreis</strong>.<br />

Sie den Christenberg, er den Frauenberg. Dass es sich<br />

bei beiden um Berge handelt, hat wahrscheinlich nichts<br />

mehr mit Zufall zu tun. Karina Gottschalk und Matthias<br />

Zeidler haben anscheinend gerne den Überblick.<br />

Die Jugendfeuerwehr macht nicht nur Spaß, sondern ist auch ein wichtiger Faktor für die Zukunft der Feuerwehren.<br />

„Und die beiden sehen sich in der Verantwortung, die sie ernst nehmen. Sie verstehen sich in einer Vorreiterrolle<br />

und wollen Impulse setzen. Ihr großer Wunsch: Sie möchten jeden Jugendlichen erreichen.“


HELMUT<br />

HENKEL<br />

geb. 1947 in Wallau | seit 1965 Elektroinstallateur | 1976 staatlich geprüfter Techniker |<br />

1983 bis 2007 geschäftsführender Gesellschafter der H.P.W. GmbH | ab 1990<br />

Vorstandsmitglied der Kreishandwerkerschaft (KH) <strong>Marburg</strong> | 1998 bis 2000<br />

stellvertretender Kreishandwerksmeister | 2000 bis 2013 Kreishandwerksmeister<br />

| 1999 bis 2013 Vorstandsmitglied der Handwerkskammer | 2005 bis<br />

2013 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der KHn Hessen-Thüringen |<br />

2006 bis 2013 Mitglied der Kommission zur Strukturreform im Handwerk<br />

und Vertreter der KHn im Hessischen Handwerkstag | 1988 bis 1998<br />

Vorstandsmitglied und Vizepräsident des Hessischen Radfahrerverbands |<br />

1999 bis 2009 Vorstandsmitglied und stellv. Vorsitzender im Arbeitskreis für<br />

Kommunalfragen | Mitarbeit im Verkehrsforum und im Projekt Agenda 21<br />

der­Stadt­<strong>Marburg</strong>­|­Moderator­im­Projekt­Demografischer­Wandel­des­<strong>Landkreis</strong>es­|­<br />

Aufsichtsratsmitglied Volksbank Mittelhessen | 2014 Bundesverdienstkreuz am Bande |<br />

seit 2015 Regionalkoordinator SES<br />

38 · 39<br />

Helmut Henkel<br />

DIE JUGEND IST DIE<br />

ZUKUNFT DER REGION<br />

Wir leben in einem einzigartigen <strong>Landkreis</strong>,<br />

eingebettet in der Region Mittelhessen. Ich<br />

habe ihn während meiner verschiedenen Tätigkeiten<br />

in all seinen Facetten kennengelernt:<br />

Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs war – und es<br />

auch heute noch bin – genieße ich die herrliche Landschaft.<br />

Es ist immer ein gutes Gefühl, in dieser Natur trainieren zu<br />

können. Lange Jahre bin ich im Radsport für einen Frankfurter<br />

Verein gefahren. Meine Teamkollegen mussten immer<br />

erst aus der Stadt raus, um im Taunus die Natur zu erleben –<br />

ich habe sie vor der Haustür.<br />

Geschäftlich und politisch schätze ich die kurzen Wege: Die<br />

Distanzen zum Kreishaus oder zum Rathaus sind im wahrsten<br />

Wortsinne kurz. Ich hatte nie das Gefühl, große Hürden<br />

überspringen zu müssen, denn ich fand immer leicht Gehör.<br />

Das habe ich beispielsweise erlebt, als ich in den 80ern ein<br />

Firmengebäude bauen wollte – es gab keine Widerstände.<br />

Und wenn man sich einbringt, kann man auch etwas bewe-<br />

gen – egal ob in der „Agendagruppe 2010“, die ich moderiert<br />

habe, im „Verkehrsforum“ oder in einer Schwimmbadgruppe<br />

im Ebsdorfer Grund, in die man mich einberufen<br />

hatte. Noch dazu bietet unser <strong>Landkreis</strong> ein hervorragendes<br />

Bildungsangebot: Von Fach- und Meisterschulen bis hin zur<br />

Universität stehen alle Bildungsmöglichkeiten offen. Und im<br />

Anschluss stehen potente Wirtschaftsunternehmen vom<br />

kleinen, innovativen Handwerksbetrieb bis zum Weltmarktführer<br />

bereit, die den Absolventen hervorragende und vielfältige<br />

Karrierechancen bieten.<br />

Auch kulturell ist die Region bestens aufgestellt. Und wenn<br />

man ausnahmsweise im <strong>Landkreis</strong> nicht finden sollte, was<br />

man möchte, so ist man binnen einer Stunde in Frankfurt.<br />

Wir genießen also viele Annehmlichkeiten, können den Flughafen<br />

in 45 Minuten erreichen – sind also trotz der Ruhe an<br />

die Welt angeschlossen. Problematisch ist lediglich die<br />

Anbindung in Richtung Norden. Doch auch die wird sich<br />

durch den Ausbau der Autobahn 49 verbessern.


Dachdecker-Azubi Yannik Hochstein (links) demonstriert bei der „MEMO Bauen“ sein Können.<br />

Ich habe viele Chancen bekommen: im Radsport ebenso wie in<br />

meiner Selbstständigkeit. Daher ist es mir ein Grund bedürfnis,<br />

etwas zurückzugeben. Und das war auch der Grund, warum<br />

ich in 2000 die Wahl zum Kreishandwerksmeister angenommen<br />

habe. Denn im Ehrenamt lässt sich viel bewegen und gestalten<br />

– und das Handwerk ist ein essenzieller Faktor, um die<br />

Zukunftsfähigkeit des <strong>Landkreis</strong>es zu erhalten.<br />

Doch mein freiwilliges Engagement begann schon vorher:<br />

Neun Jahre lang habe ich mich im Vorstand des Hessischen<br />

Radsport-Verbands engagiert, um vor allem die Jugend zu<br />

fördern. Denn sie ist es letztendlich, die unserer Region die<br />

Zukunft sichert. Daher verdient sie alles Engagement, um sie<br />

im <strong>Landkreis</strong> zu halten.<br />

Ich bin ein Macher: Für mich ist es wichtig, etwas zu bewegen<br />

– ohne dass ich jemals politisch tätig war. Dennoch<br />

glaube ich schon, dass ich die Wirtschaftspolitik im <strong>Landkreis</strong><br />

positiv mitgeprägt habe. Und das nicht, weil ich unkritisch<br />

war, im Gegenteil: Gab es Probleme, habe ich sie<br />

thematisiert. Manchmal auch mit gebotener Härte. Doch es<br />

ist mir schon immer wichtig gewesen, kein Porzellan zu zerschlagen.<br />

Denn hinterher muss man sich trotz unterschiedlicher<br />

Auffassungen immer noch in die Augen blicken können,<br />

das gehört zum professionellen Umgang dazu.<br />

„Im Anschluss stehen potente Wirtschaftsunternehmen<br />

vom kleinen, innovativen Handwerksbetrieb bis zum<br />

Weltmarktführer bereit, die den Absolventen hervorragende<br />

und vielfältige Karriere chancen bieten.“<br />

Dabei sehe ich mich aber keinesfalls als Einzelkämpfer:<br />

Jederzeit gab es ein Team im Hintergrund, das mich unterstützt<br />

hat. Beim Sport ist die Ausdauer ebenso wichtig wie<br />

im Berufsleben. Und so war es auch im Berufsleben und in<br />

allen Ehrenämtern: Immer gab es wichtige Unterstützung,<br />

die nach vorne vielleicht nicht immer sichtbar war – aber<br />

sie war da. Eine „Aktionswoche Handwerk“, die bei jungen<br />

Leuten die Freude am Handwerk wecken soll, wäre alleine<br />

ebensowenig zu stemmen gewesen wie das Projekt<br />

„Kinder und Handwerk“, bei dem in Kindergärten schon<br />

die Jüngsten für handwerkliche Berufe begeistert werden<br />

sollen.<br />

Bei so manchem Radrennen habe ich auch viel für das Leben<br />

gelernt, das ich an die jungen Menschen weitergeben<br />

möchte. War ich bei einem Rennen nicht erfolgreich, so habe<br />

ich dennoch wenige Tage später wieder trainiert. So ist es<br />

auch im Berufsleben, wenn man kräftig auf die Nase fällt:<br />

Man muss einmal häufiger aufstehen, als man hinfällt.<br />

Denn mit Niederlagen leben zu können ist wichtig. Ich hätte<br />

mir immer gewünscht, dass die unterschiedlichen Wirtschaftsorganisationen<br />

und Verbände fusionieren oder sich<br />

so umstrukturieren, dass sie gemeinsam noch mehr<br />

bewegen.<br />

Auch jetzt bin ich weiter für die Jugend aktiv: In der Initiative<br />

„Senior Experten Service“ arbeite ich als Regionalkoordinator,<br />

um Jugendlichen, die auf ihrem beruflichen Weg Probleme<br />

haben, zu helfen. Außerdem betreue und koordiniere ich<br />

ehemalige Fach- und Führungskräfte der Region, die sich für<br />

Jugendliche auf deren manchmal steinigem Weg engagieren.<br />

Somit können wir alle gemeinsam dem wirtschaftlichen<br />

Nachwuchs und den Unternehmen helfen – und damit auch<br />

der Gesellschaft.


Nach individuellen Kundenvorgaben hat Buderus Guss unterschiedliche<br />

Leichtbaubremsscheiben für Pkw entwickelt und zur Serienreife gebracht.<br />

Innovation der Extraklasse: Die iDisc punktet durch lange Lebensdauer,<br />

korrodiert nicht und verringert die Feinstaubbelastung.<br />

402 · 41 3<br />

Buderus Guss GmbH<br />

EUROPÄISCHER MARKTFÜHRER<br />

FÜR PKW-BREMSSCHEIBEN<br />

In modernen Autos sind etliche Systeme verbaut, die für<br />

mehr Sicherheit beim Fahren sorgen. Doch der wahre<br />

Lebensretter bei einem drohenden Unfall ist ein Bauteil,<br />

das wie selbstverständlich zum Auto dazugehört: die<br />

Bremsscheibe. Doch was so selbstverständlich erscheint, ist<br />

ein hochtechnologisches Produkt, für das eine langjährige<br />

Entwicklungskompetenz bei Material und Design notwendig<br />

ist – ein Know-how wie man es bei der Buderus Guss GmbH<br />

aus Breidenbach fi ndet. Als führender Hersteller und Entwickler<br />

von Pkw-Bremsscheiben und als global agierendes<br />

Unternehmen mit rund 800 Mitarbeitern deckt das Unternehmen<br />

20 Prozent des europäischen Bedarfs an Pkw-Bremsscheiben<br />

ab und ist hier Marktführer. Schwerpunkt der Produktion<br />

sind belüftete Bremsscheiben für Pkw und Kleintransporter.<br />

An den Standorten Breidenbach und <strong>Biedenkopf</strong>-<br />

Ludwigshütte hat das 1913 gegründete Unternehmen seine<br />

Gießereien und Bearbeitungsbetriebe vollautomatisiert ausgerüstet<br />

und ist „Best in Class“ bei allen Produktionsprozessen.<br />

Das Werk Breidenbach der Buderus Guss ist die modernste<br />

Eisengießerei für Pkw-Bremsscheiben in Europa. Vollautomatisierte<br />

Aggregate in den Gießereien und Bearbeitungslinien<br />

sorgen dafür, dass aus Stahlschrott und Kreislaufmaterial<br />

massive und belüftete Bremsscheiben werden.<br />

Umweltschutz ist bei der Buderus Guss als Unternehmensgrundsatz<br />

festgeschrieben. Er nimmt den gleichen Stellenwert<br />

ein wie die Qualität der Erzeugnisse und die Wirtschaftlichkeit<br />

des unternehmerischen Handelns. Als erste<br />

Gießerei in Deutschland wurde Buderus Guss mit dem<br />

Energiemanagement system DIN EN ISO 50001 zertifi -<br />

ziert. Zudem erhielt es als eine der ersten Gießereien in<br />

Europa im Jahr 2011 das Umweltzertifi kat ISO 14001.<br />

Jede Bremsscheibe von Buderus Guss entsteht aus<br />

Recycel-Material und ist zu 100 Prozent recycelbar. Alle<br />

Späne, die bei der mechanischen Bearbeitung entstehen,<br />

werden in den modernen Mittelfrequenzöfen gleich<br />

wieder verwertet.


Einer der wichtigsten Faktoren zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs<br />

und der angestrebten Verringerung des CO 2<br />

-<br />

Ausstoßes ist die Reduktion von Bauteil- und damit Fahrzeuggewicht.<br />

Vor diesem Hintergrund nimmt das Thema<br />

Leichtbau in den automobilen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />

eine Schlüsselstellung ein – und natürlich<br />

auch bei Buderus Guss. Durch Innovationen bei Bremsscheibenwerkstoffen<br />

und in der Verbindungstechnik zwischen<br />

Bremsscheiben-Reibring und Topf haben die Ingenieure von<br />

Buderus Guss bei zahlreichen Modellvarianten bis zu 25<br />

Prozent Gewichtsreduzierung gegenüber herkömmlichen<br />

Bremsscheiben erreicht. Leichtbau wird in Zukunft nicht nur<br />

bei Fahrzeugen der Ober- und Premiumklasse eine Rolle<br />

spielen, sondern zunehmend auch bei Mittelklasse-Pkw.<br />

Buderus Guss fokussiert seine Entwicklungsarbeit auf dieses<br />

Segment, um Leichtbaubremsscheiben durch optimierte Fertigungsverfahren<br />

für breitere Anwendungen zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Umweltschutz ist bei der Buderus Guss als<br />

Unternehmensgrundsatz festgeschrieben. Er<br />

nimmt den gleichen Stellenwert ein wie die Qualität<br />

der Erzeugnisse und die Wirtschaftlichkeit des<br />

unternehmerischen Handelns.<br />

Neben dem Buderus Guss-Leichtbauprogramm hat das Unternehmen<br />

mit der Entwicklung der iDisc Akzente gesetzt.<br />

Die iDisc („i“ steht für innovativ) punktet durch lange Lebensdauer,<br />

Korrosionsfreiheit, reduziertes Bremsstaubaufkommen<br />

und optische Ele<strong>ganz</strong>. Sie stellt für Premium-Fahrzeuge<br />

eine Alternative zur Grauguss- und zur keramischen<br />

Bremsscheibe dar. Die deutlich geringere Bremsstaubentwicklung<br />

bedeutet zum einen ein Plus an Komfort für den<br />

Endkunden, der auf saubere Felgen Wert legt. Zum anderen<br />

reduziert die iDisc die Feinstaubbelastung. Wie der grüne<br />

Weg in die Zukunft bei Buderus Guss aussieht, zeigen nicht<br />

nur Produkte wie die iDisc, sondern auch Produktionsprozesse<br />

und die Etablierung energieeffi zienter Anlagen, die zu<br />

beachtlichen Energieeinsparungen geführt haben.<br />

Kontakt<br />

Buderus Guss GmbH<br />

Buderusstraße 26<br />

35236 Breidenbach<br />

www.buderus-guss.de


In <strong>Marburg</strong> befindet<br />

sich das Dr. Reinfried<br />

Pohl Zentrum für<br />

Vermögensberatung.<br />

42 · 43 3<br />

Deutsche Vermögensberatung AG<br />

IN DER FINANZWELT ZUHAUSE,<br />

IN DER REGION TIEF VERWURZELT<br />

Dass dem Begriff „Heimat“ eine Vielzahl an Defi -<br />

nitionen innewohnt, zeigt sich am Beispiel der<br />

jahrzehntelangen Verbindung zwischen der Region<br />

<strong>Marburg</strong> und der Deutschen Vermögensberatung<br />

AG (DVAG). „<strong>Marburg</strong> und sein <strong>Landkreis</strong> stellen<br />

für die DVAG in betrieblicher, kultureller wie auch in <strong>persönlich</strong>er<br />

Hinsicht einen besonderen Angelpunkt dar“, betont<br />

Andreas Pohl, der das Familienunternehmen seit 2014<br />

in zweiter Generation leitet. Tatsächlich kann <strong>Marburg</strong><br />

gewissermaßen als Wiege des Unternehmens bezeichnet<br />

werden: Vor fast 70 Jahren ließ sich hier Firmengründer Dr.<br />

Reinfried Pohl als Flüchtling aus der ehemaligen sowjetischen<br />

Besatzungszone nieder. Von <strong>Marburg</strong> aus entwickelte<br />

Dr. Pohl seine Allfi nanz-Konzeption, deren Kern darin besteht,<br />

den Kunden branchenübergreifend zu sämtlichen Finanzfragen<br />

zu beraten. Damit begründete er gleichzeitig eine<br />

vollkommen neuartige Berufssparte – die des Vermögensberaters.<br />

Im Laufe der über 40-jährigen Unternehmensgeschichte<br />

entwickelte sich die DVAG damit zur größten und<br />

erfolgreichsten Finanzberatung Deutschlands mit rund<br />

14.000 hauptberufl ichen Vermögensberatern, die heute rund<br />

sechs Millionen Kunden zu den Themen Finanzen, Vorsorge<br />

und Absicherung betreuen.<br />

Im Laufe der Jahre ist <strong>Marburg</strong> zum Mittelpunkt der Unternehmensgruppe<br />

und zugleich zum Herzstück der Unternehmenskultur<br />

geworden. Neben dem Sitz der Deutschen Vermögensberatung<br />

Holding GmbH befi nden sich hier zahlreiche<br />

Einrichtungen, die den Schwerpunkt auf die Aus- und Weiterbildung<br />

sowie den gegenseitigen Erfahrungsaustausch legen.<br />

So wurde 2011 im Herzen der Innenstadt das Dr. Reinfried<br />

Pohl Zentrum für Vermögensberatung (ZVB) eröffnet,


„Der Standort <strong>Marburg</strong> steht sinnbildlich für die<br />

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der<br />

Deutschen Vermögensberatung.“<br />

Andreas Pohl, seit 2014<br />

Vorstandsvorsitzender der DVAG<br />

sowie Geschäftsführer und<br />

Gesellschafter der Deutschen<br />

Vermögensberatung Holding GmbH<br />

ein modernes Schulungs- und Kongresszentrum mit angegliedertem<br />

Museumsbereich. Die Türen des ZVB stehen jedermann<br />

offen – Vermögensberatern, externen Veranstaltern<br />

und neugierigen Gästen. Die mannigfaltigen Möglichkeiten<br />

des Zentrums werden rege genutzt: Bis heute haben im Rahmen<br />

von Seminaren, Abendveranstaltungen oder Museumsführungen<br />

mehr als 200.000 Besucher den Weg dorthin gefunden.<br />

Nicht zuletzt wird am Beispiel der Kultur- und Eventscheune<br />

in Dagobertshausen deutlich, dass die DVAG der<br />

gesellschaftlich-kulturellen Förderung vor Ort einen hohen<br />

Stellenwert beimisst.<br />

Des Weiteren unterstützt die Deutsche Vermögensberatung<br />

die Studienlandschaft der Universitätsstadt: Mit dem 2014<br />

eröffneten Campus <strong>Marburg</strong> der Fachhochschule der Wirtschaft<br />

(FHDW) besteht eine enge Partnerschaft mit dem<br />

Ziel, hoch qualifi zierte Nachwuchskräfte, insbesondere für<br />

die DVAG, auszubilden. Junge Menschen haben hier die Gelegenheit,<br />

sich im Zuge eines praxisnahen dualen Studiums<br />

auf den Bereich Finanzvertrieb zu spezialisieren.<br />

All diese Aspekte machen deutlich, dass die Region <strong>Marburg</strong><br />

und die Deutsche Vermögensberatung eng miteinander verwoben<br />

sind: Zum einen ist die Stadt Ursprung einer erfolgreichen<br />

Unternehmensgeschichte. Zum anderen ist die<br />

DVAG ein fester Bestandteil der hier ansässigen Unternehmenslandschaft<br />

und ein engagierter Ausbildungs- und Kooperationspartner.<br />

„Der Standort <strong>Marburg</strong> steht sinnbildlich<br />

für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der<br />

Deutschen Vermögensberatung“, resümiert auch Andreas<br />

Pohl, der selbst in <strong>Marburg</strong> aufgewachsen ist und von hier<br />

aus und von der Zentrale der DVAG in Frankfurt die Unternehmensgeschicke<br />

lenkt. „Heimat“ stellt somit in vielfältiger<br />

Weise ein zentrales Element im Handeln und Wirken der<br />

Deutschen Vermögensberatung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

dar.<br />

Darüber hinaus macht sich Familie Pohl auch für zahlreiche<br />

karitative Projekte in der Region stark. Davon zeugen insbesondere<br />

ihre Stiftungen: die Anneliese Pohl Stiftung zur Unterstützung<br />

von an Krebs erkrankten Personen sowie die Dr.<br />

Reinfried Pohl Stiftung zur Förderung der wissenschaftlichen<br />

und medizinischen Forschung an der <strong>Marburg</strong>er<br />

Philipps-Universität.<br />

Kontakt<br />

Deutsche Vermögensberatung AG<br />

Wilhelm-Leuschner-Straße 24<br />

60329 Frankfurt am Main<br />

www.dvag.com


BRUNHILDE<br />

HESS<br />

geb. 1954 in Niederthalhausen | verheiratet,<br />

zwei Söhne | Abitur, Banklehre | 1987 in<br />

Wetter anlässlich des Grenzgangfestes mit<br />

dem Theaterspielen begonnen | 1987 Gründungsmitglied<br />

des Theater- und Festspielvereins<br />

Wetter | in den 90er-Jahren mit<br />

Schreiben und Inszenierung kleiner Stücke<br />

begonnen (Straßentheater, Weihnachtsmärkte)<br />

| 1995 erstes größeres selbstgeschriebenes<br />

Jugend theaterstück | 1997 wurde das erste<br />

größere Open-Air Theater auf Burg Mellnau<br />

verwirklicht. Es folgten 15 weitere Theaterprojekte<br />

(12 davon selbst verfasst), darunter sieben<br />

fantastische Musicals, fünf historische<br />

Theaterstücke, eine Dorfgroteske (alle Open-<br />

Air) sowie ein weiteres Jugendtheaterstück.<br />

44 · 45<br />

Brunhilde „Bruno“ Heß<br />

FANTASTISCHE GESCHICHTEN,<br />

INSPIRIERT DURCH DIE REGION<br />

Meine Heimat ist Hessen. Ich wurde Mitte der<br />

50er-Jahre in einem kleinen Dorf bei Rotenburg<br />

an der Fulda geboren. Alle Verwandten<br />

waren Bauern, und ich liebte von Kind an die<br />

Natur um mich herum, die Geborgenheit der großelterlichen<br />

Familie, die an die Jahreszeiten gebundenen Arbeitsabläufe<br />

wie die Heuernte, das Dreschen, das Kartoffeldämpfen oder<br />

das Schlachtfest.<br />

Allerdings war ich ab meinem sechsten Lebensjahr nur<br />

während der Ferien auf dem Land. Mein Vater fand Arbeit<br />

in Köln, und so zogen wir, als ich zwei Jahre alt war, dorthin.<br />

Als ich 16 war, kamen wir zurück nach Hessen, lebten<br />

in Bad Hersfeld. Ich durfte die Freiheiten des Landlebens<br />

genießen, ohne den harten Lebensbedingungen ausgesetzt<br />

zu sein. Meine Freundinnen mussten indes schwer schuften.<br />

Kartoffeln lesen, Rüben hacken, Obst ernten und bei<br />

der Verwertung helfen. Ich sah alles durch die rosarote<br />

Brille.<br />

Das Landleben in den 60er-Jahren barg hingegen viele<br />

Schwächen in sich. Ich denke hier vor allem an die Zurücksetzung<br />

der Frauen, an ihr hartes und entbehrungsreiches<br />

Leben. Trotz des Wissens um die Lebensweise hat sich in<br />

meinen Gefühlen das Positive erhalten. Die Natur, die<br />

Tierwelt, die Ernte dessen, was zuvor angebaut worden<br />

war, hat alle meine Sinne geschärft und mir unseren Ursprung<br />

vor Augen geführt.<br />

Diese Strukturen meiner osthessischen Heimat finde ich in<br />

ähnlicher Form in der Stadt Wetter und ihrer Umgebung<br />

wieder. Bewirtschaftete Felder, beweidete Wiesen, umgeben<br />

von Wald. Aber auch alte Fachwerkhäuser, die geologische<br />

Formation des Buntsandsteines, den ich so sehr mag.<br />

Auch manche Gerüche aus meiner Kindheit streifen mich<br />

immer wieder, wenn das Heu duftet oder die Jauche aufs<br />

Feld eingebracht wird. Ich finde hier ein Stück Kindheit<br />

wieder – aber auch eine andere Welt. Vielfältiger, bunter ist<br />

die Mischung der Menschen. Es gibt unzählige Vereine,


Gemeinschaften, Zusammenschlüsse, in denen die Menschen<br />

gesellschaftspolitische Themen bearbeiten oder soziale<br />

Hilfe anbieten. Auswärtige ziehen aufs Dorf und restaurieren<br />

nicht selten die alten Fachwerkhöfe. <strong>Marburg</strong> mit<br />

seiner Universität bietet ein großes Forum, um sich sachkundig<br />

über die verschiedensten Themen informieren zu<br />

können.<br />

Das alles – die Menschen, die Natur, die alten Gemäuer – sie<br />

bringen meine Fantasie in Bewegung. Und so entstehen Geschichten<br />

in einem Raum von Träumerei und der Suche nach<br />

einem tieferen Sinn. Der Bach in Amönau inspirierte mich zu<br />

der Geschichte von „Suaine“, der Wasserfrau. Der Raubbau<br />

an der Natur spiegelt sich in ihrer Figur. „Los Bandidos“<br />

zeigte die Problematik der Fremdenfeindlichkeit. Zwei Mitglieder<br />

einer großen Katzenfamilie stehen zwei fremden, in<br />

Not geratenen Katzen aggressiv gegenüber und bedienen sich<br />

einer bösen Macht, um sich ihrer zu entledigen. In „Mondenland“<br />

steht die Figur des „kleinen Mondenlichtes“ für<br />

die Fantasie, die sich im eigenen Ich entfaltet und nicht<br />

durch Computer bestimmt wird.<br />

Das Ausschmücken dieser Geschichten lässt mich wie ein<br />

Kind in bunten Farben und Gestalten schwelgen. Diese Geschichten<br />

verwandeln sich durch meinen talentierten musikalischen<br />

Partner und fabelhaften Freund Eckhard Scherer<br />

in unterhaltsame Musicals für die <strong>ganz</strong>e Familie. Spiel- und<br />

Gesangstalente werden dabei entdeckt und können ihre Begabungen<br />

ausleben. Choreographie, Kostüme, Kulissenbau,<br />

Lichttechnik und andere notwendige Fertigkeiten verlangen<br />

Können und Ausdauer.<br />

„Das alles – die Menschen, die Natur, die alten<br />

Gemäuer – sie bringen meine Fantasie in Bewegung.<br />

Und so entstehen Geschichten in einem<br />

Raum von Träumerei und der Suche nach einem<br />

tieferen Sinn.“<br />

Das schön gelegene Wetter-Amönau ist häufig Aufführungsort für Musicals.


Die Freude am Fantastischen ist die eine Seite in mir, das<br />

Interesse an – besonders der hessischen – Geschichte ist eine<br />

weitere Seite, die ich mit Leidenschaft erkunde.<br />

Die Offenheit der Menschen, aus ihrer Vergangenheit zu<br />

berichten, ihre unmittelbare und authentische Nähe zum<br />

Geschehen, wie es sich in „Leibchen, Liebe, Chewinggum“<br />

in Oberrosphe 2007 zeigte, war ein wunderbares Geschenk<br />

für mich, diese Erzählungen zu einem Theaterstück werden<br />

zu lassen. In Wetter standen mir der Stadtarchivar Hans-Uffe<br />

Boerma, die Vorsitzende des Vereins „ehemalige Synagoge“<br />

Dr. Martina Kepper sowie der Geschichtsvereins-<br />

Vorsitz ende Kay Weiß zur Seite, um das mittelalterliche Kanonissenstift<br />

in einer Zeitreise dem Publikum nahezubringen<br />

und ein Fenster zur mittelalterlichen Welt dieser Stadt zu<br />

öffnen.<br />

Erst durch die Zusammenarbeit mit kreativen oder fachkundigen<br />

Menschen aus Stadt und Land gelingen gut durchdachte<br />

und recherchierte Theaterstücke oder Musicals. Ohne<br />

sie, die hinter den Bühnen wirken, die mich beraten oder<br />

unermüdlich meinen Fantasien folgen, wären solche Aufführungen<br />

nicht zu bewerkstelligen. Mir liegt viel daran, eine<br />

Inszenierung zu erarbeiten, bei der viele Spieler und Sänger<br />

unterschiedlichsten Alters ihre Talente erfahren und auf der<br />

Bühne verwirklichen können. Dafür wird hart gearbeitet,<br />

denn alle zusammen wollen das Optimum erreichen.<br />

Es ist wunderbar zu wissen, dass diese Arbeit gesehen und<br />

geschätzt wird. Das setzt Impulse frei, weiterzumachen und<br />

mich immer neuen Themen zu widmen – ebenso, wie der<br />

Otto-Ubbelohde-Preis, den der <strong>Landkreis</strong> mir in 2008 verlieh.<br />

Er ist eine <strong>ganz</strong> besondere Freude und Ehre für mich.<br />

Die Stücke der Turmwerkstatt Amönau überzeugen mit hoher Professionalität – wie hier „Mad Night“.<br />

46 · 47


Die innovativen Konstruktionen<br />

und Werkzeuge des Modellbauers<br />

aus <strong>Biedenkopf</strong> erfüllen die hohen<br />

Ansprüche an Haltbarkeit und<br />

Prozesssicherheit in der Serienfertigung.<br />

Henkel Modellbau setzt auf eine qualifizierte Ausbildung und modernste Technologie, um<br />

hochwertige Modelleinrichtungen und komplexe Werkzeuge zu fertigen.<br />

Henkel Modellbau GmbH<br />

QUALIFIZIERTE AUSBILDUNG<br />

UND MODERNSTE TECHNOLOGIE<br />

Wenn man mit Christoph Henkel durch die Produktionshalle<br />

geht, passiert man Arbeitsplätze<br />

mit modernster technologischer Ausstattung.<br />

„Hier produzieren wir Modelleinrichtungen<br />

vor allem für die Automobilindustrie, wie zum Beispiel Turbinengehäuse,<br />

Abgaskrümmer oder Zylinderköpfe“, erklärt der<br />

Geschäftsführer der Henkel Modellbau GmbH. Das zweite<br />

Standbein des Familienunternehmens in dritter Generation ist<br />

die CNC-Bearbeitung. Auch hier ist Henkel Modellbau mit<br />

3-Achs- und 5-Achs-Bearbeitungszentren für die Fertigung<br />

komplexer Werkzeuge und anspruchsvoller 3D-Konturen<br />

optimal ausgestattet. „Unsere Produktionsprozesse sind<br />

konsequent datenbasiert“, sagt Henkel. „Wir setzen zudem<br />

aktuelle Technologien wie beispielsweise optische Vermessung<br />

und simulationsgestützte Werkzeugauslegung ein.“ Qualität<br />

und Präzision ist gefragt. Um das zu gewährleisten, sind die<br />

Produktionsräume so klimatisiert, dass genaue Fräsergebnisse<br />

erzielt werden.<br />

Die Zusammenarbeit mit den Kunden erstreckt sich vom<br />

ersten Gussteilentwurf bis zur Optimierung leistungsfähiger<br />

Serienwerkzeuge. Die innovativen Konstruktionen und Werk-<br />

zeuge des Modellbauers aus <strong>Biedenkopf</strong> erfüllen die hohen<br />

Ansprüche an Haltbarkeit und Prozesssicherheit in der Serienfertigung.<br />

Hierfür setzt Henkel auf qualifi ziertes Personal.<br />

„Jeder unserer Mitarbeiter ist Facharbeiter in einem der Bereiche<br />

Modellbau, Formenbau, mechanische Bearbeitung oder er<br />

ist Ingenieur“, sagt Henkel. Das Berufsbild hat sich vom<br />

Handwerksberuf hin zu einem immer stärker digital geprägten<br />

Betriebsumfeld gewandelt. Praktische Ausbildung und<br />

Erfahrung bleiben für Henkel aber wichtige Grundlagen. Die<br />

Ausbildung zum Technischen Modellbauer ist für das Unternehmen<br />

ein wesentlicher Baustein für dessen Erfolg. Nach der<br />

Ausbildung erfolgt eine weitere Spezialisierung, etwa auf die<br />

Bereiche Kunststoff- oder Metallmodelle, CNC-Bearbeitung<br />

oder auch CAD/CAM. So verfügt Henkel Modellbau über die<br />

Spezialisten, die es braucht, um hochwertige Modelleinrichtungen<br />

und komplexe Werkzeuge zu fertigen.<br />

Kontakt<br />

Henkel Modellbau GmbH<br />

Goldbergstraße 12<br />

35216 <strong>Biedenkopf</strong><br />

www.henkelmodellbau.de


PROF. DR. DR. H. C.<br />

MARGOT<br />

KÄSSMANN<br />

geb. 1958 in <strong>Marburg</strong> als Margot Schulze |<br />

1977 bis 1983 Studium der evangelischen<br />

Theologie in <strong>Marburg</strong>, Edinburgh, Tübingen<br />

und Göttingen, 1989 Promotion<br />

an der Ruhr-Universität<br />

Bochum­|­1999­bis­2010­Bischöfinder<br />

Landeskirche Hannover | 2001<br />

bis 2004 Mitglied im Rat für<br />

Nachhaltige Entwicklung | 2009<br />

bis 2010 Ratsvorsitzende der EKD |<br />

seit April 2012 „Botschafterin für<br />

das Reformationsjubiläum 2017“ im<br />

Auftrag des Rates der EKD<br />

48 · 49<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Margot Käßmann<br />

