Landkreis Marburg Biedenkopf - ganz persönlich
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MARBURG-BIEDENKOPF<br />
DER LANDKREIS<br />
<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>
Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> – <strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>
ANDE<br />
AMSTERDAM<br />
HANNOVER<br />
DÜSSELDORF<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
FRANKFURT<br />
WIESBADEN<br />
STRASSBURG<br />
STUTTGART<br />
FRANKREICH<br />
MÜNCHEN<br />
2 · 3<br />
<strong>Biedenkopf</strong><br />
Münchhausen<br />
Breidenbach<br />
Lahntal<br />
Cölbe<br />
Steffenberg<br />
Angelburg<br />
Dautphetal<br />
Gladenbach<br />
Wetter<br />
<strong>Marburg</strong><br />
Wohratal<br />
Rauschenberg<br />
Kirchhain<br />
Amöneburg<br />
Neustadt<br />
Stadtallendorf<br />
Bad Endbach<br />
Weimar<br />
Lohra<br />
Ebsdorfergrund<br />
Fronhausen
DER LANDKREIS<br />
MARBURG-BIEDENKOPF<br />
<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong><br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
in Zusammenarbeit mit der<br />
neomediaVerlag GmbH
IMPRESSUM<br />
4 · 5<br />
Herausgeber<br />
Kreisausschuss des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
Im Lichtenholz 60, 35043 <strong>Marburg</strong><br />
Tel. 06421 405-0<br />
landkreis@marburg-biedenkopf.de<br />
www.marburg-biedenkopf.de<br />
In Zusammenarbeit mit:<br />
neomediaVerlag GmbH<br />
Industriestraße 23, 48653 Coesfeld<br />
Tel. 02546 9313-0<br />
info@neomedia.de<br />
www.neomedia.de<br />
Idee und Konzeption<br />
Rainer Wendorff<br />
Redaktion/Lektorat<br />
Kreisausschuss des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
Dr. Markus Morr<br />
Andreas Schmidt<br />
neomediaVerlag GmbH,<br />
Günter Poggemann<br />
Marc Hankmann<br />
Grafik/Layout<br />
Kerstin Katemann<br />
Projektakquise<br />
Matthias Kurz<br />
Bildnachweis<br />
fotostudio Wiegand: Seite 14, Christine Fenzl:<br />
Seite 56, Benjamin Heller: Seite 95, Hinterlandmuseum<br />
Schloss <strong>Biedenkopf</strong>: Seite 54, Paul<br />
Kronenberg: Seiten 96, 98, Daniela Lippelt/jsdeutschland:<br />
Seite 37, Dr. Markus Morr: Seiten 6,<br />
7, 19, 45, 49, 53, 73, 80, 83, 97, 105, 111, 112, Thomas<br />
Naumann: Seiten 6, 12, 25, 68, Thorsten Richter:<br />
Seiten 13, 31, 58, 59, 85, Schartenhof: Seite 34,<br />
Andreas Schmidt: Seiten 9, 11, 20, 22, 33, 39, 46,<br />
51, 64, 93, Stadt Gladenbach: Seite 17, Wolfgang<br />
Schekanski: Seiten 87, 106, Stephan Schienbein:<br />
Seite 65, Jakobine Theis: Seite 6, Sascha Valentin:<br />
Seite 7, Rainer Waldinger: Seiten 7, 10, 35, 55,<br />
57, 62, 63, 67, 77, 81, 88, 89, 93, 114, 115, Welterforscher<br />
Film und so weiter GmbH: Seite 110<br />
Porträt- und Firmenfotos stammen, soweit<br />
nicht anders vermerkt, von den jeweiligen<br />
Personen und Unternehmen.<br />
Printed in Germany 2017<br />
Das Manuskript ist Eigentum des Verlages.<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
Dem Buch liegen neben den Beiträgen der<br />
Autoren Darstellungen und Bilder der Firmen<br />
und Einrichtungen zugrunde, die mit ihrer<br />
finanziellen Beteiligung das Erscheinen des<br />
Buches ermöglicht haben.<br />
Druck<br />
C. Maurer GmbH & Co. KG<br />
73312 Geislingen an der Steige<br />
Bibliographische Information der<br />
Deutschen Bibliothek<br />
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet<br />
diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;<br />
detaillierte Daten sind im<br />
Internet über http://dnb.dbb.de abrufbar.<br />
ISBN 978-3-931334-76-5
DER LANDKREIS<br />
MARBURG-BIEDENKOPF<br />
<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong><br />
INHALT<br />
10 Mein Gefühl von Heimat<br />
Landrätin Kirsten Fründt<br />
14 Bilder der Flucht werden zu Kunst<br />
Khaled Al Deab<br />
16 Gladenbachs Regentin für ein Jahr<br />
Katharina Alena Becker<br />
18 <strong>Landkreis</strong> erhielt den Vorzug<br />
vor Bonn<br />
Friedrich Bohl<br />
21 Erfindergeist im Sinne des<br />
Umweltschutzes<br />
FAUDI GmbH<br />
22 Schoko-Pionier fand seine Heimat<br />
im <strong>Landkreis</strong><br />
Dr. Giuseppe Faussone<br />
24 Keine Angst um die Zukunft<br />
der Region<br />
Diplom-Kaufmann Eberhard Flammer<br />
26 Kompetenz in Technik und Effizienz<br />
BECKER GmbH CAD·CAM·CAST<br />
28 Vom Gemischtwarenladen<br />
zum Modehaus<br />
Begro R. Krug GmbH<br />
30 Aufbruch und Geborgenheit<br />
Florian Gärtner<br />
32 Der Schartenhof war die<br />
Keimzelle der Kultur<br />
Annemarie Gottfried<br />
35 Wandel führt zurück in die<br />
Erfolgsspur<br />
Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />
36 Voller Einsatz für junge Menschen<br />
in der Feuerwehr<br />
Karina Gottschalk und Matthias Zeidler<br />
38 Die Jugend ist die Zukunft der<br />
Region<br />
Helmut Henkel<br />
40 Europäischer Marktführer<br />
für Pkw-Bremsscheiben<br />
Buderus Guss GmbH
Schloss Rauischholzhausen Fronhausen Wohratal-Hertingshausen<br />
6 · 7<br />
42 In der Finanzwelt zuhause, in der<br />
Region tief verwurzelt<br />
Deutsche Vermögensberatung AG<br />
55 Seit Generationen Kompetenz<br />
in Holz<br />
HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />
44 Fantastische Geschichten, inspiriert<br />
durch die Region<br />
Brunhilde Heß<br />
56 Traumhafte Kindheit in<br />
zauberhafter Stadt<br />
Nina Kronjäger<br />
47 Qualifizierte Ausbildung und<br />
modernste Technologie<br />
Henkel Modellbau GmbH<br />
60 Der Mensch steht immer im<br />
Mittelpunkt<br />
Das Deutsche Rote Kreuz in Mittelhessen<br />
48 Ein Grundgefühl von Beheimatung<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Margot Käßmann<br />
50 Aus Rumänien als Pfarrer<br />
nach Lohra<br />
Herwig Klein, Pfarrer i. R.<br />
52 Grenzgangsmohr – der Traum an<br />
der Lahn<br />
Earl Kolbe<br />
62 Aus Prinzip 100 Prozent für den<br />
Erfolg des Kunden<br />
ELKAS GmbH & Co. KG<br />
64 Die Zukunft unserer Jugend<br />
mitgestalten<br />
Simona Lison<br />
66 Durch den Sport zurück in die Heimat<br />
Prof. Gerd Manthei
DER LANDKREIS<br />
MARBURG-BIEDENKOPF<br />
<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong><br />
Steffenberg-Oberhörlen Das Rathaus in Kirchhain Lahntal-Göttingen<br />
69 Regionalität und bester Geschmack<br />
Meier III GmbH Metzgerei & Partyservice<br />
70 Leben und Dienst verbinden<br />
sich hier ideal<br />
Generalmajor Andreas Marlow<br />
72 Getragen von Wind und Sonne<br />
Werner Meuser<br />
74 Wenn flüssiges Eisen zur<br />
Leidenschaft wird<br />
Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG<br />
76 Für jeden Pflegebedürftigen der<br />
passende Hausengel<br />
Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />
78 <strong>Marburg</strong> wurde meine zweite Heimat<br />
Prof. Toshio Ozawa<br />
81 Kleine Idee wird große Erfindung<br />
NOLTA GmbH<br />
82 Lyrischer Input aus dem <strong>Landkreis</strong><br />
Lars Ruppel<br />
84 Erinnerungen an ein genussvolles<br />
Studentenleben<br />
Martin Schneider<br />
86 Platz für viele Kulturen<br />
Aysel Söhret ,<br />
88 Erfahrener Vermittler für<br />
Kfz-Hersteller und -zulieferer<br />
Huppert Engineering GmbH & Co.<br />
KG/PMD GmbH & Co. KG<br />
90 High-end-Produkte aus<br />
Leidenschaft<br />
K+G Wetter GmbH<br />
92 Das Landleben bietet soziale Nähe<br />
Katrin Storck-Müller
8 · 9<br />
94 Mit dem Rhönrad von <strong>Marburg</strong><br />
in die Welt<br />
Laura Stullich<br />
96 In <strong>Marburg</strong> habe ich<br />
Grundvertrauen gefunden<br />
Sabriye Tenberken<br />
99 Exzellenz, Professionalität und<br />
Begeisterungsfähigkeit<br />
SCK SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH<br />
108 Ich habe hier alles für meinen Sport<br />
Vanessa Weinhauer<br />
110 Der Geschmack von Heimat<br />
Willi Weitzel<br />
113 In der Region für die Region<br />
Raiffeisenbank eG<br />
114 Weltmarktführer mit vielen Stärken<br />
Roth Industries GmbH & Co. KG<br />
100 Krug-Produkte sind immer dabei<br />
KRUG Gruppe Breidenbach<br />
102 Die Rundum-Kompetenz für ein<br />
Leben in Bewegung<br />
Rheumazentrum Mittelhessen GmbH & Co. KG<br />
104 Vertrauen ist Basis des<br />
Zusammenlebens<br />
Egon Vaupel, Oberbürgermeister a. D.<br />
116 Verlässlicher Partner –<br />
gut für die Region<br />
Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
118 Mein Herz schlägt für Kinder und Lohra<br />
Lydia Willershausen<br />
120 Übersicht der PR-Bildbeiträge<br />
107 Handwerkliches Können und<br />
modernste Technik<br />
Werner Preis GmbH
Das Brauchtum wird im <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> auch mit Trachten noch gepflegt – wie etwa beim Folklorefestival.<br />
DER LANDKREIS<br />
MARBURG-BIEDENKOPF<br />
<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>
LANDRÄTIN<br />
KIRSTEN<br />
FRÜNDT<br />
geb. 1967 in <strong>Marburg</strong>, verheiratet, zwei Kinder | 1986 Abitur in <strong>Marburg</strong> | 1986<br />
bis 1991 Ausbildung im Gartenbau mit anschließender Berufstätigkeit | 1991 bis<br />
1997 Studium der Agrarwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen |<br />
1997 bis 2000 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Landschaftsökologie<br />
& Landschaftsplanung an der Justus-Liebig-Universität<br />
Gießen | 2000 bis 2013 Mitarbeiterin Stadtgrün, Umwelt & Natur der<br />
Stadt <strong>Marburg</strong> | 2013 bis 2014 Sportamtsleiterin der Stadt <strong>Marburg</strong> |<br />
diverse Ehrenämter im Bereich Sport | seit 2014 Landrätin des<br />
<strong>Landkreis</strong>es <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
10 · 11<br />
Landrätin Kirsten Fründt<br />
MEIN GEFÜHL<br />
VON HEIMAT<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Heimat ist da, wo man sich nicht erklären<br />
muss.“ In dieser Aussage Herders steckt viel<br />
Wahrheit. Heimat ist zwar immer ein sehr individueller,<br />
geografisch nicht immer zu lokalisierender<br />
Ort. Aber dennoch kennt wohl jeder das Gefühl<br />
starker Verbundenheit mit einem Ort, einer Landschaft oder<br />
Region. Dies gilt auch für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>,<br />
der für viele Menschen Heimat war und ist. Für mich<br />
<strong>persönlich</strong> ist unser <strong>Landkreis</strong> definitiv Heimat. Dabei ist<br />
das Gefühl von Heimat auch für mich schwer an einem einzigen<br />
Ort festzumachen. Vor allem deshalb, weil es im <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> so viele Orte, Menschen und Begegnungen<br />
gibt, die ihn zu „meiner Heimat“ gemacht haben.<br />
Sicher ist es so, dass auch Landschaften Menschen prägen.<br />
Dies erfährt, wer mit offenen Augen in fremden Regionen<br />
unterwegs ist. Umgekehrt habe ich in Gesprächen mit Men-<br />
Die Martinskirche auf dem Christenberg bei Münchhausen
Volle Deckung: Bei der 875-Jahr-Feier in Niederweimar wurden 120 Brieftauben aufgelassen.<br />
schen, die im <strong>Landkreis</strong> aufgewachsen sind, ihn aber für<br />
Studium oder Beruf verlassen haben, oft gehört, dass sich etwas<br />
in ihrem Inneren regt, dass sie nicht nur erkennen, sondern<br />
auch spüren, wenn sie in die Heimat zurückkommen.<br />
Wenn Landschaften Menschen prägen, dann gilt dies sicher<br />
auch umgekehrt. Unsere Kulturlandschaften werden von<br />
Menschen bearbeitet, verändert und geprägt. Sie heißen so,<br />
weil sie Bestandteil unserer Kultur geworden sind, und nicht<br />
nur in Abgrenzung zur Naturlandschaft.<br />
„Innovativ und traditionsbewusst, weltoffen und<br />
heimatverbunden, engagiert, vielfältig und verantwortungsbewusst<br />
gegenüber Natur und Umwelt –<br />
so sind hier die Menschen.“<br />
In den Köpfen vieler Menschen herrscht nach wie vor das<br />
Bild vor, dass ländliche Regionen eher rückständig seien.<br />
Dies gilt für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>, in dem<br />
Innovation und Tradition auf so vielfältige und sinnvolle<br />
Weise miteinander verbunden sind, definitiv nicht. Und sicher<br />
auch nicht für unsere Landwirtschaft, die diesen Spannungsbogen<br />
täglich lebt, wichtige Beiträge für Ernährung,<br />
Landschaftspflege und Erhaltung der Biodiversität leistet.<br />
Und darüber hinaus Arbeitgeber, Träger von Innovation in<br />
den Bereichen Erneuerbare Energien oder Direktvermarktung<br />
ist. Und schließlich wurde der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
zu allen Zeiten von sehr unterschiedlichen Menschen<br />
immer wieder neu geprägt. Die Nachfahren der Hugenotten<br />
haben nicht nur sprachlich Spuren hinterlassen, sondern<br />
durch „Franzosen-Wiesen“ oder eigene Kirchen zum<br />
Mosaik unserer Heimat beigetragen. Die als Folge des<br />
schrecklichen Zweiten Weltkriegs aus Osteuropa Vertriebenen,<br />
Menschen aus Südeuropa, die zu uns kamen, um in der<br />
Industrie zu arbeiten, die Flüchtlinge, die in den letzten Jahren<br />
Zuflucht im <strong>Landkreis</strong> gefunden haben – sie alle haben<br />
zur Entwicklung unserer Heimat beigetragen, prägen sie<br />
auch weiterhin.