EIN GRUNDGEFÜHL<br />

VON BEHEIMATUNG<br />

Wenn ich heute mit Flüchtlingen spreche, von<br />

Flüchtlingen höre, dann ist mir immer wieder<br />

die Geschichte meiner Familie präsent.<br />

Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> war<br />

für sie ein Sehnsuchtsort, erschien ihnen als ein sicherer<br />

Hafen, den sie im Krieg und nach dem Krieg zu erreichen<br />

versuchten. Meine Großmutter stammte aus einem Forsthaus<br />

in Schlesien. Sie hatte einen Gutsverwalter in Hinterpommern<br />

geheiratet, ihre Schwester einen Förster in Burgholz.<br />

Als die Sowjetarmee in Pommern einrückte, verpasste sie<br />

mit ihrem Mann und ihrer ältesten Tochter den letzten Zug<br />

in Richtung Westen, weil bei meiner Tante die Wehen einsetzten:<br />

Das dritte Kind wurde geboren. Sie erlebten ein<br />

entsetzliches Jahr in Köslin, mein Großvater wurde nach<br />

Sibirien verschleppt, Großmutter und Tante vergewaltigt. Im<br />

Frühling 1946 machten sie sich auf den Weg. Ziel: Burgholz.<br />

Meine Mutter war als Krankenschwester aus Berlin nach<br />

Rügen evakuiert worden. Sie erreichte mit viel Glück das<br />

letzte Schiff von Sassnitz aus und wurde nach Monaten auf<br />

See, in denen niemand die Flüchtlinge aufnehmen wollte, in<br />

Kopenhagen interniert. Sie schrieb einen Brief nach Burgholz/bei<br />

<strong>Marburg</strong>. Er kam an – und so wusste ihre Mutter,<br />

wo sie war und schrieb etliche Bitten, dass ihre Tochter ausreisen<br />

dürfe. 1947 wurde schließlich eine Genehmigung erteilt.<br />

Auch ihre beiden Söhne fand meine Großmutter so: den<br />

einen in amerikanischer, den anderen in britischer Kriegsgefangenschaft.<br />

Dieser <strong>Landkreis</strong> war also ein Sehnsuchtsort. Mein Cousin<br />

Peter, so erzählt es die Familie, kam im Burgholzer Forsthaus<br />

abgemagert und verlaust an. Als er die weiß bezogenen, sauberen<br />

Betten sah, fragte er: „Mama, sind wir jetzt im Himmel?“


Ab der fünften Klasse fuhr ich mit dem Zug nach <strong>Marburg</strong><br />

zur Elisabethschule und tat das mit einer Unterbrechung<br />

eines Auslandsjahres in den USA bis zum Abitur. „Fahrschülerin“<br />

sein, das war nicht immer einfach, der Zug fuhr um<br />

7:07 Uhr, da musstest du schon mit dem Fahrrad hingekommen<br />

sein, in <strong>Marburg</strong> dann mit dem Bus bis Wilhelmplatz.<br />

Mit viel Glück wurde der Eilzug um 13:21 Uhr erwischt, mit<br />

Pech erst der Bummelzug um 14:30 Uhr. Lange Tage waren<br />

das und manchmal auch eine Spaltung zwischen den „<strong>Marburg</strong>ern“<br />

und den „Fahrschülern“ aus dem Ebsdorfergrund<br />

wie auch aus Stadtallendorf.<br />

Nachdem ich zunächst in Tübingen, Edinburgh und Göttingen<br />

studiert hatte, kam ich 1981 nach <strong>Marburg</strong> zurück und<br />

machte dort an der Universität 1983 mein Examen. <strong>Marburg</strong><br />

ist eine wunderbare Universitätsstadt. Übersichtlich, du<br />

fühlst dich nicht verloren. Und doch bietet die Stadt eine<br />

große, intellektuelle Weite, die eine Universität mit sich<br />

bringt. Als ich 1968 zur Schule kam, habe ich mit Staunen<br />

die Demonstrationen gesehen. An der Schule wurde selbstverständlich<br />

diskutiert über die Schuldgeschichte des<br />

Nationalsozialismus und auch über Atomkraft.<br />

Ein Regenbogen im Ostkreis<br />

Ich selbst wurde in <strong>Marburg</strong> im Klinikum Wehrda geboren.<br />

In derselben Klinik starb 16 Jahre später mein Vater<br />

und wurde 23 Jahre später meine älteste Tochter geboren.<br />

Aufgewachsen bin ich in Stadtallendorf. Meine Eltern wurden<br />

dort ab 1949 angesiedelt, ebenso die Großmutter und<br />

die Tante mit ihren Kindern. Es waren Flüchtlinge aus<br />

Schlesien, dem Sudentenland, Ostpreußen und Hinterpommern,<br />

die hier eine Heimat fanden, wo noch bis 1945 die<br />

„Dynamit Aktien Gesellschaft“ mit Zwangsarbeitern<br />

Rüstungsgüter produzierte. Eine merkwürdige Stadt, zusammengesetzt<br />

aus Menschen, die ihre Heimat verloren<br />

hatten, aber neu anfangen wollten. Bald kamen Italiener<br />

dazu, die bei Ferrero Arbeit fanden, es folgten Jugoslawen<br />

und Griechen und mit der Eisengießerei auch viele Türken.<br />

Ich habe dort eine unbeschwerte Kindheit erlebt inmitten<br />

dieser Vielfalt.<br />

Mit dem <strong>Landkreis</strong> verbindet mich vor allem Beheimatung,<br />

Zugehörigkeit trotz oder gerade wegen großer Vielfalt. Das<br />

war auf den einzelnen Dörfern vielleicht anders. Aber in<br />

Stadtallendorf haben wir wenig über die Unterschiede gesprochen,<br />

ob sie nun sozialer oder religiöser Natur waren.<br />

Da war ein Grundgefühl von Chancengleichheit. Es war<br />

möglich, dass ein Arbeiterkind studierte. Und wenn ein junger<br />

Muslim gern zum Kindergottesdienst kam, dann war er<br />

im Krippenspiel halt einer der Hirten. Die verbitterten<br />

Kämpfe um Herkunft, Zugehörigkeit, Nationalität und<br />

Religion, die wir heute erleben, kannte ich damals nicht.<br />

Das hat mir einen großen Schub an Toleranz mit ins Leben<br />

gegeben, dafür bin ich dankbar.<br />

„In Stadtallendorf haben wir wenig über die Unterschiede<br />

gesprochen, ob sie nun sozialer oder religiöser Natur waren.<br />

Da war ein Grundgefühl von Chancengleichheit.“<br />

Und ich mag bis heute diese besondere mittelhessische Landschaft.<br />

Sie ist mir ans Herz gewachsen: Hügelig, waldreich,<br />

voller Abwechslungen – als ich später nach Niedersachsen<br />

kam, habe ich das vermisst.


HERWIG<br />

KLEIN<br />

geb. 1945 in Hermannstadt (Rumänien) |<br />

verheiratet, vier Kinder | 1963 bis 1967<br />

Studium der Theologie in Hermannstadt und<br />

Klausenburg | 1967 bis 1968 Vikariat<br />

in Bukarest, Hörer an der orthodoxen<br />

Hochschule | 1968 bis 1993<br />

Pfarrer in Gergeschdorf, Kleinschelken<br />

und Heldsdorf | 1993 Auswanderung<br />

von Rumänien nach Deutschland<br />

| 1994 Kolloquium und<br />

Übernahme durch die Kurhessische<br />

Kirche | 1994 bis 2010 Pfarrer in Lohra | seit<br />

2010 im Ruhestand<br />

50 · 51<br />

Herwig Klein, Pfarrer i.R.<br />

AUS RUMÄNIEN ALS<br />

PFARRER NACH LOHRA<br />

Als Kind in einer evangelischen Pfarrfamilie in Siebenbürgen<br />

hatte ich wohl von <strong>Marburg</strong> gehört,<br />

hatten doch mein Großvater und mein Vater dort<br />

studiert. Aber dass ich einmal hinkommen werde,<br />

war von Rumänien aus damals fast undenkbar. So<br />

träumte ich manchmal von der großen Welt, war aber zufrieden<br />

mit meiner kleinen: den Eltern und großen Geschwistern<br />

im Haus, den Mädchen und Jungen, die gerne in unserem<br />

Hof spielten und mich daran teilnehmen ließen.<br />

Ich besuchte die deutsche Schule und eignete mir bis zum<br />

Abitur eine ordentliche Allgemeinbildung an. Dazu gehörten,<br />

besonders als wir in eine Kleinstadt umzogen, auch die<br />

rumänische Sprache und Literatur, die mich manchen Kollegen<br />

im Schulhof ebenso wie den rumänisch sprechenden<br />

Menschen näherbrachten. Als Student der Theologie in Hermannstadt<br />

studierte ich zwei Semester an der ungarischen<br />

Abteilung und erwarb so die Kommunikationsfähigkeit mit<br />

den ungarischen Landsleuten. Als echtes Geschenk empfand<br />

ich, dass ich während meines Vikariates in Bukarest an<br />

grundlegenden Kursen der orthodoxen Theologie teilnehmen<br />

durfte und mit dieser so anderen, tiefen Frömmigkeit<br />

bekannt wurde. Ich wurde Pfarrer in kleinen und großen<br />

Landgemeinden. Überall konnte ich innerhalb und über deren<br />

Grenzen hinaus ökumenisch wirken und in dem Miteinander<br />

den Reichtum der Vielfalt von Kulturen pflegen.<br />

1980 heiratete ich die Physikstudentin Corinna Schunn. Zu<br />

zweit überwanden wir Versorgungs- und andere Schwierigkeiten,<br />

zu zweit waren wir für die Leute der Gemeinden da –<br />

sie als Lehrerin in der Schule und in der Jugend- und Frauenarbeit<br />

und ich im Pfarrdienst. Vier Kinder haben wir in den<br />

Jahren 1982 bis 1991 bekommen, die in der dörflichen,<br />

weitgehend behüteten Umwelt aufwuchsen.<br />

Die „Wende“ brachte große Veränderungen. Ein Großteil der<br />

deutschen Bevölkerung Rumäniens verließ das Land, um im<br />

Westen neu anzufangen. Deutsche Schulen gab es nur noch in


Doch es gab Anfangsschwierigkeiten: Das Pfarrhaus musste<br />

saniert werden – in Lohra fand sich keine Wohnung für unsere<br />

sechsköpfige Familie, wir sollten eine Weile in Rollshausen<br />

wohnen. Das bedeutete: Jeden Tag rund sechsmal<br />

hin- und herzufahren wegen Kindergarten, Schule und Dienst.<br />

Aber wir wuchsen langsam in die Gemeinde hinein. Es gab<br />

durch Gottesdienste, Schul- und Konfirmandenunterricht,<br />

Taufen, Trauungen, Beerdigungen und Hausbesuche viele<br />

Kontakte.<br />

Der <strong>Marburg</strong>er Bachchor bei einem Auftritt in der<br />

Lutherischen Pfarrkirche<br />

den Städten und es war sehr schwierig, die Kinder dort hinzubringen.<br />

Als dann unsere zweite Tochter Diabetes bekam, entschlossen<br />

wir uns, auch nach Deutschland zu übersiedeln. Bischof<br />

Zippert, den ich als Pfarrer von Michelbach in meiner<br />

Vikariatszeit kennengelernt hatte, sagte mir, dass ich mich für<br />

den Dienst in der Kurhessischen Kirche bewerben könne. Das<br />

tat ich – so kamen wir im August 1993 nach Deutschland und<br />

wurden nach der Übernahmeprüfung Lohra zugeteilt. Im<br />

März 1994 kamen wir zum ersten Mal dorthin, um uns dem<br />

Kirchenvorstand vorzustellen. Fremde aus Rumänien wollten<br />

Pfarrersleute in Lohra werden? Nach einigem zögerlichen<br />

„Abtasten“ fragte ein Kirchenvorsteher: „Glauben Sie an die<br />

Auferstehung“? Es war die Frage nach der Mitte der evangelischen<br />

Botschaft, ohne Umschweife gestellt. Ich konnte die<br />

Antwort so geben, dass Vertrauen aufgebaut wurde und der<br />

Kirchenvorstand der Ernennung zustimmte.<br />

Der Vorgänger hatte eine sehr lebendige Jugendarbeit aufgebaut,<br />

die mehr als 300 Kinder und Jugendliche erreichte. Da<br />

war eine Jugendmitarbeiterin, die mehr als 60 Kinder für<br />

den Kinderchor begeisterte und wunderbare Musicals einübte<br />

und aufführte. Die Schulleitung und das Lehrerkollegium<br />

ermutigten mich, schwerpunktmäßig biblische Geschichten<br />

sowie bekannte und neuere geistliche Lieder zu lehren. Der<br />

Leiter des Posaunenchors begeisterte gut 40 Bläser und gestaltete<br />

immer wieder die Gottesdienste und andere Feste erhebend.<br />

Und wie viele Gemeindeglieder sich zur Mitarbeit<br />

bei Gemeindefesten, aber auch zu regelmäßigen Sammlungen<br />

für die Diakonie, Betreuung der Kinderfreizeiten und<br />

Gestaltung der Missionsfeste und Seniorennachmittage bereitfanden!<br />

Nicht vergessen will ich die vielen gemeinsamen<br />

Aktionen ökumenischer Art in Lohra, als geschwisterliches<br />

Miteinander. Gebetswoche, Ökumenischer Kreuzweg,<br />

Volkstrauertag, Chorfeste... Wenn ich da die Namen von<br />

Pfarrer Schmank und Pastor Friedrich nenne, so stehen sie<br />

für Katholiken und Methodisten als engagierte, offene und<br />

einsatzfreudige Christen, die viel zum Gelingen so manchen<br />

guten Werkes beigetragen haben.<br />

Last, but not least kann ich die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe<br />

Straßenkinder in Äthiopien erwähnen. Wir konnten<br />

mithelfen, Tausenden von Kindern die Tore zum Leben zu<br />

öffnen. Sollte ich mich da nicht gerne einbringen, in der Gemeinde,<br />

im Kreis <strong>Marburg</strong>?<br />

Wenn auch durch den Eintritt in den Ruhestand die meisten<br />

dieser Aktivitäten für mich endeten, bin ich doch sehr dankbar,<br />

in der Region mitgearbeitet zu haben, dass ein gutes<br />

Miteinander vieler Einzelner und Gruppen wächst. Dafür<br />

möchte ich auch weiter da sein.<br />

„Nicht vergessen will ich die vielen gemeinsamen<br />

Aktionen ökumenischer Art in Lohra, als geschwisterliches<br />

Miteinander. Gebetswoche, Ökumenischer<br />

Kreuzweg, Volkstrauertag, Chorfeste…“


EARL<br />

KOLBE<br />

geb. 1949 in <strong>Biedenkopf</strong>, nach Einschulung<br />

in die Stadtschule <strong>Biedenkopf</strong><br />

späterer Wechsel zur Lahntalschule<br />

<strong>Biedenkopf</strong>, den<br />

Berufsfachschulen Köhlhofer<br />

Baltersee <strong>Marburg</strong> sowie zum<br />

Elisabeth-Gymnasium<br />

<strong>Marburg</strong> | Lehrjahre bei der<br />

Firma Reichard Textilgroßhandel<br />

<strong>Biedenkopf</strong> | AKAD-<br />

Teilstudium Betriebswirtschaftslehre<br />

mit Fachrichtung Tourismus<br />

52 · 53<br />

Earl Kolbe<br />

GRENZGANGSMOHR –<br />

DER TRAUM AN DER LAHN<br />

Aus der Reihe tanzen, das war wohl von Geburt<br />

an eine Eigenschaft, die meinem Erscheinungsbild<br />

zum ständigen Begleiter werden sollte.<br />

Nicht, dass ich eine besondere Neigung zur Auffälligkeit<br />

in mir verspürte, seit ich im Dezember 1949 in<br />

<strong>Biedenkopf</strong> das Licht der Welt erblickt hatte. Nein, mein<br />

Anderssein offerierte sich mir mit dem ersten jugendlich forschenden<br />

Blick auf die spiegelnde Oberfläche der von mir so<br />

oft und gern besuchten Lahn! Hellwach blickte ich in eine<br />

„dunkle“ Zukunft.<br />

Das Älterwerden beinhaltete auch für mich einen steigenden<br />

Grad der Reife und des Verstehens. Zu diesem wie bei allen<br />

jungen Menschen durch das Heranwachsen sich ständig erweiternden<br />

Wissen über die eigene Person gesellte sich bei<br />

mir die elterliche Information: Dein Papa „Willi“ ist nicht<br />

dein richtiger Papa! Dein Papa wohnt in Amerika! Und..., er<br />

ist schwarz!<br />

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch schon längst Freundschaft<br />

mit einem Ritual des heimatlichen <strong>Biedenkopf</strong> geschlossen.<br />

Furchterregende Bilder von einem säbelschwingenden<br />

Mohr mit einem zotteligen Vollbart, begleitet von<br />

zwei „Wettläufern“ mit langen Peitschen hatten meine Sympathie<br />

gewonnen! Reiter hoch zu Ross, inmitten einer gleichfalls<br />

mit Säbeln ausstaffierten Meute junger Männer, Schärpen<br />

quer über der Brust, flaumige Federn auf dunklen Hüten<br />

mit weiter Krempe! Das war meine Welt! Ich war fortan fasziniert<br />

und angezogen von den vorwiegend älteren Männern,<br />

die im Zusammenhang mit diesen Bildern immer wieder von<br />

einem Fest namens „Grenzgang“ zu berichten wussten.<br />

Meine unbändige Neugierde bahnte mir den Weg hin zu<br />

deren Herzen und somit zur umfassenden Information über<br />

das geliebte Heimatfest. Als „Grenzgang in <strong>Biedenkopf</strong>“ mit<br />

Ursprung im 17. Jahrhundert ist ein unvergleichbares Heimatfest<br />

entstanden. An drei Tagen wird der umfangreiche


Um das Besondere des Grenzgangs in <strong>Biedenkopf</strong> verstehen zu können, muss man daran teilnehmen.<br />

Stadtwald <strong>Biedenkopf</strong>s bezüglich seiner Grenzen kontrolliert.<br />

Nicht selten war es in der Vergangenheit mit den<br />

Anrainern zu Unstimmigkeiten über den Grenzverlauf gekommen.<br />

Das sich alle sieben Jahre wiederholende Ritual<br />

der Grenzbegehung wandelte sich kurz vor der Wende zum<br />

20. Jahrhundert zu einem mächtigen Volksfest. Reiter als<br />

Offiziere, Männergesellschaften und Burschenschaften mit<br />

ihren Obersten, Hauptmännern und Führern ziehen gefolgt<br />

von Bürgern und Burschen, Bürgerinnen und Mädchen<br />

gemeinsam über die Gemarkungen der heimischen Waldpracht.<br />

Als besonderes Erscheinungsbild in dieser ohnehin schon<br />

bunt schillernden Schar wertete man den Mohr in schwarzer,<br />

mit reichlichen goldenen Paspelierungen versehenen<br />

Montur und Krummsäbel, flankiert von seinen peitschenknallenden<br />

Wettläufern. Mit diesem Wissen über den Grenzgang<br />

kreierte ich im Grenzgangsjahr 1963 ein Lied für die<br />

Burschenschaft Oberstadt. Allein dies privilegierte mich<br />

jedoch nicht zur Teilnahme an diesem Grenzgang, hatte ich<br />

doch noch nicht die altersmäßige Reife für die Zugehörigkeit<br />

zu den „Owwastärran“.<br />

Das Leben sollte jedoch auch für mich den Beweis erbringen,<br />

dass kein Fest den Ablauf der täglichen Pflichten verbannen<br />

„Missen möchte ich wohl niemals Wald und<br />

Flur der Heimatregion, und somit schließt<br />

sich der Kreis: Wald und Flur, das ist<br />

Grenzgang, Grenzgang, das ist Heimat!“<br />

kann. Wenngleich man den „Berreköppern“ auch nachsagt,<br />

dass sie nur für den Grenzgang leben, so war und ist dennoch<br />

die Zeit „dazwischen“ mit Tätigkeiten zum Erwerb des<br />

täglichen Brotes gespickt. Da mein Gymnasiumbesuch nun<br />

nicht dahingehend Erfolg hatte, dass ich den Beruf des Försters<br />

erlangen konnte, ließ mich meine Liebe zum Wald eine<br />

langjährige Tätigkeit als Forstwirt aufnehmen. Immer wieder<br />

war es der Schlossberg, gekrönt vom Landgrafenschloss<br />

<strong>Biedenkopf</strong>, dem meine besondere Liebe galt. Längst schon<br />

war ich durch ungezählte eigenverfasste Gedichte zum<br />

„Heimatdichter“ avanciert. Öffentliche Gedichtvorträge bestärkten<br />

mich dahingehend, dass ich für mich in Anspruch<br />

nahm, ein Teil dieser von mir so geliebten Region zu sein.<br />

Dass ich ohne diese „Heimat“ offensichtlich nicht leben<br />

konnte, war oftmals Inhalt meiner Ausführungen, wenn


mich die Muse küsste. So liest sich eines meiner Gedichte<br />

einleitend wie folgt:<br />

Vom Schloß hinab blick ich ins Tal<br />

und einem Vogel gleich<br />

hab` ich in alle Welt die Wahl,<br />

doch, niemals ich entweich!<br />

Nie geh` ich von der Heimat fort,<br />

nie laß ich sie im Stich,<br />

nie gibt es einen andren Ort<br />

Auf dieser Welt für mich!<br />

Mit Blick auf das Jahr 1984 hatte uns der Grenzgang mit<br />

seinem Fieber wieder voll in seinen Bann geschlagen. Eine<br />

weitere fiebernde Liebe machte mich endlich zum Ehemann<br />

der Maren Achenbach, stand unser gemeinsamer Sohn<br />

Oliver doch schon in seinem 13. Lebensjahr. Und so hieß es<br />

denn auch in der Hochzeitsanzeige: „Der Oliver hat es vollbracht,<br />

dass man nun endlich Hochzeit macht!“<br />

54 · 55<br />

Als „Verheirateter“ war mir beim Grenzgang der Weg in<br />

eine Männergesellschaft vorgegeben. Stolz konnte ich in<br />

1984 als 3. Führer der Männergesellschaft Stadtgasse voranschreiten.<br />

Gleichzeitig wählten mich die Führer aller Gesellschaften<br />

zu ihrem Schriftführer. Auch das Grenzgangsjahr<br />

1998 bescherte mir die gleichen Ämter wie das Jahr<br />

1984.<br />

Geschichtsschreibend für die hoffentlich nie ersterbende<br />

Heimatkultur der Grenzgangfeste sind jeweils die gewählten<br />

Wettläufer mit ihrem Mohr. Die Faszination für dieses herrliche<br />

Heimatfest bescherte mir im Grenzgangsjahr 1991 die<br />

ehrenvolle Aufgabe, die Symbolfigur des Grenzgangs zu verkörpern.<br />

Unvergessen wird es für alle Zeiten heißen: Der<br />

Mohr des Grenzgangs 1991 in <strong>Biedenkopf</strong> war Earl Kolbe!<br />

Endlich konnte ich der oft gestellten Frage, woher denn wohl<br />

der Grenzgangsmohr kommt, eine nicht Ernst zu nehmende<br />

Erklärung zuweisen.<br />

Oftmals kommt die Frage vor:<br />

„Woher stammt der Grenzgangsmohr?“<br />

Doch die Antwort tut stets fehlen!<br />

Ich will sie heute hier erzählen:<br />

In Afrika, im Suppentopf,<br />

saß einst ein Mann aus <strong>Biedenkopf</strong><br />

und garte langsam vor sich hin!<br />

Da streift` die Rettung seinen Sinn:<br />

„Schwarzer, läßt Du mich jetzt frei,<br />

bist du beim Grenzgang stets dabei!“<br />

Weil jedermann den Grenzgang billigt,<br />

Grenzstein der Gemarkungsgrenze von 1777/80 auf<br />

Verfügung der „Hochfürstlichen Regierung zu Gießen“.<br />

GB steht für Grund Breidenbach.<br />

hat auch der Schwarze eingewilligt!<br />

Und seither ist es Tradition,<br />

aus Afrika kommt auch ein Sohn!<br />

Gewiss, die Summe der Grenzgänge beschneidet das Leben!<br />

Vielleicht aber haben die Grenzgänge mein Leben erst lebenswert<br />

gemacht. Missen möchte ich wohl niemals Wald<br />

und Flur der Heimatregion, und somit schließt sich der<br />

Kreis: Wald und Flur, das ist Grenzgang, Grenzgang, das ist<br />

Heimat!<br />

Ich denke oft an Episoden in meinem „bunten“ Leben zurück.<br />

Sohn eines amerikanischen farbigen GI`s. Heimatdichter,<br />

Mundart-Liebhaber, Owwastärra, Gässer, Mohr.... von<br />

<strong>ganz</strong>em Herzen aber „Berreköpper“! Mein Dank geht an die<br />

vielen <strong>Biedenkopf</strong>er Menschen, die mir den Zauber der Heimat<br />

nicht nur nahebrachten, sondern mich Teil haben ließen.<br />

Erinnerungen an Sie halte ich gerne in meinen Gedichten<br />

wach, mit dem Wissen, dass ich selbst jetzt mit dem Altwerden<br />

die Verpflichtung in mir trage, die Traditionen der<br />

Heimat zu wahren und zu verkünden.


HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />

SEIT GENERATIONEN<br />

KOMPETENZ IN HOLZ<br />

Irene Jung (links) leitet in sechster Generation mit Neffe Frank Sturm und<br />

Schwester Marianne Sturm die Geschicke von HolzLand Jung.<br />

Doch es kam anders: Nach und nach fl orierte das Geschäft,<br />

die Standorte Bad Hersfeld und HolzLand Josef Gentil in<br />

Darmstadt kamen durch Firmenübernahmen hinzu, und<br />

heute ist das HolzLand Jung ein feststehender Begriff für<br />

alles rund um den natürlichen Werkstoff Holz. An allen<br />

Standorten bietet das Unternehmen Plattenwerkstoffe, Bauholz,<br />

Massivhölzer und verschiedenste Holzprodukte für<br />

den Innenausbau sowie die Gartengestaltung ab Lager an.<br />

Hinzu kommen große Ausstellungen, in denen beispielsweise<br />

jeweils mehr als 100 Türen aller Art aufgebaut sind. Sie<br />

laden zum Testen und Entdecken ein. Und auch in Sachen<br />

Fußboden kann das Unternehmen überzeugen: Massivholzdielen,<br />

Parkett, Laminat, Linoleum, Vinyl und Kork sind in<br />

hunderten Varianten vorhanden. Hinzu kommt der Service –<br />

vom Zuschnitt über Lieferung bis hin zur Handwerkervermittlung.<br />

„Wir verkaufen kompromisslose Qualität – und das<br />

Kaspar Jung IV. war es, der 1855 in Klein-Linden<br />

die Tradition des heutigen HolzLands Jung mit<br />

seinen zahlreichen Standorten begründete: Er<br />

startete einen Handel mit Holz, Gips und Brennholz<br />

– und auch Eisenbahnschwellen. Sein Sohn Wilhelm<br />

gab dem heutigen Unternehmen den Namen, und dessen<br />

Söhne und Enkel expandierten weiter, eroberten zunächst<br />

die Region rund um Wetzlar. „Das klingt so leicht und mühelos,<br />

aber der Weg voran war oft steinig und durchaus auch<br />

mit Hindernissen gepfl astert“, erinnert sich Irene Jung, die<br />

heute in sechster Generation gemeinsam mit ihrer Schwester<br />

Marianne Sturm sowie Neffe Frank Sturm die Holzfachmärkte<br />

in Kirchhain, Bad Hersfeld und Darmstadt leitet.<br />

„Als mein Vater 1961 nach Kirchhain kam, fuhr er noch<br />

selbst mit unserem damaligen Lagerplatzmeister in den<br />

Außendienst“, erzählt Irene Jung. „Da konnte es vorkommen,<br />

dass er abends nach Hause kam und nur eine<br />

Hartfaserplatte verkauft hatte. Zu der Zeit wünschte er sich<br />

oft, in Wetzlar geblieben zu sein.“<br />

zahlt sich auch in der heutigen Geiz-ist-geil-Zeit langfristig<br />

für unsere Kundschaft aus.“<br />

Frank Sturm, Mitgeschäftsführer HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />

„Unsere Firmenphilosophie trifft den Nerv der Kunden: Wir<br />

verkaufen kompromisslose Qualität – und das zahlt sich<br />

auch in der heutigen Geiz-ist-geil-Zeit langfristig für unsere<br />

Kundschaft aus“, verdeutlicht Frank Sturm, worauf es bei<br />

HolzLand Jung ankommt.<br />

Kontakt<br />

HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />

Alsfelder Straße 47-49<br />

35274 Kirchhain<br />

www.holzlandjung.de


NINA<br />

KRONJÄGER<br />

Foto: Christine Fenzl<br />

geb. 1967 in <strong>Marburg</strong> | zwei Kinder | 1986<br />

Abitur in <strong>Marburg</strong> | 1986 bis 1990 Schauspielschule<br />

Otto-Falckenberg-Schule in<br />

München | 1990 bis 2011 Theater-<br />

Engagements im Schauspielhaus<br />

Kiel, Schauspielhaus Zürich, Theater<br />

am Turm (Frankfurt) und an der<br />

Volksbühne Berlin | 1993 Kinodebüt<br />

im Film „Abgeschminkt“ | seither<br />

zahlreiche Kino- und Filmproduktionen,<br />

wie „Typisch Mann“ (2004),<br />

„Elementarteilchen“ (2006) oder „Ostwind“<br />

und „Ostwind 2“ (2013, 2015)<br />

56 · 57<br />

Nina Kronjäger<br />

TRAUMHAFTE KINDHEIT<br />

IN ZAUBERHAFTER STADT<br />

Keiner will das Baby sehen. 1967 sterben in <strong>Marburg</strong><br />

drei Mitarbeiter der Behring-Werke an einem<br />

Virus, der dem Ebola-Erreger gleicht: dem <strong>Marburg</strong>-Virus.<br />

Eingeschleppt von Meerkatzen, die als<br />

Versuchstiere für Behring importiert wurden. Die Freunde<br />

meiner Eltern rufen an und sagen am Telefon: „Wir haben<br />

Schiss vor Ansteckung. Wir schauen uns Nina nach der Eindämmung<br />

des Virus an.“ Diese Angst war unbegründet, denn<br />

die Stadt reagiert umgehend mit Quarantäne-Maßnahmen.<br />

<strong>Marburg</strong> hat alles, was ich mir als Kind wünschen kann. Es<br />

gibt den Fluss vor unserer Haustür. Ein Schloss oberhalb der<br />

Stadt. Verwinkelte Gassen. Es ist gemütlich! Aber nicht spießig.<br />

Mit Massen von jungen Menschen, die an der alten Uni<br />

studieren. An der Hand meines Vaters oder meiner Mutter<br />

gehe ich an der Lahn entlang zum Kinderladen. Ich passiere<br />

die eindrucksvolle Elisabeth-Kirche und lasse mir immer<br />

wieder das Leben der Heiligen Elisabeth aufs Neue erzählen.<br />

Wie sie jung verheiratet wurde, ihren Mann verlor, sich gegen<br />

den Willen des Hofes um die Armen kümmerte und<br />

selbst so früh verstarb. Sie wird mein erstes Idol.<br />

Unser Weg führt nach Zwischenhausen, wo 10 Elternpaare<br />

einen Kinderladen selbst auf die Beine stellen. Einen Ort, an<br />

dem die Eltern, Männer wie Frauen, an der Erziehungsarbeit<br />

beteiligt sind. Wir Kinder gewöhnen es uns an, unsere Eltern<br />

mit Vornamen zu rufen, denn Mami oder Papi heißen ja alle.<br />

Mit diesen Kindern bin ich heute noch befreundet, denn sie<br />

sind eher wie Geschwister, die ich nie hatte. Mittags gehen<br />

die Gründerfamilien in die Mensa essen und wir Kinder<br />

spielen dort mit dem überdimensionalen Vorhang der Aula<br />

oder am Fluss, stundenlang, selbstverloren, jeder Tag ein<br />

Abenteuer. Das Leben ein Traum.


<strong>Marburg</strong> ist eine schöne Stadt mit vielen historischen Gebäuden und geprägt vor allem durch die Universität.<br />

Als ich 1967 zur Welt komme, ist die Kultur-Revolution in<br />

vollem Gange. Junge Menschen, allen voran Studenten, protestieren<br />

gegen überholte autoritäre Regeln, Nato-Nachrüstung<br />

und den Vietnam-Krieg. Ein paar Monate später wird<br />

Benno Ohnesorg erschossen und das bringt das Fass zum<br />

Überlaufen. Auch hier in <strong>Marburg</strong> wird demonstriert, aber<br />

da die Oberstadt zu eng gebaut ist, muss die Polizei ohne<br />

Wasserwerfer auskommen – sonst würden sämtliche Scheiben<br />

zu Bruch gehen. Mein demonstrierender Vater trifft auf<br />

den Polizistensohn seiner Vermieterin. Mein Vater: „Hey,<br />

was machst Du denn hier?“ Der Vermietersohn grinsend:<br />

„Ich pass auf Dich auf“. Das beschreibt die Lockerheit, mit<br />

der <strong>Marburg</strong> seine protestierenden Studenten behandelt.<br />

Freiheit und Selbstbestimmung. Das sind die Themen dieser<br />

Generation. Meine Eltern, die man jetzt als 68er bezeichnet,<br />

kommen als 20-Jährige aus unterschiedlichen Regionen und<br />

Gründen nach <strong>Marburg</strong>. Mein Vater, im zerbombten Darmstadt<br />

groß geworden, verliebt sich 1959 als 19-Jähriger spontan<br />

in <strong>Marburg</strong>, das völlig intakt geblieben war. Die klassische<br />

Universität strahlt lässige Weltläufigkeit aus. Auch beeindruckt<br />

den nun als Existentialisten gekleideten Schlaks die<br />

Lockerheit der Wirtsleute, die über so manch mitgebrachte<br />

„Bekannte“ wohlwollend hinwegsehen. Das waren immerhin<br />

Zeiten, in denen sich ein Wirt der Kuppelei schuldig machen<br />

konnte.<br />

Meine Mutter kommt ein paar Jahre später aus dem Saarland.<br />

Die bildschöne Tochter eines Steigers und einer Hausfrau<br />

studiert zunächst Geschichte und Französisch im Saarland.<br />

Nach zwei Semestern aber setzt sie ihren Studienwunsch<br />

Kunstgeschichte durch und geht nach <strong>Marburg</strong>.<br />

Meine Eltern verlieben sich bei einer Exkursion nach Griechenland<br />

und heiraten 1965. Durch einen Zwist mit ihren<br />

Eltern werden ihr die Studiengelder gestrichen und sie<br />

nimmt einen Job im Forschungsinstitut für Kunstgeschichte<br />

an. Um erst einmal meinen Vater zu unterstützen, der ja bald<br />

promovieren will. Sie wird viel Geduld beweisen.<br />

„Ufenrasse 10 a“ habe ich die Leute angelispelt. Unter diesem<br />

Haus treffen sich zwei Arme der Lahn. Aus dem Fenster<br />

beobachten wir Paddelbootrennen und lauschen nachts dem<br />

Rauschen des Wassers. Mit Gerd, dem Vater meiner Freundin<br />

Mirjam, fangen wir Kaulquappen. Im Garten lassen wir<br />

Schildkröten und Meerschweinchen laufen, dazwischen<br />

hüpft meine Katze Minka herum, während am Himmel Propellermaschinen<br />

den Horizont zerschneiden. Bis heute verbinde<br />

ich das Geräusch der kleinen Flugzeuge mit unserer<br />

Wurschtelei im Garten. Ich bin unersättlich nach Bewegung.<br />

Bei Spaziergängen renne ich voraus und scheue keinen<br />

Extraweg. Wenn ich gerade nicht in Bewegung bin, übernimmt<br />

meine Zunge. Dann quassle ich unentwegt.