Der Junker-Hansen-Turm: ein einzigartiger Fachwerkrundbau in Neustadt<br />
12 · 13<br />
Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> besteht in dieser Form<br />
erst seit gut 40 Jahren. Er hat eine Reihe von Vorläufern und<br />
erst die Verwaltungsreform von 1974 vereinigte die Alt-Kreise<br />
<strong>Marburg</strong> und <strong>Biedenkopf</strong> zum <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>.<br />
Die Universitätsstadt <strong>Marburg</strong> verlor ihren 1929<br />
erworbenen Status als kreisfreie Stadt und wurde mit Sonderrechten<br />
versehen ebenfalls in diesen Kreis integriert. Sie<br />
ist größte Stadt, einziges Oberzentrum im Kreis und mit reicher<br />
Geschichte sowie der Philipps-Universität ausgestattet,<br />
die bereits 1527 als erste protestantische Universität von Philipp<br />
dem Großmütigen gegründet wurde. <strong>Marburg</strong> ist eine<br />
Universitäts- und Kreisstadt, die ein besonderes Flair hat als<br />
sozusagen prototypische Universitätsstadt. Aber auch hier<br />
gilt: Die Vielfalt auch der anderen 21 Kommunen im Kreis<br />
mit ebenfalls oft sehr langer, wechselvoller und reicher Geschichte,<br />
tragen zur Lebensqualität in unserem <strong>Landkreis</strong><br />
bei.<br />
So wie das Verhältnis von Stadt <strong>Marburg</strong> und den anderen<br />
Kreiskommunen, ist auch unsere Wirtschaftsstruktur geprägt.<br />
Einige große Unternehmen zum Beispiel der Pharmaindustrie<br />
oder Metallverarbeitung auf der einen, und sehr<br />
viele klein- und mittelständische Unternehmen, häufig familiengeführt,<br />
sowie Handwerksbetriebe auf der anderen Seite.<br />
Unternehmen und Betriebe, die standorttreu sind, sich regional<br />
engagieren, Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen und<br />
zur Vielfältigkeit und Wirtschaftskraft des <strong>Landkreis</strong>es beitragen.<br />
Darunter etliche Weltmarktführer, die ein Fremder<br />
nicht zwingend zum Beispiel im Hinterland vermuten würde.<br />
Doch nicht nur Einheimische fühlen sich im <strong>Landkreis</strong> wohl.<br />
Auch unsere Besucher auf Zeit schätzen das touristische Angebot<br />
in den Städten des Kreises, in unserer reizvollen Mittelgebirgslandschaft.<br />
Zahlreiche Wanderwege, die Premium-<br />
Wanderregion im Burgwald, der Lahnradweg oder das vielfältige<br />
kulturelle Angebot vom Freilichtmuseum bis zum<br />
Musical vor reizvoller Kulisse locken viele Touristen zu uns<br />
in den <strong>Landkreis</strong>.<br />
Gäste auf Zeit sind auch die zahlreichen jungen Menschen,<br />
die in den Kreis kommen, um an der Philipps-Universität<br />
<strong>Marburg</strong> zu studieren und hier einen oft prägenden Abschnitt<br />
ihres Lebens zu verbringen. Und mit dafür sorgen,<br />
dass der <strong>Landkreis</strong> bei aller Geschichte und Tradition eine<br />
sehr zukunftsgewandte, innovative Region ist und bleibt.<br />
Beleg dafür ist zudem, dass es seit einigen Jahren in <strong>Biedenkopf</strong><br />
eine zweite Hochschule im <strong>Landkreis</strong> gibt, und dieser<br />
Standort der Technischen Hochschule Mittelhessen auch ein<br />
deutliches Zeichen für die Verbundenheit der regionalen<br />
Unternehmen mit ihrer Heimat ist. Innovation gibt es eben<br />
nicht nur im Silicon Valley, sondern auch im Lahn- oder<br />
Ohmtal.
Wie wunderbar sich Innovation und Heimatverbundenheit<br />
in globaler Verantwortung miteinander verbinden lassen, belegen<br />
die Aktivitäten im <strong>Landkreis</strong> beim Thema Klimaschutz.<br />
Sind wir doch einer der „Masterplan 100 Prozent<br />
Klimaschutz-<strong>Landkreis</strong>e“ bundesweit. Hier leistet die Kreisverwaltung<br />
tatsächlich Beispielhaftes. Auf das Engagement<br />
der Bürgerinnen und Bürger kann der <strong>Landkreis</strong> hier <strong>ganz</strong><br />
besonders zählen. Ein herausragendes Beispiel dafür sind die<br />
aktuell 11 Bioenergiedörfer. Ein Ergebnis des außergewöhnlichen<br />
Engagements vieler Menschen in unseren Dörfern.<br />
Mit den demnächst 18 Bioenergiedörfern nimmt der <strong>Landkreis</strong><br />
in Hessen auch hier eine Spitzenstellung ein. Innovativ<br />
und traditionsbewusst, weltoffen und heimatverbunden, engagiert,<br />
vielfältig und verantwortungsbewusst gegenüber<br />
Natur und Umwelt – so sind hier die Menschen. Und auf die<br />
kommt es ja zuallererst an, wenn man etwas erreichen will.<br />
Das gilt selbstverständlich auch für das Produkt, das Sie nun<br />
nach langer Vorbereitung und viel Engagement in den Händen<br />
halten, in dem Sie blättern und lesen können: „<strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>…<strong>ganz</strong><br />
<strong>persönlich</strong>“. Deshalb möchte ich<br />
mich herzlich bei denjenigen Menschen bedanken, die dieses<br />
Buchprojekt ermöglicht haben. Da sind zunächst selbstverständlich<br />
diejenigen, die sich „<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>“ in diesem<br />
hochwertigen Band porträtieren lassen und somit auch<br />
Schlaglichter auf die Vielfältigkeit des <strong>Landkreis</strong>es und seiner<br />
Menschen ermöglichen. Mein Dank gilt darüber hinaus<br />
denjenigen, die durch ihren finanziellen Beitrag diese Publikation<br />
möglich gemacht haben sowie dem neomediaVerlag.<br />
Und er gilt dem Team mit Andreas Schmidt und Dr. Markus<br />
Morr sowie ergänzend Anna Margarethe Becker dafür, dass<br />
das Angebot des Verlags für den vorliegenden Band genutzt<br />
und umgesetzt wurde.<br />
Entstanden ist so ein Band, der – na ja, zumindest fast – so<br />
vielfältig wie die rund 245.000 Einwohnerinnen und Einwohner<br />
des <strong>Landkreis</strong>es ist. Deshalb wünsche ich nun allen<br />
Leserinnen und Lesern, Einheimischen wie Gästen, eine interessante,<br />
unterhaltsame und manchmal sicher überraschende<br />
Lektüre, die Ihnen neue Perspektiven und Eindrücke<br />
bieten wird.<br />
Herzlich Ihre<br />
Kirsten Fründt<br />
Landrätin<br />
Das Schloss in <strong>Biedenkopf</strong> oberhalb der früheren Kreisstadt <strong>Biedenkopf</strong>
KHALED<br />
AL DEAB<br />
geb. 1985 in Damaskus, lebte dort bis zu<br />
seinem 27. Lebensjahr | das Kunststudium<br />
konnte er aufgrund des Krieges nicht<br />
beenden | als eine Bombe in seiner<br />
Wohnungeinschlug,flüchteteseine<strong>ganz</strong>e<br />
Familie nach Amman in Jordanien |<br />
arbeitete dort, um sich das nötige Geld<br />
für die weitere Flucht zu verdienen | kam<br />
2014 über die Balkanroute nach Deutschland<br />
und lebt jetzt mit seiner Frau in<br />
<strong>Biedenkopf</strong>.<br />
Khaled Al Deab setzt sich in <strong>Biedenkopf</strong>, wo er eine neue Heimat gefunden hat,<br />
künstlerisch mit Vergangenheit und Gegenwart auseinander.<br />
14 · 15<br />
Khaled Al Deab<br />
BILDER DER FLUCHT<br />
WERDEN ZU KUNST<br />
Dass ich heute in <strong>Biedenkopf</strong> lebe, macht mich<br />
unheimlich glücklich. Denn mein Heimatland<br />
Syrien musste ich verlassen: Der Krieg machte<br />
das Leben dort unerträglich. Eigentlich wollte<br />
ich gerne bleiben, denn mein Traum war es, Kunst zu studieren.<br />
Nach dem Abitur habe ich zunächst eine kleine Firma<br />
gehabt: eine Reinigung für Kleidung und Teppiche. Doch<br />
2009 wurde ich zur Armee eingezogen. Und als mein Wehrdienst<br />
zu Ende war, konnte ich mich meinem Traum widmen<br />
und anfangen zu studieren. Mit meinen beiden Brüdern, den<br />
zwei Schwestern und meiner Mutter hatte ich ein gutes Leben,<br />
mitten in der Stadt. Doch dieses Leben und auch mein<br />
Studium wurde schnell beendet. Denn als eine Bombe in<br />
meinem Zimmer einschlug – glücklicherweise ohne zu explodieren<br />
– bin ich mit meiner Familie nach Jordanien geflohen.<br />
Dass ich noch lebe, ist also reines Glück.<br />
In Jordanien habe ich eineinhalb Jahre an einer Tankstelle<br />
gearbeitet, um Geld für die Weiterreise und auch für die<br />
Familie zu verdienen. Aber der Job war sehr schlecht bezahlt.<br />
Jeden Tag habe ich zwölf Stunden lang gearbeitet, sieben Tage<br />
in der Woche, für 200 Euro im Monat. Nach eineinhalb<br />
Jahren musste ich wegen Rückenproblemen aufhören. Mittlerweile<br />
hatte ich genug Geld, um mit einem Flug ticket in die<br />
Türkei zu reisen. Ich wollte weiter nach Deutschland. Gemeinsam<br />
mit einem Freund suchte ich einen Schlepper – in<br />
Bodrum, Izmir, Istanbul und Marmaris. Nach 20 Tagen fanden<br />
wir einen, bezahlten ihm 1.800 Euro, um mit einem<br />
Boot nach Griechenland zu kommen. Ich hatte Angst, besorgte<br />
mir eine Rettungsweste. In dem Boot waren wir elf<br />
Leute, und die Angst reiste mit. Nach einer halben Stunde<br />
kamen wir in Griechenland an, landeten in Seskli, einer kleinen<br />
Insel in der Ägäis. Wir hatten nichts: Kein Essen, kein<br />
Wasser – und wir wussten nicht, wie es weitergeht.<br />
Schließlich wurden wir vom Militär aufgegriffen und in ein<br />
Lager gebracht. Dort wurden wir zwar versorgt, aber es war<br />
wie im Gefängnis. Eine Woche später wurden wir nach
Athen gebracht. Das Spiel begann von vorne: Wieder suchte<br />
ich einen Schleuser, diesmal, um nach Mazedonien zu kommen.<br />
Auf einem Lastwagen ging es weiter: 40 Leute wurden<br />
zusammengepfercht, der Fahrer brachte uns über die Grenze<br />
– und wieder kostete es 1.800 Euro.<br />
Wir marschierten zu Fuß weiter in Richtung Serbien. Dort<br />
wurde ich von der Polizei geschnappt und ins Gefängnis<br />
geworfen. Nach zehn Tagen brachte man mich zurück<br />
nach Mazedonien. Und derselbe Schleuser wie vorher<br />
brachte mich dann wieder über die Grenze. Ich schlug<br />
mich zunächst wieder zu Fuß durch Serbien, dann kam irgendwann<br />
ein Kleinwagen. Mit zehn Personen kamen wir<br />
in Belgrad an.<br />
„Ich will auch den Neuanfang illustrieren, die<br />
Hoffnung, die ich hier in <strong>Biedenkopf</strong> wieder erleben<br />
kann. Denn die Stadt ist für mich der Ort, an dem<br />
ich endlich wieder unbeschwert leben kann.“<br />
Ein weiterer Schleuser wollte mich für 1.500 Euro nach<br />
Italien bringen, in Ungarn wurde ich allerdings wieder festgenommen.<br />
Drei Tage blieb ich im Gefängnis, wurde freigelassen<br />
und zum Glück nicht zurückgebracht. Mit dem Auto<br />
ging es für 600 Euro weiter – über Italien und Österreich<br />
kam ich letztendlich nach insgesamt etwa einem halben<br />
Jahr in Frankfurt an. Von dort ging es weiter ins Camp<br />
nach Gießen – und jetzt bin ich hier, habe eine Duldung für<br />
drei Jahre und konnte sogar meine Frau Arij nachholen.<br />
vom Postraub, das <strong>Biedenkopf</strong>er Schloss und die Statue „El<br />
Niño“. Doch in den Bildern zeige und verarbeite ich auch,<br />
was ich während der Flucht erlebt habe. Ein einzelner, roter<br />
Turnschuh, mit Blut beschmiert, ist alles, was von einem<br />
Kind übrig blieb. „Bombeneinschlag“ habe ich das Bild<br />
genannt, auf dem sich eine Familie die Ohren zuhält. Und<br />
„Auf dem Wasser“ zeigt ein überfülltes Boot, voll mit<br />
Flüchtlingen.<br />
Aber ich will auch den Neuanfang illustrieren, die Hoffnung,<br />
die ich hier in <strong>Biedenkopf</strong> wieder erleben kann. Denn<br />
die Stadt ist für mich der Ort, an dem ich endlich wieder<br />
unbeschwert leben kann. Nun wünsche ich mir, dass ich einen<br />
Beruf erlernen kann. Wenn es mit dem Kunststudium<br />
nicht klappt, dann könnte ich mir auch eine Ausbildung als<br />
Maler und Lackierer vorstellen, um mein eigenes Geld zu<br />
verdienen.<br />
Meine Geschwister sind mittlerweile auch weit verteilt: ein<br />
Bruder lebt in Edmonton in Kanada, der Zweite in Stuttgart.<br />
Und eine meiner Schwestern wohnt in Saudi-Arabien, meine<br />
andere in Wilhelmshaven. Wir bleiben über Internet in Kontakt,<br />
das spendet Trost. Denn ich denke noch oft an Syrien.<br />
Doch zurück will ich nicht mehr. Zu tief sind die Wunden,<br />
die der Krieg gerissen hat. Arij und ich bauen hier unsere<br />
Zukunft auf. Und vielleicht kann meine Mutter, die in Jordanien<br />
blieb, zu uns kommen. Dann wäre das Glück perfekt.<br />
Eines der Werke Al Deabs zeigt ein überladenes Flüchtlingsboot.<br />
Ich bin sehr glücklich, denn ich wurde sehr freundlich aufgenommen,<br />
habe viel Hilfe gefunden. Auch habe ich schon<br />
viele Freunde gefunden. Und ich konnte schon zweimal bei<br />
den <strong>Biedenkopf</strong>er Schlossfestspielen mitmachen – dort habe<br />
ich im Stück „Der Postraub“ den Räuber Jost Wege gespielt.<br />
Meinen Text kann ich noch.<br />
Durch den Workshop zum Musical habe ich die Musiklehrerin<br />
Silvia Salzbauer kennengelernt, die mich toll fördert.<br />
Mittlerweile kann ich Klavier spielen, Silvia hat mir ein gebrauchtes<br />
Piano besorgt. Und jetzt kann ich auch wieder<br />
malen. In einigen Ausstellungen konnte ich meine Werke<br />
nun schon zeigen. Ein Bild zeigt zum Beispiel die Kutsche
KATHARINA ALENA<br />
BECKER<br />
geb. 1997 | 2014 Ausbildung<br />
zur Übungsleiterin | 2015<br />
Abitur in <strong>Marburg</strong> | seit 2015<br />
Ausbildung zur Biologie-<br />
Laborantin bei CSL Behring |<br />
Kirschenkönigin in Gladenbach<br />
von 2015 bis 2016<br />
16 · 17<br />
Katharina Alena Becker<br />
GLADENBACHS<br />
REGENTIN FÜR EIN JAHR<br />
Schon als kleines Kind, wenn ich den Kirschenmarkt<br />
besuchte, hatte ich den Traum, Prinzessin zu sein –<br />
so, wie viele Mädchen. Und immer, wenn ich die<br />
Kirschenkönigin mit ihrer Krone gesehen habe,<br />
wurde in mir der Wunsch geweckt, selbst Königin zu sein.<br />
Schon im Jahr 2014 hätte ich mich beinahe beworben.<br />
Allerdings war es das Jahr vor meinem Abitur – und das war<br />
wichtiger. Aber ein Jahr später, als ich den Abschluss in der<br />
Tasche hatte, habe ich mich zur Wahl beworben. Dabei haben<br />
mich meine Familie und meine Freunde unterstützt: Sie<br />
waren davon überzeugt, dass ich es kann. Und plötzlich ging<br />
alles Schlag auf Schlag.<br />
Mir war natürlich bewusst, dass im Verlauf des Jahres einige<br />
Termine auf mich zukommen werden. Aber <strong>ganz</strong> blauäugig<br />
bin ich nicht an das Thema herangegangen: Ich kannte Nadine<br />
Koch, die ebenfalls aus Weidenhausen kommt. Sie war<br />
2013 Kirschenkönigin, und so konnte ich mich nicht nur bei<br />
ihr informieren, sondern auch einige Tipps bekommen. Ich<br />
wusste also, was auf mich zukam und war nicht überrascht,<br />
dass ich jeden Monat etwa ein bis zwei Termine für die Stadt<br />
absolvieren musste. Das war zu schaffen – so konnte ich zur<br />
Wahl antreten.<br />
Es kam der Wahl-Abend im Kirschenmarktzelt. Heiß war<br />
es, und das Zelt war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ich<br />
kannte es zwar, vor vielen Menschen zu stehen. Denn beim<br />
TV Hartenrod turne ich selbst und bin als Übungsleiterin<br />
des Kinderturnens aktiv. Und auch in der Tanzgruppe des<br />
TV Weidenhausen mache ich mit. Doch an dem Abend im<br />
Zelt – das war schon eine andere Situation.<br />
Ich war die erste Kandidatin, die mit der Rose in der Hand<br />
über den Laufsteg gehen musste. Erfahrungen auf der Bühne<br />
und vor Publikum hatte ich bereits, aber aufgeregt war ich<br />
dennoch, als das Publikum johlte, schrie und mich anfeuerte.<br />
Danach mussten meine Fans für mich jubeln, denn die ge-
messene Lautstärke von zwei Läufen wird addiert. Im ersten<br />
Durchgang erreichte ich durch meine Unterstützer 94 Phon –<br />
ein sehr guter Wert.<br />
Dann musste mein Prinz, Jonas Haus, am Glücksrad drehen –<br />
und erreichte die Höchst-Punktzahl vier. Es folgte der zweite<br />
Lauf, und im Anschluss stieg der Phon-Wert sogar noch auf<br />
96 – es war geschafft, mich hatte das Publikum zur Kirschenkönigin<br />
gewählt. Es folgte der große Moment, als mir meine<br />
Vorgängerin Jennifer Fuchs den Mantel umlegte, die Krone<br />
aufsetzte und das Zepter überreichte. Das ging so schnell –<br />
ich kann mich kaum noch erinnern. Denn es war eine Mischung<br />
aus Freude, Erleichterung und Blitzlichtgewitter.<br />
Beim anschließenden Ausmarsch kamen wir nur bis zum<br />
Zelt-Ausgang, denn es folgten noch zahlreiche Fotos und<br />
auch Interviews.<br />
Direkt am nächsten Morgen hatte ich meinen ersten Termin:<br />
beim Pressefrühstück auf dem Kirschenmarkt. Und am<br />
5. September folgte der erste offizielle Auftritt als Kirschenkönigin<br />
auf dem Gladenbacher Weinfest. Ich hatte mich gut<br />
vorbereitet, eine Rede geschrieben. Doch als der zweite Vorredner<br />
mit seiner Rede fertig war, merkte ich: Alles, was ich<br />
eigentlich sagen wollte, war bereits gesagt. Ich konnte zum<br />
Glück improvisieren – und seit der Weinprobe sind wir<br />
Weißweintrinker.<br />
Es folgten zahlreiche weitere Auftritte. Irgendwann hatte ich<br />
eine gewisse Routine – auch dank Planung und Disziplin.<br />
Die habe ich durch meinen Sport gelernt: Schon kurz nachdem<br />
ich laufen konnte, fing ich mit dem Turnen an – vom<br />
Kleinkinder- und Mädchenturnen bis zum Leistungsturnen.<br />
Hinzu kommt noch der Tanz, bei dem Disziplin ebenfalls<br />
sehr wichtig ist.<br />
„Ich bin hier verwurzelt. Denn Freunde und Familie<br />
sind mir wichtig. Durch das Amt der Kirschenkönigin<br />
habe ich mit meinem Prinz Veranstaltungen besucht,<br />
die Leute unseres Alters normalerweise nicht erleben.<br />
Das hat auch den Sinn für die Region geschärft.“<br />
Daher finde ich es schade, dass es offenbar immer schwieriger<br />
wird, Kandidatinnen für das Amt zu begeistern. Ich<br />
kann allen nur Mut zusprechen: Man muss zwar Engagement<br />
zeigen und Herzblut in die Sache stecken. Doch es ist<br />
wirklich eine sehr positive Erfahrung. Außerdem gibt es<br />
auch viel Unterstützung durch die Stadt.<br />
Ich mag unsere Region, ich fühle mich hier wohl und kann<br />
mir vorstellen, auch während meines Studiums, das ich plane,<br />
hierzubleiben. Ich bin hier verwurzelt. Denn Freunde<br />
und Familie sind mir wichtig. Durch das Amt habe ich mit<br />
meinem Prinz Veranstaltungen besucht, die Leute unseres<br />
Alters normalerweise nicht erleben. Das hat auch den Sinn<br />
für die Region geschärft. Ich fühle mich hier sehr wohl und<br />
sehe keinen Grund, hier wegzugehen. Außerdem bin ich kein<br />
Stadtmensch.<br />
Ein Höhepunkt war auch das Hoheitentreffen im Biebricher<br />
Schloss mit Ministerpräsident Volker Bouffier. Gut 100 Hoheiten<br />
kamen und wurden für ihr ehrenamtliches Engagement<br />
gewürdigt. Es war spannend zu sehen, wie viele Hoheiten<br />
es gibt – ob Spargel-, Erdbeer- oder Kartoffelkönigin.<br />
Dort habe ich sogar eine weitere Kirschenkönigin kennengelernt<br />
– aus Witzenhausen.<br />
Aus der Zeit bleiben viele Erfahrungen und schöne Erlebnisse.<br />
Das Amt hat Nachwirkungen, es hat ein Stück weit eine<br />
Persönlichkeitsentwicklung stattgefunden. Ich hätte garantiert<br />
bereut, mich nicht beworben zu haben, denn die Erlebnisse<br />
bleiben in Erinnerung. Es war ein Jahr, das ich nie<br />
missen möchte. Und als ich meiner Nachfolgerin auf dem<br />
Kirschenmarkt nach ihrer Wahl dann Krone, Mantel und<br />
Zepter überreichte, habe ich mich für sie gefreut – aber ich<br />
war auch etwas traurig.<br />
Der Kirschentags-Festzug ist immer ein Highlight in Gladenbach.
FRIEDRICH<br />
BOHL<br />
geb. 1945 in Rodorf (Göttingen) | Studium der Rechts wissenschaften in<br />
<strong>Marburg</strong> | 1978 bis 2002 Vorsitzender des CDU-Kreisverbands |<br />
1970 bis 1980 Mitglied im Hessischen Landtag | 1980 bis 2002 Mitglied<br />
im Bundestag | 1991 bis 1998 Chef des Bundeskanzleramts |<br />
1998 bis 2009 Vorstand bei der Deutschen Vermögensberatung<br />
(DVAG), seit 2009 Aufsichtsrats-Vorsitzender der DVAG | seit<br />
2011 Präsident der von Behring-Röntgen-Stiftung | Träger des<br />
Großen Goldenen Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um<br />
die Republik Österreich, des Großen Verdienstkreuzes der<br />
Bundesrepublik Deutschland, des Großkreuzes des portugiesischen<br />
Verdienstordens und der Alfred-Degger-Medaille in Gold<br />
18 · 19<br />
Friedrich Bohl<br />
LANDKREIS ERHIELT DEN<br />
VORZUG VOR BONN<br />
In unserem schönen heimatlichen <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<br />
<strong>Biedenkopf</strong> fühle ich mich sehr wohl. Seit 1950 lebe ich<br />
hier. Damals zogen meine Eltern nach Rauschenberg,<br />
von wo aus mein Vater mit der Wohratalbahn täglich<br />
als Landwirtschaftslehrer zu seiner Dienststelle nach Kirchhain<br />
und zurück fuhr. 1951 wurde ich dann eingeschult in<br />
die damalige Volksschule Rauschenberg, in der jeweils zwei<br />
Jahrgänge in einer Klasse zusammen unterrichtet wurden.<br />
An sich habe ich eine recht unbeschwerte Kindheit dort verbracht<br />
– konnte man doch damals noch in der Wohra baden.<br />
Allerdings musste ich zweimal in der Woche mit dem Bus<br />
nach <strong>Marburg</strong> zu orthopädischen Übungen fahren, um meine<br />
Rückgratprobleme – zusätzlich zu meinem Gipsbett, in<br />
dem ich nachts schlief – kurieren zu können. Besonders<br />
gerne erinnere ich mich noch an das Jahr 1954, als wir in<br />
Kirchhain auf dem Marktplatz unsere beiden Motorradweltmeister<br />
im Seitenwagenfahren, Wilhelm Noll und Fritz<br />
Cron, begeistert feiern konnten. Auch die Fußball-WM im<br />
gleichen Jahr mit dem deutschen Sieg habe ich vor dem<br />
Fernseher im Restaurant des Hotels Ruckert, dem heutigen<br />
Restaurant „Venezia“, in Rauschenberg erlebt: beides unvergessliche<br />
Erlebnisse!<br />
1955 zogen meine Eltern nach Kirchhain und ich wechselte<br />
in das damalige Realgymnasium für Jungen in <strong>Marburg</strong>, die<br />
heutige Martin-Luther-Schule. Die Zugfahrten hatten Lichtund<br />
Schattenseiten: Zumindest hatte man den Vorteil, auf<br />
der Hinfahrt seine Schulaufgaben noch komplettieren und<br />
sich auf der Rückfahrt dem Skatspiel hingeben zu können.<br />
In Kirchhain habe ich mich unheimlich wohlgefühlt und<br />
insbesondere beim TSV Kirchhain in den Jugendmannschaften<br />
des Hand- und Fußballs viel Freude und viele Freunde<br />
gehabt. Was mir an technischen Fertigkeiten fehlte,<br />
wurde halt mit „englischer Härte“ gut ausgeglichen.<br />
Schon früh hat mich das politische Geschehen außerordentlich<br />
interessiert. So haben mich die Fernsehberichte der Nie-
Das Landgrafenschloss in <strong>Marburg</strong> dominiert das Erscheinungsbild der Universitätsstadt.<br />
„Es berührt mich immer wieder, wenn ich von meinem Büro<br />
derschlagung des ungarischen Volksaufstands 1956 ebenso<br />
tief bewegt wie die Ereignisse, die mit dem Berliner Mauerbau<br />
1961 einhergingen. Damit war der Weg in die Politik<br />
fast programmiert: 1963 trat ich in die CDU ein und wurde<br />
im gleichen Jahr Vorsitzender der Jungen Union Kirchhain.<br />
Aus unserem <strong>Landkreis</strong> sind eine Reihe bekannter und prominenter<br />
Politiker hervorgegangen, die zum großen Teil an<br />
unserer Philipps-Universität studiert haben. Ich denke aus<br />
früherer Zeit vor allem an Heinrich Schneider, Hans-Jochen<br />
Vogel, Alfred Dregger, Egon Klepsch, Walter Wallmann,<br />
aber auch an Gerhard Jahn und Ludwig Preiß. Auch meine<br />
Schulklasse war politisch <strong>ganz</strong> schön „aufgemischt“. Mit<br />
den späteren SPD-Größen Thomas Naumann und Hans-<br />
Joachim Wölk habe ich zusammen Abitur gemacht und mir<br />
manch hitzige politische Diskussion geliefert. Besonders<br />
dankbar denke ich dabei an unseren verstorbenen Deutschund<br />
Geschichtslehrer Dr. Helmut Krause, den Vater der heutigen<br />
Uni-Präsidentin Prof. Dr. Katharina Krause, der nicht<br />
von der Deutschen Vermögensberatung in Frankfurt zurück<br />
nach <strong>Marburg</strong> fahre. Dann sehe ich schon von Weitem das<br />
<strong>Marburg</strong>er Schloss und weiß, dass ich nun zu Hause bin.“<br />
nur fachlich auf der Höhe der Zeit war, sondern uns auch<br />
Toleranz und gegenseitigen Respekt gelehrt hat.<br />
Mein anschließendes Jurastudium von 1964 bis 1969 habe<br />
ich in <strong>Marburg</strong> absolviert. Es waren politisch sehr stürmische<br />
Zeiten – gerade auch an unserer Hochschule selbst –<br />
und ich als Mitglied des Stadtparlaments mittendrin. Der<br />
Slogan „Die rote Uni“ war zu hören.<br />
Wohltuend davon hob sich mein Studentenjob als Steinesetzer<br />
bei den Flurbereinigungen in Mardorf und Amöneburg<br />
ab. Zusammen mit meinem Freund Ludwig Schick,<br />
dem heutigen Bamberger Erzbischof, habe ich Löcher für
20 · 21<br />
Die Ruine der Franziskus-Kapelle am <strong>Marburg</strong>er Pilgrimstein in unmittelbarer Nähe der Elisabethkirche<br />
„Auch wenn es an manchen Wochenenden schon sehr<br />
stressig war, so konnte man doch auf Grenzgang- und<br />
Feuerwehrfesten sowie Sport- und Vereinsjubiläen,<br />
Festzügen und vielen anderen Ereignissen sehr gut Land<br />
und Leute kennen und schätzen lernen.“<br />
neue Grenzsteine gebuddelt. Das ging in Mardorf wegen des<br />
guten Bodens <strong>ganz</strong> leicht, in Amöneburg mit seinem vielen<br />
Basalt nur mit Stemmeisen.<br />
Unseren <strong>Landkreis</strong> habe ich in seiner <strong>ganz</strong>en Größe und<br />
Ausdehnung, aber auch in seiner Schönheit und Vielfalt<br />
bestens in meiner Zeit als Abgeordneter im Land und Bund<br />
kennengelernt. Auch wenn es an manchen Wochenenden<br />
schon sehr stressig war, so konnte man doch auf Grenzgangund<br />
Feuerwehrfesten sowie Sport- und Vereinsjubiläen, Festzügen<br />
und vielen anderen Ereignissen sehr gut Land und<br />
Leute kennen und schätzen lernen. Dies war nicht nur<br />
äußerst informativ, sondern hat mir sehr viel Verbundenheit<br />
mit vielen Menschen geschenkt, die ich nicht mehr missen<br />
möchte. Übrigens war das der Grund, warum wir nie nach<br />
Bonn gezogen, sondern in unserem schönen <strong>Marburg</strong> geblieben<br />
sind. Das hat sich ausgezahlt, auch wenn meine Frau<br />
und ich jahrelang eine Wochenendehe geführt haben.<br />
Unser heutiger <strong>Landkreis</strong> besteht seit der Gebietsreform in<br />
1974 aus dem Zusammenschluss der Altkreise <strong>Marburg</strong> und<br />
<strong>Biedenkopf</strong> sowie der früher kreisfreien Stadt <strong>Marburg</strong>.<br />
Dankbar erinnere ich mich an die zehn „Aufbaujahre“, die<br />
ich als CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag mit seiner<br />
CDU/FWG-Mehrheit begleiten durfte. Es ist schön, dass auf<br />
diesem Fundament unser <strong>Landkreis</strong> in vieler Hinsicht einfach<br />
Spitze geworden ist!<br />
Ich fühle mich hier einfach wohl. Es berührt mich immer<br />
wieder, wenn ich von meinem Büro von der Deutschen Vermögensberatung<br />
in Frankfurt zurück nach <strong>Marburg</strong> fahre.<br />
Dann sehe ich schon von Weitem das <strong>Marburg</strong>er Schloss<br />
(das übrigens mein Dienstsitz als Präsident der von Behring-<br />
Röntgen-Stiftung ist) und weiß, dass ich nun zu Hause bin.