58 · 59<br />

Bei archäologischen Ausgrabungen unter dem ehemaligen<br />

Horten-Kaufhaus begleite ich als Fünfjährige meinen Vater.<br />

Am Ende des Tages bitten seine Kollegen ihn, mich nicht<br />

wieder mitzubringen, weil ich eine unerträgliche Labertante<br />

sei. Den Nachwuchs auf Distanz halten hat er schon geübt,<br />

da er Tag und Nacht an seiner Doktorarbeit schreibt. Das<br />

Arbeitszimmer wird mit einem Türgitter vor meinen Invasionsversuchen<br />

geschützt.<br />

Aber man muss sich auch vor mir in Acht nehmen, denn<br />

meine Auftritte sind unfallträchtig. Häufig enden meine<br />

Abenteuer in der Unfallklinik. Einmal gehen meine Eltern<br />

mit mir Ruderboot fahren. Ich rege mich über jemanden im<br />

Nebenboot auf, der oben ohne rudert: „Du sollst nist nackt<br />

fahren“ – und lande im Wasser. Einmal hat meine Mutter in<br />

meiner Jackentasche eine Muschel gefunden, die hatte ich<br />

aus der Lahn geholt, wo manchmal die Kanufahrer schwierige<br />

Partien gefahren sind. Sie lebte noch und wir haben sie<br />

Bekannten für ihr Aquarium gegeben.<br />

Unser Kinderladen. Wir sind die erste Generation, deren<br />

Eltern noch studieren. Der erste Laden befindet sich in Zwischenhausen.<br />

Dann ziehen wir in die Ketzerbach in ein idyllisches<br />

kleines Haus mit Garten im Leckergässchen. Unsere<br />

Eltern versuchen sich an der antiautoritären Erziehung und<br />

diskutieren viel mit uns. Wir lernen mitzubestimmen und<br />

machen unsere eigenen Erfahrungen. Erst nachdem der<br />

Studenten vor dem Hörsaalgebäude der Universität <strong>Marburg</strong><br />

Spielraum und der Garten vollgemüllt sind, beginnen wir<br />

aufzuräumen. Jeden Freitag übernehmen die Eltern unsere<br />

Betreuung. Den Rest der Woche verbringen wir mit der blutjungen<br />

Kindergärtnerin Marita, die Lust auf unseren chaotischen<br />

und sympathischen Haufen hat.<br />

Die erste Klasse besuche ich in Ockershausen, praktisch mit<br />

allen Kindern aus dem Laden. Wir gehen in die Theodor-<br />

Heuss-Schule. Neben dem Hort ist ein Bauer, der dort seine<br />

Schweine schlachtet. Von dem Quieken der Schweine erzähle<br />

ich oft zuhause. Ein Mädchen aus Ockershausen nimmt<br />

mich mit nach Hause. Ihr Vater, der im Garten Gemüse<br />

zieht, fängt diebische Spatzen in einem Käfig, um ihnen später<br />

den Hals umzudrehen. Diese Sorten Grausamkeiten beeindrucken<br />

mich. In dieser Zeit versuche ich, wie ein Junge<br />

im Stehen zu pinkeln. Das klappt eigentlich <strong>ganz</strong> gut. Die<br />

Kerle behaupten, sie könnten mehr und hätten es besser als<br />

wir Mädchen. Wir glauben ihnen nicht. Manchmal schwänzen<br />

wir den Hort. Ich erinnere mich, dass ich nach der Schule<br />

stundenlang in Bäumen sitze, dem Rauschen der Blätter<br />

lausche und den Blick schweifen lasse. Einigen Jungs beweisend,<br />

dass ich genauso mutig bin wie sie.<br />

1972 promoviert mein Vater. Meine Mutter atmet auf. Nun<br />

wird sie ihr Studium fortsetzen können, weil er die Familie<br />

ernähren kann. Das tut er ab 1974. Aber dafür müssen wir<br />

umziehen. Nach Mannheim. Auch die befreundeten Kommilitonen<br />

sind nach und nach mit ihren Studien durch. Wir<br />

Kinder werden in alle Winde verstreut. Unsere Alten halten<br />

den Kontakt und alle paar Jahre treffen wir uns. Kinder,<br />

Eltern und Marita. Bis heute.<br />

Meine traumhafte Kindheit in dieser zauberhaften Stadt<br />

wird durch den Umzug jäh beendet. Mannheim, die Arbeiterstadt,<br />

wo es nach Chemie stinkt, die Mutter Asthma bekommt<br />

und ich in der Schule das einzige Kind von Akademikern<br />

bin. Ein Jahr lang habe ich mich auf meinen Schrank<br />

verkrochen und geweint. Inzwischen bin ich viel herumgekommen<br />

und habe etliche charmante Orte gesehen. Aber<br />

<strong>Marburg</strong> ist der schönste. Die Mischung aus Gemütlichkeit<br />

und Weltoffenheit ist unschlagbar. Mein Vater wird als Lektor<br />

und Kurator arbeiten und dies ist nicht mein letzter Umzug.<br />

Meine Mutter wird im zweiten Anlauf ein klassisches<br />

Mode-Studium machen: Pädagogik und Sprachen, auf<br />

Lehramt. Als sie ihr Studium beendet, bin ich 16. Praktisch<br />

meine <strong>ganz</strong>e Jugend hindurch hat jemand in der Familie<br />

studiert.


Blick von der Lahn über das Wehringhauser Wehr auf die Altstadt von <strong>Marburg</strong><br />

Mich hat es zur Praxis gezogen, in der Schauspielschule wird<br />

getanzt, gelabert, gefochten und gesungen. Das Sammeln<br />

und Stöbern, sich vertiefen, die Zeit vergessen, das klassische<br />

Studieren einer Sache und das Experimentieren beim<br />

Denken, dafür habe ich erst jetzt Geduld entwickelt.<br />

„Berlin ist zwar ebenso weltoffen<br />

wie <strong>Marburg</strong>, aber von Gemütlichkeit<br />

ist nichts zu spüren.“<br />

Berlin ist zwar ebenso weltoffen wie <strong>Marburg</strong>, aber von Gemütlichkeit<br />

ist nichts zu spüren. Vielleicht habe ich mir aus<br />

diesem Grund eine Ecke gesucht, die eher beschaulich und<br />

ruhig ist. Und so wohne ich nun in einem Teil Berlins, in<br />

dem ich „mein <strong>Marburg</strong>“ gefunden habe.


Dem DRK Rettungsdienst<br />

Mittelhessen ist beides<br />

wichtig: eine qualitativ<br />

hochwertige, fachliche<br />

Leistung und ein menschlicher,<br />

patientenorientierter<br />

Umgang im<br />

Einsatzdienst<br />

Foto: Ingo Becker<br />

602 · 61 3<br />

Das Deutsche Rote Kreuz in Mittelhessen<br />

DER MENSCH STEHT<br />

IMMER IM MITTELPUNKT<br />

Eine große Gemeinschaft von Helfenden, die stets das<br />

Wohl der Menschen im Blick hat – mit diesen<br />

Schlagworten lässt sich die Arbeit des DRK Kreisverbands<br />

<strong>Marburg</strong>-Gießen und des Rettungsdienstes<br />

Mittelhessen charakterisieren. 850 aktive Mitglieder zählt<br />

der Kreisverband, hinzu kommen rund 15.400 Fördermitglieder<br />

und etwa 650 hauptamtliche Mitarbeiter beim Kreisverband<br />

und bei der Rettungsdienst-GmbH. Gibt es einen Notfall,<br />

sind die Kräfte des Rettungsdienstes – einer Tochtergesellschaft<br />

der DRK Kreisverbände <strong>Marburg</strong>-Gießen und<br />

<strong>Biedenkopf</strong> – binnen weniger Minuten vor Ort – dank strategisch<br />

günstig liegender Rettungswachen. Die Mitarbeiter<br />

leisten jährlich mehr als 60.000 Einsätze im Einzugsgebiet der<br />

Rettungsdienst-GmbH, bilden den Großteil der Notfallversorgung<br />

im <strong>Landkreis</strong> ab und stellen stets die bestmögliche<br />

medizinische und auch menschliche Versorgung in den<br />

Mittelpunkt.<br />

Und das mit Erfolg, wie die Statistik belegt: Demnach haben<br />

Menschen, die hier einen plötzlichen Herzstillstand erleiden,<br />

weitaus bessere Überlebenschancen als andernorts. Liegt die<br />

Zahl der Überlebenden bundesweit bei sieben pro 100.000<br />

Einwohnern, ist deren Zahl im <strong>Landkreis</strong> mit 14 doppelt so<br />

hoch. „Eine hochwertige fachliche Leistung ist uns sehr wichtig<br />

– ebenso wie ein menschliches und patientenorientiertes<br />

Verhalten im Einsatzdienst“, unterstreicht Markus Müller,<br />

Geschäftsführer des DRK Rettungsdienst Mittelhessen.<br />

Die große Gemeinschaft der Rotkreuzler fußt auf dem Grundsatz,<br />

Menschen unvoreingenommen in jeder Situation mit<br />

Hilfe zur Seite zu stehen – so, wie es in den Statuten des Roten<br />

Kreuzes schon 1965 international proklamiert wurde. Die Arbeit<br />

nur auf den Rettungsdienst zu beschränken, wäre darum<br />

verkürzt: Von Erste-Hilfe-Kursen, Hausnotruf oder „Essen<br />

auf Rädern“ über betreutes Reisen, Bewegungsprogramme<br />

oder die DRK-Kleiderläden bis hin zu Therapiehunden und


Die große Gemeinschaft der Rotkreuzler fußt auf<br />

dem Grundsatz, Menschen unvoreingenommen in<br />

jeder Situation mit Hilfe zur Seite zu stehen – so,<br />

wie es in den Statuten des Roten Kreuzes schon 1965<br />

international proklamiert wurde.<br />

Foto: DRK/Zelck<br />

Eine Vielzahl von Erste-Hilfe-Kursen gehört zum Angebot des DRK.<br />

der Rettungshundestaffel reicht das Angebot. Hinzu kommen<br />

Bereitschaftsdienste – etwa bei Veranstaltungen – ebenso wie<br />

der Blutspendedienst, die Flüchtlingshilfe oder der Katastrophenschutz.<br />

Bestes Beispiel, wie gut dies funktioniert, hat der Einsatz zur<br />

Bewältigung der Flüchtlingsströme im Sommer 2015 gezeigt:<br />

Haupt- und Ehrenamt zogen an einem Strang, um innerhalb<br />

kürzester Zeit Möglichkeiten zu schaffen, um die Menschen<br />

zunächst mit dem Nötigsten zu versorgen und allen einen<br />

Schlafplatz anbieten zu können – und später um die Erstaufnahmeeinrichtungen<br />

und die Kleiderkammer zu betreiben.<br />

„Bei uns geht es also um weit mehr, als Bedürftigen einen<br />

Teller Suppe oder ein paar Schuhe zu reichen – sondern es<br />

geht auch darum, im Notfall so professionelle Hilfe zu leisten,<br />

dass man Leben retten kann. Das Spektrum reicht von der<br />

Suppe bis zum Herzinfarkt“, fasst Christian Betz, Vorstand<br />

des Kreisverbandes, zusammen.<br />

Welche wichtige Rolle das DRK im <strong>Landkreis</strong> spielt, wird<br />

auch an den zahlreichen Funktionen deutlich, die in <strong>Marburg</strong><br />

angesiedelt sind: Im Rudert ist das „DRK Forum“ entstanden,<br />

das zahlreiche Dienste des DRK bündelt und somit eine noch<br />

verzahntere Zusammenarbeit ermöglicht. Auf dieser „DRK-<br />

Meile“ in <strong>Marburg</strong>s Süden fi nden sich neben der Geschäftsstelle<br />

des Kreisverbandes auch das Bildungszentrum, die Logistik<br />

und die Werkstatt des DRK Rettungsdienstes Mittelhessen.<br />

Jüngster Baustein des Konzepts ist das neue DRK-<br />

Katastrophenschutz-Zentrallager für die <strong>Landkreis</strong>e <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

und Gießen. Für notfallmedizinische und<br />

rettungsdienstliche Aus-, Fort- sowie Weiterbildungen gibt es<br />

das DRK Bildungszentrum (BZ) unter dem Dach des Rettungsdienstes.<br />

In Kooperation mit dem Kreisverband bietet<br />

das BZ auch Rettungssanitäter-Lehrgänge für ehrenamtliche<br />

Kräfte im Katastrophenschutz an. Zum Bildungszentrum gehört<br />

auch das Simulationszentrum mit modernster Technik:<br />

Dort können sehr realitätsnah im geschützten Rahmen Notfallsituationen<br />

trainiert werden, um Handlungssicherheit zu<br />

erwerben. Die Kursangebote werden auch von Kliniken nachgefragt.<br />

Für diese bietet das Team des Simulationszentrums<br />

Inhouse-Schulungen an – zum Beispiel Notfalltrainings für<br />

Intensivstationen oder Notfallaufnahmen.<br />

Kontakt<br />

DRK Kreisverband <strong>Marburg</strong>-Gießen e. V.<br />

Geschäftsstelle <strong>Marburg</strong><br />

Im Rudert 13<br />

35043 <strong>Marburg</strong><br />

www.drk-mittelhessen.de<br />

DRK Rettungsdienst Mittelhessen<br />

Foto: Ronald Henning<br />

Am Krekel 41<br />

35039 <strong>Marburg</strong><br />

www.rdmh.de<br />

Die Rettungswache <strong>Marburg</strong>-Süd


62 · 63 3<br />

ELKAS GmbH & Co. KG<br />

AUS PRINZIP 100 PROZENT<br />

FÜR DEN ERFOLG DES KUNDEN<br />

Wer sich mit Produkten und Dienstleistungen<br />

rund um Transport und Lagerhaltung einen<br />

Namen machen will, muss effi ziente Lösungen<br />

anbieten können – gerade in den Branchen,<br />

in denen die Just-in-time-Produktion hohe Anforderungen<br />

an die Logistik stellt. Die ELKAS GmbH & Co. KG<br />

überzeugt hier seit sechs Jahrzehnten als Entwicklungspartner<br />

und Hersteller von bewährten wie auch innovativen<br />

Lösungen für den rationellen Warenfl uss. Im intensiven<br />

Dialog mit den langjährigen Kunden – mehrheitlich sind<br />

dies international aufgestellte Partner aus der Automobilindustrie<br />

und deren Zulieferer – erarbeiten die ELKAS-<br />

Profi s Lösungen in den Bereichen Einlagerung und Transport<br />

von Komponenten und Bauteilen für den Fahrzeugbau.<br />

„Wir entwickeln und produzieren zum Beispiel Gitterboxen,<br />

Paletten und Sondertransportgestelle sowohl für die<br />

Pkw-Industrie als auch für leichte und schwere Nutzfahrzeuge<br />

sowie für den Busbau“, erklärt Jürgen Lohse, der<br />

zusammen mit Jürgen Siegel die Geschäfte der Firma<br />

ELKAS leitet. „Das ELKAS-Programm standardisierter<br />

starrer oder wahlweise zusammenlegbarer Boxen bietet<br />

eine sinnvolle und umfangreiche Auswahl für nahezu jeden<br />

Einsatzzweck“, nennt der Diplom-Ingenieur ein Beispiel<br />

von vielen. Neben dem Angebot an standardisierten Universalladungsträgern<br />

profi liert sich ELKAS auch als Entwicklungspartner<br />

und Produzent für individuelle Einsatzzwecke<br />

– sogenannte Sonderladungsträger.<br />

Das Unternehmen garantiert dank moderner Fertigungsanlagen<br />

und ständig optimierter Verfahren einen hohen<br />

Qualitätsstandard, der unter anderem nach DIN EN ISO<br />

9001 dokumentiert ist. „Des Weiteren wurde die hohe<br />

Qualität unserer Produktion mehrfach durch Lieferantenauszeichnungen<br />

weltbekannter Konzerne gewürdigt“, ergänzt<br />

Jürgen Lohse. Konstruktiver Aufbau, fertigungstechnische<br />

Details, statische Randbedingungen sowie ergono-


Im intensiven Dialog mit den langjährigen Kunden – mehrheitlich sind dies international<br />

aufgestellte Partner aus der Automobilindustrie und deren Lieferanten oder deren Zulieferer­–­erarbeiten­die­ELKAS-Profi­s­Lösungen­in­den­Bereichen­Einlagerung­und­Transportvon<br />

Komponenten und Bauteilen für den Fahrzeugbau.<br />

mische Aspekte und Forderungen des Arbeitsschutzes fl ießen<br />

jederzeit in die Produkte ein und haben sich unzählige<br />

Male im praktischen Einsatz weltweit bewährt. „Wir liefern<br />

aus Prinzip 100-prozentige Lösungen für unsere Kunden“,<br />

bringt es Mitgeschäftsführer Lohse auf den Punkt.<br />

Die rationell strukturierte serielle Produktion erlaubt es<br />

ELKAS zudem, ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis an<br />

die Kunden weiterzureichen.<br />

Lohse – getreu dem Firmenmotto „Unser Einsatz für Ihren<br />

Erfolg“, das gleichzeitig Leitmotiv, Herausforderung und<br />

Anspruch für ELKAS ist. Heute präsentiert sich ELKAS als<br />

erfahrenes und innovatives Unternehmen, das für seine hohen<br />

Standards in Zuverlässigkeit, Produktqualität, Dialogbereitschaft<br />

und Preiswürdigkeit weltweit als Partner geschätzt<br />

ist und dabei fest in der mittelhessischen Heimat<br />

verwurzelt ist.<br />

Auf Basis der über 60-jährigen Erfahrung mit teils hochkomplexen<br />

Anforderungen aus unterschiedlichen Märkten<br />

und Regionen auf der Weltkarte entwickeln die ELKAS-<br />

Spezialisten in Konstruktion und Prototypenbau kreative<br />

und sinnvolle Lösungen für das vom Kunden defi nierte<br />

Einsatzgebiet. „Dabei setzen wir auf moderne CAD-Technik<br />

sowie auf unser umfangreiches Zeichnungsarchiv mit<br />

Tausenden von Beispielen und Erfahrungswerten aus<br />

bereits erfolgreich umgesetzten Projekten“, erläutert Jürgen<br />

Kontakt<br />

ELKAS GmbH & Co. KG<br />

Bahnhofstraße 30<br />

35075 Gladenbach<br />

www.elkas.de


SIMONA<br />

LISON<br />

geb. 1980 in Gießen | aufgewachsen in einem kleinen Bauernhaus<br />

mit Pferdestallungen in einer Familie und als eine von zwei Töchtern<br />

in Grünberg-Beltershain | nach dem Abitur Ausbildung zur<br />

Werbekauffrau | 2001 bis 2006 Studium der Erziehungswissenschaften<br />

an der Philipps-Universität in <strong>Marburg</strong> |<br />

wohnt seit 2006 in <strong>Marburg</strong> | seit 2006 Mitarbeiterin des<br />

bsj <strong>Marburg</strong> e.V. im Projekt „Lebensweltbezogene Schulsozialarbeit“<br />

| seit 2012 in diesem Projekt Leiterin<br />

64 · 65<br />

Simona Lison<br />

DIE ZUKUNFT<br />

UNSERER JUGEND<br />

MITGESTALTEN<br />

Wenn ich heute an das Jahr 2006 denke,<br />

schmunzele ich über das <strong>ganz</strong>e Gesicht. Es<br />

war mein erstes Jahr hier als Schulsozialarbeiterin.<br />

Ich denke oft über die vielen chaotischen<br />

Autofahrten durch den <strong>Landkreis</strong> nach, obwohl ich<br />

mich gut orientieren kann.<br />

Wenn ich versuchte, über alternative Wege nach Steffenberg<br />

zu kommen, haben die kleinen Dörfer im Hinterland mit<br />

ihren vielen kleinen Straßen mich häufig verwirrt. Allerdings<br />

sind mir die langen Fahrten zu den Schulen, die schöne<br />

Natur des Hinterlandes, die bunten Wälder und die tollen<br />

Aussichten in guter Erinnerung. Daran zu denken, genieße<br />

ich noch heute. Vieles erinnert mich an meine Heimat.<br />

Jugendliche gestalten ihren Jugendraum in Lohra mit Graffiti.<br />

In meinem Beruf habe ich viele Schulen, Lehrkräfte, Eltern<br />

und vor allem Kinder und Jugendliche des <strong>Landkreis</strong>es kennengelernt.<br />

In den Schulen habe ich Jugendliche begleitet,<br />

Bildungsangebote entwickelt und mit den Jugendlichen um-


„Ein Ziel ist es, den <strong>Landkreis</strong><br />

attraktiv zu gestalten, um die<br />

eigene Zukunft dort mit einem<br />

guten Angebot von Arbeitsplätzen,<br />

Freizeitmöglichkeiten<br />

und Bildungsangeboten zu<br />

verbringen.“<br />

Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> ist der an Schafen reichste Kreis in Hessen. Jährlich demonstrieren<br />

die Schäfer ihr können beim Kreisleistungstreffen.<br />

gesetzt. In xxx habe ich zwischen Jugendlichen vermittelt<br />

oder Lehrkräfte beraten. Besonders in Erinnerung bleiben<br />

aber die zahlreichen Bildungsprojekte.<br />

Auf der Suche nach Abenteuern sind wir durch den <strong>Landkreis</strong><br />

gestreift. Steile Waldhänge und ruhige Weiten luden<br />

uns ein, den Körper zu bewegen und Zeit zum Nachdenken<br />

zu haben. Das Erleben von schönen, aber auch anstrengenden<br />

Situationen ließ bei den Jugendlichen Durchhaltevermögen,<br />

Zuversicht und Optimismus erwachsen. Später haben<br />

wir uns in unbekannte Gegenden gewagt, sind Kanu gefahren,<br />

waren wandern und sind mit Schneeschuhen gelaufen.<br />

Wir kamen mit vielen spannenden Erfahrungen und Eindrücken<br />

gerne wieder in den <strong>Landkreis</strong> zurück.<br />

Zukunft ist ein großes Thema bei den Jugendlichen. Eine<br />

schwierige Fragestellung für 14-, 15- oder 16-Jährige? Wie<br />

wollen wir in Zukunft leben? Wie können wir sie selbst gestalten?<br />

Was können wir uns aussuchen und was müssen wir<br />

hinnehmen? Mit Jugendlichen über diese Fragen zu philosophieren<br />

liebe ich. Ich möchte gerne die jungen Menschen<br />

dabei begleiten, ihre Zukunft aktiv zu gestalten und sich in<br />

ihren Gemeinden zu engagieren.<br />

Ein Ziel ist es dabei, den <strong>Landkreis</strong> attraktiv zu gestalten,<br />

um die eigene Zukunft dort mit einem guten Angebot von<br />

Arbeitsplätzen, Freizeitmöglichkeiten und Bildungsangeboten<br />

zu verbringen.<br />

Als Schulsozialarbeiterin hatte und habe ich die Möglichkeit,<br />

Jugendliche zu unterstützen. Viele Ideen und Anregungen<br />

kommen von ihnen selbst, wir müssen ihnen nur zuhören<br />

und ihre Belange übersetzen. Und neben dem Schulleben<br />

ist dabei auch ihr Lebensraum wichtig. Ich erinnere mich<br />

noch an den Moment, als ich hörte, wie ein Lehrer in Steffenberg<br />

im Lehrerzimmer „Platt“ sprach. Es entfachte sofort<br />

ein Gefühl von Heimat und Kindheit in mir. Ich bin<br />

vielleicht eine Schulsozialarbeiterin aus der Stadt, aber<br />

eigentlich eine von ihnen.<br />

Sich für Rechte einsetzen, Ungerechtigkeiten nicht hinnehmen<br />

und die Vielfalt der Menschen achten, das sind Werte,<br />

die ich von meinen Eltern lernte. Ich selbst lebe diese Tradition<br />

weiter. Deshalb habe ich stets ein offenes Haus für<br />

Freunde und Bekannte. Wir kochen Essen aus vielen Ländern,<br />

spielen Gesellschaftsspiele, diskutieren am Lagerfeuer<br />

oder hecken neue Pläne aus.<br />

Auch das Ehrenamt ist für mich kein Fremdwort, und es ist<br />

für mich selbstverständlich zu helfen. Heute leite ich beim<br />

„bsj <strong>Marburg</strong>“ vielfältige Projekte. Ich fahre durch den <strong>Landkreis</strong><br />

und unterstütze meine Kolleginnen und Kollegen in ihrer<br />

Arbeit der Schulsozial- und Offenen Kinder- und Jugendarbeit.<br />

Vor allem bündele ich die Belange der Kinder und Jugendlichen<br />

und entwickele mit meinem Team neue Projekte.<br />

Dabei lasse ich mich auch durch meine Hobbys inspirieren.<br />

Ich fotografiere, male und nähe gerne. Wenn ich verreise,<br />

möchte ich neben den Ländern die Menschen, die Kultur,<br />

die Traditionen der Orte kennenlernen.<br />

In meinem Alltag gehe ich gerne ins Theater. Wenn ich Zeit<br />

für mich brauche, mache ich Yoga. Ich kann sagen, dass ich,<br />

auch wenn ich hier nicht geboren wurde, an dem <strong>Landkreis</strong><br />

hänge. Seine Vielfältigkeit begeistert mich. Und: Selbstverständlich<br />

freue ich mich darüber, hier die Zukunft unserer<br />

Jugend mitzugestalten.


PROFESSOR<br />

GERD<br />

MANTHEI<br />

geb. 1961 in Eckelshausen | ein Kind | Ausbildung<br />

zum Schlosser | Fachabitur abends an den Beruflichen<br />

Schulen <strong>Biedenkopf</strong> | 1983 bis 1986<br />

Maschinenbau-Studium an der FH Gießen-<br />

Friedberg | 1985 bis 1992 Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Battelle-Institut, Frankfurt |<br />

1987 bis 1991 Studium der Physik in Frankfurt |<br />

1992 bis 1994 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />

Fraunhofer-Institut, Dresden | 1993 Gründung<br />

der „Gesellschaft für Materialprüfung und Geophysik“,<br />

Ober-Mörlen | seit 2007 Professor an<br />

der Technischen Hochschule Mittelhessen |<br />

Auszeichnungen: 1992 Auszeichnung der WE-<br />

Heraeus-Stiftung, 2010 Kishinouye-Award (Japan)<br />

für die langjährige Arbeit auf dem Gebiet<br />

der Schall emissionsanalyse<br />

66 · 67<br />

Professor Gerd Manthei<br />

DURCH DEN SPORT<br />

ZURÜCK IN DIE HEIMAT<br />

Wir sind vier Geschwister und in der Familie<br />

gab es damals nur einen Alleinverdiener –<br />

daher durfte mein Bruder Abitur machen.<br />

Also habe ich nach dem Realschulabschluss<br />

eine Schlosserlehre absolviert und in der Abendschule das<br />

Fachabitur gemacht. Zwei Jahre hat es gedauert – da braucht<br />

man schon etwas Stehvermögen. Nach dem anschließenden<br />

Wehrdienst studierte ich Maschinenbau in Gießen und arbeitete<br />

parallel im Battelle-Institut in Frankfurt. Dort habe<br />

ich meist mit Physikern zusammengearbeitet. Die hatten<br />

einen Forschungsauftrag mit Blick auf die Endlagerung radioaktiver<br />

Abfälle in Steinsalz. Das ist ja heute noch ein<br />

heikles Thema – Stichwort Gorleben, Morsleben, Asse. Das<br />

Thema hat mich begeistert, also habe ich noch mal von<br />

vorne begonnen und Physik studiert.<br />

Promoviert habe ich 2004 in Hamburg, drei Jahre später<br />

folgte der Ruf an die Technische Hochschule Mittelhessen in<br />

Gießen. Mein großes Glück war, dass in 2011 die Außen-<br />

stelle von StudiumPlus in <strong>Biedenkopf</strong> geschaffen wurde,<br />

denn so bin ich ins Direktorium gekommen und konnte die<br />

Außenstelle mit aufbauen.<br />

Die praxisnahe Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen<br />

Firmen, um Fachkräfte für die Region zu entwickeln, ist<br />

äußerst spannend. Ein Curriculum am Bedarf zu entwickeln<br />

und dann gemeinsam mit den Firmen zu erarbeiten, welche<br />

Inhalte gefordert sind, ist eine große Stärke von<br />

StudiumPlus.<br />

Dabei hat mich zunächst nicht der Beruf zurück in meine<br />

Heimat gebracht, sondern der Sport. In der Schulzeit kam<br />

ich zum Volleyball, bin recht schnell in die Männermannschaft<br />

aufgestiegen. Und als ich dann mein erstes Auto hatte,<br />

fuhr ich nach <strong>Marburg</strong>, um dort zu trainieren und zu<br />

spielen, denn die <strong>Marburg</strong>er waren in einer höheren Klasse.<br />

Später wechselte ich zum USC Gießen, wurde mit der Mannschaft<br />

Deutscher Meister und Pokalsieger. So habe ich mir


über den Sport schlussendlich mein Studium finanziert. Ich<br />

wechselte zurück nach <strong>Biedenkopf</strong>, wir stiegen nach zwei<br />

Jahren in die Zweite Liga auf – das war ein tolles Jahr, mit<br />

jeder Menge Begeisterung auch beim Publikum. Allerdings<br />

war es schwierig, Studium und Volleyball unter einen Hut zu<br />

bekommen. Also ging ich wieder nach Gießen, denn so entfiel<br />

das Fahren. Sportlich ging es dann erneut nach <strong>Biedenkopf</strong>,<br />

ich habe dann später die Möglichkeit gehabt, die Zweite-Bundesliga-Mannschaft<br />

vier Jahre lang zu trainieren. Und<br />

seit 1999 bin ich hier verwurzelt.<br />

Die Region ist sehr lebenswert, das merkt man vor allem,<br />

wenn man woanders gelebt hat. Wenn ich etwa bei Tagungen<br />

in großen Städten bin, dann stört mich <strong>ganz</strong> schnell der<br />

Lärm. Hier habe ich das Gefühl, dass ich zuhause bin. Ich<br />

finde alles, was ich brauche: Ausgleich durch Sport in der<br />

Natur beim Mountainbiken im Mittelgebirge, und beruflich<br />

durch die Leitung der StudiumPlus-Außenstelle, mit der ich<br />

etwas für die Region bewirken kann. Spannend finde ich<br />

auch die Einblicke in die Wirtschaft mit ihren hochinteressanten<br />

Persönlichkeiten, die mir mein Beruf ermöglicht: von<br />

kleinen Firmen mit zwei oder drei Personen bis hin zu Unternehmen,<br />

die weit mehr als 1. 000 Mitarbeiter haben.<br />

Man spricht immer von den „Hidden Champions“ – und<br />

von denen haben wir viele in der Region. Es gibt ein riesiges<br />

Potenzial. Mit unserem Angebot von StudiumPlus können<br />

wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Unternehmen ihre<br />

Fachkräfte vor Ort entwickeln können und diese dann auch<br />

„Ich­finde­alles,­was­ich­brauche:­Ausgleich­durch­Sportin<br />

der Natur beim Mountainbiken im Mittelgebirge, und<br />

beruflich­durch­die­Leitung­der­StudiumPlus-Außenstelle,­<br />

mit der ich etwas für die Region bewirken kann.“<br />

Schülerinnen der Steinmühle beim Rudern auf der Lahn


Das kreiseigene Schloss in <strong>Biedenkopf</strong><br />

68 · 69<br />

in der Region bleiben. Hätte es ein solches Angebot schon zu<br />

meiner Studienzeit gegeben, ich hätte es wohl wahrgenommen<br />

und wäre hier geblieben.<br />

Ein Glücksfall ist auch, dass der <strong>Landkreis</strong> die Chance der<br />

Außenstelle erkannt hat und den Neubau ermöglicht. Die<br />

Investition von 12,5 Millionen Euro ist sicher eine Investition<br />

in die Zukunft. Dabei gab es eine sehr kooperative und konstruktive<br />

Zusammenarbeit. So wurde auf eine Anforderungen<br />

detailliert eingegangen und sie wurden zu 100 Prozent<br />

umgesetzt. Davon kann man sonst nur träumen.<br />

In einer Großstadt könnte ich nicht leben. <strong>Biedenkopf</strong> ist für<br />

mich der Ort, in dem ich mich niedergelassen habe – <strong>ganz</strong><br />

bewusst, denn ich fühle mich in jeder Hinsicht wohl und<br />

vermisse nichts. Kulturell ist die Region ebenfalls sehr gut<br />

aufgestellt, das ist mir wichtig. All diese Vorteile werten die<br />

wunderschöne Gegend zusätzlich auf. Außerdem bietet mir<br />

<strong>Biedenkopf</strong> auch beruflich gute Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Hier kommt man mit den Menschen leicht in Kontakt und<br />

wird akzeptiert, ob privat oder in Unternehmen. Dabei lege<br />

ich keinen Wert auf Titel, denn meiner Meinung nach bauen<br />

Titel Barrieren auf. Klar, den Titel habe ich mir erarbeitet,<br />

„<strong>Biedenkopf</strong> ist für mich der Ort, in dem ich<br />

mich niedergelassen habe – <strong>ganz</strong> bewusst,<br />

denn ich fühle mich in jeder Hinsicht wohl<br />

und vermisse nichts. Kulturell ist die Region<br />

ebenfalls sehr gut aufgestellt, das ist mir<br />

wichtig. All diese Vorteile werten die<br />

wunderschöne Gegend zusätzlich auf.“<br />

mit viel Stehvermögen. Während des Studiums gab es durchaus<br />

Situationen, in denen ich mir die Frage gestellt habe, aufzuhören.<br />

Aber durch den Sport habe ich gelernt, mit Niederlagen<br />

umzugehen und Erfolge zu genießen.<br />

Und bei meiner täglichen Arbeit gibt es ebenfalls eine Parallele<br />

zum Sport: Als Trainer musste ich meine Mannschaft<br />

motivieren. Das versuche ich auch heute mit meinen Studenten:<br />

Während des Grundstudiums gehen nahezu alle durch<br />

meine Hände. Durch Hilfestellungen kann ich sie ebenfalls<br />

motivieren. Ich möchte den jungen Leuten Sicherheit geben –<br />

so wie ein Trainer seiner Mannschaft. Ich versuche auf jeden<br />

Fall, für alle ein Ansprechpartner zu sein.