FAUDI GmbH<br />
ERFINDERGEIST IM SINNE<br />
DES UMWELTSCHUTZES<br />
2 · 3<br />
Das Unternehmen FAUDI wurde 1938 von Fritz<br />
Faudi gegründet. Es beschäftigt sich seit mehr<br />
als 75 Jahren mit dem Filtern von Flüssigkeiten<br />
und Gasen in industriellen Prozessen. Mit innovativen<br />
Produkten hat FAUDI in der Filtration Meilensteine<br />
geschaffen. Der Name FAUDI steht heute als Inbegriff für<br />
höchste Qualität. Für diese Qualität stehen das Expertenwissen<br />
unserer Mitarbeiter, die Erfahrung aus sieben Jahrzehnten<br />
erfolgreicher Tätigkeit und schließlich unsere Produkte,<br />
die seit über 40 Jahren in den Anlagen unserer Kunden<br />
zuverlässig arbeiten. Diese Zuverlässigkeit basiert auf<br />
unserer Philosophie, in moderne Technologien zu investieren<br />
und die Entwicklung innovativer Produkte voranzutreiben.<br />
Fritz Faudi lag insbesondere der schonende Umgang mit<br />
Ressourcen am Herzen. So widmet sich die „Fritz & Margot<br />
Faudi Stiftung“ der Weiterentwicklung von Verfahrenstechniken<br />
zur Reinhaltung von Luft, Wasser und Boden sowie<br />
der Erforschung neuer Energiequellen. Die gasunterstützte<br />
Rückspülung gilt als Alleinstellungsmerkmal von FAUDI.<br />
Vollautomatische Rückspülfi lter mit regenerierbaren Mikrofi<br />
lterelementen entlasten durch einen geringen Rückspülverlust<br />
die Umwelt. Mit den Schnecken- und hydraulischen<br />
Brikettierpressen von FAUDI können Unternehmen bis zu 95<br />
Prozent Frischöl einsparen. Unternehmen wie VW, Audi,<br />
Bosch oder auch global tätige Ölkonzerne wie etwa die brasilianische<br />
Petrobras setzen auf die FAUDI-Filtertechnik.<br />
Für diesen Erfi nder- und Unternehmergeist steht auch Horst<br />
Watz. Der Diplom-Ingenieur übernahm FAUDI 2006 und<br />
führte den Filtrationsexperten an die Weltspitze. Heute sind<br />
über 120.000 FAUDI-Filteranlagen auf fünf Kontinenten im<br />
Einsatz, vornehmlich in der Öl-, Gas- und Chemieindustrie,<br />
in Raffi nerien, Stahlwerken und Kraftwerken sowie in der<br />
Automobil- und metallverarbeitenden Industrie.<br />
Die FAUDI beschäftigt ca. 100 Mitarbeiter – ein leistungsfähiges,<br />
hoch qualifi ziertes Team von Ingenieuren, Kaufl euten,<br />
Konstrukteuren, Monteuren und Schweißern, das FAUDI in<br />
die Lage versetzt, jede gewünschte Leistung nach länderund<br />
kundenspezifi schen Regelwerken und Vorschriften zu<br />
erbringen. Bereits in der Ausbildung wird viel Wert auf innovatives<br />
Denken gelegt. Wer bei FAUDI eine Ausbildung oder<br />
ein Duales Studium absolviert, lernt ihn vom ersten Tag an<br />
kennen – den Erfi ndergeist, der FAUDI zu einem Global<br />
Player gemacht hat.<br />
Mit einem solchen FAUDI-<br />
Modulfilter inklusive<br />
Rückspülung entlasten<br />
Raffinerien die Umwelt.<br />
Kontakt<br />
FAUDI GmbH<br />
Faudi-Straße 1<br />
35260 Stadtallendorf<br />
www.faudi.de
DR. GIUSEPPE<br />
F A U S S O N E<br />
geb. 1925, verheiratet, drei Kinder |<br />
1951 bis 1954 Maschinenbaustudium<br />
in Turin | 1954 Eintritt bei<br />
Ferrero in Alba (Italien) | 1956<br />
Aufbau des Werks in Stadtallendorf,<br />
Werksleiter bis 1992 | 2013<br />
Verleihung des „Kreislöwen“, einer<br />
selten verliehenen Auszeichnung<br />
für Menschen, die sich besonders<br />
für den <strong>Landkreis</strong> engagiert haben |<br />
2014 Verleihung der Ehrennadel<br />
der Stadt Stadtallendorf<br />
22 · 23<br />
Dr. Giuseppe Faussone<br />
SCHOKO-PIONIER FAND SEINE<br />
HEIMAT IM LANDKREIS<br />
Als ich 1956 aus Italien in den <strong>Landkreis</strong> kam, um<br />
ein Werk für Ferrero aufzubauen, konnte ich<br />
kaum absehen, dass ich hier meine Heimat finden<br />
würde. Und dass das Werk in Stadtallendorf gegründet<br />
wurde, war letztlich nur ein Zufall. Zu dieser Zeit<br />
war Ferrero lediglich in Italien ein Begriff. Für Inhaber<br />
Michele Ferrero war klar: Er wollte nach Deutschland expandieren.<br />
Deutschland war für seine Maschinen für Süßwarenfabriken<br />
bekannt. Ferrero kam jedes Jahr mit einem Dolmetscher<br />
nach Deutschland, um nach Maschinen zu schauen.<br />
Eigentlich wollte Michele Ferrero einen Standort in München.<br />
Denn in den 50er-Jahren war Deutschland für Italiener<br />
München. Doch ein Berater empfahl uns Frankfurt –<br />
aufgrund der Lage inmitten von Europa, mit einem großen<br />
Flughafen. Also fuhren Michele Ferrero und ich mit dem<br />
Zug von Turin nach Frankfurt, um eine kleine Halle zu mieten.<br />
Der Plan war, zunächst kleine Artikel herzustellen, um<br />
zu testen, wie die Deutschen auf unsere Produkte reagieren.<br />
Doch eine Halle gab es in Frankfurt nicht – zu groß war<br />
noch die Zerstörung nach dem Krieg.<br />
Uns wurde vorgeschlagen, nach Allendorf – damals noch ohne<br />
den Zusatz „Stadt“ – zu gehen. Denn dort hatte es unter<br />
anderem die Munitions- und Sprengstofffabriken gegeben –<br />
es war also jede Menge Fläche vorhanden. Dazu wurde uns<br />
ein Mitarbeiter der Aufbaugesellschaft Allendorf zur Seite<br />
gestellt. Als wir durch das Gebiet fuhren, sahen wir zunächst<br />
nur die riesigen Bunker mit den Bäumen auf den Dächern. Es<br />
war nichts Passendes dabei – bis wir am Ende der Schleife an<br />
einer Halle vorbeifuhren, in deren großen Fenstern Buchstaben<br />
klebten. Mein Chef wollte wissen, was die Buchstaben<br />
bedeuteten – dort stand „zu vermieten“, wir hatten unsere<br />
Halle gefunden.<br />
Wenige Monate später brach ich mit drei Mitarbeitern nach<br />
Stadtallendorf auf. Kurz zuvor hatte ich meine Frau Marisa<br />
geheiratet, doch es hieß zunächst Abschied nehmen. Angst
hatte ich keine: Ich war jung und freute mich auf die Aufgabe.<br />
Und schließlich war es eine große Ehre für mich, die<br />
neue Fabrik im Ausland aufzubauen. Noch dazu, wo ich erst<br />
seit zwei Jahren im Werk in Alba arbeitete. Michele Ferrero<br />
hatte großes Vertrauen in mich.<br />
Wir bereiteten die Halle vor, und im Januar 1957 begannen<br />
wir mit der Produktion. Das Werk hieß zunächst „Süßwarenherstellung<br />
GmbH“, dann „Assia“ – das italienische<br />
Wort für Hessen. Die ersten zwei Jahre waren allerdings ein<br />
Flop, denn wir haben viele kleine Artikel produziert – aber<br />
sie kamen bei den Deutschen nicht an. Eine Crème mit<br />
Milch, Butter und Kakaopulver war dabei – der Vorläufer<br />
von Nutella. Auch einen Vorgänger von Hanuta produzierten<br />
wir. Auf der Waffel war ein Bild mit Jagdmotiven zu sehen.<br />
Vor allem die Kinder aber hatten gehofft, es gäbe jeden<br />
Tag ein neues Motiv. Doch schon nach einer Woche wiederholten<br />
sich die Bilder.<br />
„Und der Durchbruch in Deutschland kam schließlich<br />
mit Mon Chéri. Das war eine Rakete.“<br />
hat in der Anfangszeit in einer Feldküche Pasta für unsere<br />
ersten Assia-Mitarbeiter gekocht. Später gab sie dann viele<br />
Jahre lang Italienisch-Kurse an der Volkshochschule. Und<br />
auch als Schriftstellerin hat sie sich einen Namen gemacht.<br />
Seit fast 40 Jahren wohnen wir nun in <strong>Marburg</strong>. Anfangs<br />
blieben wir in Stadtallendorf, damit ich notfalls schnell im<br />
Werk sein konnte. Dann kauften wir das Haus am Ortenberg.<br />
Es ist einfach schön hier – das ist unsere Heimat. Unsere<br />
drei Kinder sind hier geboren, gingen in Amöneburg zur<br />
Schule, haben in Deutschland studiert und arbeiten hier.<br />
Wichtig ist uns beiden auch die Musik. Ich habe beispielsweise<br />
als Organist ausgeholfen, in <strong>Marburg</strong> bei St. Peter und<br />
Paul und zugleich in Wehrda und in Cölbe. Auch heute spiele<br />
ich noch gerne. Wegen der Musik reisten wir auch quer<br />
durch Deutschland. Ich erinnere mich noch an Karajan in<br />
Kassel. Ein Höhepunkt waren immer die Wagner-Festspiele<br />
in Bayreuth. Auch der <strong>Landkreis</strong> hat musikalisch viel zu bieten.<br />
Marisa singt heute noch in zwei <strong>Marburg</strong>er Chören, wir<br />
haben ein Abonnement des Musikvereins und freuen uns jedes<br />
Jahr auf die Eckelshausener Musiktage – und auf die<br />
neue Stadthalle in <strong>Marburg</strong>.<br />
Michele Ferrero hatte aber die Weitsicht, dennoch am Deutschen<br />
Markt festzuhalten. Und der Durchbruch in Deutschland<br />
kam schließlich mit Mon Chéri. Das war eine Rakete.<br />
Mon Chéri wurde bereits in Italien produziert. Zu einer Besprechung<br />
in Frankfurt hatte jemand eine Schachtel vor dem<br />
Konferenzsaal auf den Tisch gestellt. Und als die Konferenz<br />
zu Ende war, war die Schachtel leer. Also haben wir die<br />
Pralinen in Stadtallendorf als Einzelstücke hergestellt. Denn<br />
die Leute hatten kein Geld, um sich eine <strong>ganz</strong>e Schachtel<br />
Pralinen zu leisten. Aber Mon Chéri kosteten nur ein paar<br />
Pfennige – jeder konnte sie kaufen, und so wurden sie sehr<br />
schnell bekannt.<br />
Nach und nach wuchs das Werk, wir fanden aber nur sehr<br />
schwer Mitarbeiter. Also haben wir Frauen aus Italien nach<br />
Stadtallendorf geholt, die bei uns im Werk gearbeitet haben<br />
und in der Anfangszeit bei Privatleuten in Amöneburg unterkamen.<br />
Heute arbeiten mehr als 5.000 Menschen aus 50 Nationen<br />
bei Ferrero in Stadtallendorf.<br />
36 Jahre lang habe ich als Werksleiter gearbeitet und bin<br />
Ferrero auch nach meiner Pensionierung in 1992 treu geblieben.<br />
Ich arbeitete noch sechs Jahre lang als Berater und bin<br />
jede Woche nach Turin geflogen, häufig auch nach Südamerika,<br />
um dort beim Aufbau von Werken zu helfen.<br />
Heimweh nach Italien hatte ich nie. Die Arbeit hat mich so<br />
begeistert, ich wollte nicht mehr weg. Für meine Frau, die<br />
erst 1957 wieder zu mir kam, war es anfangs schwieriger. Sie<br />
Von links: Michele Ferrero, seine Mutter Piera Cillario Ferrero und seine Ehefrau<br />
Maria Franca bei einer Werksbesichtigung in Stadtallendorf im Jahr 1968
EBERHARD<br />
FLAMMER<br />
geb. 1953 in Heilbronn | 1972 bis 1974 Ausbildung zum Bankkaufmann<br />
| 1974 bis 1978 Studium der Betriebswirtschafts lehre<br />
in München | 1979 KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
in München | seit 1983 geschäftsführender<br />
Gesellschafter der Firma Elkamet Kunststofftechnik<br />
GmbH in <strong>Biedenkopf</strong> | seit 1990 Mitglied der Vollversammlung<br />
der Industrie- und Handelskammer<br />
Lahn-Dill | 2002 bis 2014 Vorsitzender des Industrieausschusses<br />
| seit 2014 Präsident der Industrie- und<br />
Handelskammer Lahn-Dill | seit 2010 Mitglied des<br />
Vorstands des Competence Center Duale Hochschulstudien<br />
(StudiumPlus ® )<br />
24 · 25<br />
Diplom-Kaufmann Eberhard Flammer<br />
KEINE ANGST UM DIE<br />
ZUKUNFT DER REGION<br />
Was die Region auszeichnet, ist das einzigartige<br />
Landschaftsbild mit seinen Hügeln und<br />
Wäldern, den unzähligen Schattierungen von<br />
Grün im Frühjahr und dem berückenden<br />
Farbenspiel im Herbst. Das hat mich schon als Kind beeindruckt,<br />
wenn ich meinen Vater mit nach <strong>Biedenkopf</strong> zu der<br />
Firma begleiten durfte, die ich dann nach seinem frühen Tod<br />
schon mit 30 Jahren übernahm. Ich erinnere mich gut an<br />
diesen Septembermorgen im Jahr 1983, als ich in <strong>Biedenkopf</strong><br />
aus dem Auto stieg, mit einer ordentlichen Portion<br />
Tatendrang, Neugierde, aber auch Skepsis im Reisegepäck.<br />
Das Handwerkzeug aus Ausbildung, Studium und den ersten<br />
Schritten im Beruf hat mir bei meinem Start sehr geholfen.<br />
Eine noch viel größere Hilfe aber waren die Menschen<br />
um mich herum: Mitarbeiter und Mentoren, Familie und<br />
Weggefährten. Im hessischen Hinterland, das war mir<br />
schnell klar, trifft man sich nie nur einmal oder zweimal –<br />
sondern ist über viele unterschiedliche Bezüge und Zusam-<br />
menhänge miteinander verbunden, begegnet sich auf verschiedenen<br />
Ebenen zu wechselnden Anlässen. Das schafft<br />
ein besonderes Geflecht, das sich durch Verbindlichkeit und<br />
Verlässlichkeit auszeichnet und dessen Wert sich insbesondere<br />
dann erweist, wenn es sich bei Belastungsproben bewährt.<br />
Je mehr Menschen hier leben, sich qualifizieren und sich in<br />
die Gesellschaft einbringen, desto besser steht es um unternehmerisches<br />
Handeln, berufliche Perspektiven, <strong>persönlich</strong>e<br />
Weiterentwicklung oder privates Wohlergehen für alle. Für<br />
mich als Unternehmer bedeutet das von Anfang an, dass die<br />
Investition in die Leute die wertvollste Investition in die<br />
Zukunft ist. Heute, in Zeiten des bereits schmerzhaft spürbaren<br />
Fachkräftemangels, ist das eine oft gehörte Selbstverständlichkeit.<br />
Aber es ist noch nicht lange her, dass Aus- und<br />
Weiterbildung eher als lästige Pflicht denn als wertvollste<br />
Zukunftsvorsorge für jeden Wirtschaftsbetrieb angesehen<br />
wurden.
Die Gemeinde Breidenbach im Hinterland bietet Wohn- und Arbeitsplätze in schöner Umgebung.<br />
„JemehrMenschenhierleben,sichqualifizierenund<br />
sich in die Gesellschaft einbringen, desto besser<br />
stehtesumunternehmerischesHandeln,berufliche<br />
Perspektiven, <strong>persönlich</strong>e Weiterentwicklung oder<br />
privates Wohlergehen für alle.“<br />
Mit der dualen Berufsausbildung haben wir in Deutschland<br />
ein weltweit einzigartiges Qualifizierungsmodell, das unbestritten<br />
ein wesentlicher Erfolgsfaktor unserer Wirtschaft<br />
ist. Um unsere „Ausbildung made in Germany“ und die<br />
großartigen Fachkräfte, die daraus hervorgehen, beneiden<br />
uns viele Volkswirtschaften. Der deutsche Mittelstand als<br />
starkes Rückgrat unseres Gemeinwesens ist doch überhaupt<br />
nur denkbar durch das enge Zusammenspiel von betrieblicher<br />
Praxis und schulischer Wissensvermittlung.<br />
Ich bin wirklich froh und sehr dankbar, dass viele Menschen<br />
sich für die ständige Weiterentwicklung dieses Systems engagieren:<br />
die Ausbilderinnen und Ausbilder in den Betrieben,<br />
die Lehrkräfte in den Beruflichen Schulen, die ehrenamtlich<br />
Aktiven in den Berufsbildungs- und Prüfungsausschüssen<br />
unserer Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern.<br />
Das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung schreiben<br />
wir hier nicht weniger erfolgreich fort durch das duale<br />
„StudiumPlus ® “. Unter diesem Begriff werden die dualen<br />
Studiengänge der Technischen Hochschule Mittelhessen<br />
(THM) zusammen gefasst: Die Partnerunternehmen entsenden<br />
ihre Studenten an die Hochschule. Vorlesungsphasen an<br />
der Uni und Praxisphasen im Betrieb wechseln sich ab. Hinter<br />
diesem dualen Konzept stehen neben der THM das<br />
„Competence Center Duale Hochschulstudien“ (CCD), in<br />
dem knapp 600 Unternehmen zusammengeschlossen sind,<br />
sowie die Indus trie- und Handelskammern in Mittelhessen<br />
unter der Federführung der IHK Lahn-Dill.<br />
Zum Wintersemester 2012/2013 wurde nicht zuletzt dank<br />
der großen Unterstützung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
und der umliegenden Kommunen die „StudiumPlus“-<br />
Außenstelle in <strong>Biedenkopf</strong> eröffnet, wo angehende Ingenieure<br />
und Betriebswirte in mittlerweile vier verschiedenen<br />
Studiengängen das nötige Rüstzeug bekommen – eine<br />
großartige Gemeinschaftsleistung von Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Politik, die hier durch die mittlerweile rund 55<br />
Studierenden und bereits zwei Absolventenjahrgänge erfahrbar<br />
wird.<br />
Der Hochschulstandort <strong>Biedenkopf</strong> mit dem dualen Angebot<br />
ist die Antwort der Region auf die demografische Herausforderung:<br />
Wir jammern nicht über den Fachkräftemangel, sondern<br />
halten die Potenziale in der Region und bilden unsere<br />
Fachkräfte vor Ort aus. Zugleich muss das duale Studium in<br />
<strong>Biedenkopf</strong> in seiner Qualität keinen Vergleich scheuen. Wenn<br />
ich mir den wachsenden Wissenschafts- und Wirtschaftscampus<br />
in direkter Nachbarschaft der Beruflichen Schulen in <strong>Biedenkopf</strong><br />
anschaue, dieses klare Bekenntnis zu Bildung und<br />
Qualifizierung in und für die Region – dann ist mir um die<br />
Zukunft unseres Landstrichs kein bisschen bange.