Meier III GmbH Metzgerei & Partyservice<br />

REGIONALITÄT UND<br />

BESTER GESCHMACK<br />

Regionalität, gepaart mit kompromissloser Qualität<br />

– das ist die oberste Prämisse bei der Metzgerei<br />

Meier III. Und das ist kein Lippenbekenntnis,<br />

wie Metzgermeister Martin Meier verdeutlicht:<br />

„Wir setzen auf unsere traditionellen, handwerklichen<br />

Werte: Fleisch von heimischen Landwirten aus der Region,<br />

natürliche Gewürze – und alles wird selbst hergestellt, wir<br />

verzichten komplett auf Zukaufprodukte.“<br />

Tradition und Moderne – das macht heute die Metzgerei<br />

aus. Heinrich Meier eröffnete 1910 eine Gaststätte in Beltershausen,<br />

dessen Sohn Heinrich Meier III erweiterte den<br />

Bau in den 1930er-Jahren mit einem Metzgerladen mit<br />

eigener Schlachtung. 1958 übernahm er seinen ehemaligen<br />

Lehrbetrieb in <strong>Marburg</strong> und verlegte die Produktion dorthin.<br />

Sein Sohn, der ebenfalls Heinrich heißt, trat 1965 ins<br />

Unternehmen ein. „Uns liegt die Region mit ihren Menschen<br />

und den gewachsenen Strukturen am Herzen“, sagt<br />

Heinrich Meier III jun. Daher fördert er mehrere Vereine<br />

der Region, unter anderem den Fußballverein SV Beltershausen.<br />

Vor diesem Hintergrund erfand er auch den<br />

„Meier-III-Cup“, der sich mittlerweile zu einem namhaften<br />

Fußballturnier mit einem üppigen Preisgeld für die heimi-<br />

schen Mannschaften entwickelt hat. „Die Idee war auch,<br />

den Menschen, die sich im Verein engagieren, etwas<br />

zurückzugeben.“<br />

Martin Meier hat die Metzgerei konsequent weiterentwickelt:<br />

Es gibt rund 80 hausgemachte Wurst- und Schinkenspezialitäten,<br />

immer mit dem Blick auf die hochwertige<br />

Zubereitung. Etwa beim „Beltershäuser Landschinken“,<br />

der nach einem Rezept von Martin Meiers Großvater unter<br />

Verwendung verschiedener Salzarten lange reift. „Dabei<br />

verliert er zwar an Gewicht, gewinnt aber merklich im Geschmack.“<br />

Darüber hinaus gibt es bei Meier III Fertiggerichte<br />

in Gläsern – Kürbissuppe und Wildgulasch ebenso<br />

wie Currywurst – alles zubereitet in der fi rmeneigenen Küche<br />

in der Straße Am Grün. Sämtliche Spezialitäten bietet<br />

Meier III zudem in Geschenkboxen zum Mitnehmen oder<br />

im Versand an – als ein Stück „<strong>Marburg</strong> für zuhause“.<br />

Abgerundet wird das Angebot durch den beliebten Veranstaltungsservice.<br />

Ob Familienfeier, Tagung oder Firmenevent<br />

– Meier III ist immer dabei. „Seit mehr als 20 Jahren<br />

planen wir Veranstaltungen individuell für unsere Kunden.<br />

Was können wir für Sie tun?“, fragt Martin Meier.<br />

„Wir setzen auf unsere traditionellen,<br />

handwerklichen Werte – bei Meier III<br />

stellen wir alles selbst her.“<br />

Martin Meier, Geschäftsführer Meier III GmbH<br />

Kontakt<br />

Meier III GmbH<br />

Am Grün 35a<br />

35037 <strong>Marburg</strong><br />

www.meier3.de


ANDREAS<br />

MARLOW<br />

geb. 1963 in Eutin, verheiratet | 1982 Eintritt in die<br />

Bundeswehr bei Panzerbataillon 183, Boostedt | 1983 bis<br />

1986 Studium der Pädagogik an der Universität der<br />

Bundeswehr (Dipl.-Päd.) Hamburg | 1986 bis<br />

1995­Offizier­in­Boostedt­und­Flensburg­|­1995­<br />

bis 1997 Generalstabsausbildung in Hamburg |<br />

1997­bis­1999­Stabsoffizier­in­Neustadt­|­1999­bis­<br />

2000 Generalstabsausbildung in Toronto | 2000<br />

bis 2001­Generalstabsoffizier­Bereich­Führungslehre<br />

Heer, Hamburg | 2001 bis 2004 Referent<br />

im Verteidigungsministerium | 2004 bis 2006<br />

Kommandeur in Schwerin | 2007 bis 2011 Referatsleiter<br />

in Köln, danach im Verteidigungsministerium | 2011 bis<br />

2014 Kommandeur in Torgelow und Munster | Einsätze<br />

im Kosovo (2006) und in Afghanistan (2012) | seit 2015<br />

Divisionskommandeur in Stadtallendorf<br />

70 · 71<br />

Generalmajor Andreas Marlow<br />

LEBEN UND DIENST<br />

VERBINDEN SICH HIER IDEAL<br />

A<br />

ls ich 1997 in die Panzerbrigade 14 „Hessischer<br />

Löwe“ nach Neustadt versetzt wurde, kannte<br />

ich Hessen lediglich von Urlauben in der Rhön<br />

und im Odenwald. Als gebürtigem Schleswig-<br />

Holsteiner fielen mir die Herzlichkeit und die Offenheit der<br />

Menschen mir und der Bundeswehr gegenüber auf. In Treysa<br />

fand ich eine schöne Wohnung in einem Haus, das von einer<br />

älteren Dame sowie der Familie ihrer Tochter bewohnt<br />

wurde. Nicht selten passierte es, dass ich am Wochenende<br />

Brötchen vor meiner Tür fand oder – wenn ich abends vom<br />

Dienst kam – zu gerade im Gang befind lichen Familienfeiern<br />

hinzugebeten wurde. Ich habe hier im besten Sinne des Wortes<br />

schnell „Familienanschluss“ gewonnen.<br />

Im Dienst war die besonders kameradschaftliche Atmosphäre<br />

durch Persönlichkeiten geprägt, die aus der Region<br />

stammten, hier wohnten und die herzliche hessische Lebensart<br />

erlebbar machten. Viele spontane Feiern aus Anlass eines<br />

Geburtstags oder anderer erfreulicher Begebenheiten sind<br />

mir in schöner Erinnerung geblieben. Meine damalige Sekretärin<br />

aus Wasenberg brachte zudem regelmäßig Wurst aus<br />

eigener Schlachtung mit, die die Grundlage von Frühstückspausen<br />

mit viel Spaß war.<br />

Aber auch die ernste Seite der Arbeit wurde mit großer Konsequenz<br />

vollzogen. An die sehr rege Übungstätigkeit der Brigade<br />

denke ich gerne zurück. Nahezu jedes Quartal waren<br />

wir mit schwerem Gerät auch außerhalb von Übungsplätzen<br />

zwischen Kassel und <strong>Marburg</strong> aktiv und erlebten stets Verständnis<br />

und offene Türen für die Errichtung von Gefechtsständen,<br />

logistischen Einrichtungen und Verbandsplätzen.<br />

Diese Erfahrung war auch deshalb so motivierend, weil dies<br />

in anderen Regionen beileibe nicht so war. Zudem hatten<br />

wir in jener Zeit viele Wehrpflichtige aus den neuen Bundesländern,<br />

die von einem völlig anderen Verhältnis zwischen<br />

Bevölkerung und Streitkräften geprägt waren und so nachhaltig<br />

erleben konnten, was den Staatsbürger in Uniform im<br />

Verständnis der Bundeswehr ausmacht.


das schon herbstlich gelb-grün gefärbte, von Frühnebelschwaden<br />

durchzogene Amöneburger Becken. Dies war die<br />

richtige Einstimmung auf meine zweite Tätigkeit in Hessen.<br />

Inzwischen hat sich hier seitens der Bundeswehr viel verändert,<br />

die Präsenz ist geringer geworden. Jedoch ist Stadtallendorf<br />

einer der wenigen Standorte, in dem eines der drei<br />

Divisionskommandos des Heeres beheimatet ist. Eine neue<br />

Unterkunft habe ich in Schweinsberg unterhalb der Burg gefunden.<br />

Der Ort strahlt mit seinem Fachwerk die Behaglichkeit,<br />

aber auch die Geschichte Nordhessens aus. Von hier<br />

aus lassen sich Sport und Entspannung nach anstrengendem<br />

Dienst ideal verwirklichen.<br />

Die Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf ist eine einzigartige<br />

Organisation: Sie vereint alle Hubschrauber des<br />

Heeres, die Spezialkräfte, die Fallschirmjäger und einen holländischen<br />

Luftlandetruppenteil unter einem Dach. Getreu<br />

dem Divisionsmotto „Einsatzbereit – Jederzeit – Weltweit“<br />

stehen wir bereit, kurzfristig weltweit deutsche Staatsbürger<br />

zu retten oder zu evakuieren. Stadtallendorf ist daher in der<br />

Bundeswehr ein Inbegriff für rasche Reaktionsfähigkeit.<br />

2016 übte die Division Schnelle Kräfte das Fallschirmnotverfahren<br />

bei Wasserlandungen am Edersee. Das Foto zeigt<br />

Generalmajor Andreas Marlow bei der Vorbereitung.<br />

Durch die damals noch umfangreichere Bundeswehrpräsenz<br />

in Neustadt und Stadtallendorf gab es viele gemeinsame Veranstaltungen<br />

zwischen den Städten und den Truppenteilen<br />

sowie lebendige Patenschaften. Als 1999 meine Versetzung<br />

anstand, war mein größter Wunsch, danach wieder in Neustadt<br />

eingesetzt zu werden – dazu kam es leider nicht. Umso<br />

erfreulicher war es für mich im Sommer 2015, als ich zur<br />

Division Schnelle Kräfte nach Stadtallendorf versetzt wurde.<br />

Nach Städten wie Hamburg, Köln und Berlin war es eine<br />

schöne Aussicht, die romantische nordhessische Landschaft<br />

genießen zu können. Als ich an einem Sonnentag zu einer<br />

Kommandoübergabe nach Schwarzenborn fuhr und erstmals<br />

seit Jahren wieder die sanfte, grüne Wald- und Hügellandschaft<br />

sah, konnte ich meine Vorfreude kaum verbergen.<br />

Im September übernahm ich die Aufgaben als Divisionskommandeur<br />

von General Zorn in einem feierlichen Appell. Als<br />

ich am Morgen von meinem Hotel in Amöneburg den Berg<br />

herunterfuhr, bot sich mir ein gemäldegleicher Anblick auf<br />

einen sonnenbeschienenen blauen Spätsommerhimmel und<br />

Auch jetzt haben sich alle meine Erfahrungen und Erwartungen<br />

hinsichtlich der Einbindung in das öffentliche Leben<br />

bestätigt. Die herzliche Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen<br />

von Stadtallendorf und der regionalen Wirtschaft<br />

ist gedeihlich und konstruktiv. Die Kooperation stößt lediglich<br />

an Kapazitätsgrenzen, nicht aber an Grenzen in der Bereitschaft<br />

und gegenseitigen Wertschätzung. Bestes Beispiel<br />

dafür war die rasche Errichtung eines Zeltcamps für Flüchtlinge<br />

auf dem Gelände der Bundeswehr in Stadtallendorf, als<br />

in einer gemeinsamen Anstrengung quasi über Nacht Platz<br />

für mehr als 600 in Not befindliche Menschen geschaffen<br />

wurde. Vor dem Hintergrund meiner positiven Erfahrungen<br />

aus den ausgehenden 90er-Jahren und der zurückgegangenen<br />

Präsenz in der Fläche möchte ich aber auch die Übungstätigkeit<br />

wieder für die Bevölkerung stärker sichtbar machen.<br />

Ein Beispiel dafür ist der Fallschirmsprungdienst im Edersee,<br />

bei dem Fallschirmnotverfahren bei Wasserlandungen<br />

geübt werden. Die letzte Übung hat viele zivile Interessenten<br />

gefunden und auch meinen Soldaten viel Freude bereitet.<br />

Nordhessen war, ist und bleibt für uns Bundeswehrangehörige<br />

eine Region, in der sich Leben und Dienst ideal<br />

miteinander verbinden und in der es leichtfällt, sich heimisch<br />

zu fühlen. Ich hoffe, dass dies noch lange so bleiben wird.<br />

„Die herzliche Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen<br />

von Stadtallendorf und der regionalen Wirtschaft<br />

ist gedeihlich und konstruktiv.“


WERNER<br />

MEUSER<br />

geb. 1952 in <strong>Marburg</strong>, verheiratet |<br />

1968 Mittlere Reife an der Gesamtschule<br />

Kirchhain | Beginn der Lehre<br />

als Radio-Fernseh-Techniker | 1972<br />

bis 1974 Bundeswehr, Leutnant der<br />

Reserve | 1976 Meisterprüfung im<br />

Radio-Fernseh-Handwerk | seit 1983<br />

beim Hessischen Rundfunk, zunächst<br />

in Frankfurt, später auf dem Sender<br />

„Sachpfeife“ in <strong>Biedenkopf</strong> | 1994<br />

Vize-Europameister­im­Segelfliegen,­<br />

1997 und 2001 Weltmeister, 1998 und<br />

2009 Deutscher Meister | seit 2012<br />

im Vorruhestand<br />

72 · 73<br />

Werner Meuser<br />

GETRAGEN VON WIND UND SONNE<br />

Schon als Kind war der Kontakt zur Fliegerei schnell<br />

hergestellt. Mein Vater war Fluglehrer im Segelflugsportverein<br />

„Blitz“ auf dem Gelände unterhalb<br />

der Amöneburg. Als Jugendlicher baute ich Flugzeugmodelle<br />

und ließ sie am Hang der Amöneburg fliegen.<br />

Schon da hatte ich einen schönen Überblick über das<br />

Amöneburger Becken. Bei gutem Wetter konnte man in der<br />

Ferne schon den Sendemast auf der Sackpfeife sehen. Was<br />

ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass er meine<br />

berufliche Heimat werden sollte.<br />

Mit 21 Jahren begann ich mit der Segelflugausbildung. Irgendwie<br />

kam ich zu dem Entschluss, nicht mehr am Boden<br />

zu stehen, sondern selbst in dem Flugzeugen zu sitzen und<br />

die <strong>ganz</strong>e Schönheit des <strong>Landkreis</strong>es zu erleben. Nach<br />

Lehre, Bundeswehr und Meisterprüfung begann ich die<br />

berufliche Karriere 1983 als Techniker für Hochfrequenztechnik<br />

beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt. Fünf<br />

Jahre arbeitete ich in Frankfurt. Für mich ergab sich die<br />

Möglichkeit, zum Sender „Sackpfeife“ zu wechseln. Der<br />

Hausberg von <strong>Biedenkopf</strong> ist übrigens der höchste Punkt<br />

im <strong>Landkreis</strong>. Dieser wunderschöne Ausflugsort wurde bis<br />

zum Eintritt in den Vorruhestand meine berufliche<br />

Heimat.<br />

Meine Kollegen und ich als Teamleiter betreuten die UKWund<br />

Fernsehsender. Später kam dann der Sender „Rimberg“<br />

bei Alsfeld hinzu. Eine zusätzliche Aufgabe für mich beim<br />

HR, bedingt durch die Fliegerei, war von 1989 an die Übertragungstechnik<br />

per Hubschrauber für das Radrennen<br />

„Rund um den Henninger-Turm“. Später kamen noch der<br />

Ironman und der Frankfurt-Marathon dazu.<br />

Nachdem ich den <strong>Landkreis</strong> x-mal mit dem Segelflugzeug<br />

überflogen und erkundet hatte, wendete sich mein Interesse<br />

dem sportlichen Segelflug zu. Wettbewerbe, sportliche Vergleiche<br />

mit anderen und die Komplexität, die damit verbunden<br />

ist, faszinieren mich bis heute. Generell ist es aber das<br />

Bewegen in der dritten Dimension. Segelfliegen ist wohl eine<br />

der umweltfreundlichsten Sportarten: Man bewegt sich nur<br />

mit warmer Luft, entstanden durch Sonneneinstrahlung und<br />

Aufwinde – also mit der Thermik, die Streckenflüge bis zu<br />

1. 000 Kilometer an einem Tag ermöglicht.


Sportlich ging es ab 1985 steil nach oben – mit der ersten<br />

Weltmeisterschaftsteilnahme in Rieti, Italien. Es folgte 1986<br />

Benalla, Australien. Die Titel stellten sich auch ein. 1994<br />

wurde ich Vize-Europameister in Rieti, 1997 kam mein<br />

erstes Highlight: Ich wurde Weltmeister in der 15-Meter-<br />

Rennklasse in St. Auban in Frankreich. Diesen Titel konnte<br />

ich zwar 1999 in Bayreuth nicht verteidigen, holte ihn mir<br />

aber 2001 im Südafrikanischen Mafeking zurück.<br />

Mit den Teilnahmen an diesen Wettbewerben lernt man eine<br />

Menge Menschen kennen. So wurden die amtierenden Weltmeister<br />

zu verschiedenen Veranstaltungen eingeladen. Einer<br />

der Höhepunkte war ein unvergessliches Erlebnis auf der<br />

Ranch des amerikanischen Hotelbesitzers William Barron<br />

Hilton in Nevada. Alles drehte sich ums Fliegen – es waren<br />

außer den Weltmeistern aller Klassen und den Hiltoncup-<br />

Gewinnern auch Stars und Sternchen der Musikszene,<br />

Astronauten und jede Menge Prominenz zum Segelfliegen<br />

gekommen. Unter den Gästen war auch der deutsche Astronaut<br />

und Kosmonaut Ulf Merbold, zu dem ich heute noch<br />

ein sehr freundschaftliches Verhältnis habe. Wir treffen uns<br />

noch oft, um gemeinsam zu fliegen.<br />

Ein weiterer Höhepunkt war der Aufenthalt im privaten<br />

Wild-Ressort „Tswalu“ in der Kalahari in Südafrika, der für<br />

den Gewinn der WM von Nicky Oppenheimer der DeBeer-<br />

Diamantendynastie für die Weltmeister und für die Südafrikanische<br />

Nationalmannschaft gesponsert wurde. Tswalu liegt<br />

an der Grenze zu Botsuana und Namibia. Dort drehte sich alles<br />

um Safari und Segelfliegen. Der größte Teil der Flüge fand<br />

über der Kalahari-Wüste statt. Bilder, die ich heute noch in<br />

Erinnerung habe, sind vor allem die Tierwelt, die wunderschönen<br />

Sonnenuntergänge und die himmlische Ruhe. Aber<br />

nach all diesen schönen Erlebnissen in der Welt freue ich<br />

mich immer wieder, meinen <strong>Landkreis</strong> zu überfliegen und zu<br />

sehen, was sich dort alles verändert hat.<br />

„Aber nach all diesen schönen Erlebnissen in der Welt freue<br />

ich­mich­immer­wieder,­meinen­<strong>Landkreis</strong>­zu­überfliegenund<br />

zu sehen, was sich dort alles verändert hat.“<br />

Oft wurde ich gefragt, was mein größtes Erlebnis war. Diese<br />

Frage ist nicht einfach zu beantworten, wenn man praktisch<br />

in der <strong>ganz</strong>en Welt geflogen ist. In Amerika, Afrika, Australien<br />

und Europa gab es viele unvergessliche Flüge über atemberaubende<br />

Landschaften. Aber einer ragt besonders heraus,<br />

als ich zum Training zur WM 1997 in Südfrankreich war.<br />

Von dort habe ich mit meinem kleinen Segelflugzeug, getragen<br />

von Wind und Sonne, den höchsten Berg Europas – den<br />

Mont Blanc – zweimal in Gipfelhöhe umrundet. Einfach<br />

majestätisch und atemberaubend.<br />

Nach dem Gewinn mehrerer DM-Titel und weiteren WM-<br />

Teilnahmen lasse ich es jetzt ruhiger angehen und bewege<br />

mich wieder in <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>. Im Winter habe ich<br />

mir allerdings öfters eine Auszeit vom <strong>Landkreis</strong> genommen<br />

und bin nach Australien zum Fliegen gegangen – das bot<br />

sich an, weil wir unsere Tochter besuchten, die dort lebte.<br />

Naturerlebnis im <strong>Landkreis</strong>


Fritz Winter ist ein Recyclingunternehmen der ersten Stunde: Seit über 60 Jahren wird Stahlschrott als Rohstoffgrundlage genutzt.<br />

74 2 · 75 3<br />

Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG<br />

WENN FLÜSSIGES EISEN<br />

ZUR LEIDENSCHAFT WIRD<br />

Selbstbewusst – dieses Wort umschreibt am besten die<br />

Mitarbeiter der Fritz Winter Eisengießerei. Stets ist<br />

von „unserer Firma“ und „unseren Entwicklungen“<br />

die Rede und stets schwingt ein wenig Stolz mit.<br />

„Wir machen aus Ihrem alten Fahrrad eine hochwertige<br />

Bremsscheibe“, sagt einer der Mitarbeiter mit einem Lächeln<br />

im Gesicht. Unrecht hat er nicht, denn schon seit 1953<br />

verwendet Fritz Winter Stahlschrott als Rohstoffgrundlage<br />

und das als eine der ersten Eisengießereien überhaupt.<br />

Außerdem können die Produkte des mittelständischen Familienunternehmens<br />

zu 100 Prozent wiederverwertet werden.<br />

Fritz Winter unterschreitet die gesetzlichen Grenzwerte für<br />

Emissionen um bis zu 95 Prozent. Das will was heißen, denn<br />

jedes Jahr verlassen über 27 Millionen Bauteile und Komponenten<br />

wie etwa Bremsscheiben und -trommeln, Hydraulikgehäuse,<br />

Schwungräder oder Zylinderblöcke und -köpfe das<br />

Unternehmen, das weltweit zu den größten konzernunabhängigen<br />

Gießereien zählt. Produkte von Fritz Winter fi ndet<br />

man in fast allem, was sich bewegt. Die Produktpalette umfasst<br />

über 800 anspruchsvolle Gussteile. Durch die große<br />

Kompetenz und langjährige Erfahrung der Mitarbeiter im<br />

Bereich der Bremsen-, Motoren-, Hydraulik- und Sonderapplikationen<br />

hat sich Fritz Winter als gefragter Lieferant<br />

und Partner für die internationale Automobil-, Nutzfahrzeug-<br />

und Hydraulikindustrie etabliert.<br />

Diesen Ruf hat sich das Unternehmen durch innovative<br />

Produkt- und Fertigungslösungen erarbeitet. Im fi rmeneigenen<br />

Materialentwicklungszentrum werden neue Werkstoffe<br />

entwickelt, für die ein eigener Versuchsofen zur Verfügung<br />

steht. Das einmalige Know-how spiegelt sich dann in Technologien<br />

wie dem ecoCasting-Prozess wider. Dabei handelt<br />

es sich laut Fritz Winter um das ressourcenschonendste Eisengussverfahren<br />

weltweit. Damit sind die Produkte des Unternehmens<br />

beispielsweise im Bereich der Pkw-Leichtbau-<br />

Zylinderblöcke gegenüber Aluminiumprodukten konkur-


Flüssiges Eisen ist für Fritz Winter nicht nur ein Material,<br />

sondern eine Leidenschaft.<br />

Innovative Technologien und Produkte haben Fritz Winter als wichtigen<br />

Partner und Lieferanten der Automobilindustrie etabliert.<br />

renzfähig. Im Vergleich zu einem Zylinderblock aus Aluminium<br />

liegt die Kostenersparnis bei mindestens 28 Prozent –<br />

und das bei nahezu gleichem Gewicht der Gesamt motoren.<br />

„Leicht ist für uns nicht schwer“, sagen die Stadtallendorfer<br />

selbstbewusst.<br />

Das Fundament des Erfolgs sind die rund 3.700 Mitarbeiter.<br />

Für sie setzt Fritz Winter alle Hebel in Bewegung. In den<br />

letzten fünf Jahren investierte das Unternehmen 168 Millionen<br />

Euro in den Standort in Stadtallendorf und das Knowhow<br />

seiner Belegschaft, die aus über 100 Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

wählen kann. Darüber hinaus gibt Fritz<br />

Winter seinen Mitarbeitern eine große Entscheidungsfreiheit<br />

sowie Eigenverantwortung mit. Der Dank dafür ist eine<br />

überdurchschnittlich lange Betriebszugehörigkeit. Zum Teil<br />

arbeiten Familien in der dritten Generation bei Fritz Winter.<br />

Kein Wunder, dass das Unternehmen nicht nur einer der<br />

größten, sondern auch der gefragtesten Arbeitgeber in der<br />

Region ist. So beginnen jedes Jahr rund 50 Auszubildende<br />

ihre berufl iche Karriere bei Fritz Winter. Die Auswahl ist<br />

groß: Das Unternehmen bildet in 15 Berufen im technischen,<br />

kaufmännischen sowie gastronomischen und IT-Bereich aus.<br />

Das duale Studium ist bei Fritz Winter in vier Fachrichtungen<br />

möglich. Die zahlreichen Unternehmensveranstaltungen<br />

und Teilnahmen an Wettbewerben wie etwa dem <strong>Marburg</strong>er<br />

Drachenbootrennen führen zu einem einmaligen Zusammenhalt<br />

und einem großen Zugehörigkeitsgefühl unter den<br />

Mitarbeitern. Selbstbewusst – das sind sie bei Fritz Winter<br />

zu Recht.<br />

Kontakt<br />

Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG<br />

Albert-Schweitzer-Straße 15<br />

35260 Stadtallendorf<br />

www.fritzwinter.de<br />

Qualität hat bei Fritz Winter einen Namen – und zwar 3.700 Mal: 3.700 Mitarbeiter<br />

beschäftigt das Unternehmen und bildet dabei in 15 verschiedenen Berufen aus.


762 · 77 3<br />

Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />

FÜR JEDEN PFLEGEBEDÜRFTIGEN<br />

DER PASSENDE HAUSENGEL<br />

Simon Wenz, Geschäftsführer der Hausengel, ist in<br />

der Region fest verwurzelt: „Meine Großeltern und<br />

meine Mutter stammen aus dem Ebsdorfergrund, ich<br />

lebe wieder hier, und auch meine Kinder sollen hier<br />

aufwachsen.“ Er weiß, wie wichtig Heimat den Menschen ist<br />

– daher will Wenz mit seinen Hausengeln dafür sorgen, dass<br />

Menschen auch dann, wenn sie pfl egebedürftig sind, in ihrer<br />

Heimat und ihrem Zuhause bleiben können.<br />

Wie schnell es damit vorbei sein kann, erlebte Wenz während<br />

seines Studiums: 1995 wurde sein Großvater dement, benötigte<br />

Pfl ege. Die übernahm seine Tochter Doris, wurde von<br />

ihrer Familie nach Leibeskräften unterstützt – doch irgendwann<br />

ging es nicht mehr. Klar war: Der Vater sollte nicht ins<br />

Pfl egeheim. Also versuchte die Familie, eine polnische Pfl egekraft<br />

zu engagieren, stieß dabei jedoch auf viele dubiose Vermittler<br />

und zahlreiche Hindernisse. „Letztendlich klappte es,<br />

später kamen dann Anfragen von Familien, die ebenfalls<br />

Hilfe benötigten“, erinnert sich Wenz. Aufbauend auf den<br />

Erfahrungen, die die Familie gemacht hatte, entstand so die<br />

Idee der Hausengel: Ausländische Pfl egekräfte für Familien,<br />

die völlig legal eingesetzt werden können und so die Familienangehörigen<br />

entlasten, „von der ambulanten Pfl ege bis<br />

hin zur 24-Stunden-Betreuung“, wie Wenz verdeutlicht.<br />

Es sei nie die Idee gewesen, aus dem Familienunternehmen<br />

eine europaweite Unternehmensgruppe zu machen. Doch der<br />

Bedarf sei da. „An meinem Studentenschreibtisch und aus<br />

dem Bügelzimmer meiner Mutter heraus ging es los“, erzählt<br />

Wenz. 1.500 Familien werden derzeit in Deutschland betreut,<br />

etwa 4.500 Hausengel sind im Einsatz. „Und unser Gesamtpool<br />

an Pfl egekräften, mit denen wir in Kontakt stehen,<br />

beinhaltet weit mehr als 10.000 Personen.“<br />

Das Ziel ist klar: Pfl egebedürftige Menschen sollen möglichst<br />

lange und selbstbestimmt in ihrem gewohnten Umfeld leben


Somit können sich die Familien, die einen Hausengel beschäftigen,<br />

sicher sein, dass sie sich nicht mit dubiosen, rechtlich<br />

unsicheren Diensten herumschlagen müssen. „Wir haben<br />

die Fachkompetenz durch die ambulanten Pfl egekräfte im<br />

Haus, wir haben die Akademie, wir haben eigene ausländische<br />

Standorte, an denen wir die Hausengel in ihrer Muttersprache<br />

beraten und betreuen“, sagt Simon Wenz. „In den<br />

ambulanten Pfl egediensten sind auch Pfl egeberater bundesweit<br />

organisiert, die speziell für die neue Pfl egeberatung qualifi<br />

ziert wurden.“ So sei für die Familien eine bedarfsgerechte<br />

Versorgung sichergestellt – von der Tagespfl ege bis hin zur<br />

24-Stunden-Betreuung. „Da es essenziell ist, dass die Chemie<br />

zwischen Pfl egebedürftigem, Angehörigen und Hausengel<br />

stimmt, helfen wir bei der Suche und Auswahl. Mit unserer<br />

24-Stunden-Hotline und <strong>persönlich</strong>en Ansprechpartnern<br />

stellen wir darüber hinaus sicher, dass sowohl die Angehörigen<br />

als auch unsere Hausengel immer einen Ansprechpartner<br />

haben – niemand wird alleine gelassen. Zwei Worte fassen es<br />

perfekt zusammen: rundum versorgt.“<br />

„Wir­sorgen­dafür,­dass­jede­Familie­für­die­Pfl­ege­eines­<br />

Angehörigen die passende Unterstützung erhält – eben den<br />

<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>en Hausengel.“<br />

Simon Wenz, Geschäftsführer Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />

Die Verwurzelung mit der Region manifestiert sich auch in<br />

einem neuen Projekt: Einem „Generationenpark“ in Heskem<br />

auf 40.000 Quadratmetern. „Ziel ist es, die äußeren Grundstücke<br />

an Familien mit Kindern zu verkaufen, sodass wir eine<br />

Belebung haben“, erläutert Wenz. Im Zentrum soll eine Begegnungsstätte<br />

entstehen, mit betreutem Wohnen in Wohnungen<br />

darüber. In dem Gürtel dazwischen entstehen barrierefreie,<br />

seniorengerechte Einfamilienhäuser, in denen Familien<br />

mit Pfl egebedürftigen leben sowie betreut und versorgt<br />

werden können – <strong>ganz</strong> nach Bedarf.<br />

können. Daher bieten die Hausengel ambulante Pfl ege und<br />

Pfl egeberatung durch examiniertes Fachpersonal sowie<br />

24-Stunden-Betreuung im eigenen Zuhause durch osteuropäische<br />

Betreuungsdienstleister an – <strong>ganz</strong> nach dem Motto<br />

„rundum versorgt“. Simon Wenz verdeutlicht: „Alle Kräfte<br />

werden an unserer eigenen, staatlich anerkannten und zertifi -<br />

zierten Akademie geschult. Dass wir diese eigenen Strukturen<br />

haben, ist mir sehr wichtig – dadurch können wir eine<br />

gleichbleibende, hohe Qualität gewährleisten.“<br />

Hausengel-Geschäftsführer Simon Wenz und seine Frau Magdalena<br />

Kontakt Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />

Tulpenweg 1<br />

35085 Ebsdorfergrund<br />

www.hausengel.de


PROFESSOR<br />

TOSHIO<br />

OZAWA<br />

geb. 1930 in der Mandschurei (China) | 1944 Rückkehr der Familie<br />

nach Japan | Studium der Germanistik | 1956 Promotion über die<br />

Märchen der Brüder Grimm | später Professor für<br />

Germanistik, vergleichende Literaturwissenschaften<br />

sowie Kinder- und Jugendliteratur | 1971 bis 1973<br />

Gastprofessur am Institut für Europäische Ethnologie der<br />

<strong>Marburg</strong>er Philipps-Universität | zahlreiche Veröffentlichungen<br />

zu Märchen in Deutschland und Japan |<br />

Vize-Präsident der International Society for Folk<br />

Narrative Research | 2007 Europäischer Märchenpreis<br />

der Walter-Kahn-Stiftung | 2011 Ehrenbrief des Landes Hessen für<br />

sein Lebenswerk<br />

78 · 79<br />

Professor Toshio Ozawa<br />

MARBURG WURDE MEINE<br />

ZWEITE HEIMAT<br />

Am Anfang stand eine Einladung zu einer Gastprofessur<br />

an der <strong>Marburg</strong>er Philipps-Universität<br />

durch Professor Dr. Gerhardt Heilfurt vom Institut<br />

für Volkskunde. Ich habe im Wintersemester<br />

1971 mit dem Thema „vergleichende Märchenforschung“<br />

gelesen. Dafür siedelte ich mit der Familie nach <strong>Marburg</strong><br />

über, um am Hainweg 1 in <strong>Marburg</strong> zu wohnen. Meine zwei<br />

Söhne besuchten den Kindergarten Julius Stift, der älteste<br />

besuchte nachher die Emil-von-Behring-Schule.<br />

Noch bevor ich meine Vorlesungen begann, wurde ich vom<br />

<strong>Marburg</strong>er Bachchor als Mitglied empfangen und durfte im<br />

Chor mitsingen. Ich habe schon von der Mittelschule an<br />

immer im Chor gesungen und es war ein großes Ziel, in<br />

<strong>Marburg</strong> in der Elisabethkirche singen zu dürfen. Dieser<br />

lang gehegte Wunsch wurde Wirklichkeit. Ich habe Bach,<br />

Händel, Schütz, Schubert und mehr gesungen. Ein unvergessliches<br />

Erlebnis war mein letztes Konzert in der Lutheri-<br />

schen Pfarrkirche im Jahr 1973: Wir sangen die „Matthäus-Passion“<br />

– daran werde ich mich immer erinnern.<br />

Und im Herbst 1975 hat mein jüngerer Bruder Seiji, der damals<br />

Dirigent der Bostoner Philharmonie in den USA war,<br />

den Wunsch des Bachchors erfüllt und ihn dirigiert. Gemeinsam<br />

mit dem Orchester „Neue japanische Symphonie“,<br />

das auf Europa-Tournee war, gelang so ein eindrucksvolles,<br />

wenn auch provisorisches Konzert mit dem „Schicksalslied“<br />

von Brahms. Das erfuhr sogar noch eine Zugabe: Nach dem<br />

gemeinsamen Abendessen haben wir alle in der <strong>Marburg</strong>er<br />

Bahnhofshalle vierstimmig deutsche Volkslieder gesungen –<br />

die Deutschen mit dem originalen Text, die Japaner mit dem<br />

übersetzten japanischen Text, begeistert dirigiert von meinem<br />

Bruder – es war eine wirklich schöne deutsch-japanische<br />

Harmonie.<br />

Im Volkskunde-Institut habe ich damals Alfred Höck kennengelernt.<br />

Er führte mich zu den Dörfern um <strong>Marburg</strong> und


machte mich mit den Bewohnern bekannt. Ich habe dort viel<br />

gelernt. 1993 habe ich in Japan die „Märchen-Akademie<br />

Ozawa“ gegründet. Dort lese ich nicht nur japanische Volksmärchen<br />

vor, sondern auch Kinder- und Hausmärchen der<br />

Brüder Grimm. Seit 1994 mache ich jedes Jahr eine Gruppenreise<br />

„auf den Spuren der Brüder Grimm“ nach Hessen.<br />

Dabei helfen mir die Erlebnisse, die ich während meiner<br />

<strong>Marburg</strong>er Zeit im <strong>Landkreis</strong> gesammelt habe. 2016 war<br />

ich bereits mit der 23. Gruppe unterwegs.<br />

In Bezug auf das Märchen „Hänsel und Gretel“ hatte mich<br />

lange Zeit eine Frage bewegt: Wie war der Backofen gestaltet?<br />

Alfred Höck führte mich nach Riebelsdorf im Schwalm-<br />

Eder-Kreis, zeigte mir das Backhaus und machte mich mit<br />

der Bauernfamilie Conrad bekannt, mit der ich immer noch<br />

eine enge Freundschaft pflege. Seither mache ich mit meiner<br />

Märchen-Reisegruppe dort Station – ebenso, wie in Amönau,<br />

um das Teehäuschen zu sehen, das Otto Ubbelohde als<br />

Vorlage für „Rapunzel“ diente. Auch zum Ubbelohde-Haus<br />

in Goßfelden brachte mich Höck. Ich hatte schon früher die<br />

Zeichnungen zu den Märchen der Brüder Grimm von Ubbelohde<br />

hoch geschätzt – für mich sind sie die besten Illustrationen<br />

von Grimms Märchen. Der Maler kennt das Geheimnis<br />

des mündlich überlieferten Volksmärchens. Aus meiner<br />

Sicht als Literaturwissenschaftler, der Märchen betrachtet,<br />

besteht das Volksmärchen aus genauer Bezeichnung ebenso,<br />

wie aus reiner Fantasie. Bei Ubbelohde kommt dazu, dass er<br />

seine Heimat mitsamt Personen, Trachten, Häusern, Schlössern,<br />

Feldern und Wäldern genau zeichnete. Meine Märchenreisegruppe<br />

genießt jedes Jahr die Zeichnungen Ubbelohdes<br />

in den Fluren des Landratsamts. Märchen-Illustrationen<br />

in einem Landratsamt! Das kann man sich in Japan<br />

nicht vorstellen.<br />

Mein Ziel war es, Ubbelohdes Zeichnungen in Japan bekanntzumachen<br />

und ich bat daher den Betreffenden im<br />

Landratsamt, sie in Buchform zu publizieren. Doch die Antwort<br />

lautete immer Nein. Ich ließ jedoch nicht locker und<br />

wiederholte meine Bitte einige Jahre lang. Dann kam eine E-<br />

Mail von einem neuen Zuständigen: Dr. Markus Morr sagte,<br />

die Märchenzeichnungen sollten als CD-ROM publiziert<br />

werden. Ich freute mich sehr, doch es gab Finanzierungsprobleme.<br />

Ungeduldig antwortete ich ihm, dass ich die Hälfte<br />

der Produktionssumme tragen würde. So wurde die Idee<br />

Wirklichkeit – und durch die CD wurden die Illustrationen<br />

von Ubbelohde in Japan bekannt, verbreitet und geliebt.<br />

Eine Illustration Otto Ubbelohdes zum Märchen „Frau Holle“ mit der<br />

Motivvorlage Lahntal<br />

„Ich hatte schon früher die Zeichnungen zu den Märchen<br />

der Brüder Grimm von Ubbelohde hoch geschätzt – für<br />

mich sind sie die besten Illustrationen von Grimms<br />

Märchen. Der Maler kennt das Geheimnis des mündlich<br />

überlieferten Volksmärchens.“<br />

Prägend war auch meine Begegnung mit Baron Schwertzell<br />

zu Willingshausen. Denn die Brüder Grimm hatten diese Familie<br />

öfters für mehrere Tage besucht. Der Baron konnte viel<br />

über die lange Geschichte seiner Familie mitsamt der Malerkolonie<br />

Willingshausen erzählen. Auch nach seinem Tod besuchen<br />

wir jedes Jahr die Familie und legen Blumen auf das<br />

Grab – aus tiefer Verbundenheit.<br />

Der Weg unserer Märchenreisegruppe führt immer auch<br />

zum Volksmuseum in die Schwalm. Dort lernen die Mitreisenden<br />

alte Trachten, Stickereien und mehr kennen, wo-


80 · 81<br />

2001 entstand ein deutsch-japanisches Gemeinschaftswerk zu den Illustrationen Otto Ubbelohdes zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder<br />

Grimm; hier: das Buchcover in Japan und Foto der Motivvorlage in Amönau.<br />

„Mein Ziel war es, Ubbelohdes Zeichnungen in<br />

durch sie die Welt der Grimm‘schen Märchen besser verstehen<br />

können.<br />

Und auch die Musik spielt immer eine große Rolle: Ich<br />

möchte den Teilnehmern ermöglichen, Orgelklang in einer<br />

gotischen Kirche zu hören. Denn dies ist in Japan nicht möglich.<br />

Doch die Umsetzung erwies sich als schwierig, denn ich<br />

hatte keinen Kontakt zur Elisabethkirche. Als eine winzige<br />

Möglichkeit schrieb ich meinem Chorkameraden Martin<br />

Trieschmann. Doch ich kannte seine Adresse nicht. Also<br />

schrieb ich nur: „Germany, <strong>Marburg</strong> an der Lahn, Cappel,<br />

Kirche, Herrn Martin Trieschmann” – und mein Brief kam<br />

tatsächlich an. Er stellte den Kontakt her, und seither findet<br />

für uns ein Orgelspiel statt. Denn der Klang in der Elisabethkirche<br />

soll ein Leben lang im Ohr und Herz meiner Märchengruppe<br />

bleiben.<br />

Japan bekanntzumachen und ich bat daher den<br />

Betreffenden im Landratsamt, sie in Buchform zu<br />

publizieren.“<br />

Die Chormusik spielt während der Reisen auch immer eine<br />

bedeutende Rolle. Daher gibt es an jedem ersten Reisetag<br />

eine Chorprobe im Reinhardswald – dann singt die Gruppe<br />

immer die gleichen vier Stücke: Ein vierstimmiges Kirchenlied,<br />

den „Lindenbaum“ auf japanisch, „dona nobis pacem“<br />

und ein japanisches Kinderlied. In <strong>Marburg</strong> singen wir immer<br />

in der Lutherischen Pfarrkirche und in der Elisabethkirche.<br />

Die Mitreisenden genießen dann den Klang ihrer<br />

eigenen Stimmen in der gotischen Kirche.


NOLTA GmbH<br />

KLEINE IDEE<br />

WIRD GROSSE<br />

ERFINDUNG<br />

Im Jahr 1959 kam Walter Tatje die zündende Idee:<br />

Damals mussten Maschinen auf Baustellen immer<br />

wieder neu verdrahtet und angeschlossen werden.<br />

Das barg die Gefahr, dass durch falsches Anschließen<br />

die Maschine zerstört würde. „Walter Tatje war ein Tüftler“,<br />

sagt der heutige NOLTA-Geschäftsführer Felix Bonn.<br />

„Er entwickelte einen Stecker, über den die Maschine<br />

eingeschaltet werden kann und in dem der Motorschutz,<br />

der sich sonst im Baustromverteiler befi ndet, fest integriert<br />

ist.“ Der NOLTA-Motorschutzstecker war geboren.<br />

Dessen Vorteile: Die Maschinen können frei bewegt und<br />

einfach in die Steckdose gesteckt werden – ohne das Risiko<br />

einer Beschädigung des Motors. Gemeinsam mit Mitgesellschafter<br />

Hein Bonn gründete Walter Tatje die NOLTA<br />

GmbH. Die Produkte kamen bestens an: „Sie sind heute<br />

auf neun von zehn Baustellen, auf denen gepumpt wird, zu<br />

fi nden.“ Der Name „NOLTA-Stecker“ ist ein fester<br />

Begriff.<br />

Das Unternehmen hat sich auf zwei Geschäftsfelder spezialisiert:<br />

Motorschutzstecker, die hauptsächlich an Pumpen<br />

zum Einsatz kommen – nicht nur auf Baustellen, sondern<br />

auch bei Feuerwehr und Technischem Hilfswerk. „Wir<br />

sprechen von ,plug and pump‘ – einstecken und loslegen“,<br />

erklärt Bonn. Das zweite Geschäftsfeld ist die Wassertechnik-Sparte<br />

NIVA mit Niveaureglern. „Dort decken wir<br />

die <strong>ganz</strong>e Bandbreite ab: vom Abwasser bis zu Spezialanwendungen<br />

mit Niveaureglern für Trinkwasser oder<br />

Chemikalien.“<br />

NOLTA hat bereits vor Jahren Stützpunkte in China, den<br />

USA und in Indien gegründet. Dem Standort Cölbe ist das<br />

Unternehmen weiterhin eng verbunden. „Hier wohnen<br />

unsere Mitarbeiter, hier steckt unser Know-how“, sagt<br />

Firmenchef Bonn. In Cölbe werden die Produkte stetig<br />

weiterentwickelt. Dazu hat NOLTA ein eigenes Start-up im<br />

Haus gegründet. „Wir entwickeln dort Ideen, für die im<br />

Tagesgeschäft keine Zeit bleibt und sind vernetzt mit<br />

Hochschulen und anderen Start-ups“, erläutert Bonn.<br />

Der Name „NOLTA-Stecker“ ist heute ein fester Begriff.<br />

Eines der ersten Projekte ist eine Pumpensteuerung, die auf<br />

der Baustelle im Brennertunnel zum Einsatz kommt.<br />

Außerdem entsteht in dem Entwicklungszentrum derzeit<br />

ein mobiles Datenmodul mit GPS-Tracker. „Damit wollen<br />

wir ,NOLTA Net‘ vorantreiben, eine Art ,Smart Home‘<br />

für Baustellen.“ Der NOLTA GmbH fehlt es auch heute<br />

nicht an zündenden Ideen.<br />

Kontakt<br />

NOLTA GmbH<br />

Industriestraße 8<br />

35091 Cölbe<br />

www.nolta.de


LARS<br />

RUPPEL<br />

geb. 1985 in Gambach | nach dem<br />

Abitur in <strong>Marburg</strong> groß und wild<br />

geworden | mehrfacher<br />

deutscher Poetry-Slam-Meister |<br />

Träger des <strong>Marburg</strong>er<br />

Stadtsiegels | seit 2016<br />

Kulturbotschafter Mittelhessens<br />

| Autor des Bestsellers<br />

„Holger die Waldfee“ | Leiter<br />

und Gründer des Weckworte-<br />

Projekts zur kulturellen Aufwertung<br />

von­Altenpflege<br />

82 · 83<br />

Lars Ruppel<br />

LYRISCHER<br />

INPUT AUS DEM<br />

LANDKREIS<br />

Mit einem schlechten Abitur in der Tasche zog<br />

ich nach <strong>Marburg</strong>, um meinen Zivildienst<br />

abzuleisten. Ich entschied mich für <strong>Marburg</strong>,<br />

weil ich mich wenige Jahre zuvor bei einem<br />

Ausflug raus aus meinem Heimatdorf in dieses Städtchen<br />

verliebt hatte. Wir saßen damals mit ein paar anderen Hippies<br />

auf der Holzbrücke über der Lahn und ich spürte die<br />

Möglichkeiten des Lebens als starken Herzschlag in meiner<br />

Brust, die Schönheit der nächsten Jahre meiner Jugend als<br />

Gänsehaut und die Weite der Welt, gerade einmal 60 Kilometer<br />

von meinem Elternhaus entfernt.<br />

<strong>Marburg</strong> war für mich seit jeher das Tor zur Welt. Viele<br />

Lebenswege kreuzten sich, liefen eine Zeit parallel oder<br />

zweigten sich schnell wieder ab. Was zurückblieb, war ein<br />

Tagebuch voller Geschichte, wenn ich denn Tagebuch geschrieben<br />

hätte. Erinnerungen verblassen langsam, nur die<br />

Legenden bleiben noch und Flashbacks, wenn ich heute den<br />

Ort besuche, der sechs Jahre lang meine Heimat war. Das<br />

Denkmal meiner Zeit in <strong>Marburg</strong> ist als solches nicht erkennbar,<br />

sondern nur zu verstehen, wenn man die Zeit vor<br />

seiner Errichtung miterlebt hat.<br />

Ich wohnte damals in der Wendelgasse in einer Wohngemeinschaft<br />

mit acht anderen lieben Menschen. Es war eines<br />

der ältesten Fachwerkhäuser der Stadt. Es hatte Löcher in<br />

den Wänden, Stroh zwischen den Balken, Tiere unter dem<br />

Boden und im Dachboden und eine große Seele, die wir alle<br />

spüren konnten, zu jeder Uhrzeit des Tages. Meistens aber<br />

nachts.


Wir mauerten einen Grill, wir pflanzten Gemüse, das sich<br />

nie jemand traute zu essen wegen der Katzen in der Nachbarschaft,<br />

wir installierten eine Diskokugel und verlegten<br />

Kabel, wir beleuchteten und befriedeten die Natur, wir stellten<br />

eine Tischtennisplatte auf und spielten Rundlauf mit<br />

Freunden und Fremden.<br />

Wir gossen den Boden mit unserem Schweiß, wochenlang<br />

buckelten wir unter den Augen der flanierenden Touristen,<br />

bis wir das bis heute bitte mit nötigem Respekt und Abstand<br />

zu besichtigende Kleingartenidyll mitten in <strong>Marburg</strong>s Altstadt<br />

fertiggestellt hatten.<br />

Die <strong>Marburg</strong>er Luft, kesselerhitzt und stumpf, brennt mir<br />

noch immer in den Lungen. Oder ist es der Rauch der <strong>Marburg</strong>er<br />

Kneipen? Oder der Kontrast zu der frischesten aller<br />

Lüfte während meiner Wanderung Richtung <strong>Biedenkopf</strong>?<br />

Oder der geraubte Atem beim Blick vom Spiegelslustturm?<br />

Oder die Aufregung vor einem Auftritt auf einer der unzähligen<br />

Bühnen im Kreis, vom Freibad bis zur Fabrikhalle, vom<br />

schwimmenden Floß auf der Lahn bis zum Kino?<br />

Mein Weg führt mich nur noch selten in den Kreis, aber<br />

wenn, dann freue ich mich über den lyrischen Input. Wenn<br />

mich eine Regionalbahn durch die Landschaft flüstert und<br />

die Grenzen zwischen überall und nirgendwo verschwimmen.<br />

Oder wenn ich mich beim regionalen Bier als guter<br />

Mensch fühlen darf und noch besseres erwarten kann.<br />

Dann spüre ich, dass eine Heimat immer mehr ist als der<br />

Ort, wo man wohnt. Berlin ist meine Heimat, keine Frage.<br />

Aber das ist sie nur, weil ich weiß, dass wenige Zugumstiege<br />

später eine Art Gegenberlin wartet, wo all das, was in Berlin<br />

ist, auch ist, nur in anderer Form, zwischen den Zeilen,<br />

verteilt auf einen <strong>ganz</strong>en Kreis, in den Menschen und in der<br />

Natur, in den Kellern und auf den Dächern. Im Nebel und<br />

im Tretboot, auf dem Schloss und im KFZ.<br />

Lars Ruppel hat immer einer besonderen Blick auf <strong>Marburg</strong><br />

und die Region.<br />

Neben dem Haus, zwischen dem grässlichen Neubauversuch<br />

des Nachbarn und unserem, war ein Brombeer-Urwald, der<br />

jegliches Betreten Kraft seiner Stacheln und Insekten unmöglich<br />

machte. Er war so dicht, dass das andere Haus nicht<br />

zu sehen war und erstreckte sich auf einer Fläche, groß wie<br />

unser eigenes Haus. Ich weiß nicht mehr wieso, wann und<br />

womit, aber irgendwann rodeten wir das <strong>ganz</strong>e Gestrüpp<br />

und legten die darunter liegende Brachfläche frei. Ein wildes<br />

Gemisch aus Glasscherben, Tonziegelstücken, Altmetall und<br />

Krümeln von Muttererde.<br />

Tatsächlich besteht mein heutiger Freundeskreis in der neuen<br />

Stadt hauptsächlich aus Leuten aus meiner alten Heimat.<br />

Man hält zusammen, man hat was gemeinsam erlebt, man<br />

vermisst etwas gemeinsam. Dann tut es weniger weh.<br />

„Berlin ist meine Heimat, keine Frage. Aber das ist sie<br />

nur, weil ich weiß, dass wenige Zugumstiege später<br />

eine Art Gegenberlin wartet, wo all das, was in Berlin<br />

ist, auch ist, nur in anderer Form, zwischen den Zeilen,<br />

in den Menschen und in der Natur, in den Kellern und<br />

auf den Dächern. Im Nebel und im Tretboot, auf dem<br />

Schloss und im KFZ.“


MARTIN<br />

SCHNEIDER<br />

geb. 1964 in Bad Homburg, lebt heute in<br />

einem­Dorf­bei­<strong>Marburg</strong>­|­fiel­schon­in­der­<br />

Schule als Klassen kasper auf und wurde<br />

so auch entdeckt: Seine Französisch-<br />

Lehrerin stellte ihn ihrem Mann vor, dem<br />

Satiriker Eckard Henscheid | verdiente<br />

sich als Sketche-Schreiber beim Hessischen<br />

Rundfunk seine ersten Lorbeeren |<br />

1990 erstes Bühnenprogramm „Gell, Sie<br />

sind spirituell?“ | ab 2002 Auftritte im<br />

„Quatsch Comedy Club“, später Gastauftritte<br />

bei „RTL Samstag Nacht“, „7 Tage,<br />

7 Köpfe“ und „Genial daneben“ | 2004 bis<br />

2011 fester Bestandteil der Comedy-Show<br />

„Schillerstraße“ | 2004 Kinodebüt mit<br />

„7 Zwerge – Männer allein im Wald“<br />

84 · 85<br />

Martin Schneider<br />

ERINNERUNGEN AN EIN GENUSS-<br />

VOLLES STUDENTENLEBEN<br />

Nach <strong>Marburg</strong> kam ich als Germanistikstudent<br />

Mitte der 80er-Jahre. Ich hatte das große<br />

Glück, ein Zimmer in einem der begehrtesten<br />

Studentenwohnheime zu bekommen, hoch über<br />

der Stadt gelegen mit Blick auf das Landgrafenschloss. Die<br />

Atmosphäre hier oben inmitten altehrwürdiger Gemäuer<br />

schien seltsam entrückt von der modernen, hektischen Welt.<br />

Vor dem Kriege war das Wohnheim ein Sanatorium gewesen;<br />

und für mich besaß dieser Ort nach wie vor einen großen<br />

Erholungswert mit seinen großen Parkflächen und historischen<br />

Denkmälern, wie zum Beispiel dem Teehäuschen von<br />

Bettina von Arnim. Das nostalgische Flair der Altstadt in<br />

Verbindung mit dem bunten Studentengemisch aus allen Teilen<br />

der Welt gab der Stadt eine <strong>ganz</strong> besondere Würze.<br />

Damals arbeitete ich als freier Mitarbeiter für den HR und<br />

machte satirische Kurzbeiträge. Viele meiner Beiträge<br />

damals entstanden mit Hilfe damaliger Mitbewohner. Mit<br />

einem japanischen Kommilitonen machte ich an Karneval<br />

einen Beitrag über einen Hessisch-Workshop für Japaner, in<br />

dem ich den Asiaten hessische Sprichwörter nachsprechen<br />

ließ. Prompt riefen viele neugierige Japaner beim HR an und<br />

fragten, wo man den Kurs im „Babbelholiday“ buchen<br />

könne!<br />

Meine Studentenzeit war also nicht unbedingt von harter<br />

Arbeit und schlimmer Lernerei geprägt. Im Nachhinein denke<br />

ich an diese Zeit eher wie an einen schönen, langen Urlaub<br />

zurück! Wenn es nicht gegen alle Regeln gewesen wäre,<br />

hätte ich bestimmt jedes Semester mein Zimmer in dem<br />

Studentenwohnheim aufs Neue verlängert und würde wohl<br />

heute noch als Studentenfossil inmitten 30 Jahre jüngerer<br />

Studis ein entspanntes, genussvolles Leben genießen...<br />

<strong>Marburg</strong> bot mir als Kabarettist mit dem Kulturzentrum<br />

KFZ und dem Café Trauma erste Auftrittsmöglichkeiten; als<br />

Zuschauer habe ich vor allem meine Mitbewohnerinnen und<br />

Mitbewohner aus dem Wohnheim rekrutiert.


Nach einem kurzen Zwischenspiel in München zog es mich<br />

wieder in die gemütliche Stadt an der Lahn, von wo aus ich<br />

dann schließlich hinaus aufs Land in ein kleines Dorf nordwestlich<br />

von <strong>Marburg</strong> zog. Hier finde ich zwischen all den<br />

Tourneen Ruhe und Abgeschiedenheit – ein Schritt aus der<br />

Haustüre und schon bin ich inmitten schönster Natur. Und<br />

als großer Dialektfan gefällt mir natürlich, dass in den<br />

Dörfern rund um <strong>Marburg</strong> teilweise noch unverfälschte<br />

Mundart zu hören ist!<br />

„Als großer Dialektfan gefällt<br />

mir natürlich, dass in den Dörfern<br />

rund um <strong>Marburg</strong> teilweise<br />

noch unverfälschte Mundart zu<br />

hören ist!“<br />

Semesterbeginn an der Universität <strong>Marburg</strong>


SÖHRET<br />

AYSEL ,<br />

geb. 1951 in Safranbolu (Türkei) | 1970 Abitur,<br />

später Umzug nach Stadtallendorf | 1984<br />

Bestehen der Universitäts-Aufnahmeprüfung in<br />

der Türkei | 1986 Studium Psychologie in<br />

<strong>Marburg</strong>, parallel dazu Beschäftigung bei der<br />

AWO als Beraterin | 1997 Diplom in Pädagogik |<br />

seit 2004 Beraterin beim „LOK – Verein für<br />

Beratung und Therapie | seit 1992 Mitglied im<br />

Verein „Freundschaftsbrücke“ | 2001 bis 2003<br />

Mitglied im Ausländerbeirat | seit 2001 Mitarbeit<br />

in der Frauenkommission des <strong>Landkreis</strong>es |<br />

seit 2005 Beisitzerin im Verein „Interkulturelle<br />

Begegnung in Stadt allendorf“ (IBiS) | seit 2012<br />

Mitglied in der Kommission für Arbeit und<br />

Soziales im <strong>Landkreis</strong> | 2013 Auszeichnung mit<br />

dem Ehrenbrief des Landes Hessen<br />

86 · 87<br />

Aysel Söhret ,<br />

PLATZ FÜR VIELE<br />

KULTUREN<br />

Im September 1970 kam ich nach Deutschland: Meine<br />

Eltern lebten bereits hier, waren Gastarbeiter. Ich<br />

wohnte bei meiner älteren Schwester, bis ich mein Abitur<br />

in der Tasche hatte und wollte dann in Deutschland<br />

studieren. Alles war fremd, ich konnte kein Deutsch, aber<br />

immerhin ein bisschen Englisch. Und dann habe ich zwei<br />

Jahre lang versucht, einen Studienplatz zu bekommen.<br />

Damals habe ich hautnah erlebt, was auch Migranten heute<br />

erfahren: Es gab keine Beratung, kein Netzwerk. Und vor<br />

allem: Deutsch ist der Schlüssel, um voranzukommen.<br />

Also besuchte ich drei Monate lang eine Sprachenschule in<br />

<strong>Marburg</strong>, um zumindest Grundkenntnisse zu erlangen.<br />

Doch die Schule war teuer, länger konnte ich sie also nicht<br />

besuchen. Es folgten Besuche bei der Volkshochschule, doch<br />

die Kenntnisse haben nicht gereicht, um zu studieren. Ich<br />

begann also, in einer Näherei zu arbeiten. Als diese schloss,<br />

wechselte ich zu Ferrero und konnte dort Geld verdienen.<br />

Und so kam ich erstmals in Verbindung mit dem „LOK –<br />

Verein für Beratung und Therapie“, denn eine Kollegin fragte,<br />

ob ich einen Flyer für Schwangerschaftsberatung übersetzen<br />

könnte. Der Flyer gefiel den Verantwortlichen und sie<br />

fragten, ob ich auch während der Beratungsgespräche übersetzen<br />

könnte. Ich hatte meine Berufung gefunden und wollte<br />

in der Beratung arbeiten. Parallel hatte ich bereits mit dem<br />

Studium beginnen können. Ich arbeitete halbtags zunächst<br />

für die AWO, merkte aber, dass ich im Psychologie-Studium<br />

nicht so recht vorankam. Ich wechselte in die Pädagogik –<br />

dort schaffte ich trotz meines Jobs mein Diplom, auch dank<br />

der Unterstützung meiner Kollegen und Kommilitonen.<br />

Seit 2004 arbeite ich nun als Beraterin für die LOK. Dabei<br />

profitiere ich sehr stark von den Erfahrungen, die ich selbst<br />

als Migrantin gesammelt habe: Ich kann mich in die Menschen<br />

hineinversetzen, kenne ihre Gefühle, Probleme und<br />

auch Ängste. Zu uns kommen Menschen, die neu zugewandert<br />

sind und auch Menschen, die sich in Deutschland nicht<br />

zurechtfinden. Das reicht von der Wohnungssuche bis hin


zum Integrationskurs-Anbieter. Und es gibt auch die alltäglichen<br />

Fragen: Wie kann ich mich von der Rundfunkgebühr<br />

befreien lassen? Oder wo stelle ich einen Rentenantrag? Ich<br />

bin also die Lotsin durch den Behördendschungel.<br />

Doch das ist nur ein Teil. Denn die Menschen können hier<br />

auch ihr Herz ausschütten, wenn sie <strong>persönlich</strong>e Probleme<br />

haben – bei Arbeitslosigkeit, Verlusten oder Gewalt in der<br />

Familie. Und auch bei <strong>ganz</strong> alltäglichen Problemen ist unser<br />

Team da. Dabei ist jeder Tag spannend, denn ich weiß nie,<br />

wer durch meine Tür kommt: aus welchem Land, mit welcher<br />

Sprache und mit welcher Kultur. Das stellt uns aber<br />

auch immer wieder vor neue Herausforderungen. So kann<br />

man mit europäischen Migranten Probleme <strong>ganz</strong> anders lösen<br />

als mit syrischen Flüchtlingen: Kultur und Mentalität<br />

sind völlig unterschiedlich. Aber mit meiner Geschichte<br />

kann ich allen glaubhaft versichern: Ihr könnt es schaffen!<br />

Das gibt den Menschen Kraft und Mut. Denn sie merken,<br />

dass meine Erfahrungen authentisch sind und sie mir vertrauen<br />

können.<br />

Ich werde während meiner Arbeit auch immer mit echten<br />

Schicksalen konfrontiert – gerade, wenn es um häusliche<br />

Gewalt gegen Frauen geht, bewegt mich das sehr. Gerade<br />

Frauen von Migranten wissen nicht, was danach kommt. Sie<br />

haben keine Ahnung, dass es staatliche oder polizeiliche Hilfe<br />

gibt. Manche denken gar, dass sie in ihr Heimatland abgeschoben<br />

werden. Dagegen können wir mit unserer Beratung<br />

vorgehen.<br />

Manchmal kann es dann vonseiten der Männer auch Probleme<br />

für mich geben. Einmal hat mich ein Mann verfolgt, da<br />

hatte ich schon Angst. Er hat mir zum Glück nichts getan,<br />

wollte aber unbedingt wissen, wo seine Frau ist. Doch ich<br />

verrate nichts – Vertrauen ist die Basis meiner Arbeit.<br />

Ich habe eigentlich gelernt, meine Probleme im Büro zu lassen.<br />

Doch das Erlebte lässt sich an der Haustür nicht einfach<br />

abschalten. Manchmal erzähle ich zuhause, was ich am Tag<br />

erlebt habe – natürlich, ohne Namen zu nennen. Und zur<br />

Entspannung gehe ich raus in die Natur. Denn unser <strong>Landkreis</strong><br />

hat eine herrliche Landschaft – beim Nordic Walking<br />

kann ich beispielsweise das Erlebte verarbeiten. Die Waldluft,<br />

die Natur und die vielen Eindrücke tun mir seelisch<br />

und physisch gut. Dann komme ich als anderer Mensch nach<br />

Hause.<br />

Und natürlich bekommen wir auch Supervision. So können<br />

wir Probleme im Team besprechen, man wird nicht alleine<br />

gelassen. Das ist eine wichtige Unterstützung, damit auch<br />

wir Helfer mit unseren Problemen nicht alleine dastehen.<br />

Ich bin froh, in unserem <strong>Landkreis</strong> zu leben, der für viele<br />

Kulturen Platz hat und niemanden ausschließt. Hier gibt es<br />

eine echte Willkommenskultur. Dazu möchte ich weiterhin<br />

meinen Teil beitragen – damit die Menschen, die zu uns<br />

kommen, hier ihre neue Heimat finden und in die Gesellschaft<br />

integriert werden.<br />

Schloss Schweinsberg bei Stadtallendorf<br />

„Bei meiner Arbeit<br />

profitiere­ich­von­den­<br />

Erfahrungen, die ich<br />

selbst als Migrantin<br />

gesammelt habe.<br />

Ich kann mich in die<br />

Menschen hineinversetzen.“


Die Entwickler-Teams von Huppert setzen sich aus Spezialisten verschiedenster Fachrichtungen zusammen.<br />

88 2 · 89 3<br />

Huppert Engineering GmbH & Co. KG | PMD GmbH & Co. KG<br />

ERFAHRENER VERMITTLER<br />

FÜR KFZ-HERSTELLER UND -ZULIEFERER<br />

Stuttgart, Rüsselsheim, Ingolstadt, Wolfsburg – hier<br />

schlägt das Herz der Automobilindustrie – zumindest<br />

auf den ersten Blick. Denn nicht nur dort, sondern<br />

auch in den <strong>Landkreis</strong>en von <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

und Vogelsberg werden hochwertige Kfz-Bauteile,<br />

Komponenten und Systeme für die Automobilindustrie entwickelt.<br />

Seit über 60 Jahren ist die Huppert Engineering<br />

GmbH & Co. KG aus Dautphetal ein gefragter Partner für<br />

Zulieferer und Hersteller, die sich in einem Marktumfeld mit<br />

hohem Wettbewerbs- und Innovationsdruck auf das Knowhow<br />

und die Erfahrung der Huppert-Profi s verlassen. „Wir<br />

denken und handeln automobil“, lautet das Motto von<br />

Huppert Engineering. Aufgrund der Globalisierung der<br />

Automobilindustrie müssen sich die Zulieferer internationalisieren.<br />

Hinzu kommt, dass die Hersteller ihre Fertigungstiefe<br />

immer weiter reduzieren und damit einen Großteil<br />

der Entwicklungsleistung auf die Zulieferer verlagern.<br />

An dieser Stelle setzt Huppert mit umfassenden Engineering-<br />

Dienstleistungen an. Das Unternehmen versteht sich als<br />

loyaler Vermittler zwischen Herstellern und Zulieferern.<br />

Huppert deckt die gesamte Wertschöpfungskette von der<br />

ersten Idee bis zur Endmontage ab: Akquisition und<br />

Vermittlung, Entwicklung und Engineering, Einkauf und<br />

Logistik sowie Produktions- und Qualitätssicherung.<br />

Das ist jedoch nur ein Teil der Engineering-Dienstleistungen<br />

von Huppert. Die Automobilindustrie wandelt sich immer<br />

schneller. Wer hier Schritt halten will, benötigt zukunftssichere<br />

Strategien. Huppert berät daher Hersteller und Zulieferer<br />

in Fragen zu Global Sourcing bzw. Global Selling,<br />

Qualitätssicherung, Optimierung oder Trouble Shooting und<br />

erstellt Machbarkeitsstudien. So hat Huppert zum Beispiel<br />

für die Sanierung eines 400 Mann starken Betriebs den IST-<br />

Zustand analysiert, Optimierungspotenziale identifi ziert<br />

und durch die Einführung einer umfangreichen Datenerfassung<br />

und -auswertung Arbeitsprozesse verbessert. So konnte


Zusammen mit der PMD entwickelt Huppert moderne Engineering-Lösungen für die Automobilindustrie.<br />

Huppert deckt die gesamte Wertschöpfungskette von<br />

der ersten Idee bis zur Endmontage ab: Akquisition<br />

und Vermittlung, Entwicklung und Engineering,<br />

Einkauf und Logistik sowie Produktions- und<br />

Qualitätssicherung.<br />

die Produktion um 40 Prozent gesteigert und die Ausschussrate<br />

um ein Fünftel gesenkt werden.<br />

Durch ein dichtes Netz an Niederlassungen in Deutschland,<br />

Europa und Übersee ist Huppert stets nah am Kunden, quasi<br />

in Sichtweite zu den Produktionsstandorten. Das Huppert-<br />

Team setzt sich aus Spezialisten unterschiedlichster Fachdisziplinen<br />

des Automobilbaus sowie der Entwicklung und<br />

Herstellung von Kfz-Bauteilen zusammen: Ingenieure,<br />

Konstrukteure, Modell- und Formbauspezialisten, CNCund<br />

CAD-Profi s, Logistikexperten usw. Hinzu kommen Generalisten<br />

mit interdisziplinärer Sicht, die quasi den Blick<br />

fürs Ganze wahren. Im Schnitt kann jeder der rund 80 Mitarbeiter<br />

auf eine 20-jährige Berufserfahrung zurückblicken.<br />

Im Jahr 2000 wurde in <strong>Biedenkopf</strong> das Tochterunternehmen<br />

PMD GmbH & Co. KG gegründet. Die PMD ist heute an<br />

zwei Standorten in Hessen tätig und hat sich in der Konzeptund<br />

Produktentwicklung für die Automobilindustrie einen<br />

Namen gemacht. Die 30 Mitarbeiter entwickeln zum Beispiel<br />

direkt mit einem Automobilhersteller an diversen Getriebe-<br />

und Hybridtechnologien. Zu den Kunden zählen aber<br />

auch Systemlieferanten, Gussteilhersteller sowie Modell- und<br />

Formenbauer aus der Region.<br />

Darüber hinaus bietet PMD zusätzlich zur Produkt- und<br />

Werkzeugentwicklung von Guss- und Spritzgussprodukten<br />

auch die gießtechnische Simulation der Herstellungsprozesse<br />

sowie die Beschaffung von Prototypen an.<br />

Seit 2004 ist als weiteres Geschäftsfeld die IT-Service Dienstleistung<br />

im Portfolio der PMD. Sechs Mitarbeiter sind in den<br />

Fachgebieten IT-Consulting, Networking, Security, Kommunikation<br />

und Virtualisierung an den Standorten in Mittelhessen<br />

und dem angrenzenden Wittgensteiner Land tätig. Zusammen<br />

mit PMD hat sich Huppert Engineering als erfahrener<br />

Kommunikator, Berater und Realisierer für Hersteller<br />

und Zulieferer in der globalen Automobilindustrie etabliert.<br />

Kontakt<br />

Huppert Engineering GmbH & Co. KG<br />

Gladenbacher Straße 44<br />

35232 Dautphetal<br />

www.huppeng.com<br />

PMD GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Straße 91<br />

35315 Homberg/Ohm<br />

www.pm-d.de


Die Fleischereimaschinen von K+G Wetter werden rund um den Globus eingesetzt.<br />

902 · 91 3<br />

K+G Wetter GmbH<br />

HIGH-END-PRODUKTE<br />

AUS LEIDENSCHAFT<br />

Erfolg mit eingebaut – diesen Slogan hat sich die<br />

K+G Wetter GmbH nicht von ungefähr auf die<br />

Fahnen geschrieben. Denn der grundsolide Mittelständler<br />

mit Sitz in Breidenstein kann beim Bau<br />

seiner Fleischereimaschinen auf eine langjährige Erfahrung<br />

zurückblicken. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert agiert<br />

das Unternehmen, das mittlerweile in zweiter Familiengeneration<br />

geführt wird, auf dem Markt. Seine Anfänge reichen<br />

jedoch noch viel länger zurück und setzen die erfolgreiche<br />

Maschinenbautradition, für die das Hinterland steht,<br />

konsequent fort.<br />

„Wir zeichnen uns dadurch aus, dass wir qualitativ absolut<br />

hochwertige Maschinen herstellen – unser Anspruch ist es,<br />

unseren Kunden High-end anzubieten“, verdeutlicht Geschäftsführer<br />

Volker Lauber, der zusammen mit Andreas<br />

Wetter das Unternehmen leitet. Die Firmenphilosophie ist<br />

klar formuliert: „Wir produzieren beste Qualität, damit<br />

unsere Kunden beste Qualität produzieren können“, erklärt<br />

Lauber. Zeugnis dafür sind nicht nur Zertifi zierung und<br />

zahlreiche Auszeichnungen. Denn das goutieren auch die<br />

Kunden. So ist das Unternehmen zu einem der führenden<br />

Anbieter hochwertiger Kutter, Wölfe und Mischer aufgestiegen,<br />

die weltweit exportiert werden – mit Vertriebspartnern<br />

in 60 Ländern. „Es gibt keine Region der Erde, in der keine<br />

Maschine von K+G Wetter zu fi nden wäre. Wir sind da, wo<br />

Wurst ist“, verdeutlicht Lauber.<br />

Um die Qualität zu gewährleisten, braucht es gute Mitarbeiter.<br />

Auch dabei überlässt K+G Wetter nichts dem Zufall:<br />

Konsequent wird Jahr für Jahr das Fachpersonal von<br />

morgen ausgebildet – die Ausbildungsquote von über zehn<br />

Prozent stellt auch in Zeiten des Fachkräftemangels die<br />

Weichen in Richtung Zukunft. Auch hier folgt K+G Wetter<br />

einer klaren Linie: Das Unternehmen ist nur so gut, wie das<br />

Team, das dahinter steht. Startete das Unternehmen bei


Ob ausgefallene Wünsche bei der Konstruktion oder weltweiter<br />

Kundendienst vor Ort, K+G Wetter sieht sich über lange Jahre<br />

als verlässlicher Partner seiner Kunden.<br />

Gründung mit 18 Mitarbeitern, ist deren Zahl auf heute 90<br />

angestiegen – alles spezialisierte Fachkräfte mit ausgeprägtem<br />

Know-how.<br />

Sie sind mit ihrer Leidenschaft und ihrem Können das Herz<br />

des Unternehmens. „Wir haben den kompletten Prozess in<br />

der Hand: Von der Idee über die Entwicklung und Konstruktion<br />

bis hin zur fertigen Maschine fi ndet alles im Unternehmen<br />

statt, um unabhängig und fl exibel agieren zu können“,<br />

sagt Geschäftsführer Andreas Wetter. Hinzu kommen<br />

Qualitätssicherung und – <strong>ganz</strong> wichtig – Service. Ob ausgefallene<br />

Wünsche bei der Konstruktion oder weltweiter<br />

Kundendienst vor Ort, K+G Wetter sieht sich über lange<br />

Jahre als verlässlicher Partner seiner Kunden.<br />

Edelstahl perfekt mit einem hochmodernen Maschinenpark<br />

laser-geschnitten, gebogen, geschweißt und die Oberfl äche je<br />

nach Wunsch durch Schleifen, Bürsten oder Glasperlenstrahlen<br />

in unterschiedlichsten Ausführungen veredelt.<br />

K+G Wetter steht zu dem Standort im hessischen Hinterland.<br />

Die Menschen hier passen zu dem Unternehmensziel,<br />

langfristig ein verlässlicher Partner zu sein.<br />

Die schätzen auch die Innovationskraft des Unternehmens.<br />

Denn der Ansporn von K+G Wetter ist es, Anwenderfreundlichkeit,<br />

Arbeitssicherheit, Hygienestandards und Energieverbrauch<br />

der Maschinen immer weiter zu optimieren. Um<br />

die hohe Qualität seiner Fleischereimaschinen zu erreichen,<br />

setzt der Maschinenbauer auf eine hohe Fertigungstiefe, vertraut<br />

also darauf, viele Teile selbst zu produzieren. Damit<br />

hat K+G Wetter über den gesamten Herstellungsprozess<br />

direkten Einfl uss auf die Qualität und ist weniger von Zulieferern<br />

abhängig.<br />

In der Konsequenz bedeutete dies aktuell für das Unternehmen,<br />

seine eigene Edelstahlfertigung weiter auszubauen und<br />

die Kompetenz in diesem Segment voranzutreiben. K+G<br />

Wetter investierte 2013 in eine neue Halle am Firmensitz in<br />

Breidenstein, die mit einem hochmodernen Maschinenpark<br />

ausgestattet ist. Von dieser Erweiterung der Produktion<br />

können mittlerweile auch externe Hersteller profi tieren: Die<br />

Kapazität der neuen Unternehmenseinheit wurde so bemessen,<br />

dass das spezielle Know-how in der Edelstahlverarbeitung<br />

zur Herstellung von Komponenten für Kunden anderer<br />

Branchen zur Verfügung steht. Diese Kunden können dabei<br />

schon in der Planungsphase von der Expertise der Konstruktionsabteilung<br />

von K+G Wetter profi tieren. Zudem wird der<br />

Stehen für Qualität und Innovationskraft: Die Geschäftsführer der<br />

K+G Wetter, Volker Lauber (links) und Andreas Wetter<br />

Kontakt<br />

K+G Wetter GmbH<br />

Goldbergstraße 21<br />

35216 <strong>Biedenkopf</strong>-Breidenstein<br />

www.kgwetter.de


KATRIN<br />

STORCK-MÜLLER<br />

geb. 1967 in Mainz | verheiratet, zwei Töchter |<br />

nach dem Abitur 1986 an der Martin-Luther-<br />

Schule in <strong>Marburg</strong> Chemiestudium in<br />

Darmstadt | bis 1994 Medizinstudium<br />

in Budapest, Göttingen und<br />

<strong>Marburg</strong> | seit 1993 wieder im<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

lebend, ab 1996 in Wommelshausen |<br />

Fachärztin für Innere Medizin/<br />

Rheumatologie, Zusatzbezeichnung<br />

Radiologie | seit 2005 Ärztliche<br />

Direktorin des Rheumazentrums Mittelhessen<br />

| seit 2013 alleinige Geschäftsführerin<br />

des Rheumazentrums Mittelhessen in Bad<br />

Endbach<br />

92 · 93<br />

Katrin Storck-Müller<br />

DAS LANDLEBEN<br />

BIETET SOZIALE NÄHE<br />

Da wo ich herkomm’ wohnen 1.000 Menschen,<br />

im Ort daneben schon zweimal soviel...“ begleitet<br />

Max Giesinger aus dem Radio meinen Weg.<br />

Ich biege um die letzte Kurve und bewundere<br />

jedes Mal aufs Neue das harmonisch um die Kirche angeordnete<br />

Dorf.<br />

Ich lebe gerne hier in Wommelshausen. Genieße soziale Nähe,<br />

Innehalten, Zuhören, Nachbarschaft. Ich freue mich,<br />

wenn mir die Drei, die auf der Bank am Ortseingang sitzen,<br />

zuwinken. Kann Stille ertragen, wilde Feste feiern, spontan<br />

spazierengehen und wandern.<br />

Geboren bin ich in Mainz, habe aber ab dem zweiten Lebensjahr<br />

bis zum Abitur in Bad Endbach gelebt und bin nach<br />

abgeschlossener Berufsausbildung wieder zurückgekehrt.<br />

Zugegebenermaßen war mir mit 18 auch alles zu eng im<br />

Dorf, der Drang, anonym zu sein, eine von Vielen, war gewaltig<br />

und ließ sich eilig in die Tat umsetzen. Ich ging nach<br />

Darmstadt und begann, Chemie zu studieren. Doch ich<br />

entdeckte nach einem Jahr, dass die Medizin doch eher<br />

meinem Naturell und meiner Leidenschaft entspricht.<br />

Ich wechselte also mein Studienfach, mein Weg führte mich<br />

über Budapest und Göttingen letztlich zurück nach <strong>Marburg</strong>.<br />

Zu Beginn war mir allerdings noch überhaupt nicht<br />

klar, dass ich die Klinik in Bad Endbach übernehmen würde.<br />

Schnell habe ich jedoch herausgefunden, dass die Innere<br />

Medizin das spannendste Thema für mich ist – und somit<br />

konzentrierte ich mich doch auf die Rheumatologie.<br />

Ich kehrte aber gern und selbstverständlich zurück, in<br />

ge wogene räumliche und soziale Nachbarschaft, wo das<br />

Pflegen lokaler Traditionen und regionale Kulturidentität<br />

groß geschrieben werden, in eine Region, die sich seltsamerweise<br />

das hessische Hinterland nennt.<br />

Mit dem oft zitierten Begriff der „Entschleunigung” verbinde<br />

ich hier wenig. Im Gegenteil: Das Landleben ist impulsiv,<br />

rasant, ein schillernder Kontrapunkt zur sozialen Deprivati-


Alles, was wir machen und was wir können, geben wir an<br />

die Patienten weiter. Dass man durch diese Basisarbeit an<br />

den Menschen keinen wissenschaftlichen Ruhm erlangt, ist<br />

mir nicht wichtig – da mache ich gerne Abstriche. Wichtiger<br />

ist die Empathie für die Menschen, mit einer festen Bezugsperson<br />

über Jahre hinweg. Daher nehme ich mir die Zeit,<br />

<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong> auf die Patienten einzugehen. Denn Rheuma<br />

lässt sich nicht heilen. Bei uns geht es immer um die Verbesserung<br />

der jeweiligen <strong>persönlich</strong>en Lebenssituation. Dafür<br />

setzen wir uns ein.<br />

„Das Landleben ist impulsiv, rasant, ein schillernder<br />

Kontrapunkt zur sozialen Deprivation und digitalen<br />

Gestresstheit der Städte.“<br />

Wir konzentrieren uns auf den Menschen, die Medizin, das<br />

Gesundwerden, die Linderung. Und das in einer Umgebung,<br />

die uns nach Kräften unterstützt. Mit geerdeten Mitarbeitern,<br />

stärkendem Grün und beruhigender Stille.<br />

Geerdet sein ist auch für mich sehr wichtig. Egal, ob beim<br />

Musizieren im Kirchen- und Posaunenschor, beim wöchentlichen<br />

Volleyball oder – im wahrsten Wortsinn – bei der<br />

Gartenarbeit.<br />

Das Eisenbahnviadukt bei Bad Endbach ist ein Wahrzeichen<br />

des Ortes.<br />

on und digitalen Gestresstheit der Städte. So erklärt sich<br />

auch mein wohl kontrazyklisches Handeln und die Entscheidung,<br />

eine komplett neue Fachklinik für Rheumatologie wieder<br />

an diesen Standort im hessischen Hinterland zu bauen.<br />

Und wenn sie in meinem Ort vorbeikommen, wo 1.000 Menschen<br />

wohnen, dann besuchen Sie doch die „Schutzhütte am<br />

Stein“ – und Sie werden sich fühlen wie ein <strong>ganz</strong> besonderer<br />

von 80 Millionen.<br />

Flugplatz Bottenhorn in Bad Endbach<br />

Schon mein Großvater und auch mein Vater haben hier in<br />

Bad Endbach mit Leidenschaft und Begeisterung medizinisch<br />

gewirkt und entscheidend die Entwicklung von Bad Endbach<br />

beeinflusst. Die Bindung an Bad Endbach hat mehr als traditionelle<br />

Gründe. Gewachsene Adaptation und gelebte Akzeptanz<br />

waren mit ausschlaggebend. Die positive Einstellung der<br />

Mitarbeiter ist Motivation und Bindung zugleich.<br />

Auch für unsere Patienten ist der Standort ideal. Die Nähe<br />

der Therme, moderne Energiekonzepte und ein hervorragend<br />

aufgestelltes Netz an Wanderwegen sind eine sinnvollere<br />

Umgebung als Shoppingmöglichkeiten, luxuriöse Flaniermeilen<br />

oder künstlich angelegte Kurparkanlagen. Wer wirklich<br />

Medizin sucht, der ist hier richtig.


LAURA<br />

STULLICH<br />

geb. 1987 in <strong>Marburg</strong> | 2006 Abitur an der<br />

Elisabethschule, anschließend Studium<br />

„International Tourism Management“<br />

an der NHTV Breda | 2003 Vize-Juniorenweltmeisterin<br />

| 2005 vier<br />

Goldmedaillen bei der Junioren-Weltmeisterschaft<br />

im Rhönradturnen |<br />

2011 drei Gold- und eine Silbermedaille<br />

bei den Weltmeister schaften | 2012<br />

Gründung von „Wheel Sensation“ |<br />

2013 zwei Goldmedaillen bei den Weltmeisterschaften<br />

in Chicago<br />

94 · 95<br />

Laura Stullich<br />

MIT DEM RHÖNRAD VON<br />

MARBURG IN DIE WELT<br />

Wenn ich heute an den Grachten in Amsterdam<br />

sitze und all den Trubel um mich herum vergesse,<br />

denke ich gern an meine Heimatstadt<br />

in Hessen. Ich habe meine Kindheit und Jugend<br />

in <strong>Marburg</strong> verbracht, eine intensive Zeit zwischen<br />

Leistungssport, Schule und Freunden. Erst jetzt, nach einigen<br />

Jahren im Ausland und vielen neuen Erfahrungen, wird<br />

mir bewusst, wie sehr ich meiner Heimatstadt dankbar bin<br />

für das, was mir dort alles ermöglicht wurde. Es wurden mir<br />

Chancen geboten, sodass ich meine Persönlichkeit individuell<br />

entwickeln konnte. Neben meinen Eltern und guten<br />

Freunden verbinde ich mit <strong>Marburg</strong> vor allem meine Karriere<br />

als Leistungssportlerin im Rhönrad.<br />

Nach den ersten Jahren im Kinderturnen habe ich im Alter<br />

von sechs Jahren im Turnverein TSV <strong>Marburg</strong> Cappel<br />

begonnen. Dort habe ich meine ersten Gruppen- und Wettkampferfahrungen<br />

gesammelt und viele Grundlagen des<br />

Sports gelernt. Vier Jahre später habe ich zusammen mit<br />

Freundinnen das Rhönradturnen im TSV <strong>Marburg</strong> Ockershausen<br />

entdeckt. Ich war sofort begeistert – nach den ersten<br />

erfolgreichen Wettkämpfen habe ich mich komplett auf den<br />

Leistungssport Rhönradturnen konzentriert. Meine größten<br />

Erfolge in der Jugendklasse waren der Vize-Weltmeister-Titel<br />

in 2003 und vier Goldmedaillen bei der WM in 2005. Nach<br />

dem Abitur an der Elisabethschule habe ich ein Jahr in den<br />

USA in einer Zirkusschule als Trainerin gearbeitet und dort<br />

meine ersten großen Shows gezeigt. Nach einer Wettkampfpause<br />

kam ich 2010 zurück in die Seniorenklasse und konnte<br />

dort 2011 und 2013 insgesamt sechs Mal Gold gewinnen.<br />

Mittlerweile wohne ich in Amsterdam und mein Sport ist zu<br />

meinem Beruf geworden. Zusammen mit meinem Freund<br />

trete ich als Artistin im Rhönrad und der Akrobatik auf.<br />

Unter dem Namen „Wheel Sensation“ stehen wir auf nationalen<br />

und internationalen Bühnen und reisen mit unserem<br />

Rhönrad um die Welt. Ich bin unglaublich glücklich, dass<br />

ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Dies war nicht


Sport hat mir auch die Kraft und die Zuversicht gegeben, in<br />

anderen Situationen zu kämpfen und nicht aufzugeben. Von<br />

den ersten Wettkämpfen in <strong>Marburg</strong> bis zur Weltmeisterschaft<br />

in den USA habe ich gelernt, mit Sieg und Niederlage<br />

umzugehen. Dazu gehört auch der Umgang mit Erwartungsdruck<br />

und Erfolg. Vor allem die Unterstützung durch meine<br />

Vereinskolleginnen und meine Eltern hat mir mental Stärke<br />

und Bodenständigkeit gegeben. Obwohl das Rhönradturnen<br />

eine Einzelsportart ist, war für mich der Verband in der<br />

Gruppe und die Identifizierung mit dem Verein immer<br />

ausschlaggebend. Die tolle Stimmung in der Gruppe, die<br />

Atmosphäre in der Halle beim Training und vor allem das<br />

Gesamterlebnis während Wettkämpfen ist das, was noch<br />

lange in Erinnerung bleibt und die Motivation dafür gibt,<br />

immer wieder hart zu trainieren.<br />

Über die Jahre habe ich gelernt, dass erfolgreich Leistungssport<br />

zu betreiben heißt, für seinen Sport zu brennen – und<br />

eigene Grenzen zu überwinden. So habe ich auch schon nach<br />

nur drei Monaten nach meinem Kreuzbandriss und der Operation<br />

in 2011 in der Uniklinik in <strong>Marburg</strong> wieder drei<br />

Shows täglich auf der Bühne gezeigt und für die nächste<br />

WM trainiert. Dennoch habe ich nach einem weiteren World<br />

Cup in 2014 verkündet, dass ich meine Wettkampfkarriere<br />

beenden werde. Dieser Schritt war sicherlich nicht einfach,<br />

da dies auch meine enge Verbindung mit dem TSV <strong>Marburg</strong><br />

Ockershausen veränderte. Noch heute vermisse ich Wettkämpfe<br />

und Vereinskolleginnen, aber trotzdem bin ich mir<br />

sicher, dass dies ein guter Zeitpunkt war, um etwas Neues<br />

zu beginnen.<br />

selbstverständlich bei einer Randsportart wie dem Rhönradturnen.<br />

Hierfür bin ich meiner Heimatstadt <strong>Marburg</strong> dankbar.<br />

Durch eine hervorragende Unterstützung durch den Verein<br />

und eine Wertschätzung durch die Stadt wurde mir diese<br />

Laufbahn ermöglicht. Angefangen bei Hallenzeiten, der<br />

finanziellen Unterstützung für Wettkämpfe, der Öffentlichkeitsarbeit<br />

durch die Presse bis hin zur Anerkennung durch<br />

Ehrungen und Empfänge durch den ehemaligen Oberbürgermeister<br />

Egon Vaupel. Ich erinnere mich sehr gut an den<br />

Empfang nach meiner ersten WM 2003 in Lillehammer. Mit<br />

dem Bus kamen wir zurück von der langen Reise aus Norwegen,<br />

und als Überraschung gab es einen großen Empfang<br />

im Vereinshaus mit Freunden, Familie, Vereinskollegen,<br />

Presse und Oberbürgermeister. Am nächsten Tag erschien<br />

ein großer Artikel in der Zeitung – und ich realisierte, wie<br />

weit ich bereits gekommen war. Diese Erlebnisse waren es,<br />

die mir neue Energie gaben, um immer weiterzumachen. Der<br />

Ich bin unglaublich froh, dass bis heute das Rhönradturnen,<br />

das ich vor fast 20 Jahren in <strong>Marburg</strong> begonnen habe, noch<br />

immer der Mittelpunkt meines Lebens ist. Durch den Rhönradsport<br />

habe ich meinen Freund und zukünftigen Mann<br />

kennengelernt. Zusammen haben wir unsere eigene Firma<br />

aufgebaut und heute sind wir professionelle Artisten und haben<br />

unser eigenes Trainings- und Unterrichtsstudio in den<br />

Niederlanden.<br />

Ich freue mich immer sehr, wenn wir für unsere Show-Auftritte<br />

in meine hessische Heimat kommen. Oft kombiniere<br />

ich dies mit einem Besuch in <strong>Marburg</strong> bei meinen Eltern und<br />

Freunden. Besonders dann wird mir bewusst, wie schön<br />

meine Heimat ist und all die Erinnerungen an meine Kindheit<br />

und Jugend, den Leistungssport und die Erlebnisse im<br />

Verein sind wieder <strong>ganz</strong> nah.<br />

Da liegt es nicht fern, dass ich die Hochzeit mit meinem<br />

niederländischen Freund in meiner Heimatstadt <strong>Marburg</strong><br />

erleben will. Ich freue mich schon jetzt auf die wunderbare<br />

Atmosphäre in der Oberstadt und den Blick vom Schloss<br />

über die Altstadt und das Lahntal.


SABRIYE<br />

TENBERKEN<br />

geb. 1970 | Als erste Blinde studierte sie Tibetologie und entwickelte dafür eine eigene Blindenschrift<br />

| 1998 gründete sie gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Paul Kronenberg in Lhasa (Tibet)<br />

eine vorbereitende Schule, die Schüler so ausbildet, dass sie sich in weiterführende Regelschulen<br />

selbst integrieren können. Dazu eröffneten sie auf 4000 Meter Höhe eine Trainingsfarm für blinde<br />

Erwachsene | In den Büchern „Mein Weg führt nach<br />

Tibet“ und „Mein Siebtes Jahr“ hat sie diese Projekte<br />

beschrieben | Ihr aktuelles Projekt, das „Kanthari-Institut“<br />

im südindischen Kerala, macht sich die Erfahrungen<br />

in Tibet zunutze und fördert soziale „Veränderer“ aus<br />

der <strong>ganz</strong>en Welt. Mehr unter: www.kanthari.org<br />

96 · 97<br />

Sabriye Tenberken<br />

IN MARBURG HABE ICH<br />

GRUNDVERTRAUEN GEFUNDEN<br />

Mein Umzug von Bonn nach <strong>Marburg</strong> war die<br />

Folge einer wichtigen Erkenntnis. Ich würde<br />

mit Sicherheit vollkommen erblinden und<br />

darum musste ich mein Leben neu sortieren.<br />

Wenn ein Kind zum ersten Mal mit dem Wort „blind“ konfrontiert<br />

wird, dann zeigt es zunächst Unverständnis. Die<br />

erste typische Reaktion, es schließt die Augen. Es wird<br />

dunkel. Ich hatte Angst vor der Dunkelheit. Ein Leben im<br />

Dunkeln konnte ich mir nicht vorstellen.<br />

Als ich von meinen sehenden Klassenkameraden in der<br />

dritten Klasse etwas unsanft auf mein schlechter werdendes<br />

Sehvermögen aufmerksam gemacht wurde, sie nannten mich<br />

„Blindschleiche“ und „blinde Kuh“, da wurde mir klar, dass<br />

sich etwas Entscheidendes in meinem Leben ändern würde.<br />

Und ich wusste, dass ich auf keinen Fall blind sein wollte.<br />

Denn schlimmer als die Angst vor einem Leben im Dunkeln<br />

ist die Angst davor, isoliert zu sein, keine Freunde zu haben,<br />

irgendwann alleine dazustehen. Die Isolation traf ein, sie<br />

überrollte mich recht plötzlich. Dunkel wurde es allerdings<br />

nie. Obwohl ich nicht einmal mehr Hell und Dunkel unterscheiden<br />

kann, ist die Welt um mich heller und farbreicher<br />

geworden. Ich kann sie mir ausmalen wie ich will.<br />

Mit zwölf Jahren entschloss ich mich, einen Integrationsversuch<br />

in einer Regelschule abzubrechen und auf das <strong>Marburg</strong>er<br />

Gymnasium für Blinde und Sehbehinderte, die Blista, zu<br />

wechseln. Für mich war das ein Glücksfall. Die Schule war<br />

für mich Schutzraum und Sprungbrett zugleich. Ich bin heute<br />

in der Lage, mein Leben in die Hand zu nehmen, eben<br />

weil ich in <strong>Marburg</strong> entsprechend gefördert wurde.<br />

Ich kann sagen, dass der Beginn meines sehr abwechslungsreichen<br />

Lebens die Zeit in <strong>Marburg</strong> war. Obwohl die Stadt<br />

nur für neun Jahre mein Zuhause war, ist mir ein Abschied<br />

von einem Ort nie wieder so schwer gefallen. Ich kann mich<br />

noch gut daran erinnern, wie ich nach der Abiturfete im<br />

Sommer 1992 die Koffer packte, im Wissen, dass einer mei-


Die sogenannten „Heiligen Eichen“ bei Rauschenberg<br />

ner schönsten und sorglosesten Lebensabschnitte an diesem<br />

Punkt zu Ende gehen musste. Alles war mir in dieser Stadt<br />

unendlich vertraut. Jede Stufe in der Oberstadt, das Ampelpiepsen,<br />

die singende und immer gut gelaunte Frau Muth<br />

und der, besonders morgens, nicht enden wollende Schlagberg,<br />

hoch zum Blista-Gebäude. Wenn ich später durch<br />

Journalisten auf meine Zeit in <strong>Marburg</strong> angesprochen<br />

wurde, kam oft die Frage, ob nicht das Leben in einer solch<br />

beschaulichen Umgebung auf einen jungen Menschen eher<br />

einlullend wirken könnte?<br />

„In der Tat war <strong>Marburg</strong> für mich, wie für viele<br />

andere Schulabgänger, eine Komfort-Zone, die<br />

man nicht so ohne Weiteres hinter sich lassen<br />

konnte oder wollte.“<br />

In der Tat war <strong>Marburg</strong> für mich, wie für viele andere Schulabgänger,<br />

eine Komfort-Zone, die man nicht so ohne Weiteres<br />

hinter sich lassen konnte oder wollte. Allerdings hat mir<br />

die nicht bedrohliche Atmosphäre der Kleinstadt auch ein<br />

Grundvertrauen mitgegeben. Waren es damals die nächtlichen<br />

Streifzüge durch das Südviertel, reise ich heute alleine<br />

ohne Angst durch Delhi, Mumbai oder Peking. Glücklicherweise<br />

hatte ich auch fantastische Lehrer, die mich darauf vorbereiteten,<br />

das Leben angstfrei anzunehmen. Durch Wildwasser-Training<br />

auf der Lahn, Abfahrtski in Südtirol, Voltigieren<br />

in Wehrda. Durch die Ermutigung, sich politisch zu<br />

engagieren, Neues auszuprobieren, Risiken als Abenteuer anzunehmen,<br />

habe ich gelernt, auf die Nase zu fallen, Fehler<br />

machen zu dürfen, etwas wieder neu zu beginnen.<br />

Kurz vor dem Eintritt in die Oberstufe konfrontierte uns<br />

der Ethik-Lehrer mit der Frage: „Gibt es ein Leben nach<br />

dem Abitur?“ Ich weiß noch, dass wir etwas ärgerlich reagierten.<br />

Wir hatten uns in der Komfort-Zone der Schule


gut eingerichtet und wollten nicht wirklich an das Leben<br />

da draußen denken. Seine Anweisungen waren klar. Wir<br />

sollten nicht direkt an Berufe denken, nicht an Dinge, die<br />

wir besonders gut können. Nur daran, was wir wirklich<br />

wollten.<br />

Ich wollte ins Ausland, schreiben, Abenteuer erleben und etwas<br />

Sinnvolles tun. „Das klingt nach Entwicklungshilfe“,<br />

meinte mein Lehrer – aber Entwicklungshilfeorganisationen<br />

konnten sich nicht vorstellen, dass ich als Blinde für sie<br />

arbeite. Also musste ich einen eigenen Weg finden. Eine<br />

Riesenchance. Ist es denn nicht viel spannender, nicht ausgetretene<br />

Wege zu gehen? Und Tibet schien als Abenteuer<br />

genau richtig.<br />

Mein Wunsch Tibetologie zu studieren, um in Tibet ein<br />

soziales Projekt auf die Beine zu stellen, wurde von Lehrern<br />

unterstützt. Um die tibetische Schrift erlernen zu können,<br />

bekam ich sogar Spezialunterricht im Optacon-Lesen. Das<br />

„Ich habe nun keinen Koffer mehr in <strong>Marburg</strong>, aber ich<br />

werde dieser Stadt und besonders meiner Schule für<br />

den Start in mein Leben immer dankbar sein.“<br />

Optacon besteht aus einer Kamera, die gedruckte Schrift<br />

durch kleine hoch und runter schnellende Nadeln auf den<br />

Zeigefinger der linken Hand projiziert. Dieses Gerät ermöglichte<br />

später das Studium der Zentralasien-Wissenschaft mit<br />

Schwerpunkt Tibetologie.<br />

Ich habe nun keinen Koffer mehr in <strong>Marburg</strong>, aber ich werde<br />

dieser Stadt und besonders meiner Schule für den Start in<br />

mein Leben immer dankbar sein. So dankbar, dass ich in<br />

meinem jüngsten Buch „Die Traumwerkstatt von Kerala –<br />

die Welt verändern, das kann man lernen“ <strong>Marburg</strong> ein<br />

<strong>ganz</strong>es Kapitel gewidmet habe.<br />

98 · 99<br />

Sabriye Tenberken mit einigen ihrer Schüler in Lhasa beim Training


SCK<br />

SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH<br />

EXZELLENZ, PROFESSIONALITÄT<br />

UND BEGEISTERUNGSFÄHIGKEIT<br />

Wenn der erste Airbus A320 an der neuen<br />

Endmontagelinie in Hamburg-Finkenwerder<br />

zusammengesetzt wird, kann die SCK aus<br />

<strong>Biedenkopf</strong> einen weiteren erfolgreichen<br />

Auftrag für sich verbuchen. „Wir sind sehr stolz darauf, dass<br />

wir für Airbus die Arbeitsplattformen der neuen A320-Linie<br />

konstruieren“, sagt Gernot Schneider, der zusammen mit<br />

Kay Bernhardt die SCK-Unternehmensgruppe führt. Neben<br />

dem Sitz in <strong>Biedenkopf</strong> unterhält SCK einen weiteren<br />

Standort im rheinland-pfälzischen Wissen sowie im indischen<br />

Pune.<br />

Der international tätige Ingenieurdienstleister für die Flugzeugindustrie<br />

gehört zu den führenden Unternehmen in dieser<br />

Branche und hat sich im Bereich Luftfahrt Interior/Exterior,<br />

insbesondere für die Konstruktion von Flugzeug-Bordküchen,<br />

Arbeitsplattformen für die Flugzeugendmontage sowie Vorrichtungen<br />

zur Montage von Flugzeugbauteilen einen Namen<br />

gemacht. Airbus, Boeing, Lufthansa – das sind nur drei<br />

Namen aus einer langen Liste an Endkunden, die von den<br />

Konstruktionen von SCK profi tieren. „Wir sind zum Beispiel<br />

auch für Modell- und Formenbauer oder Unternehmen aus<br />

der Industrietechnik tätig“, ergänzt Schneider. SCK ist in der<br />

Lage, nahezu jedes aus Metallen oder Kunststoffen urgeformte<br />

Produkt oder Bauelement komplett von der Idee bis zur<br />

Serienreife zu entwickeln.<br />

„Für die komplette Problemlösung habe ich SCK“, ist ein oft<br />

gehörter Satz unter den Kunden, die speziell die über 25-jährige<br />

Erfahrung der SCK-Experten schätzen: vom Design,<br />

Stress, Tool und Manufacturing Engineering über die Material-<br />

und Prozessentwicklung bis hin zur Qualitätsprüfung.<br />

„Mehr Nutzen für den Kunden – das ist unser Anspruch“,<br />

bringt es Schneider auf den Punkt. So begleitet SCK seine<br />

Kunden von der ersten Idee über die Entwicklung und Konstruktion<br />

bis zum Prototypenbau und der Produktion. Oder<br />

die Kunden nutzen die SCK-Expertise für konkrete Herausforderungen<br />

auf diesem Weg. Dabei setzt SCK auf modernste<br />

3D-CAD-Technologie. Doch neben der technischen Exzellenz<br />

und Professionalität zeichnen sich die Luftfahrt-Profi s aus<br />

<strong>Biedenkopf</strong> insbesondere durch eines aus: Begeisterungsfähigkeit.<br />