262 · 27 3<br />
BECKER GmbH CAD·CAM·CAST<br />
KOMPETENZ IN<br />
TECHNIK UND EFFIZIENZ<br />
Eigentlich war alles <strong>ganz</strong> anders gedacht. Michael<br />
Becker wollte CAD/CAM-Dienstleistungen für die<br />
Modell- und Formenbauer hier im Hinterland anbieten.<br />
Stattdessen hat sich das Unternehmen als kompetenter<br />
und zuverlässiger Partner für die weltweite Automobilindustrie<br />
etabliert und beschäftigt heute insgesamt 55<br />
Mitarbeiter. Die BECKER GmbH CAD·CAM·CAST aus<br />
Quotshausen produziert qualitativ hochwertige Gussteile für<br />
Kunden aus der Automobilindustrie, dem Motorsport sowie<br />
für Motorenentwickler. „Unsere Kernkompetenzen sind Engineering,<br />
Rapid Prototyping und Kleinserienfertigung von<br />
Gussteilen“, erklärt Geschäftsführer Michael Becker. 1991<br />
begann alles mit einem kleinen CAD/CAM-Büro. Bereits drei<br />
Jahre später wurde ein Engineering-Büro in Detroit eröffnet.<br />
Ende der 1990er-Jahre erweiterte das Unternehmen sein Portfolio<br />
und begann mit der Fertigung von Prototypen-Gussteilen.<br />
Stetig investierte BECKER in modernste Technologien<br />
und die Erweiterung der Fertigungskapazität bis hin zur Kleinserie.<br />
„Wachsen die Anforderungen, wächst unser modulares<br />
Produktionskonzept mit“, sagt Becker.<br />
Alles aus einer Hand lautet das Unternehmensmotto. „Vom<br />
Engineering bis zum fertigen Gussteil stehen wir in der Verantwortung“,<br />
erklärt der Geschäftsführer. Dank des umfassenden<br />
Know-hows und der langjährigen Erfahrung der Mitarbeiter<br />
kann BECKER eine durchgängig hohe Qualität und<br />
Prozesssicherheit gewährleisten. Beim Thema Qualität kennt<br />
BECKER keine Kompromisse. Umfangreiche Qualitätskontrollen<br />
während des gesamten Produktionsprozesses erfüllen<br />
diese Vorgabe auf hohem Niveau.<br />
BECKER-Gussteile werden ausschließlich im Niederdruck-<br />
Sandguss-Verfahren hergestellt: die turbulenzarme Formfüllung,<br />
eine exakte Wiederholbarkeit sowie ein regelbarer<br />
Speisungsdruck sorgen für exzellente Gussqualität und für<br />
beste mechanische Eigenschaften.<br />
Für eine schnelle und zerstörungsfreie Prüfung der Gussteile<br />
auf „innere Werte“ verfügt das Unternehmen über eigene<br />
Computertomographen. Die Vermessung der Gussteile erfolgt<br />
über eine CNC gesteuerte Messmaschine, mehrachsige Mess-
Die Computertomographie bietet eine schnelle und zerstörungsfreie Werkstoffprüfung.<br />
arme oder Scanner. Um die mechanischen Eigenschaften zu<br />
prüfen, steht neben Härtemessgeräten auch eine Zugprüfmaschine<br />
zur Verfügung.<br />
Die Grundlage für einen erfolgreichen Herstellungsprozess<br />
wird bereits im Engineering gelegt. Hier setzt BECKER auf<br />
komplette 3D-CAD-Datenmodelle für die Geometrie von<br />
Gussteilen, Kernpaketen und Werkzeugen. Der Vorteil: Mit<br />
diesen Datenmodellen und einer speziellen Datenkontrolle<br />
kann BECKER konstruktive Fehler frühzeitig erkennen und<br />
eliminieren. Sollten solche Fehler erst bei der Fertigbearbeitung<br />
des Gussteils oder sogar erst auf dem Motorenprüfstand<br />
auffallen, führen sie unweigerlich zu erheblichen Kosten und<br />
großen Zeitverlusten. Zusätzlich druckt BECKER die 3D-<br />
Datenmodelle als maßstabsgetreue „begreifbare“ 3D-Modelle<br />
aus. Vor der Werkzeugfertigung und dem ersten Guss werden<br />
mittels Computersimulation wichtige Gießparameter festgelegt.<br />
Die Formfüll- und Erstarrungssimulation als auch die<br />
Berechnung der Eigenspannungen vermeiden Fehler und ersparen<br />
sehr viel Zeit und Geld.<br />
Die Kombination von Qualität und Effi zienz gelingt<br />
BECKER auch beim Umweltschutz. Das Unternehmen hat in<br />
den letzten Jahren großzügig in modernste Absaugungs- und<br />
Filteranlagen investiert. Außerdem setzt BECKER in einem<br />
Teilbereich der Produktion ein Anorganik-Bindersystem ein,<br />
das neben Umweltaspekten auch wirtschaftliche Vorteile<br />
bringt.<br />
Dank des umfassenden Know-hows und der langjährigen<br />
Erfahrung der Mitarbeiter kann BECKER eine durchgängig<br />
hohe Qualität und Prozesssicherheit gewährleisten.<br />
BECKER setzt alles daran, dass seine Kunden erfolgreich sind.<br />
Unter anderem in Rennserien wie der WEC, WRC, Nascar,<br />
DTM, Formel 1 oder der WRX, wurde BECKERs umfassende<br />
Kompetenz schon vielfach unter Beweis gestellt. So viel Kompetenz<br />
und Qualität bleibt natürlich nicht lange im Verborgenen.<br />
2013 wurde BECKER mit dem Volkswagen Group<br />
Award ausgezeichnet. „Ihre Technologie ist äußerst fl exibel,<br />
insbesondere über die komplette Entwicklungszeit des Porsche<br />
918 Spyder haben Sie sich als kompetenter und überaus zuverlässiger<br />
Partner erwiesen“, lobt der Automobilkonzern das Unternehmen<br />
aus Quotshausen – ein weiterer Erfolg, auf den das<br />
BECKER-Team stolz sein kann. Mit weiteren Innovationen<br />
wird BECKER seine Kompetenzen ausbauen. Ab 2017 stehen<br />
Selective Laser Melting Maschinen zur Verfügung, die im<br />
Schichtbauverfahren komplexe Metallteile fertigen.<br />
Kontakt<br />
BECKER GmbH CAD·CAM·CAST<br />
Brückenstraße 19<br />
35239 Steffenberg-Quotshausen<br />
www.beckerccc.com
In den Modehäusern bietet Begro eine umfangreiche Auswahl an Bekleidung.<br />
28 2 · 29 3<br />
Begro R. Krug GmbH<br />
VOM GEMISCHTWARENLADEN<br />
ZUM MODEHAUS<br />
Das Kaufmännische lag Robert Krug schon früh<br />
im Blut. Nicht selten brachte er der Mutter auf<br />
dem Heimweg von seinem damaligen Arbeitsort<br />
Frankfurt frisches Obst aus der Wetterau mit,<br />
um es im heimischen Lebensmittelgeschäft in Kleingladenbach<br />
zu verkaufen. Doch selbst ein so umtriebiger Geschäftsmann<br />
wie Krug konnte 1965, als er mit nur 28 Jahren<br />
ein Kolonialwarengeschäft in Wiesenbach eröffnete, nicht<br />
erahnen, dass daraus eine Unternehmensgruppe mit über<br />
450 Mitarbeitern entsteht, die mit einer Gesamtverkaufsfl<br />
äche von 13.000 Quadratmetern zu den führenden Modeunternehmen<br />
in der Region zählt.<br />
Ende der 1960er-Jahre herrschte Aufbruchsstimmung und<br />
die ersten Geschäfte begannen zu expandieren – so auch<br />
Krug. 1969 übernahm er in Wolzhausen nahe Breidenbach<br />
den Großhändler Heppner. 1971 übergab die Familie<br />
Hackenberg ihren Großhandel aus Altersgründen an Krug.<br />
Dabei lernte er seine spätere Ehefrau Renate kennen, die für<br />
ihn zukünftig den Einkauf übernahm. 1976 begann Krug in<br />
Breidenbach zu bauen. Mit der neu gegründeten Top-Kauf<br />
wurden nun erstmalig in Breidenbach großfl ächig Textilien<br />
und Lebensmittel angeboten.<br />
Durch die steigende Mobilität der Konsumenten Ende der<br />
1970er-Jahre sank jedoch die Zahl der kleinen Regionalanbieter<br />
in den Dörfern, wohingegen die Verkaufsfl ächen<br />
größer wurden. Diese Veränderung entging auch dem Unternehmerpaar<br />
nicht und als im Jahr 1982 im Gewerbegebiet<br />
<strong>Marburg</strong>-Wehrda eine Fläche zum Verkauf stand, ergriffen<br />
die Krugs die Chance und eröffneten auf einer für damalige<br />
Verhältnisse großen Fläche von 3.000 Quadratmetern einen<br />
Bekleidungsgroßhandel. Auch der Firmenname war schnell<br />
gefunden: Aus „Bekleidung“ und „Großhandel“ wurde das<br />
noch heute im Kaufpark ansässige Modehaus Begro, das<br />
neben Modebekleidung auch Sportartikel sowie Spiel- und<br />
Schreibwaren führte.
Bei Intersport Begro gibt es alles, was das Sportlerherz begehrt.<br />
Firmengründer Robert Krug (3. v. l.) inmitten seiner Familie: Sohn Markus<br />
mit Ehefrau Jasmin und Krugs Frau Renate mit Enkelin Lina Marie<br />
In den 1980ern traten im Lebensmitteleinzelhandel und<br />
Modebereich die Discounter verstärkt in den Wettbewerb.<br />
Zudem suchte der Konsument nach einer immer breiteren<br />
Auswahl. Doch die Krugs waren vorbereitet, denn mit dem<br />
1976 etablierten Geschäftsmodell hatte man bereits ein<br />
Handelskonzept entwickelt, das nun in die Filialisierung<br />
gehen konnte. Unter dem Namen Krug wurde Mitte der<br />
1990er der Filialstamm auf fünf Modehäuser im Umkreis<br />
von 30 Kilometer um Breidenbach ausgebaut. Im Großhandelsformat<br />
sah das Unternehmerpaar indes auf lange Sicht<br />
keine Chancen und baute die Begro Anfang der 1990er zu<br />
einem Groß- und Einzelhandel um.<br />
1996 legten die Krugs den Grundstein für die Erweiterung im<br />
Sportbereich: Sie gingen dazu über, Sortimente zu spezialisieren.<br />
Die Fachmärkte traten ihren Siegeszug beim Konsumenten<br />
an. Im Kaufpark <strong>Marburg</strong>-Wehrda bot sich zu diesem<br />
Zeitpunkt eine weitere Fläche für ein solches Konzept an.<br />
Aufgrund der bereits vorhandenen Affi nität zum Sport –<br />
Robert Krug war selbst lange als erfolgreicher Fußballer aktiv<br />
– wurde der Sportbereich aus dem Haupthaus Begro ausgegliedert<br />
und in ein Fachmarktkonzept überführt. Zu diesem<br />
Zweck trat man dem größten Einkaufsverbund im Sportbereich,<br />
der Intersport Deutschland, bei. Seitdem baut sich der<br />
Handelsbereich der Krug Unternehmensgruppe auf drei<br />
Säulen auf: Krug Mode mit vier Filialen in <strong>Biedenkopf</strong> und<br />
Mitüber450MitarbeiternundeinerGesamtverkaufsflächevon<br />
13.000 Quadratmetern gehört die Firmengruppe Begro<br />
R. Krug GmbH und R. Krug GmbH & Co. KG zu den führenden<br />
Modeunternehmen in der Region.<br />
Umgebung, Begro Mode als prägendes Haus in der Region<br />
<strong>Marburg</strong>, das auf mittlerweile 6.000 Quadratmeter angewachsen<br />
ist, sowie Intersport Begro mit ebenfalls vier Filialen<br />
in <strong>Marburg</strong>, Gießen und Schmallenberg sowie zwei in den<br />
Krug-Häusern <strong>Biedenkopf</strong> und Bad Berleburg integrierten<br />
Sportabteilungen. 2002 zog sich Robert Krug zurück und<br />
überließ die Geschäftsführung vollständig seiner Frau Renate<br />
und seinem Sohn Markus. Der Firmengründer steht ihnen<br />
heute noch beratend zur Seite. Durch regelmäßige Erweiterungen<br />
und Umbauten gelingt es der Unternehmensgruppe, den<br />
stetig verändernden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.<br />
Kontakt<br />
Begro R. Krug GmbH<br />
Industriestraße 5<br />
35041 <strong>Marburg</strong><br />
www.begro-mode.de
FLORIAN<br />
GÄRTNER<br />
geb. 1968 in Korbach | ledig | aufgewachsen in<br />
<strong>Marburg</strong> und London | 1987 Abitur am Gymnasium<br />
Philippinum | 1988 bis 1995 Studium<br />
der Anglistik und Medienwissenschaften<br />
in <strong>Marburg</strong> und Berlin | Super-8-Autodidakt<br />
| in den 90ern drei Filme für die<br />
Redaktion „Das Kleine Fernsehspiel“ des<br />
ZDF, daneben Arbeit als Schauspieler,<br />
Cutter und Regieassistent | seit 1995<br />
freier Autor und Regisseur | Mitgründer<br />
des 1991 gegründeten Berliner Grundtheaters |<br />
1999 Auszeichnung des Films „Drachenland“ mit<br />
dem Max Ophüls Preis<br />
30 · 31<br />
Florian Gärtner<br />
AUFBRUCH UND<br />
GEBORGENHEIT<br />
Als ich <strong>Marburg</strong> mit 21 Jahren Richtung Berlin<br />
verließ, hatte ich fast meine gesamten Kindheits-<br />
und Jugendjahre in <strong>Marburg</strong> und Umgebung<br />
verbracht, mit einer wichtigen Unterbrechung:<br />
In den Siebzigern lebten wir vier Jahre lang in London,<br />
wo mein Vater als Dozent am Kings College arbeitete.<br />
Als ich acht Jahre war, zogen wir dann aus der Londoner<br />
Vorstadt in das kleine Dorf <strong>Marburg</strong>-Moischt. Der Kontrast<br />
zwischen dem Leben in der Londoner Vorstadt, wo<br />
mein kompletter Freundeskreis einen Migrationshintergrund<br />
hatte, und dem dörflichen Leben umgeben von Bauernhöfen<br />
und den Kindern von Landwirten war extrem<br />
und prägt mein Empfinden von Identität und Heimat noch<br />
heute.<br />
Mit dem <strong>Landkreis</strong> verbinde ich viele Erinnerungen an<br />
Natur: an die Streifzüge mit Freunden durch die Wälder<br />
zwischen <strong>Marburg</strong> und Moischt, an den „Stempel”, einen<br />
Grillplatz in einem alten Krater dort, den ich in meiner<br />
Phantasie in eine druidische Kultstätte verwandelte, oder<br />
an Fahrrad- und Zelttouren mit Freunden entlang der Lahn<br />
Richtung Gießen und <strong>Biedenkopf</strong>.<br />
Dass eine Stadt dieser Größe damals <strong>ganz</strong>e acht Kinosäle<br />
zu bieten hatte, wusste ich sehr zu schätzen. Wichtig war<br />
für mich immer das „Sommerfestival” im Capitol-Kino, wo<br />
zwei Monate lang jeden Tag ein anderer Filmklassiker gezeigt<br />
wurde. Die kulturelle Vielfalt der Stadt habe ich dann<br />
als Student zu schätzen gelernt. Ich war noch nicht bereit,<br />