Denn erst damit wird aus einer Produktvision Realität.<br />

Die beiden Firmeninhaber und Geschäftsführer:<br />

Kay Bernhardt (links) und Gernot Schneider (rechts)<br />

„Für die komplette Problemlösung habe ich<br />

SCK“, ist ein oft gehörter Satz unter den Kunden,<br />

die speziell die über 25-jährige Erfahrung der<br />

SCK-Experten schätzen: vom Design, Stress,<br />

Tool und Manufacturing Engineering über die<br />

Material- und Prozessentwicklung bis hin zur<br />

Qualitätsprüfung.<br />

Kontakt<br />

SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH<br />

Im Feldchen 3<br />

35216 <strong>Biedenkopf</strong><br />

www.sck.de


100 1 · 101 2<br />

KRUG Gruppe Breidenbach<br />

KRUG-PRODUKTE SIND<br />

IMMER DABEI<br />

Man kann sie zwar nicht immer auf den<br />

ersten Blick sehen, aber die Produkte der<br />

KRUG Gruppe sind fester Bestandteil unseres<br />

täglichen Lebens. Oder anders gesagt –<br />

jeder hat ein Stück KRUG zu Hause. Beispiele gefällig?<br />

Hier eine (wirklich sehr) kleine Auswahl: Zargen und<br />

Lüfterhauben für fast alle großen Automarken. Mülltrennsysteme,<br />

Schubladen und sogar Grillbesteck. Armund<br />

Rückenlehnen für Stühle. Spannungsschutzelemente,<br />

Lichtschalter sowie Zubehörteile für Heizungsanlagen.<br />

Mit den beiden Geschäftsbereichen Formenbau und<br />

Kunststofftechnik ist die KRUG Gruppe der Spezialist<br />

für komplexe Bauteile sowie Druckguss- und Spritzgussformen<br />

für die unterschiedlichsten Anwendungen in den<br />

Branchen Automotive, Haushalt und Elektro.<br />

Serienfertigung und Werkzeugbau sind bei der KRUG Gruppe<br />

unter einem Dach vereint. KRUG Formenbau liefert Lösungen<br />

für komplexe Druckguss - und Spritzgussformen und ist der<br />

richtige Partner, wenn es um die Herstellung hochwertiger<br />

Werkzeuge geht. Gefertigt werden die unterschiedlichsten<br />

Aluminium -, Magnesium- und Kunststofferzeugnisse im<br />

kompletten Prozess – also von der Konstruktion über das<br />

Engineering bis hin zur Fertigung der Werkzeuge. Modernste<br />

Anlagen wie 5 -Achs- Simultanzentren inklusive<br />

Werkstückwechslern liefern hochpräzise Ergebnisse. Die<br />

Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9001, ISO 14001,<br />

ISO 50001 und TS 16949 garantieren messbare Qualität.<br />

KRUG Kunststofftechnik bietet Lösungen für komplexe<br />

Bauteile. Mit fundiertem Know- how wird der gesamte Realisierungsvorgang<br />

von der Konzeption über das Prototyping<br />

und den Formenbau bis hin zur Serienproduktion<br />

und der bedarfsgerechten Lieferung zuverlässig abgedeckt.<br />

Ob MuCell ® -, Hybrid- oder GID- Verfahren, ob Großserienfertigung,<br />

mittlere Stückzahl oder Reproduzierbarkeit


in Kleinserie – auf modernen Maschinen und Anlagen<br />

wird im Schließkraftbereich von 250 kN bis hin zu<br />

13.000 kN Zuhaltekraft gefertigt.<br />

Den Grundstein für den heutigen Erfolg legte Kurt Krug.<br />

1980 gründete er mit sieben Mitarbeitern KRUG Formenbau.<br />

Das Unternehmen expandierte kontinuierlich –<br />

bereits 1990 wurde ein neues Gebäude mit über 2.800 qm<br />

Produktionsfläche gebaut. 1994 ist das Gründungsjahr<br />

der KRUG Kunststofftechnik und die Geburtsstunde der<br />

KRUG Gruppe, so wie sie heute besteht. Auch die nächsten<br />

Jahre standen und stehen bis heute im Zeichen von<br />

Wachstum – erst 2016 wurde ein neues Werk in Meerane<br />

in Betrieb genommen.<br />

Herausforderungen im Formenbau und<br />

in der Kunststofftechnik – kompetent gelöst.<br />

Das inhabergeführte Familien unternehmen – heute leiten<br />

die Söhne des Unternehmensgründers Thomas und Jochen<br />

die KRUG Gruppe – beschäftigt mittlerweile über 200<br />

Mitarbeiter. Zum Erfolg beigetragen haben nicht nur die<br />

qualitativ hochwertigen Produkte und die umfangreichen<br />

Service-Leistungen, sondern auch die Haltung des Unternehmens,<br />

die vom gesamten Team mitgetragen wird. Sie<br />

ist geprägt von Ehrgeiz, Sicherheit, Innovation und Nachhaltigkeit.<br />

Klingt theoretisch? Ist es nicht: Kunden und<br />

Partner können sicher sein, sich immer auf die Qualität<br />

der Erzeugnisse und Dienstleistungen verlassen zu können.<br />

Ehrgeizig wird an neuen Produkten gearbeitet, um<br />

die individuellen Bedürfnisse zu erfüllen und den unterschiedlichen<br />

Anforderungen gerecht zu werden. Bei der<br />

KRUG Gruppe denkt man immer ein Stück weiter und<br />

sucht innovativ nach neuen Lösungen. So gelingt es, nachhaltig<br />

zu wirtschaften und einen langfristigen Planungshorizont<br />

aufzubauen.<br />

Um auch in Zukunft beste Lösungen bieten zu können,<br />

investiert die KRUG Gruppe kontinuierlich in die Weiterentwicklung<br />

von Technik und Technologie und legt besonderen<br />

Wert auf die Aus- und Weiterbildung. Das schafft erfolgversprechende<br />

Perspektiven – für das Unternehmen, für die<br />

Mitarbeiter und die Kunden gleichermaßen.<br />

Kontakt<br />

KRUG Gruppe<br />

Schlosserstraße 3<br />

35236 Breidenbach, Germany<br />

www.krug-breidenbach.de


Die frühzeitige Diagnose<br />

von Rheuma kann den zerstörerischen<br />

Verlauf der<br />

Erkrankung abwenden.<br />

Dafür verfügt das Rheumazentrum<br />

Mittelhessen über<br />

modernste diagnostische<br />

Einrichtungen.<br />

102 · 103 3<br />

Rheumazentrum Mittelhessen GmbH & Co. KG<br />

DIE RUNDUM-KOMPETENZ<br />

FÜR EIN LEBEN IN BEWEGUNG<br />

Wenn entzündete Gelenke schmerzen und alltägliche<br />

Dinge schwerfallen, dann ist schnelle<br />

und umfassende Hilfe gefragt. Rheuma<br />

schränkt nicht nur die Bewegungsfreiheit<br />

ein, es droht die Erwerbsunfähigkeit bis hin zur vollen<br />

Pfl egebedürftigkeit. Das Rheumazentrum Mittelhessen in<br />

Bad Endbach hat durch seine Kompetenz und jahrelange<br />

Erfahrung überregionale Bedeutung für die Diagnose und<br />

Therapie von rheumatologischen und orthopädischen Erkrankungen<br />

erlangt, denn es vereint vier Einrichtungen an<br />

einem Standort: Akut- und Rehabilitationsklinik, zwei rheumatologische<br />

Schwerpunktpraxen und eine therapeutische<br />

Ambulanz. „Die umfassenden Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten,<br />

die wir anbieten können, werden insbesondere<br />

von chronisch erkrankten Patienten sehr geschätzt“, sagt<br />

Katrin Storck-Müller, Ärztliche Direktorin des Rheumazentrums<br />

Mittelhessen. Ihr größtes Anliegen ist die frühe<br />

und möglichst exakte Diagnostik. „Ein potenziell zerstöre-<br />

rischer Verlauf kann durch eine frühzeitige Therapie verhindert<br />

werden“, erläutert Storck-Müller.<br />

Die Ambulanz des Rheumazentrums ist auf die Diagnose<br />

und Behandlung von entzündlich-rheumatischen Krankheitsbildern<br />

spezialisiert und gliedert sich in zwei Schwerpunktpraxen<br />

und einen therapeutischen Bereich auf. Der<br />

Akutklinikbereich des Rheumazentrums führt als einzige<br />

stationäre Fachabteilung des Zentrums die Innere Medizin<br />

mit Schwerpunkt Rheumatologie. Patienten werden bei<br />

einem Krankheitsschub oder Komplikationen sofort und zu<br />

jeder Tageszeit aufgenommen. Die Rheumatologen aus der<br />

Fachabteilung Innere Medizin können die notwendigen therapeutischen<br />

Maßnahmen sofort und kompetent einleiten.<br />

„Die überwiegende Zahl der Patienten profi tiert von einer<br />

akut-stationären Versorgung besonders hinsichtlich der Reduzierung<br />

der Krankheitsaktivität mit Schmerzminderung,<br />

Funktionsverbesserung und Abwendung von Krankheits-


komplikationen“, erklärt Storck-Müller – ein Effekt, der<br />

über Monate, ja sogar Jahre anhalten kann. Das bedeutet<br />

für viele Patienten, dass sie ihren Beruf weiterhin ausüben<br />

können, eine drohende Behinderung oder gar den Verlust der<br />

Selbstversorgung abwenden konnten. Auf diese Weise werden<br />

auch Folgekosten für Patienten und die Solidargemeinschaft<br />

vermieden. Auf Krankenkassen kommen weniger<br />

Wiederaufnahmen zu und die Kosten für Medikamente<br />

werden reduziert.<br />

Auch wenn eine Rheumaerkrankung sehr individuell<br />

verläuft und sich daher kaum vorhersagen lässt, ist ihren<br />

Erscheinungsformen eines gemeinsam: Sie lassen sich nur<br />

selten spontan ausheilen. Es bedarf einer dauerhaften Behandlung,<br />

zumal die Betroffenen häufi g eine fortschreitende<br />

Verschlechterung ihres Zustands erleben. Sie sind daher gezwungen,<br />

über viele Jahre mit der Krankheit zu leben. Daher<br />

misst das Rheumazentrum Mittelessen auch der Nachsorge<br />

im Rehabilitationsbereich sowie der Patientenaufklärung<br />

eine große Bedeutung bei. „Wir wollen die Selbstwirksamkeit<br />

und Eigenverantwortung des Patienten verbessern und<br />

damit auch seine Motivation und Mitarbeit in der Therapie“,<br />

erklärt Storck-Müller.<br />

Da die Ursachen derartiger Krankheitsbilder nur selten bekannt<br />

sind, können sie in der Regel nicht aufgrund eines<br />

einzigen Krankheitsmerkmals unterschieden werden. Eine<br />

gezielte Diagnose ist nur auf Grundlage einer Kombination<br />

von klinischen, röntgenologischen, labormedizinischen und<br />

anderen Merkmalen möglich. Hierfür hat das Rheumazentrum<br />

in den vergangenen zehn Jahren verschiedenste<br />

Investitionen in die Standardisierung der diagnostischen<br />

Einrichtung getätigt und das Ärzteteam auf Facharztniveau<br />

Kompetente Hilfe bei allen Erscheinungsformen des Rheumas –<br />

das verspricht das Rheumazentrum Mittelhessen.<br />

erweitert. Um auch zukünftig den Anforderungen an eine<br />

umfassende Diagnostik und Therapie gerecht zu werden,<br />

entsteht ein fünfgeschossiger Ersatzneubau in direkter<br />

Nachbarschaft des Zentrums, um ambulante Ablaufstrukturen<br />

für Patienten und die 170 Mitarbeiter zu optimieren<br />

und den technischen sowie energietechnischen Standard zu<br />

erhöhen. Während des Baus bietet das Zentrum weiterhin<br />

sämtliche Dienstleistungen vollumfänglich an. Nach Inbetriebnahme<br />

des Neubaus werden sechs Gebäudeteile des<br />

Altbaus abgerissen und die frei werdende Fläche in eine<br />

neue Außenanlage umgewandelt. So stellt das Rheumazentrum<br />

Mittelhessen sicher, dass es seinen Patienten auch<br />

in Zukunft die gefragte Rundum-Kompetenz zur Verfügung<br />

stellt.<br />

Kontakt<br />

Rheumazentrum Mittelhessen GmbH & Co. KG<br />

Sebastian-Kneipp-Straße 36<br />

35080 Bad Endbach<br />

www.rzmh.de<br />

Das Rheumazentrum Mittelhessen vereint vier Einrichtungen an einem Standort und hat sich<br />

damit über die Region hinaus als Kompetenzzentrum für die Diagnose und Therapie von<br />

Rheumaerkrankungen etabliert.


EGON<br />

VAUPEL<br />

geb. 1950 in Schlierbach | 1966 Mittlere<br />

Reife | 1969 Ausbildung zum Großhandelskaufmann<br />

| 1972 Refa-Studium |<br />

1975 hessische Finanzverwaltung<br />

| 1997 Wahl zum Bürgermeister<br />

in <strong>Marburg</strong> | 2005 bis<br />

2015 Oberbürgermeister in<br />

<strong>Marburg</strong><br />

104 · 105<br />

Egon Vaupel, Oberbürgermeister a. D.<br />

VERTRAUEN<br />

IST BASIS DES ZU-<br />

SAMMENLEBENS<br />

Ich hatte unglaubliches Glück: nach dem Krieg genau<br />

auf dieser Scholle geboren zu sein. All das, was das Leben<br />

mir gegeben hat, habe ich zum größten Teil den<br />

Menschen im <strong>Landkreis</strong> zu verdanken. Zunächst natürlich<br />

meinen Eltern: Meine Mutter kam aus Günterod,<br />

mein Vater aus Schlierbach. Sie haben mir Nestwärme und<br />

Vertrauen gegeben, sodass ich wachsen konnte und auch für<br />

die Unbillen des Lebens gewappnet war. Ich wurde in einem<br />

großen Gemeinschaftsgedanken erzogen: Wir Menschen<br />

sind nur zusammen stark. Und nur zusammen können wir<br />

Großes leisten.<br />

Meine Ausbildung absolvierte ich in Hartenrod beim ehemaligen<br />

Auto- und Süßwarengroßhändler Krailing. Daher rührt<br />

auch heute noch meine Liebe zu Gelee-Bananen und schnellen<br />

Autos. Schon während der Ausbildung lernte ich, dass es vor<br />

allem um eines im Leben geht: um Vertrauen. Wichtig ist<br />

nicht, dem Kunden einmal ein Auto zu verkaufen, sondern ihn<br />

für die Zukunft zu gewinnen. Und das geht nur mit Vertrauen.<br />

Aufgewachsen bin ich in den 50ern. Meine kindliche Sicht<br />

war damals aufs Hinterland beschränkt, gefüllt mit Informationen<br />

aus Deutschland. So bekam ich natürlich mit, dass<br />

Kriegsflüchtlinge nach Deutschland kamen. Doch war die<br />

Informationsdichte natürlich eine andere als heute. Von<br />

Gleichstellungspolitik hatte ich noch nie gehört. Meine<br />

Mutter hat aber schon damals versucht, meine Schwester sowie<br />

mich und meinen Bruder gemeinsam für die Hausarbeit<br />

einzuteilen. Das sonntägliche Mittagessen war nach dem<br />

Kirchgang ein kleines Fest – nicht, weil wir viel auf dem<br />

Tisch hatten, sondern weil die Familie gelebt wurde, <strong>ganz</strong><br />

ohne den Druck von Schule oder Arbeit. Wir Kinder hatten<br />

drei Aufgaben: den Tisch zu decken, den Tisch abzuräumen<br />

– und zu spülen. Da ich spülen gehasst habe, meldete ich<br />

mich immer schnell zum Tischdecken. Ich habe also für fünf<br />

Personen gedeckt. Doch meine Mutter hat jeden Sonntag darauf<br />

bestanden, ein sechstes Gedeck aufzulegen: Es könnte<br />

ja noch jemand kommen.


Blick aus der Gemeinde Ebsdorfergrund vom herbstlichen Frauenberg bei <strong>Marburg</strong><br />

Mutter musste sich bestimmt am Ende des Monats oft überlegen,<br />

wie sie noch ein Sonntagsmahl hinbekommen könnte,<br />

denn wir waren materiell nicht reich. So haben wir Brennnessel<br />

gesammelt, um Spinat zu machen oder Sauerampfer<br />

für einen Salat. Aber für meine Mutter war immer klar:<br />

Wenn noch jemand kommt, dann bekommt er bei uns eine<br />

Heimat und ein Essen. Daher wundert es mich sehr, dass es<br />

heute Menschen gibt, die das gleiche Glück hatten wie ich –<br />

nämlich in der Vorstufe des Paradieses groß zu werden –<br />

nun aber Menschen, die aus Elend und Leid und ohne Zukunftsperspektive<br />

zu uns kommen, keinen Platz anbieten<br />

wollen. Zum Glück sind die Menschen in unserem <strong>Landkreis</strong><br />

anders. Es geht ihnen gut. Und daran lassen sie andere<br />

teilhaben. Vor diesem Hintergrund tut es mir leid, dass viele<br />

Menschen das Vertrauen in die große Politik verloren haben<br />

und somit Leute erstarken, die Rattenfänger sind. Jeder<br />

muss sich vor Augen führen: Wenn diese Rattenfänger die<br />

Mehrheit sind, dann wird es so sein, wie Martin Niemöller<br />

gesagt haben soll: „Als die Nazis die Kommunisten holten,<br />

habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie<br />

die Sozial demokraten einsperrten, habe ich geschwiegen;<br />

ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter<br />

holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.<br />

Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren<br />

konnte.“<br />

Diese Botschaft ist mir wichtig: Wir werden nicht glücklich<br />

leben können, wenn wir keine Offenheit zeigen. Ich wurde<br />

christlich erzogen und habe immer verstanden, dass Christentum<br />

Nächstenliebe bedeutet. Daher muss es für uns ein<br />

Ansporn sein, die Menschen, die zu uns kommen, zu integ-<br />

„Aber für meine Mutter war immer klar: Wenn<br />

noch jemand kommt, dann bekommt er bei uns<br />

eine Heimat und ein Essen.“


ieren. Und zwar ohne von ihnen zu verlangen, dass sie ihre<br />

Identität und Kultur verleugnen.<br />

Vieles von dem, was mir in meinem späteren Leben geholfen<br />

hat, habe ich auch von meinem Großvater gelernt. Er hat mir<br />

verdeutlicht, dass ich nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten<br />

habe. Großvater war Bergmann. Für ihn war klar: Wenn<br />

man unter Tage fährt, braucht man Kumpel neben sich –<br />

also in Freundschaft verbundene Kollegen. Er hat mir verdeutlicht,<br />

dass eine unserer Hauptaufgaben Gerechtigkeit<br />

ist. Um das zu erreichen, müssen wir solidarisch füreinander<br />

kämpfen. Unsere edelste Aufgabe ist nicht, den Starken hinterherzulaufen,<br />

sondern für die Schwachen zu kämpfen. Er<br />

hat auch den Grundstein für meine Verbundenheit und Verrücktheit<br />

zu Schalke 04 gelegt. Eigentlich fand ich den HSV<br />

toll, doch mein Großvater hat gesagt: Wir sind Arbeiter, wir<br />

gehen zu einem Arbeiterverein.<br />

106 · 107<br />

Lange Zeit war ich im Hinterland fest verwurzelt, bis mich<br />

die Liebe 1972 nach <strong>Marburg</strong> zog, den lebenswertesten Ort,<br />

den ich je kennengelernt habe. Ich habe viele schöne Urlaubsorte<br />

gesehen und auch einige Städte in Deutschland bereist.<br />

Aber <strong>Marburg</strong> ist außergewöhnlich – vor allem durch die<br />

Menschen, die hier leben. Es herrscht ein großes Gemeinschaftsgefühl.<br />

Dies war im Endeffekt auch die Grundlage des<br />

Erfolgs, den ich 20 Jahre lang im politischen Leben hatte.<br />

Für das Erreichte bin ich dankbar und betone: Es war der<br />

Erfolg der Gemeinschaft, die im <strong>Landkreis</strong> gelebt wird.<br />

„Diese Botschaft ist mir wichtig: Wir werden<br />

nicht glücklich leben können, wenn wir keine<br />

Offenheit zeigen. Ich wurde christlich erzogen<br />

und habe immer verstanden, dass Christentum<br />

Nächstenliebe bedeutet. Daher muss es für uns<br />

ein Ansporn sein, die Menschen, die zu uns<br />

kommen, zu integrieren.“<br />

Die Elisabethkirche in <strong>Marburg</strong> ist die älteste gotische Hallenkirche<br />

Deutschlands.


Werner Preis GmbH<br />

HANDWERKLICHES KÖNNEN<br />

UND MODERNSTE TECHNIK<br />

Wenn im Gewerbegebiet Stadtallendorf-<br />

Niederklein an einem sonnigen Mai-Sonntag<br />

die Parkplätze knapp werden, dann hat die<br />

Werner Preis GmbH zum traditionellen<br />

Frühjahrsfest geladen. Rund 2.000 Besucher strömen auf<br />

das Gelände des Fenster- und Türspezialisten. „Für unsere<br />

Mitarbeiter ist dies alle zwei Jahre ein absolutes Highlight“,<br />

erklärt Geschäftsführer Thomas Preis, „denn so erfahren<br />

wir, was sowohl unseren Kunden als auch unseren Geschäftspartnern<br />

unter den Nägeln brennt.“ Neben Themen<br />

wie Energiekosten oder Einbruchsicherung geht es auch um<br />

die individuelle Gestaltung von Fenstern und Haustüren.<br />

Daher legt Preis mit seinen über 60 Mitarbeitern viel Wert<br />

auf die Kundenberatung – auch vor Ort, um für jede Bausituation<br />

genau die passende Lösung zu fi nden. Diese Kundenorientierung<br />

hat dem Traditionsunternehmen bereits<br />

zwei Nominierungen für den Großen Preis des Mittelstands<br />

eingebracht.<br />

Alles Gute hat seinen Preis.<br />

Die Zeiten, in denen ein Fenster<br />

aus einem Holzrahmen mit Glas bestand,<br />

sind lange vorbei. Moderne<br />

Fenstersysteme entsprechen nicht<br />

nur den hohen Anforderungen an<br />

Schall-, Wärme-, und Einbruchschutz,<br />

sie bilden auch eine harmonische<br />

Verbindung mit der Fassade.<br />

Preis setzt bereits seit 2002 auf die<br />

Profi lsysteme von Gealan. „Die farbige<br />

Acrylschicht ist doppelt so hart Geschäftsführer Thomas Preis<br />

wie die PVC-Oberfl äche“, erklärt<br />

Thomas Preis. „Das bedeutet eine<br />

hohe Kratzfestigkeit und eine lange Lebensdauer für Fenster<br />

und Türen.“ Als zertifi zierter IQ-Partner von Gealan<br />

hat sich die Werner Preis GmbH auch der Wiederverwertung<br />

alter Kunststofffenster und bei der Produktion anfallender<br />

Profi lreste verschrieben. Recycling wird hier im<br />

Hause groß geschrieben.<br />

In der Produktion nutzt Preis modernste CNC-gesteuerte<br />

Maschinen der Fensterfertigungstechnik. Sie wären jedoch<br />

ohne die Erfahrung der Mitarbeiter nicht viel wert.<br />

Handwerk hat Tradition bei Preis. Unternehmensgründer<br />

Ludwig Preis war Schreinermeister, sein Sohn Werner, der<br />

den Betrieb 1972 übernahm, ebenfalls und natürlich hängt<br />

seit 1994 auch der Schreiner-Meisterbrief seines Sohnes<br />

Thomas an der Bürowand. Neben Fenstern und Haustüren<br />

vertreibt das Familienunternehmen auch Vordächer, Rollläden,<br />

Markisen und komplette Wintergärten. Wie man<br />

bei der Werner Preis GmbH eben sagt: Alles Gute hat seinen<br />

Preis. Davon können sich die Besucher in der aktuellen<br />

Musterausstellung überzeugen.<br />

Kontakt<br />

Werner Preis GmbH<br />

Hinter den Pfingstgärten 1<br />

35260 Stadtallendorf<br />

www.preis-fenster.de


VANESSA<br />

WEINHAUER<br />

geb. 1998 in <strong>Marburg</strong> | dort als einziges Kind<br />

in einer Stadtwohnung bei ihren Eltern<br />

aufgewachsen | ab 2008 Schülerin an der<br />

<strong>Marburg</strong>er Elisabethschule | Kurssprecherin<br />

in der Oberstufe im Leistungskurs Chemie |<br />

2016 Abitur | seit 2005 Mitglied in der DLRG |<br />

seit 2009 Wakeboarderin | Deutsche Meisterin<br />

in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 und<br />

2016 | Europameisterin in 2014 und 2016<br />

(Junior Ladies) sowie mit der Mannschaft<br />

(2016) | Vize-Weltmeisterin 2014 (Junior<br />

Ladies) | Weltmeisterin 2016 (Junior Ladies)<br />

und WM-Bronze 2016 (Open Ladies)<br />

108 · 109<br />

Vanessa Weinhauer<br />

ICH HABE HIER ALLES<br />

FÜR MEINEN SPORT<br />

Ich komme gerade von der Wakeboard-Weltmeisterschaft<br />

aus Morelos in Mexiko. Insgesamt war ich zwei<br />

Wochen mit dem deutschen Team und den Trainern<br />

dort. Mein Heimtrainer Lucien Gerkau war auch<br />

dabei, um mich zu unterstützen und einige organisatorische<br />

Aufgaben zu übernehmen. Es war mein erstes Mal in<br />

Mexiko.<br />

Vor dem Wettkampf war ich sehr aufgeregt, schließlich wurde<br />

ich im selben Jahr Europameisterin. Und der Gedanke,<br />

erstmalig Weltmeisterin zu werden, war <strong>ganz</strong> nah. Klar, ich<br />

habe zuvor schon an Weltmeisterschaften teilgenommen und<br />

holte auch schon zweimal den Vize-Titel. Der <strong>ganz</strong> große<br />

Wurf war mir aber bis dahin noch nicht gelungen.<br />

Doch in Mexiko stand schließlich alles unter einem guten<br />

Stern. Ich habe es geschafft. Den Weltmeister-Titel habe ich<br />

zum ersten Mal nach Hause gebracht. Ich bin überglücklich.<br />

Umso mehr, weil ein Kreuzbandriss mich gezwungen hatte,<br />

zehn Monate zu pausieren. Seit September 2015. Danach habe<br />

ich viel und hart trainiert. Meine Eltern Oliver und Anette,<br />

meine Familie und meine Freunde und auch der Seepark<br />

in Niederweimar haben mich sehr unterstützt, damit mein<br />

Traum wahr wurde.<br />

Im Juni 2016 habe ich mein Abitur an der Elisabethschule in<br />

<strong>Marburg</strong> gemacht. Für mich stand die Schule immer oder<br />

meistens im Vordergrund, da man Wakeboarden (noch)<br />

nicht als professionelle Sportart ausüben kann. Der Sport ist<br />

noch sehr jung. Die Popularität und die Präsenz in den Medien<br />

sind noch zu gering, um die <strong>ganz</strong> großen Sponsoren zu<br />

bekommen. Einige habe ich aber. Von ihnen bekomme ich<br />

das Material: vom Wakeboard über den Neopren-Anzug bis<br />

hin zur Alltagskleidung. Auch vom Seepark bekomme ich<br />

immer Unterstützung. Dort kann ich trainieren – so viel ich<br />

möchte.


Jetzt aber zurück zur Schule und meinen beruflichen Visionen.<br />

Durch meine Verletzung konnte ich mich sehr gut auf<br />

das Abitur konzentrieren. Das war, denke ich, auch wichtig.<br />

Denn mit Mathematik und Chemie als Leistungskursen hatte<br />

ich mir viel Stoff aufgeladen.<br />

Diese Fächer waren wahrscheinlich nicht die beste Wahl für<br />

mich, aber ich habe das Abitur schließlich mit einer guten<br />

Durchschnittsnote bestanden. Mit Sport, Religion und<br />

Deutsch als weiteren Prüfungsfächern konnte ich einige sehr<br />

gute Punkte erreichen.<br />

Für die Zukunft habe ich mich bei der Polizei in Nordrhein-<br />

Westfalen und auch bei der Sportfördergruppe der Polizei<br />

Hessen in Wiesbaden beworben. Die Chancen stehen <strong>ganz</strong><br />

gut, meine Bewerbungen wurden bereits akzeptiert. Jetzt<br />

liegt das Ergebnis des Auswahlverfahrens in meinen Händen.<br />

Mein Traum ist und war es immer, Hubschrauber zu<br />

fliegen. Vielleicht gelingt mir das eines Tages noch, eventuell<br />

über die Polizei oder einfach privat. So gesehen wird Wakeboarden<br />

für mich immer eine Leidenschaft bleiben, aber<br />

nicht zum Beruf werden.<br />

Neben dem „Boarden“ habe ich aber noch ein paar andere<br />

Leidenschaften. Unter anderem bin ich seit ungefähr zehn<br />

Jahren Mitglied der DLRG-Ortsgruppe <strong>Marburg</strong>. Im Alter<br />

von neun bis elf Jahren habe ich auch bei den Bezirksmeisterschaften<br />

im Rettungsschwimmen teilgenommen. Kurzzeitig<br />

habe ich sogar eine Schwimmgruppe mit einer Freundin zusammen<br />

geleitet.<br />

„Für mich wird der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

immer etwas Besonderes bleiben. Vielleicht komme ich<br />

ja irgendwann wieder zurück. Aber sicher ist: Er bleibt<br />

für immer meine Heimat, an die ich mich nur zu gerne<br />

zurückerinnern werde.“<br />

Ein weiteres Hobby ist das Snowboarden, das ich erstmalig<br />

auf der Sackpfeife in <strong>Biedenkopf</strong> ausprobiert und mir auch<br />

dort selbst beigebracht habe. Die Sackpfeife ist wie dafür gemacht.<br />

Früher fuhr ich dort immer mit Freunden und meinen<br />

Eltern Schlitten. Ein weiterer Platz im <strong>Landkreis</strong>, an<br />

dem eine Leidenschaft von mir entstanden ist.<br />

Auch wenn ich demnächst höchstwahrscheinlich aus dem<br />

<strong>Landkreis</strong> wegziehe, wird eine ewige Verbundenheit bestehen<br />

bleiben. Das ist sicher. Nicht nur, weil meine Familie<br />

hier lebt, sondern auch durch meinen Sport und meine<br />

Vereine, in denen ich schon lange Jahre Mitglied bin.<br />

Vor allem aber wird es mich immer wieder zurück an den<br />

See in Niederweimar ziehen. Dort hat alles begonnen. Für<br />

mich wird der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> immer etwas<br />

Besonderes bleiben. Vielleicht komme ich irgendwann ja<br />

wieder zurück. Aber sicher ist: Er bleibt für mich immer<br />

meine Heimat, an die ich mich nur zu gerne zurückerinnern<br />

werde.