<strong>Marburg</strong> zu verlassen, und studierte vier Semester dort an<br />
der Uni. So hässlich und ungemütlich die Türme der „Phil-<br />
Fak”, der philologischen Fakultät, auch waren, habe ich die<br />
Überschaubarkeit der Uni später in Berlin sehr vermisst.<br />
Ich sagte mir manchmal, in <strong>Marburg</strong> hätte ich mein Studi-
Die Größe der Stadt und die kulturelle Vernetzung dort<br />
war für mich entscheidend für meinen beruflichen Werdegang<br />
als Filmemacher. In Berlin hätten wenig Leute von einem<br />
Super-8-Amateurfilmer Notiz genommen, aber in<br />
<strong>Marburg</strong> konnte ich mit meinen eigenproduzierten Filmen<br />
Säle füllen und wurde von der Oberhessischen Presse als<br />
„Hitchcock von <strong>Marburg</strong>” tituliert. Mein Film „Zeichen<br />
und Wunder”, eine Dreiecksgeschichte unter Studenten,<br />
war sogar ein kleiner Hit, spielte das Doppelte seines Budgets<br />
ein und verschaffte mir den Kontakt zu einer Redakteurin<br />
beim ZDF, die selber in <strong>Marburg</strong> studiert hatte und<br />
noch für eine Anzeigenzeitung Filmkritiken schrieb.<br />
1995 kehrte ich für meinen zweiten ZDF-Film nach <strong>Marburg</strong><br />
zurück. Ich wollte einen Film mit und über Jugendliche<br />
machen und suchte nach einer Möglichkeit, meine Haltung<br />
zu der Stadt und der Gegend in Bilder zu fassen. Der<br />
Film beginnt mit dem Blick eines Jugendlichen von der<br />
Mauer des Schlosses herab auf die Stadt im Morgengrauen.<br />
Eine Situation, die ich als Jugendlicher und junger Erwachsener<br />
häufig erlebt hatte: ein Zwischenstopp auf dem Weg<br />
nach Hause nach einer durchgemachten Nacht (ich wohnte<br />
in Wehrs hausen). Der Sonnenaufgang am Schlossberg gibt<br />
„Dies ist meine Heimat, und sie ist ein Teil von<br />
mir, ob ich will oder nicht.“<br />
31<br />
Herbststimmung am Hörsaalgebäude der Universität <strong>Marburg</strong><br />
um abgeschlossen. Ich spielte Theater in der Englischen<br />
Theatergruppe, genoss die Musikszene im Kulturladen<br />
KFZ, arbeitete im studentischen Filmclub, machte erste<br />
Gehversuche in der überschaubaren, aber doch lebendigen<br />
Schwulenszene und setzte vor allem meine Filmarbeit, die<br />
ich bereits in der Schule begonnen hatte, fort.<br />
dir eine Distanz zur Welt, eine Möglichkeit der ruhigen<br />
Introspek tion. In dem Film selber werden fünf Episoden<br />
um Jugendliche zwischen Anpassung und Aufbruch erzählt.<br />
Wie ich kamen auch die Figuren in den Geschichten<br />
nicht so einfach von der Stadt los. In der letzten Episode<br />
bricht eine Gruppe von Freunden nachts spontan nach England<br />
auf – in einem klapprigen VW-Bus, der aber kurz vor<br />
Caldern wegen eines Ölschadens liegenbleibt. Eine zufällig<br />
vorbeikommende Bekannte hilft ihnen mit etwas Öl aus –<br />
mit dem kommen sie gerade zurück nach <strong>Marburg</strong>, um an<br />
der Autobahntank stelle aufzutanken. Im letzten Bild des<br />
Films schreitet die jugendliche Hauptfigur von der Tankstelle<br />
weg und wir blicken mit ihr auf das Stadtpanorama<br />
in der Morgendämmerung. Eine Klammer zum Bild am<br />
Anfang: Dies ist meine Heimat, und sie ist ein Teil von mir,<br />
ob ich will oder nicht.<br />
Ich bin heute vielleicht zwei- oder dreimal im Jahr in der<br />
Stadt, weil meine Eltern dort wohnen. Da die Stadt fast in<br />
der geografischen Mitte Deutschlands liegt, ist sie ein praktischer<br />
Treffpunkt für die Familienmitglieder. In der Stadt<br />
selber fühle ich mich zunehmend fremd. Vieles hat sich verändert,<br />
ist umgebaut, wirkt sehr touristisch, viele Nippes-<br />
Läden. Was ich emotional spüre ist eine Verbindung zu der<br />
Landschaft: das leichte Mittelgebirge, die sanften Hügel<br />
und Täler durchzogen von kleinen Flüssen. Diese Landschaft<br />
vermittelt mir ein Gefühl von Heimat.
ANNEMARIE<br />
GOTTFRIED<br />
geb. 1924 in Bad Schwalbach, verheiratet mit dem Musiker und Musikwissenschaftler<br />
Heinz Gottfried | Ausbildung zur Kranken- und Säuglingsschwester |<br />
während des Zweiten Weltkriegs als Schwester in Mainz, Düsseldorf,<br />
München und Vilnius tätig | 1945 Aufbau einer Puppenwerkstatt |<br />
ab 1949 Veranstaltung zahlreicher Hauskonzerte in <strong>Biedenkopf</strong> |<br />
1950 Erweiterung der Werkstatt zu einer Firma für Werbepuppen |<br />
1951 bis 1953 künstlerische Weiterbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie<br />
| 1970 Kauf und Sanierung des Schartenhofs in Eckelshausen |<br />
1986 Gründung der Eckelshausener Musiktage | 1997 Gründung des<br />
Marionettentheaters Schartenhof | Auszeichnungen: 1990 Otto-<br />
Ubbelohde-Preis, 2003 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 2013 Kreislöwe des<br />
<strong>Landkreis</strong>es<br />
32 · 33<br />
Annemarie Gottfried<br />
DER SCHARTENHOF WAR<br />
DIE KEIMZELLE DER KULTUR<br />
Meine erste Begegnung mit dem ländlichen Leben<br />
im <strong>Landkreis</strong> hatte ich als Kind, während<br />
ich meinen Vater, Kreistierarzt Dr. Karl<br />
Frost, auf seinen Praxisfahrten begleitete. Ich<br />
lernte viele bäuerliche Betriebe kennen, schätzte das einfache<br />
Leben und auch die Herzlichkeit der so hart arbeitenden Bevölkerung.<br />
Dank unserer Haushaltshilfen, die aus Engelbach<br />
und Eifa stammten, wuchs ich mit meinen beiden Brüdern<br />
im Umfeld landwirtschaftlicher Aktivität auf, genoss es, mit<br />
auf den Acker zu gehen, zu pflanzen und zu ernten, den Duft<br />
des frisch geschnittenen Grases zu inhalieren oder im Herbst<br />
ein dunkles Schwarzbrot mit Zwetschenmus zu essen.<br />
Es war eine kurze, aber sehr einprägsame Zeit, die vermutlich<br />
dazu beitrug, dass ich nach dem Krieg und nach meinen<br />
beruflichen Aufenthalten in Düsseldorf, Mainz, München<br />
und Vilnius in Litauen meine Zelte wieder in der Region<br />
aufschlug. Während amerikanische Soldaten noch mein<br />
Elternhaus in <strong>Biedenkopf</strong> besetzt hielten, begann ich, aus<br />
Nesselresten und Sägemehl Spielpuppen anzufertigen, die im<br />
Tausch gegen Lebensmittel ein wenig zum Überleben verhalfen.<br />
Damals konnte ich noch nicht ahnen, dass sich daraus<br />
eine Werkstatt mit vielen Heimarbeitern entwickeln würde,<br />
dass meine Fähigkeit, alles in die natürliche, figürliche Proportion<br />
umzusetzen, der Anfang einer Firma war, die zu den<br />
ersten in Deutschland gehörte, die für die Produktion von<br />
Werbepuppen verantwortlich zeichnete. Millionen „Maskottchen“<br />
wurden in Formen in Kautschuk gegossen, bemalt,<br />
etikettiert und in Handarbeit hergestellt. Sie warben<br />
für die Auto- und Pharmaindustrie, für Bekleidung, Lebensmittel<br />
und den aufkommenden Tourismus.<br />
Das Werbeatelier rekrutierte von Düsseldorf aus die Großaufträge,<br />
die Produktionsstätte war in <strong>Biedenkopf</strong>. Leider<br />
war der Standort für einen Ausbau nicht geeignet, das<br />
bedeutete eine Zäsur in der weiteren Planung.<br />
Durch meine Verbindung zur Düsseldorfer Akademie der<br />
Kunst und durch den Austausch mit verschiedenen Musik-
hochschulen Deutschlands über die musikwissenschaftliche<br />
Arbeit meines Mannes veranstalteten wir parallel Konzerte<br />
und Ausstellungen im eigenen Haus. Viele Künstler, die ihre<br />
Heimat im Krieg verloren hatten, fanden Unterschlupf in<br />
<strong>Biedenkopf</strong>. Gemeinsam bauten wir einen Freundeskreis auf,<br />
der neben der existenziellen Herausforderung den künstlerischen<br />
Dialog suchte. So bin ich seit 1950 engstens mit dem<br />
kulturellen Engagement in der Region verbunden.<br />
1970 ergab sich die Chance, den von mir schon lange geschätzten<br />
Schartenhof in Eckelshausen zu erwerben. Dieses<br />
bäuerliche Anwesen, etwa 1690 erbaut, eröffnete mir die<br />
Vision, dort einen Platz für bildende Kunst, Literatur und<br />
Musik anzusiedeln. Einerseits bot mir der Schartenhof eine<br />
Heimat, die stark mit meinen Kindheitserinnerungen verbunden<br />
war, andererseits erschienen mir seine Gebäude als<br />
wunderbare Raumspender für kreative Arbeit und Kultur.<br />
Das Anwesen zu sanieren, war harte Arbeit. 1975 fanden<br />
dort erste Lesungen, Ausstellungen und Kammermusikabende<br />
statt. In <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> entfaltete sich eine neue<br />
Keimzelle der Kultur, anfangs noch mit Skepsis beobachtet,<br />
später aber das Zentrum, in dem die Eckelshausener Musiktage<br />
aus der Taufe gehoben wurden. 2016 feierten sie ihren<br />
30. Geburtstag, zahlreiche Spielorte tragen mit hochkarätigen<br />
Interpreten und Konzerten zu einem regen Kulturtourismus<br />
bei. In der wunderschönen Räumlichkeit der Wetteraner<br />
Stiftskirche erklangen u. a. die phantastischen Stimmen<br />
der Wiener Sängerknaben, der Augsburger Domsingknaben<br />
und des lettischen Chores Latvia unter der Leitung von Maris<br />
Sirmaris oder auch Weltstars wie der Violonist Gidon<br />
Kremer und Cellist Julius Berger sind nur einige Beispiele,<br />
die in diesen Jahren den herausragenden Ruf der Musiktage<br />
geprägt haben. Auch Veranstaltungsorte wie die Wetteraner<br />
Stiftskirche, der Fürstensaal des Landgrafenschlosses der<br />
Universitätsstadt <strong>Marburg</strong>, der Garten der Baumschule Kuhli<br />
in Caldern, der Paradiesgarten der Klosterkirche in Caldern,<br />
das Schloss Wittgenstein oder das Atrium der Roth<br />
Werke in Buchenau geben ihnen ihr eigenes, <strong>ganz</strong> besonderes<br />
Gesicht.<br />
„In <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> entfaltete sich eine neue Keimzelle<br />
der Kultur, anfangs noch mit Skepsis beobachtet, später<br />
aber das Zentrum, in dem die Eckelshausener Musiktage<br />
aus der Taufe gehoben wurden.“<br />
Das Czech National Symphony Orchestra unter der Leitung von Heiko Mathias Förster bei den Eckelshausener Musiktagen
Sehr verbunden mit der Geschichte der Eckelshausener<br />
Musiktage sind die im <strong>Landkreis</strong> beheimateten Politiker<br />
Landrat a.D. Prof. Dr. Kurt Kliem, der langjährige Schirmherr<br />
Landrat a.D. Robert Fischbach, Dr. Christian Wagner,<br />
hessischer Kultusminister a.D., und der jetzige Schirmherr,<br />
Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer. Auch Manfred<br />
Roth, Inhaber von Roth Industries, ist ein langjähriger Partner<br />
des Festivals. Natürlich erfährt eine solche Kulturarbeit<br />
auch einen intensiven Reifeprozess. Insbesondere der Begegnung<br />
mit Prof. Dr. Max Wichtl, Lehrstuhl der Pharmazie an<br />
der Universität <strong>Marburg</strong>, und Dr. Giuseppe Faussone, ehemaliger<br />
Leiter von Ferrero in Stadtallendorf, ist es zu verdanken,<br />
dass junge Menschen Zugang zur Musik, zur Oper<br />
und zum klassischen Marionettenspiel fanden. Prof. Dr.<br />
Wichtl war Mitbegründer des Marionettentheaters Schartenhof,<br />
das sich intensiv den Aufführungen der Opern von<br />
W. A. Mozart, G. Rossini, J. Strauß, C. M. von Weber, O.<br />
Nicolai und E. Humperdinck auf einer Bühne mit Figurentheater<br />
widmet. Dr. Faussone ermutigte in den Anfängen das<br />
junge Ensemble zu einem Gastspiel im italienischen Alba,<br />
dem Hauptsitz von Ferrero, um dort vor großer Zuschauerzahl<br />
„il flauto magico“ von Mozart zu spielen. Die Resonanz<br />
war überwältigend – es begann die aufregende Vita des Marionettentheaters.<br />
Neben dem eigenen Haus fanden zahlreiche<br />
weitere Gastspiele etwa in Wien, Asiago, Boswil und vielen<br />
Städten Deutschlands statt. Inzwischen sind 20 Jahre<br />
vergangen, das Marionettentheater ist etabliert und ein Magnet<br />
für Freunde von Oper und Figurentheater.<br />
Natürlich erfüllt es mich mit Freude, für das Theater über<br />
150 Marionetten gestaltet zu haben, eigenwillige Darsteller<br />
und Charaktere warten stets auf ihren Auftritt – geführt von<br />
hochbegabten Spielern in einer von Heinz Zürcher zauberhaft<br />
entworfenen und gestalteten Bühnenarchitektur.<br />
Mit den Ausstellungen, dem kulturellen Engagement im<br />
Schartenhof und meiner künstlerischen Arbeit – ob es meine<br />
Papierskulpturen, meine Bronzearbeiten oder große Freiluftskulpturen<br />
sind – glaube ich, in den 70 Jahren, die ich nun<br />
hier lebe, Impulse geschaffen zu haben, die die Menschen in<br />
die Welt der Kreativität und Kunst entführen. Ein besonderer<br />
Dank geht auch an meine Familie, die ebenso hier sesshaft<br />
wurde, Landschaft und Vielseitigkeit zu schätzen weiß<br />
und wesentlich zum Gelingen der vielen Projekte beiträgt.<br />
34 · 35<br />
Ein außergewöhnliches Erlebnis ist der Besuch der Marionettentheater-Aufführungen.
Haben die Zeichen der Zeit erkannt: Norbert Diehl (links) und Klaus Hönscher, die Geschäftsführer<br />
der Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />
Friedhelm Wilmes übernahm von seinem Vater den Holzhandel<br />
und baute ihn zu einem mittelständischen Unternehmen aus.<br />
Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />
WANDEL FÜHRT<br />
ZURÜCK IN DIE<br />
ERFOLGSSPUR<br />
Es war der Vater, der Friedhelm Wilmes nach Wohra<br />
brachte. Denn Franz Wilmes hatte im frühen<br />
20. Jahrhundert einen fl orierenden Holzhandel in<br />
Neheim-Hüsten bei Arnsberg im Sauerland gegründet<br />
und fertigte dort außerdem Holzleuchtenzubehör, Nähkästchen,<br />
Blumenhocker und Beistelltische – und dafür benötigte er Holz.<br />
Das bezog er auch aus Langendorf, wo er seit 1934 die Jagd<br />
gepachtet hatte. So verbrachte die Familie Wilmes fast jedes<br />
Wochenende in der im Jahr 1937 gebauten Jagdhütte.<br />
Als sein Vater mit nur 56 Jahren verstarb, übernahm Friedhelm<br />
Wilmes mit 26 Jahren die Firma. Die Zeichen standen<br />
auf Expansion. Diese war am Standort in Hüsten aber nicht<br />
möglich – Bahnschienen begrenzten das Gelände. Daher entschloss<br />
sich Friedhelm Wilmes, in Wohra zu bauen – Land gab<br />
es genug. Er stellte die Produktion auf Wohnmöbel um und<br />
gründete 1961 die Möbelfabrik Wohra GmbH.<br />
Die 60er-Jahre waren die Zeit des Wirtschaftswunders – der<br />
Versandhandel boomte. Die Firma Wilmes lieferte anfangs<br />
fertig aufgebaute Möbel direkt in die Lager der Kunden, später,<br />
dem Trend folgend, zerlegte Möbel. Um der wachsenden<br />
Nachfrage gerecht zu werden, wurden neue Produktionshallen<br />
gebaut. Neben heimischen Arbeitskräften fanden auch italienische<br />
Gastarbeiter und Nebenerwerbs-Landwirte aus der Region<br />
eine Anstellung. Große Kaufhäuser wie Horten, Hertie und<br />
Bilka standen ebenso auf der Kundenliste wie der Versandhändler<br />
Neckermann. Einen weiteren Wachstumsschub gab es<br />
nach dem Mauerfall und der Grenzöffnung. Wilmes setzte nun<br />
hauptsächlich auf den Versandhandel. Doch dann kamen zwei<br />
Rückschläge in Folge: Im November 2011 verstarb Friedhelm<br />
Wilmes. Und im Juli 2012 meldete Neckermann Insolvenz an.<br />
Ohne Vorwarnung brach ein Großteil der Umsätze weg.<br />
Keine leichte Aufgabe also für die beiden Geschäftsführer,<br />
Klaus Hönscher und Norbert Diehl, die ihr Amt 2013 antraten.<br />
„Wir mussten das Geschäft komplett neu strukturieren“,<br />
sagt Hönscher. Die Möbelfabrik wurde verschmolzen mit der<br />
Franz Wilmes Möbelvertriebs GmbH. Das Unternehmen<br />
schaffte mit seinen 58 Mitarbeitern die Kehrtwende. „Nicht<br />
zuletzt durch die Reaktivierung alter Kunden und das Erschließen<br />
neuer Vertriebswege“, so Diehl. Der Wandel gelang:<br />
Zu den Kunden zählen heute weiterhin große Versandhäuser,<br />
aber auch 25 Online-Händler. So fand das Unternehmen zurück<br />
in die Erfolgsspur.<br />
Kontakt<br />
Franz Wilmes Möbelvertriebsgesellschaft mbH<br />
Halsdorfer Straße 40<br />
35288 Wohratal<br />
www.moebelfabrik-wohra.com
KARINA<br />
GOTTSCHALK<br />
geb. 1978 in <strong>Marburg</strong> | aufgewachsen als eine von drei<br />
Töchtern in Münchhausen | nach dem Fachabitur Ausbildung<br />
zur Bankkauffrau | 2003 Abschluss als Fachwirtin<br />
BankCOLLEG | 2009 nochmals einen neuen Weg eingeschlagen<br />
als Berufsschullehrerin im Bereich Wirtschaft und<br />
Verwaltung,zunächstandenBeruflichenSchulenUntertaunus<br />
in Taunusstein und seit 2015 an der Wirtschaftsschule<br />
am Oswaldsgarten in Gießen | seit 1989 Mitglied der<br />
freiwilligen Feuerwehr<br />
MATTHIAS<br />
ZEIDLER<br />
geb. 1983 in Finsterwalde | aufgewachsen im ländlichen<br />
Südbrandenburg in einer Familie und als einer von zwei<br />
Söhnen | nach dem Abitur Studium der Erziehungswissenschaften<br />
an der Philipps-Universität in <strong>Marburg</strong> | seit 2003 wohnhaft in <strong>Marburg</strong> | 2005 bis 2009 Mitarbeiter in<br />
der Jugendförderung der Stadt <strong>Marburg</strong> | seit 2010 Mitarbeiter im Fachdienst Schule der Stadt <strong>Marburg</strong> | seit<br />
1993 Mitglied einer ehrenamtlichen Feuerwehr: zunächst in Finsterwalde, dann in <strong>Marburg</strong><br />
36 · 37<br />
Karina Gottschalk und Matthias Zeidler<br />
VOLLER EINSATZ FÜR JUNGE<br />
MENSCHEN IN DER FEUERWEHR<br />
Als hätte es so sein müssen. Sie ist Lehrerin an<br />
einer Berufsschule in Gießen, er Diplom-Pädagoge<br />
in <strong>Marburg</strong>. Zusammen haben sie bereits ein<br />
halbes Jahrhundert Feuerwehrerfahrung. Obwohl<br />
Karina Gottschalk, die Kreis-Jugendfeuerwehrwartin,<br />
erst 38 Jahre alt ist und ihr Stellvertreter Matthias Zeidler<br />
33. Ein perfektes Team, um 1.472 Feuerwehr-Jugendlichen<br />
und 141 Jugendfeuerwehrwarten im <strong>Landkreis</strong> vorzustehen.<br />
Dass sie gute Freunde geworden sind, ist zu spüren, das<br />
brauchen sie nicht zu sagen, „aber wir streiten uns auch“,<br />
schränkt Matthias Zeidler ein. Dabei ginge es um wichtige<br />
Themen. Schließlich hätten sie durch ihre Berufe unterschiedliche<br />
Sichtweisen darauf. Trotzdem immer wieder zustimmendes<br />
Nicken im Gespräch, wenn der andere etwas zu<br />
ihrem gemeinsamen Ehrenamt sagt. Bei einer Konfrontation<br />
geht es ausschließlich um die Sache, den Inhalt. Das treibt<br />
sie an und voran. Sonst ziehen sie an einem Strang.<br />
Faszination Blaulicht, Signalhorn, Technik, Helfen, Kameradschaft.<br />
Probleme gemeinsam lösen. Spaß haben. Schlagworte,<br />
die die beiden als Kinder zur Feuerwehr gezogen<br />
haben. Die Münchhäuserin seit 1989, den gebürtigen<br />
Brandenburger seit 1993.<br />
Immer mehr Aufgaben kamen hinzu. Karina Gottschalk<br />
wurde in ihrer Heimat Jugendfeuerwehrwartin, dann Wertungsrichterin<br />
auf Kreisebene und letztlich 2007 die erste<br />
hessische Kreis-Jugendfeuerwehrwartin. „Die Chefin“, sagt<br />
Matthias Zeidler freundschaftlich, aber auch respektvoll.<br />
Er kam zum Studium nach <strong>Marburg</strong> und wendete sich durch<br />
die Feuerwehr erst der Erwachsenenbildung im Institut für<br />
Gefahrenabwehr zu. Er bildete Krisenmanager aus. Zeidler<br />
war auch Ausbilder und Kassenwart in <strong>Marburg</strong>. 2007 wurde<br />
er Gottschalks Schriftführer, dann 2010 ihr Vertreter.<br />
Beide loben die kurzen und unbürokratischen Wege, die sie
haben und ihre Arbeit erleichtern. Und die beiden sehen<br />
sich in der Verantwortung, die sie ernst nehmen. Sie verstehen<br />
sich in einer Vorreiterrolle und wollen Impulse setzen.<br />
Ihr großer Wunsch: Sie möchten jeden Jugendlichen erreichen.<br />
Eine schwierige Aufgabe, die sie sich gesetzt haben. „Und<br />
manchmal ist der Spagat nicht <strong>ganz</strong> einfach“, wie sie sagen –<br />
und nennen den Jugendfeuerwehr-Aktionstag in 2014 als<br />
Beispiel. Zwei Jahre Vorbereitungszeit, Nächte darüber gebrütet.<br />
Schließlich kam Feuerwehrnachwuchs aus <strong>ganz</strong> Hessen.<br />
„Bei solchen großen Aufgaben kann man nicht alle<br />
gleich gut betreuen“, wie sie sagen.<br />
Aber ihr Anspruch ist und bleibt, dass sie Dienstleister der<br />
Feuerwehr für junge Menschen sind und deren Interessenvertreter,<br />
ihr Sprachrohr. Die beiden wollen „das bunte Portfolio“<br />
für den <strong>Landkreis</strong> erhalten und ermöglichen, wie sie sagen.<br />
Dazu gehören die Wettbewerbe, die Lehrgänge und Tagungen,<br />
aber auch die Freizeiten. Wie beispielsweise die Kreiszeltlager.<br />
Karina Gottschalk und Matthias Zeidler wollen diese Vielfältigkeit<br />
„nach vorne bringen“. Das ist ihr Ziel. Und ein weiteres<br />
Ziel ist es, die eigene Jugendarbeit im Ausschuss zu fördern.<br />
Junge Menschen nicht nur direkt an der Löschspritze in die<br />
Verantwortung zu ziehen, sondern auch darüber hinaus.<br />
„Schließlich lebt unsere Arbeit von Menschen“.<br />
Obwohl es über die Jahre hinweg einen leichten Zugewinn<br />
an jungen Leuten gegeben hätte, sei es nicht gerade einfacher<br />
geworden, Jugendliche zu begeistern. Da liege ein generelles<br />
Problem vor. Im Medienkonsum sehen sie ihren größten<br />
Gegner. Ebenfalls sagt ihnen ihr Gefühl, dass Sport nicht<br />
mehr so angesagt sei. Aber auch eine Art Angst vor Verpflichtung<br />
und Verantwortung haben sie ausgemacht. „Das<br />
macht es schwierig, junge Feuerwehrleute, Jugendwarte und<br />
Ausschussmitglieder zu finden“, sagen sie. Davon lassen sich<br />
aber nicht entmutigen. Im Gegenteil, das spornt sie an. Man<br />
nimmt es ihnen ab.<br />
Fragt man Karina Gottschalk nach anderen Hobbys, lächelt<br />
sie. Es erklärt sich von selbst. Die Feuerwehr ist ein großer<br />
Teil ihres Lebens. Wegen ihr und der Familie kam sie auch<br />
nach sechs Jahren aus dem Taunus zurück. Hier fühlt sie<br />
sich wohl, verstanden.<br />
Mittlerweile ist auch Matthias Zeidler hier „fest verwurzelt“,<br />
wie er sagt. Der <strong>Landkreis</strong> ist seine zweite Heimat.<br />
Wenn er mal frei hat, reist er gerne, Menschen und Kulturen<br />
kennenlernen. Beide haben auch Lieblingsplätze im <strong>Landkreis</strong>.<br />
Sie den Christenberg, er den Frauenberg. Dass es sich<br />
bei beiden um Berge handelt, hat wahrscheinlich nichts<br />
mehr mit Zufall zu tun. Karina Gottschalk und Matthias<br />
Zeidler haben anscheinend gerne den Überblick.<br />
Die Jugendfeuerwehr macht nicht nur Spaß, sondern ist auch ein wichtiger Faktor für die Zukunft der Feuerwehren.<br />
„Und die beiden sehen sich in der Verantwortung, die sie ernst nehmen. Sie verstehen sich in einer Vorreiterrolle<br />
und wollen Impulse setzen. Ihr großer Wunsch: Sie möchten jeden Jugendlichen erreichen.“
HELMUT<br />
HENKEL<br />
geb. 1947 in Wallau | seit 1965 Elektroinstallateur | 1976 staatlich geprüfter Techniker |<br />
1983 bis 2007 geschäftsführender Gesellschafter der H.P.W. GmbH | ab 1990<br />
Vorstandsmitglied der Kreishandwerkerschaft (KH) <strong>Marburg</strong> | 1998 bis 2000<br />
stellvertretender Kreishandwerksmeister | 2000 bis 2013 Kreishandwerksmeister<br />
| 1999 bis 2013 Vorstandsmitglied der Handwerkskammer | 2005 bis<br />
2013 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der KHn Hessen-Thüringen |<br />
2006 bis 2013 Mitglied der Kommission zur Strukturreform im Handwerk<br />
und Vertreter der KHn im Hessischen Handwerkstag | 1988 bis 1998<br />
Vorstandsmitglied und Vizepräsident des Hessischen Radfahrerverbands |<br />
1999 bis 2009 Vorstandsmitglied und stellv. Vorsitzender im Arbeitskreis für<br />
Kommunalfragen | Mitarbeit im Verkehrsforum und im Projekt Agenda 21<br />
derStadt<strong>Marburg</strong>|ModeratorimProjektDemografischerWandeldes<strong>Landkreis</strong>es|<br />
Aufsichtsratsmitglied Volksbank Mittelhessen | 2014 Bundesverdienstkreuz am Bande |<br />
seit 2015 Regionalkoordinator SES<br />
38 · 39<br />
Helmut Henkel<br />
DIE JUGEND IST DIE<br />
ZUKUNFT DER REGION<br />
Wir leben in einem einzigartigen <strong>Landkreis</strong>,<br />
eingebettet in der Region Mittelhessen. Ich<br />
habe ihn während meiner verschiedenen Tätigkeiten<br />
in all seinen Facetten kennengelernt:<br />
Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs war – und es<br />
auch heute noch bin – genieße ich die herrliche Landschaft.<br />
Es ist immer ein gutes Gefühl, in dieser Natur trainieren zu<br />
können. Lange Jahre bin ich im Radsport für einen Frankfurter<br />
Verein gefahren. Meine Teamkollegen mussten immer<br />
erst aus der Stadt raus, um im Taunus die Natur zu erleben –<br />
ich habe sie vor der Haustür.<br />
Geschäftlich und politisch schätze ich die kurzen Wege: Die<br />
Distanzen zum Kreishaus oder zum Rathaus sind im wahrsten<br />
Wortsinne kurz. Ich hatte nie das Gefühl, große Hürden<br />
überspringen zu müssen, denn ich fand immer leicht Gehör.<br />
Das habe ich beispielsweise erlebt, als ich in den 80ern ein<br />
Firmengebäude bauen wollte – es gab keine Widerstände.<br />
Und wenn man sich einbringt, kann man auch etwas bewe-<br />
gen – egal ob in der „Agendagruppe 2010“, die ich moderiert<br />
habe, im „Verkehrsforum“ oder in einer Schwimmbadgruppe<br />
im Ebsdorfer Grund, in die man mich einberufen<br />
hatte. Noch dazu bietet unser <strong>Landkreis</strong> ein hervorragendes<br />
Bildungsangebot: Von Fach- und Meisterschulen bis hin zur<br />
Universität stehen alle Bildungsmöglichkeiten offen. Und im<br />
Anschluss stehen potente Wirtschaftsunternehmen vom<br />
kleinen, innovativen Handwerksbetrieb bis zum Weltmarktführer<br />
bereit, die den Absolventen hervorragende und vielfältige<br />
Karrierechancen bieten.<br />
Auch kulturell ist die Region bestens aufgestellt. Und wenn<br />
man ausnahmsweise im <strong>Landkreis</strong> nicht finden sollte, was<br />
man möchte, so ist man binnen einer Stunde in Frankfurt.<br />
Wir genießen also viele Annehmlichkeiten, können den Flughafen<br />
in 45 Minuten erreichen – sind also trotz der Ruhe an<br />
die Welt angeschlossen. Problematisch ist lediglich die<br />
Anbindung in Richtung Norden. Doch auch die wird sich<br />
durch den Ausbau der Autobahn 49 verbessern.