WILLI<br />

WEITZEL<br />

Der <strong>Landkreis</strong> mit dem Autokennzeichen MR ist meine<br />

Heimat. Kann ich das so einfach behaupten? Mit dieser<br />

Frage habe ich mich vor zwei Jahren besonders intensiv beschäftigt.<br />

Da bin ich 42 Jahre alt geworden. Genau 21 Jahre<br />

zuvor bin ich zu Hause ausgezogen und nach Bayern gegangen.<br />

Meine ersten 21 Jahre habe ich in meiner Heimatstadt<br />

Stadtallendorf verbracht. Gewohnt haben wir in der Stadtgeb.<br />

1972 in <strong>Marburg</strong> an der Lahn, aufgewachsen in Stadtallendorf |<br />

stellt­am­liebsten­Fragen­und­findet­dabei­spannende­Dinge­heraus­|bekannt<br />

geworden durch die Fernseh-Reportage-Reihe „Willi<br />

wills wissen“, gehört heute zu den bekanntesten Gesichtern im<br />

deutschen Kinderfernsehen | vielfach ausgezeichnet, u. a. mit<br />

dem Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis | drehte<br />

zuletzt Filme über die Lebensbedingungen von Kindern<br />

weltweit, wie in Kenia, Tansania, Libanon, Indien, Bolivien,<br />

Malawi und den Philippinen | mit seiner Multivisions-Show<br />

„Willis wilde Wege“ tourt er seit 2012 durch <strong>ganz</strong> Deutschland |<br />

engagiert sich als UNICEF-Pate und ist Botschafter der UN-Dekade<br />

„Biologische Vielfalt“<br />

110 · 111<br />

Willi Weitzel<br />

DER GESCHMACK<br />

VON HEIMAT<br />

Ich sitze am Flughafen in Anchorage. Bis eben zogen<br />

durch meinen Kopf Bilder von Bären, Elchen und der<br />

Wildnis Alaskas und ich träumte von den Erlebnissen<br />

der letzten Wochen. Dann ein Schrecken: Meinen Beitrag<br />

für dieses Buch, den ich doch eigentlich noch vor meinem<br />

Abflug schreiben wollte, ...in meinem Reisefieber wohl<br />

einfach vergessen. Und heute, der Abgabetermin. Also<br />

schreibe ich jetzt – fern der Heimat – einen Beitrag über<br />

meine Heimat. Dabei bin ich doch kein Heimatforscher,<br />

sondern Welterforscher – zumindest heißt meine Firma<br />

„Welt erforscher Film und so weiter GmbH“.<br />

mitte, unseren EDEKA-Laden hatten wir aber im Alten<br />

Dorf. Besonders das Mithelfen bei uns im Dorfladen hatte<br />

großen Einfluss auf meine <strong>persönlich</strong>e Entwicklung. Woche<br />

für Woche habe ich unsere Angebotszettel in 150 Briefkästen<br />

geschoben, und täglich hatte ich es mit Kunden vom einfachen<br />

Arbeiter bis zum Professor, vom Halunken bis zum Pfarrer<br />

zu tun. Bei jedem hieß es: „Der Kunde ist König!“ Unser<br />

Laden war also die beste Schule in Sachen Menschenkenntnis,<br />

Sozialarbeit, Unterhaltungsshow und Durchhaltevermögen.<br />

Es sind die Jahre, die mich geprägt haben, in denen ich<br />

Wurzeln geschlagen habe und in denen mir auch Flügel gewachsen<br />

sind. Und nebenbei erwähnt ist es die Zeit, in der<br />

meine Geschmacksnerven geprägt wurden. Denn noch immer<br />

ist für mich eine Rote Woscht der Geschmack der Heimat.<br />

Meinen 21. Geburtstag habe ich, ein paar Wochen nach meinem<br />

Wegzug, in München gefeiert. Und obwohl zwischendurch<br />

echt viel passiert ist, war es doch auch wie ein<br />

„Schwuppdiwupp“ und schon stand die Feier meines 42.


Amöneburg ragt bei Sonnenaufgang aus dem Nebel heraus.<br />

„Ich weiß es aus eigener Erfahrung, es ist<br />

nicht einfach, seine Wurzeln aus dem heimatlichen<br />

Boden zu ziehen. Denn Wurzeln<br />

wachsen langsam und sind hart und zart<br />

und­weitläufig­verästelt.“<br />

Geburtstages an. Die zweite Hälfte meines bisherigen Lebens<br />

hatte ich also nicht im hessischen <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<br />

<strong>Biedenkopf</strong>, sondern in Bayern verbracht. Und ich habe mir<br />

die Frage gestellt, was und vor allem wo ist denn meine Heimat?<br />

Stand ich an einem Wendepunkt? Auf jeden Fall höchste<br />

Zeit, mich intensiv mit meinem Heimatgefühl zu beschäftigen.<br />

Dazu habe ich alle möglichen schlauen Sprüche von<br />

schlauen Menschen gesammelt, wie den von Christian Morgenstern:<br />

„Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz<br />

hat, sondern wo man verstanden wird.“, oder von Dostojewski:<br />

„Ohne Heimat sein heißt leiden.“ Ein Spruch kam<br />

von jemandem, dessen Namen ich nicht mehr weiß: „Heimat<br />

ist der Ort, wo sie einen reinlassen müssen, wenn man wiederkommt.“<br />

Alle drei Formulierungen beschreiben sehr gut,<br />

wie ich den Begriff Heimat erlebe und empfinde.<br />

In den letzten Jahren habe ich unter anderem Filme für die<br />

Sternsinger gedreht, also für die Kinder, die in der Weihnachtszeit<br />

als Kaspar, Melchior und Balthasar von Tür zu<br />

Tür gehen und Geld für arme Kinder in der Welt sammeln.<br />

Meine Filmreisen haben mich zu den armen Kindern in der<br />

Welt geführt, und ich durfte intensiv erleben, was für sie<br />

Heimat und Zuhause bedeutet. Vor allem aber haben mir<br />

diese Reisen die Möglichkeit gegeben, meine eigene Herkunft<br />

und Kindheit zu vergleichen.<br />

In einem Flüchtlingslager in Malawi saß ich mit sechs hungrigen<br />

Geschwistern auf dem festgestampften Boden in ihrer<br />

Hütte. Ihr eigentliches Zuhause im Nachbarland Kongo war<br />

von Rebellen verbrannt und ihr Vater getötet worden. Die


112 · 113<br />

Mutter war hoffnungslos verzweifelt, denn es gab keine Aussicht<br />

auf eine Rückkehr nach Hause. Außerdem hatten die<br />

Vereinten Nationen gerade die Lebensmittel-Zuteilungen<br />

halbiert und die Familie litt großen Hunger. Eine andere<br />

Reise hat mich auf die Philippinen geführt. In einem Elendsviertel<br />

der Hauptstadt Manila haben mir Kinder ihr Zuhause<br />

präsentiert. Ein aus Karton, Paletten und Plastiktüten gezimmerter<br />

Verschlag mit einem leeren Betonsack-Vorhang<br />

als Eingangstür. Von diesen Verschlägen gab es Hunderte,<br />

die in einem engen Labyrinth dicht aneinander standen. Das<br />

krasse und traurige war, dass nicht nur die Hütten aus Müll<br />

bestanden, das <strong>ganz</strong>e Dorf stand auf einer Müllkippe. Kinder<br />

und Eltern waren Müllsammler. Ich habe dort eine sehr<br />

hübsche 30-jährige Müllsammlerin kennengelernt. Sie hatte<br />

nur noch zwei Zähne, dennoch war sie hübsch. Während<br />

wir uns unterhielten, wusch eines ihrer Kinder, ein sechsjähriger<br />

Junge, auf einem Waschbrett gebrauchte Pampers für<br />

das Baby aus. In Südamerika in Bolivien habe ich einen Film<br />

darüber gedreht, weshalb viele junge Menschen ihre Heimat<br />

in den ländlichen Gebieten der Anden verlassen. Dort lebt<br />

Die Wehrkirche in Angelburg-Lixfeld<br />

man wie vor Hunderten von Jahren. Die Menschen hüten<br />

Schafe und Lamas und holen das Wasser vom Brunnen. Es<br />

gibt so gut wie keine Elektrizität. Die moderne Welt ist weit<br />

weg. In der Sehnsucht nach Verbesserung ihrer Lebensumstände<br />

verlassen viele junge Menschen das Land. Weil ihnen<br />

ihre Herkunft vom Land peinlich ist, legen fast alle Neuankömmlinge<br />

in der Stadt ihre traditionellen Kleider und<br />

Ponchos ab und ziehen sich Joggin<strong>ganz</strong>üge von Adidas oder<br />

Nike an und versuchen, ihr Glück zu machen. Doch ahnungslos,<br />

wie man in der großen Stadt leben soll, erkennen<br />

sie, dass es nicht nur damit getan ist, andere Kleider zu tragen.<br />

Hilflos fliehen sie mit Alkohol und Klebstoffschnüffeln<br />

aus ihrer traurigen Situation und fallen wie ein Baum ohne<br />

Wurzeln um.<br />

Diese Reisen haben mir die Augen zum Thema Heimat geöffnet.<br />

Denn Heimat ist ein Bekenntnis und damit etwas<br />

Ehrliches und Authentisches. Wer weiß, wo er herkommt,<br />

weiß auch, wer er ist. Egal was die Heimat ist oder wo sie<br />

ist, Heimat ist nichts, für das man sich schämen muss. Denn<br />

niemand sucht sich die Verhältnisse aus, in denen er groß<br />

wird. Heimat bedeutet Wurzeln. Und diese Wurzeln zu<br />

kappen ist gefährlich. Der Boden, in dem meine Wurzeln 21<br />

prägende Jahre gesteckt haben, ist der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<br />

<strong>Biedenkopf</strong>. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, es ist nicht<br />

einfach, seine Wurzeln aus dem heimatlichen Boden zu ziehen.<br />

Denn Wurzeln wachsen langsam und sind hart und zart<br />

und weitläufig verästelt. So richtig glücklich lebe ich als<br />

Exilhesse in Bayern dann, wenn ich mich davon frei mache,<br />

Heimat an einem Ort festzumachen, denn zum Schluss ist sie<br />

auch nur ein Gefühl, und das trage ich in mir.<br />

Mir fällt gerade auf, dass ich, <strong>ganz</strong> unabhängig von diesen<br />

Gedanken, erst vor ein paar Tagen an das Heimat- und Soldatenfest<br />

in Stadtallendorf denken musste. Ich hatte nämlich<br />

hier in Alaska das Glück, die magisch tanzenden Polarlichter<br />

zu bewundern. Es kam mir vor, als würde der liebe Gott die<br />

Welt küssen, als sie den Nachthimmel mit grünen und roten<br />

Farben verzauberten. Mir kam ein Vergleich mit dem Feuerwerk<br />

vom Heimat- und Soldatenfest in den Sinn und ich stellte<br />

mir die Frage, was denn nun schöner sei. Mein Urteil: Als<br />

Kind war das Stadtallendorfer Feuerwerk das Beste, was es<br />

überhaupt gab. Mittlerweile sind es für mich die Polarlichter!<br />

In ein paar Tagen bin ich wieder in Bayern. Wenn ich dann<br />

morgens zum Bäcker gehe und gedankenverloren Brötchen<br />

bestelle, wird mich die Bäckerin auch noch nach 21 Jahren<br />

ermahnen, dass es Semmeln heißt und nicht Brötchen. Na ja,<br />

wie sagte doch Christian Morgenstern: „Nicht da ist man<br />

daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden<br />

wird!“


Raiffeisenbank eG<br />

IN DER REGION<br />

FÜR DIE REGION<br />

Seit über 125 Jahren ist die heutige Raiffeisenbank eG<br />

im Süden des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> fester<br />

Bestandteil der Region und den Menschen eng verbunden.<br />

Ihr Grundstein wurde am 27. Januar 1891 in<br />

Dreihausen gelegt. Basierend auf den Werten der Selbsthilfe,<br />

Selbstverantwortung und Selbstverwaltung von Hermann<br />

Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen entstand<br />

der Dreihäuser Darlehenskassenverein. Es folgte eine wahre<br />

Gründungswelle, die in den Jahren 1966 bis 1977 in mehrere<br />

Zusammenschlüsse mündete, so dass aus anfänglich neun Darlehenskassenvereinen<br />

gerade noch zwei übrigblieben: die damalige<br />

Raiffeisenbank Ebsdorfergrund eG und die Raiffeisenbank<br />

Niederwalgern-Fronhausen eG. 1997 fusionierten auch diese<br />

beiden benachbarten Genossenschaften, wodurch die Raiffeisenbank<br />

eG entstand. Sie ist heute die einzige noch selbstständige<br />

Genossenschaftsbank im Altkreis <strong>Marburg</strong>. Mit vier Geschäftsstellen,<br />

zwei zusätzlichen SB-Standorten und einem<br />

Dienstleistungsgebäude für spezialisierte Beratung ist sie in der<br />

Region präsent und betreut über 11.000 Kunden – darunter<br />

mehr als 4.300 Mitglieder. Die Bilanzsumme im Jahr 2015 belief<br />

sich auf über 219 Millionen Euro.<br />

Die Raiffeisenbank eG versteht sich als Förderer der Region.<br />

Sie ist Arbeitgeber, Steuerzahler und unterstützt kulturelle, soziale<br />

und gemeinnützige Vereine und Einrichtungen durch<br />

Spenden und Sponsoring. Des Weiteren engagiert sie sich im<br />

Bereich der erneuerbaren Energien; die Gründung der Bürgersolar<br />

Ebsdorfergrund eG wurde durch sie initiiert und gemeinsam<br />

mit der Gemeinde Ebsdorfergrund realisiert. Weitere<br />

Gründungen von Genossenschaften im Geschäftsgebiet werden<br />

von der Bank nicht nur in der Gründungsphase unterstützt.<br />

Bei der Kundenberatung setzt die Raiffeisenbank eG auf die<br />

<strong>ganz</strong>heitliche, genossenschaftliche Beratung. Der Kunde steht<br />

mit seinen Wünschen und Zielen im Mittelpunkt der täglichen<br />

Arbeit. Für den Einsatz von Fördermitteln im Kundenkreditgeschäft<br />

wurde die Bank bereits mehrfach durch die DZ BANK<br />

mit dem Fördermittelpreis ausgezeichnet – ein Beleg für das<br />

kundenorientierte Handeln der Raiffeisenbank eG. Eben ein<br />

echtes Unternehmen in der Region für die Region.<br />

Kontakt<br />

Raiffeisenbank eG<br />

Dreihäuser Straße 17<br />

35085 Ebsdorfergrund<br />

www.rb-ebsdorfergrund.de


Eine Marke mit vielen<br />

Stärken – so lautet das<br />

Motto von Roth Industries,<br />

dem global operierenden<br />

mittelständischen Familienunternehmen<br />

mit den<br />

Bereichen Gebäude- und<br />

Industrie technik.<br />

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Roth Industries GmbH & Co. KG<br />

WELTMARKTFÜHRER<br />

MIT VIELEN STÄRKEN<br />

Der Name Roth ist nicht nur in der Region rund<br />

um die Firmenzentrale in Dautphetal-Buchenau<br />

Inbegriff für innovative Lösungen in den Bereichen<br />

Gebäude- und Industrietechnik, denn das<br />

Familienunternehmen ist mit rund 1.200 Mitarbeitern weltweit<br />

aktiv. Die Gebäudetechnik umfasst die Sparten Energie-,<br />

Sanitär- und Umweltsysteme, die Industrietechnik<br />

Composite-, Kunststoff- und Hydrauliktechnologien. Die<br />

Kompetenzfelder des Unternehmens sind Energie, Wasser<br />

und Kunststoff. Der Mittelständler bedient die Branchen Sanitär,<br />

Heizung und Klima sowie Automobil, Luft- und Weltraumfahrt,<br />

Erneuerbare Energien, Hydraulik, Medizin, Transport<br />

und Verkehr sowie den Haushaltssektor. Roth Industries<br />

gehört mit Energiespeichersystemen, Flächen-Heiz- und Kühlsystemen<br />

sowie Composite-Technologien zu den Weltmarktführern.<br />

Die Kunden profi tieren von spartenübergreifendem<br />

Expertenwissen und gereifter praktischer Erfahrung.<br />

Die Geschichte von Roth beginnt 1947, als Heinrich Roth<br />

das Unternehmen als Handwerksbetrieb für Betonerzeugnisse<br />

gründet. Der Aufstieg zu einer global operierenden Unternehmensgruppe<br />

begann 1961 unter der Führung von<br />

Manfred Roth. In den folgenden Dekaden wurde die<br />

Produktdiversifi zierung vorangetrieben. Roth gründete im<br />

In- und Ausland neue Standorte und gliederte weitere Unternehmen<br />

in die Gruppe ein. Bereits ab den 1970er-Jahren<br />

entstanden Niederlassungen in <strong>ganz</strong> Europa. Ab den 1990er-<br />

Jahren folgte die Expansion in die anderen Weltregionen.<br />

Heute besteht Roth Industries aus 25 Produktions- und Vertriebsunternehmen<br />

mit einem Gesamtumsatz von rund 250<br />

Millionen Euro. Seit 2004 sind auch die Kinder von<br />

Manfred Roth Gesellschafter. Als Mitglieder im obersten<br />

Leitungsgremium von Roth Industries, dem Executive<br />

Board, nehmen sie wichtige Führungsaufgaben wahr.


Umweltschutz ist integraler Bestandteil der Roth<br />

Unternehmensgrundsätze. Produktionen und Produkte<br />

des Unternehmens sind energie- und ressourcenschonend.<br />

Damit wird ein erheblicher Beitrag<br />

zur CO 2<br />

-Einsparung geleistet.<br />

Roth arbeitet eng mit Schulen, Hochschulen und<br />

Universitäten der Region zusammen. Das Unternehmen<br />

fördert die Aus- und Weiterbildung. Die Ausbildungsquote<br />

beträgt rund zehn Prozent und liegt<br />

damit weit über dem Durchschnitt. Das Unternehmen<br />

engagiert sich ebenfalls im Sozialen sowie in<br />

Kunst und Kultur. So fi nden zum Beispiel die jährlichen<br />

Eröffnungskonzerte der überregionalen<br />

Eckelshausener Musiktage im lichtdurchfl uteten<br />

Roth Atrium statt.<br />

Roth Industries ist mit seinen Energiespeichersystemen,<br />

Flächen-Heiz- und Kühlsystemen<br />

sowie Composite-Technologien<br />

Weltmarktführer.<br />

Kontakt Roth Industries GmbH & Co. KG<br />

Am Seerain<br />

35232 Dautphetal<br />

www.roth-industries.de<br />

Executive Board mit Manfred Roth, Dr. Anne-Kathrin Roth, Matthias Donges, Christin Roth-Jäger, Claus-Hinrich Roth und Alfred Kajewski (v. l. n. r.)


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Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

VERLÄSSLICHER PARTNER –<br />

GUT FÜR DIE REGION<br />

Sparkasse – Gut für die Region: Dieser Slogan ist<br />

keine leere Worthülse. Denn die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />

<strong>Biedenkopf</strong> ist fest in der Region verwurzelt und eng<br />

verbunden mit den Menschen in ihrem Geschäftsgebiet.<br />

Die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> versteht sich als<br />

moderner Finanzdienstleister mit Tradition, der alle Geschäfte<br />

rund ums Geld professionell und verlässlich abwickelt.<br />

Dabei zeichnet vor allem die <strong>ganz</strong>heitliche, <strong>persönlich</strong>e<br />

Betreuung die Beziehung der Sparkasse zu ihren Kunden<br />

aus. Denn sie sieht sich als Partner in allen Lebenssituationen.<br />

Nicht von ungefähr ist das Kreditinstitut mit mehr als<br />

430.000 Konten das größte Geldhaus im Geschäftsgebiet<br />

und dank einer fl ächendeckenden Verbreitung immer nah<br />

am Kunden.<br />

Auch für den Mittelstand ist die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

ein verlässlicher Partner: Die Berater kennen die Region<br />

hervorragend und treffen direkt Entscheidungen vor Ort.<br />

Und mit marktgerechten Konditionen und qualifi zierter<br />

Beratung ist die Sparkasse auch im Finanzierungsgeschäft<br />

für ihre Kunden da. Beim Immobiliengeschäft gehen Vermittlung<br />

und Finanzierung dank eigener Immobiliencenter<br />

Hand in Hand. Wer bauen möchte, kann ebenfalls von der<br />

Expertise der Berater profi tieren – kombiniert mit einem<br />

marktgerechten Zinsniveau. Auch für Modernisierung oder<br />

energetische Sanierung ist die Sparkasse der richtige Partner.<br />

Und mit einem hauseigenen Existenzgründungsprogramm<br />

profi tieren auch Start-ups von der Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />

<strong>Biedenkopf</strong>.<br />

Auf die veränderten Kundenbedürfnisse reagiert die Sparkasse<br />

mit einem Multikanal-Angebot, das keine Wünsche<br />

offen lässt: Neben den etablierten Kommunikationswegen<br />

<strong>persönlich</strong>er Kontakt, Telefon, Fax und E-Mail bietet die<br />

Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> als Kommunikationskanäle<br />

auch Präsenzen in den sozialen Netzwerken Facebook und


Xing an. Diese ermöglichen einen schnellen und unkomplizierten<br />

Kontakt, wie er mittlerweile – nicht nur von der Generation<br />

der „Digital Natives“ – geschätzt und gerne genutzt<br />

wird. Denn die Sparkasse ist da, wo sich auch ihre Kunden<br />

aufhalten – in der realen Welt ebenso wie in der virtuellen.<br />

Auf die Bedürfnisse nach Geschwindigkeit und Mobilität<br />

sind auch die Sparkassen-Apps zugeschnitten: Neben dem<br />

<strong>persönlich</strong>en Service in der Filiale können die Kunden<br />

fl exibel und unabhängig von Öffnungszeiten mit ihnen ihre<br />

Bankgeschäfte erledigen – dank „pushTan“ trotz Mobilität<br />

auf einem hohen Sicherheitsniveau. Und zwar ausgezeichnet,<br />

wie die Stiftung Warentest belegt, die die Banking-Apps der<br />

Sparkasse auf dem ersten Platz sieht.<br />

Ihren öffentlichen Auftrag nimmt die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />

<strong>Biedenkopf</strong> auch über das Geldgeschäft hinaus sehr ernst.<br />

Jedes Jahr unterstützt sie viele Vereine, Institutionen und<br />

Veranstaltungen in ihrem Geschäftsgebiet mit einer insgesamt<br />

siebenstelligen Summe. Einerseits fl ießt das Geld in<br />

Sponsoring, ohne das viele Veranstaltungen nicht möglich<br />

wären, andererseits werden mittels Spenden gemeinnützige<br />

Zwecke gefördert. Zudem profi tiert die Region auch durch<br />

die jährliche Ausschüttung an die Träger der Sparkasse, die<br />

Stadt <strong>Marburg</strong> und den <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

sowie die Steuerzahlungen ans Finanzamt.<br />

Selbstverständlich kommt die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Arbeitgeber<br />

und Ausbilder nach. Sie zählt zu den großen Arbeitgebern<br />

in der Region. Zudem starten jährlich rund 20 Auszubildende<br />

ihre berufl iche Karriere bei dem heimischen Kreditinstitut.<br />

In künftigen Ausbildungsjahrgängen erhalten Potenzialträger<br />

bereits zu Beginn der Ausbildung eine Studienplatzgarantie.<br />

Damit trägt die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

dazu bei, hoch qualifi zierten Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmern eine Perspektive in der Heimat zu ermöglichen.<br />

Darüber hinaus fördert die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />

<strong>Biedenkopf</strong> besonders die Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf – etwa mit fl exiblen Teilzeitmodellen oder einem Zuschuss<br />

zu den Betreuungskosten für Mütter, die frühzeitig an<br />

den Arbeitsplatz zurückkehren.<br />

Kontakt<br />

Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />

Universitätsstraße 10<br />

35037 <strong>Marburg</strong><br />

www.skmb.de<br />

Modern und attraktiv: Die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> hält über die sozialen<br />

Medien den Kontakt zur digitalen Jugend. Nicht umsonst ist die Ausbildung im<br />

Geldinstitut sehr gefragt.<br />

1.500 Gäste beim jährlichen Gesprächsforum der<br />

Sparkasse. Referenten der vergangenen Jahre waren Ranga<br />

Yogeshwar, Gregor Gysi und Katja Kraus.


LYDIA<br />

WILLERSHAUSEN<br />

Das alles änderte sich 1939 mit Beginn des Zweiten Weltkriegs.<br />

Meine kleine Seele konnte diesen Krieg nicht realisieren.<br />

Erst als die ersten Bomben fielen, die Tiefflieger den Zug<br />

am Dammer Bahnhof angriffen und viele Tote und Verletzte<br />

zu betrauern waren, verstand ich, was Krieg bedeutet. Wir<br />

saßen nachts bei Fliegeralarm mit gepackten Ranzen in unseren<br />

Kellern. Vater war inzwischen zum Kriegsdienst einge-<br />

geb. 1931 in Rollshausen, verheiratet, fünf Kinder |<br />

1946 bis 1949 Kindergartenhelferin in Lohra | 1946<br />

bis 1949 Ausbildung zur Krankenschwester in Kassel,<br />

anschließend Ausbildung zur Hebamme in Göttingen |<br />

1953­bis­2003­freiberufliche­Hebamme­in­Lohra­|­seit­<br />

1954 Mitglied im Hebammenverband | 1980 bis 1989<br />

Leiterin des Kreishebammenverbands | 1989 bis 1994<br />

Landesvorsitzende des hessischen Hebammenverbands<br />

| 1992 Gründungsmitglied des <strong>Marburg</strong>er<br />

Geburtshauses | 1972 bis 2001 Kirchenvorstand |<br />

1977 bis 1985 Gemeindevertreterin, ab 1983 als<br />

Vorsitzende | 1985 bis 1993 und 1997 bis 2002 Erste<br />

Beigeordnete | 1993 bis 2005 Frauenbeauftragte |<br />

Auszeichnungen: Landesehrenbrief, Bundesverdienstkreuz<br />

am Bande, Ehrenplakette der Gemeinde Lohra,<br />

Ehrenbeigeordnete<br />

118 · 119<br />

Lydia Willershausen<br />

MEIN HERZ SCHLÄGT FÜR<br />

KINDER UND LOHRA<br />

Den größten Teil meines Lebens verbrachte ich in<br />

Lohra. Mit meinen beiden Brüdern verlebte ich<br />

eine unbeschwerte Kindheit: Meine Mutter war<br />

Zigarrenrollerin, mein Vater arbeitete als Maurer.<br />

Wir wohnten zur Miete in einem Bauernhof bei einem<br />

kinderlosen Ehepaar – und die Freiheit war für uns Kinder<br />

grenzenlos. Ich lernte ebenso, mit Tieren umzugehen, wie<br />

auch alle Arbeiten, die auf einem Hof anfallen: vom Säen bis<br />

zum Einbringen der Ernte, das Be- und Entladen eines Heuwagens<br />

oder den Dreschtag im Herbst. Das alles ließ unsere<br />

kleinen Kinderherzen höher schlagen.<br />

zogen worden. In einigen Haushalten gab es große Hungersnot.<br />

Und der Druck durch die Nationalsozialisten wurde<br />

stärker.<br />

Ein schreckliches Ereignis für mich war, als ich mit ansehen<br />

musste, wie ein Naziführer auf einen 18-jährigen, polnischen<br />

Gefangen einschlug – mein Herz wollte schier zerspringen.<br />

Und auch die Flucht der Juden aus unserem Dorf<br />

in der Reichskristallnacht ist für mich bis heute unvergesslich.<br />

Denn Menschen, die flüchten müssen, um ihr Leben vor<br />

Tyrannen zu retten – das ist menschenunwürdig.<br />

Das Kriegsende 1945 brachte meine Mutter und mich in<br />

große Not: Meine beiden Brüder, sechs und acht Jahre alt,<br />

spielten mit einer gefundenen Handgranate und verletzten<br />

sich lebensgefährlich. Den älteren Bruder brachte ich, gerade<br />

einmal 14 Jahre alt, zur Dorfschwester, wo er ohnmächtig<br />

zusammenbrach. Mein jüngerer Bruder wurde von einem<br />

Arzt auf dem Wohnzimmertisch notdürftig versorgt. Ge-


meinsam mit meiner Mutter wachten wir im Wechsel Tag<br />

und Nacht über die beiden – so wurde mein Verantwortungsbewusstsein<br />

für Menschen gestärkt.<br />

Ein Jahr später, nach meiner Konfirmation, arbeitete ich als<br />

Helferin im Kindergarten. Und später entschied ich mich zu<br />

einer Ausbildung als Krankenschwester in Kassel, die ich<br />

1949 abschloss. Zwischenzeitlich hatte die Gemeindehebamme<br />

von Lohra meine Eltern kontaktiert: Nach 40 Jahren<br />

wolle sie in den Ruhestand gehen – und ich könne doch ihre<br />

Nachfolge antreten. Was ein Glücksfall! Ich absolvierte die<br />

Hebammenausbildung in Göttingen und hatte meine Berufung<br />

gefunden.<br />

Am 15. September 1953 begleitete ich voller Zuversicht und<br />

Freude meine erste Hausgeburt in Lohra. Und bis zum Ende<br />

meiner 50-jährigen Tätigkeit sollten noch 2.500 weitere folgen<br />

– im gesamten <strong>Landkreis</strong>, mit dem ich mich so verbunden<br />

fühle. In dieser Zeit habe ich werdende Mütter aus allen<br />

sozialen Schichten kennengelernt. Ihnen allen durfte ich<br />

mein Wissen, meine Hände, meine Liebe, meine Ruhe und<br />

meine Verbundenheit anbieten und geben.<br />

50 Jahre Hebammen-Dienst bedeuteten aber auch 50 Jahre<br />

Rufbereitschaft – Tag und Nacht. Mit einem Sachs-Motorrad<br />

fuhr ich durch die Region, den Hebammen-Koffer hinten<br />

aufgeschnallt – bei Sonnenschein und Regen, bei eisiger<br />

Kälte und Schnee. Selbst auf meiner Hochzeit habe ich<br />

abends noch das Brautkleid gegen meine Hebammenkluft<br />

getauscht, um einem nach Leben strebenden Jungen auf die<br />

Welt zu helfen. Zwar hatte ich eine Vertretung organisiert,<br />

die auch auf meiner Hochzeitsfeier war. Doch auch sie musste<br />

das Fest verlassen, denn sie hatte zeitgleich in derselben<br />

Straße, nur wenige Häuser weiter, einen Einsatz.<br />

Zeit Frauenbeauftragte. Besonders stolz bin ich auf die<br />

Gründung des Seniorenrats im Jahr 2000. Und auch der<br />

Arbeitskreis für Menschenrechte und Menschenwürde, in<br />

dem ich als Gründungsmitglied auch heute noch tätig bin, ist<br />

mir ein besonderes Anliegen. Mit viel Gegenwind aus der<br />

Bevölkerung haben wir unsere Arbeit begonnen – heute ist<br />

der Arbeitskreis unter der Führung meiner Schwägerin Elfriede<br />

Köhler auch vor dem Hintergrund der Integration von<br />

Flüchtlingen nicht mehr wegzudenken.<br />

Inzwischen bin ich fast 85 Jahre alt, doch ich engagiere mich<br />

weiter. Mein Herz schlägt für Lohra und ich bleibe meinem<br />

<strong>Marburg</strong>er Land treu.<br />

„Auch das politische und kirchliche Geschehen meiner<br />

Heimatgemeinde Lohra bewegten mich sehr, ich engagierte<br />

mich im Kirchenvorstand ebenso wie als Gemeindevertreterin<br />

oder als Mitglied im Ortsbeirat.“<br />

Der Künster und Otto-Ubbelohde-Preisträger Wolfgang Korn hat die Kirche in<br />

Lohra-Seelbach malerisch festgehalten.<br />

Auch an einem meiner Geburtstage wurde ich zu einem Notfall<br />

gerufen. Die Straßen waren tief verschneit und ich musste<br />

nach Kirchvers. Also kamen die Gäste mit und schaufelten<br />

unterwegs den Weg frei. Mein Familienleben wurde stark<br />

gefordert, wenn sich eine Geburt über Stunden hinzog, wenn<br />

meine Kinder sagten: „Mama, du warst mal wieder nicht<br />

da.“ Das funktionierte nur Dank meines Mannes, der in all<br />

den Jahren an meiner Seite stand und Dank meiner Eltern:<br />

Meine Mutter war Ansprechpartnerin für meine Kinder und<br />

mein Vater koordinierte die Rufbereitschaft und beruhigte<br />

die aufgeregten Väter. Nach 50 Jahren habe ich meine Arbeit<br />

als Hebamme aufgegeben und konnte sie in die Hände meiner<br />

Schwiegertochter Angela Willershausen übergeben.<br />

Auch das politische und kirchliche Geschehen meiner<br />

Heimatgemeinde Lohra bewegten mich sehr, ich engagierte<br />

mich im Kirchenvorstand ebenso wie als Gemeindevertreterin<br />

oder als Mitglied im Ortsbeirat. Zudem war ich lange


ÜBERSICHT DER PR-BILDBEITRÄGE<br />

Wir danken den folgenden Unternehmen und Einrichtungen, die mit ihren Beiträgen das<br />

Zustandekommen dieses Buches ermöglicht haben.<br />

120 · MF<br />

BECKER GmbH CAD·CAM·CAST 26 - 27<br />

www.beckerccc.com<br />

Begro R. Krug GmbH 28 - 29<br />

www.begro-mode.de<br />

Buderus Guss GmbH 40 - 41<br />

www.buderus-guss.de<br />

Deutsche Vermögensberatung AG 42 - 43<br />

www.dvag.com<br />

Das Deutsche Rote Kreuz in Mittelhessen 60 - 61<br />

www.drk-mittelhessen.de; www.rdmh.de<br />

ELKAS GmbH & Co. KG 62 - 63<br />

www.elkas.de<br />

FAUDI GmbH 21<br />

www.faudi.de<br />

Hausengel<br />

Betreuungsdienstleistungen GmbH 76 - 77<br />

www.hausengel.de<br />

Henkel Modellbau GmbH 47<br />

www.henkelmodellbau.de<br />

HolzLand Jung GmbH & Co. KG 55<br />

www.holzlandjung.de<br />

Huppert Engineering GmbH & Co. KG -<br />

PMD GmbH & Co. KG 88 - 89<br />

www.huppeng.com; www.pm-d.de<br />

K+G Wetter GmbH 90 - 91<br />

www.kgwetter.de<br />

KRUG Gruppe 100 - 101<br />

www.krug-breidenbach.de<br />

Meier III GmbH 69<br />

www.meier3.de<br />

NOLTA GmbH 81<br />

www.nolta.de<br />

Werner Preis GmbH 107<br />

www.preis-fenster.de<br />

Raiffeisenbank eG 113<br />

www.rb-ebsdorfergrund.de<br />

Rheumazentrum Mittelhessen<br />

GmbH & Co. KG 102 - 103<br />

www.rzmh.de<br />

Roth Industries GmbH & Co. KG 114 - 115<br />

www.roth-industries.de<br />

SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH 99<br />

www.sck.de<br />

Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> 116 - 117<br />

www.skmb.de<br />

Franz Wilmes<br />

Möbelvertriebsgesellschaft mbH 35<br />

www.moebelfabrik-wohra.com<br />

Fritz Winter Eisengießerei<br />

GmbH & Co. KG 74 - 75<br />

www.fritzwinter.de

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