Dachdecker-Azubi Yannik Hochstein (links) demonstriert bei der „MEMO Bauen“ sein Können.<br />
Ich habe viele Chancen bekommen: im Radsport ebenso wie in<br />
meiner Selbstständigkeit. Daher ist es mir ein Grund bedürfnis,<br />
etwas zurückzugeben. Und das war auch der Grund, warum<br />
ich in 2000 die Wahl zum Kreishandwerksmeister angenommen<br />
habe. Denn im Ehrenamt lässt sich viel bewegen und gestalten<br />
– und das Handwerk ist ein essenzieller Faktor, um die<br />
Zukunftsfähigkeit des <strong>Landkreis</strong>es zu erhalten.<br />
Doch mein freiwilliges Engagement begann schon vorher:<br />
Neun Jahre lang habe ich mich im Vorstand des Hessischen<br />
Radsport-Verbands engagiert, um vor allem die Jugend zu<br />
fördern. Denn sie ist es letztendlich, die unserer Region die<br />
Zukunft sichert. Daher verdient sie alles Engagement, um sie<br />
im <strong>Landkreis</strong> zu halten.<br />
Ich bin ein Macher: Für mich ist es wichtig, etwas zu bewegen<br />
– ohne dass ich jemals politisch tätig war. Dennoch<br />
glaube ich schon, dass ich die Wirtschaftspolitik im <strong>Landkreis</strong><br />
positiv mitgeprägt habe. Und das nicht, weil ich unkritisch<br />
war, im Gegenteil: Gab es Probleme, habe ich sie<br />
thematisiert. Manchmal auch mit gebotener Härte. Doch es<br />
ist mir schon immer wichtig gewesen, kein Porzellan zu zerschlagen.<br />
Denn hinterher muss man sich trotz unterschiedlicher<br />
Auffassungen immer noch in die Augen blicken können,<br />
das gehört zum professionellen Umgang dazu.<br />
„Im Anschluss stehen potente Wirtschaftsunternehmen<br />
vom kleinen, innovativen Handwerksbetrieb bis zum<br />
Weltmarktführer bereit, die den Absolventen hervorragende<br />
und vielfältige Karriere chancen bieten.“<br />
Dabei sehe ich mich aber keinesfalls als Einzelkämpfer:<br />
Jederzeit gab es ein Team im Hintergrund, das mich unterstützt<br />
hat. Beim Sport ist die Ausdauer ebenso wichtig wie<br />
im Berufsleben. Und so war es auch im Berufsleben und in<br />
allen Ehrenämtern: Immer gab es wichtige Unterstützung,<br />
die nach vorne vielleicht nicht immer sichtbar war – aber<br />
sie war da. Eine „Aktionswoche Handwerk“, die bei jungen<br />
Leuten die Freude am Handwerk wecken soll, wäre alleine<br />
ebensowenig zu stemmen gewesen wie das Projekt<br />
„Kinder und Handwerk“, bei dem in Kindergärten schon<br />
die Jüngsten für handwerkliche Berufe begeistert werden<br />
sollen.<br />
Bei so manchem Radrennen habe ich auch viel für das Leben<br />
gelernt, das ich an die jungen Menschen weitergeben<br />
möchte. War ich bei einem Rennen nicht erfolgreich, so habe<br />
ich dennoch wenige Tage später wieder trainiert. So ist es<br />
auch im Berufsleben, wenn man kräftig auf die Nase fällt:<br />
Man muss einmal häufiger aufstehen, als man hinfällt.<br />
Denn mit Niederlagen leben zu können ist wichtig. Ich hätte<br />
mir immer gewünscht, dass die unterschiedlichen Wirtschaftsorganisationen<br />
und Verbände fusionieren oder sich<br />
so umstrukturieren, dass sie gemeinsam noch mehr<br />
bewegen.<br />
Auch jetzt bin ich weiter für die Jugend aktiv: In der Initiative<br />
„Senior Experten Service“ arbeite ich als Regionalkoordinator,<br />
um Jugendlichen, die auf ihrem beruflichen Weg Probleme<br />
haben, zu helfen. Außerdem betreue und koordiniere ich<br />
ehemalige Fach- und Führungskräfte der Region, die sich für<br />
Jugendliche auf deren manchmal steinigem Weg engagieren.<br />
Somit können wir alle gemeinsam dem wirtschaftlichen<br />
Nachwuchs und den Unternehmen helfen – und damit auch<br />
der Gesellschaft.
Nach individuellen Kundenvorgaben hat Buderus Guss unterschiedliche<br />
Leichtbaubremsscheiben für Pkw entwickelt und zur Serienreife gebracht.<br />
Innovation der Extraklasse: Die iDisc punktet durch lange Lebensdauer,<br />
korrodiert nicht und verringert die Feinstaubbelastung.<br />
402 · 41 3<br />
Buderus Guss GmbH<br />
EUROPÄISCHER MARKTFÜHRER<br />
FÜR PKW-BREMSSCHEIBEN<br />
In modernen Autos sind etliche Systeme verbaut, die für<br />
mehr Sicherheit beim Fahren sorgen. Doch der wahre<br />
Lebensretter bei einem drohenden Unfall ist ein Bauteil,<br />
das wie selbstverständlich zum Auto dazugehört: die<br />
Bremsscheibe. Doch was so selbstverständlich erscheint, ist<br />
ein hochtechnologisches Produkt, für das eine langjährige<br />
Entwicklungskompetenz bei Material und Design notwendig<br />
ist – ein Know-how wie man es bei der Buderus Guss GmbH<br />
aus Breidenbach fi ndet. Als führender Hersteller und Entwickler<br />
von Pkw-Bremsscheiben und als global agierendes<br />
Unternehmen mit rund 800 Mitarbeitern deckt das Unternehmen<br />
20 Prozent des europäischen Bedarfs an Pkw-Bremsscheiben<br />
ab und ist hier Marktführer. Schwerpunkt der Produktion<br />
sind belüftete Bremsscheiben für Pkw und Kleintransporter.<br />
An den Standorten Breidenbach und <strong>Biedenkopf</strong>-<br />
Ludwigshütte hat das 1913 gegründete Unternehmen seine<br />
Gießereien und Bearbeitungsbetriebe vollautomatisiert ausgerüstet<br />
und ist „Best in Class“ bei allen Produktionsprozessen.<br />
Das Werk Breidenbach der Buderus Guss ist die modernste<br />
Eisengießerei für Pkw-Bremsscheiben in Europa. Vollautomatisierte<br />
Aggregate in den Gießereien und Bearbeitungslinien<br />
sorgen dafür, dass aus Stahlschrott und Kreislaufmaterial<br />
massive und belüftete Bremsscheiben werden.<br />
Umweltschutz ist bei der Buderus Guss als Unternehmensgrundsatz<br />
festgeschrieben. Er nimmt den gleichen Stellenwert<br />
ein wie die Qualität der Erzeugnisse und die Wirtschaftlichkeit<br />
des unternehmerischen Handelns. Als erste<br />
Gießerei in Deutschland wurde Buderus Guss mit dem<br />
Energiemanagement system DIN EN ISO 50001 zertifi -<br />
ziert. Zudem erhielt es als eine der ersten Gießereien in<br />
Europa im Jahr 2011 das Umweltzertifi kat ISO 14001.<br />
Jede Bremsscheibe von Buderus Guss entsteht aus<br />
Recycel-Material und ist zu 100 Prozent recycelbar. Alle<br />
Späne, die bei der mechanischen Bearbeitung entstehen,<br />
werden in den modernen Mittelfrequenzöfen gleich<br />
wieder verwertet.
Einer der wichtigsten Faktoren zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs<br />
und der angestrebten Verringerung des CO 2<br />
-<br />
Ausstoßes ist die Reduktion von Bauteil- und damit Fahrzeuggewicht.<br />
Vor diesem Hintergrund nimmt das Thema<br />
Leichtbau in den automobilen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />
eine Schlüsselstellung ein – und natürlich<br />
auch bei Buderus Guss. Durch Innovationen bei Bremsscheibenwerkstoffen<br />
und in der Verbindungstechnik zwischen<br />
Bremsscheiben-Reibring und Topf haben die Ingenieure von<br />
Buderus Guss bei zahlreichen Modellvarianten bis zu 25<br />
Prozent Gewichtsreduzierung gegenüber herkömmlichen<br />
Bremsscheiben erreicht. Leichtbau wird in Zukunft nicht nur<br />
bei Fahrzeugen der Ober- und Premiumklasse eine Rolle<br />
spielen, sondern zunehmend auch bei Mittelklasse-Pkw.<br />
Buderus Guss fokussiert seine Entwicklungsarbeit auf dieses<br />
Segment, um Leichtbaubremsscheiben durch optimierte Fertigungsverfahren<br />
für breitere Anwendungen zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
Umweltschutz ist bei der Buderus Guss als<br />
Unternehmensgrundsatz festgeschrieben. Er<br />
nimmt den gleichen Stellenwert ein wie die Qualität<br />
der Erzeugnisse und die Wirtschaftlichkeit des<br />
unternehmerischen Handelns.<br />
Neben dem Buderus Guss-Leichtbauprogramm hat das Unternehmen<br />
mit der Entwicklung der iDisc Akzente gesetzt.<br />
Die iDisc („i“ steht für innovativ) punktet durch lange Lebensdauer,<br />
Korrosionsfreiheit, reduziertes Bremsstaubaufkommen<br />
und optische Ele<strong>ganz</strong>. Sie stellt für Premium-Fahrzeuge<br />
eine Alternative zur Grauguss- und zur keramischen<br />
Bremsscheibe dar. Die deutlich geringere Bremsstaubentwicklung<br />
bedeutet zum einen ein Plus an Komfort für den<br />
Endkunden, der auf saubere Felgen Wert legt. Zum anderen<br />
reduziert die iDisc die Feinstaubbelastung. Wie der grüne<br />
Weg in die Zukunft bei Buderus Guss aussieht, zeigen nicht<br />
nur Produkte wie die iDisc, sondern auch Produktionsprozesse<br />
und die Etablierung energieeffi zienter Anlagen, die zu<br />
beachtlichen Energieeinsparungen geführt haben.<br />
Kontakt<br />
Buderus Guss GmbH<br />
Buderusstraße 26<br />
35236 Breidenbach<br />
www.buderus-guss.de
In <strong>Marburg</strong> befindet<br />
sich das Dr. Reinfried<br />
Pohl Zentrum für<br />
Vermögensberatung.<br />
42 · 43 3<br />
Deutsche Vermögensberatung AG<br />
IN DER FINANZWELT ZUHAUSE,<br />
IN DER REGION TIEF VERWURZELT<br />
Dass dem Begriff „Heimat“ eine Vielzahl an Defi -<br />
nitionen innewohnt, zeigt sich am Beispiel der<br />
jahrzehntelangen Verbindung zwischen der Region<br />
<strong>Marburg</strong> und der Deutschen Vermögensberatung<br />
AG (DVAG). „<strong>Marburg</strong> und sein <strong>Landkreis</strong> stellen<br />
für die DVAG in betrieblicher, kultureller wie auch in <strong>persönlich</strong>er<br />
Hinsicht einen besonderen Angelpunkt dar“, betont<br />
Andreas Pohl, der das Familienunternehmen seit 2014<br />
in zweiter Generation leitet. Tatsächlich kann <strong>Marburg</strong><br />
gewissermaßen als Wiege des Unternehmens bezeichnet<br />
werden: Vor fast 70 Jahren ließ sich hier Firmengründer Dr.<br />
Reinfried Pohl als Flüchtling aus der ehemaligen sowjetischen<br />
Besatzungszone nieder. Von <strong>Marburg</strong> aus entwickelte<br />
Dr. Pohl seine Allfi nanz-Konzeption, deren Kern darin besteht,<br />
den Kunden branchenübergreifend zu sämtlichen Finanzfragen<br />
zu beraten. Damit begründete er gleichzeitig eine<br />
vollkommen neuartige Berufssparte – die des Vermögensberaters.<br />
Im Laufe der über 40-jährigen Unternehmensgeschichte<br />
entwickelte sich die DVAG damit zur größten und<br />
erfolgreichsten Finanzberatung Deutschlands mit rund<br />
14.000 hauptberufl ichen Vermögensberatern, die heute rund<br />
sechs Millionen Kunden zu den Themen Finanzen, Vorsorge<br />
und Absicherung betreuen.<br />
Im Laufe der Jahre ist <strong>Marburg</strong> zum Mittelpunkt der Unternehmensgruppe<br />
und zugleich zum Herzstück der Unternehmenskultur<br />
geworden. Neben dem Sitz der Deutschen Vermögensberatung<br />
Holding GmbH befi nden sich hier zahlreiche<br />
Einrichtungen, die den Schwerpunkt auf die Aus- und Weiterbildung<br />
sowie den gegenseitigen Erfahrungsaustausch legen.<br />
So wurde 2011 im Herzen der Innenstadt das Dr. Reinfried<br />
Pohl Zentrum für Vermögensberatung (ZVB) eröffnet,
„Der Standort <strong>Marburg</strong> steht sinnbildlich für die<br />
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der<br />
Deutschen Vermögensberatung.“<br />
Andreas Pohl, seit 2014<br />
Vorstandsvorsitzender der DVAG<br />
sowie Geschäftsführer und<br />
Gesellschafter der Deutschen<br />
Vermögensberatung Holding GmbH<br />
ein modernes Schulungs- und Kongresszentrum mit angegliedertem<br />
Museumsbereich. Die Türen des ZVB stehen jedermann<br />
offen – Vermögensberatern, externen Veranstaltern<br />
und neugierigen Gästen. Die mannigfaltigen Möglichkeiten<br />
des Zentrums werden rege genutzt: Bis heute haben im Rahmen<br />
von Seminaren, Abendveranstaltungen oder Museumsführungen<br />
mehr als 200.000 Besucher den Weg dorthin gefunden.<br />
Nicht zuletzt wird am Beispiel der Kultur- und Eventscheune<br />
in Dagobertshausen deutlich, dass die DVAG der<br />
gesellschaftlich-kulturellen Förderung vor Ort einen hohen<br />
Stellenwert beimisst.<br />
Des Weiteren unterstützt die Deutsche Vermögensberatung<br />
die Studienlandschaft der Universitätsstadt: Mit dem 2014<br />
eröffneten Campus <strong>Marburg</strong> der Fachhochschule der Wirtschaft<br />
(FHDW) besteht eine enge Partnerschaft mit dem<br />
Ziel, hoch qualifi zierte Nachwuchskräfte, insbesondere für<br />
die DVAG, auszubilden. Junge Menschen haben hier die Gelegenheit,<br />
sich im Zuge eines praxisnahen dualen Studiums<br />
auf den Bereich Finanzvertrieb zu spezialisieren.<br />
All diese Aspekte machen deutlich, dass die Region <strong>Marburg</strong><br />
und die Deutsche Vermögensberatung eng miteinander verwoben<br />
sind: Zum einen ist die Stadt Ursprung einer erfolgreichen<br />
Unternehmensgeschichte. Zum anderen ist die<br />
DVAG ein fester Bestandteil der hier ansässigen Unternehmenslandschaft<br />
und ein engagierter Ausbildungs- und Kooperationspartner.<br />
„Der Standort <strong>Marburg</strong> steht sinnbildlich<br />
für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der<br />
Deutschen Vermögensberatung“, resümiert auch Andreas<br />
Pohl, der selbst in <strong>Marburg</strong> aufgewachsen ist und von hier<br />
aus und von der Zentrale der DVAG in Frankfurt die Unternehmensgeschicke<br />
lenkt. „Heimat“ stellt somit in vielfältiger<br />
Weise ein zentrales Element im Handeln und Wirken der<br />
Deutschen Vermögensberatung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
dar.<br />
Darüber hinaus macht sich Familie Pohl auch für zahlreiche<br />
karitative Projekte in der Region stark. Davon zeugen insbesondere<br />
ihre Stiftungen: die Anneliese Pohl Stiftung zur Unterstützung<br />
von an Krebs erkrankten Personen sowie die Dr.<br />
Reinfried Pohl Stiftung zur Förderung der wissenschaftlichen<br />
und medizinischen Forschung an der <strong>Marburg</strong>er<br />
Philipps-Universität.<br />
Kontakt<br />
Deutsche Vermögensberatung AG<br />
Wilhelm-Leuschner-Straße 24<br />
60329 Frankfurt am Main<br />
www.dvag.com
BRUNHILDE<br />
HESS<br />
geb. 1954 in Niederthalhausen | verheiratet,<br />
zwei Söhne | Abitur, Banklehre | 1987 in<br />
Wetter anlässlich des Grenzgangfestes mit<br />
dem Theaterspielen begonnen | 1987 Gründungsmitglied<br />
des Theater- und Festspielvereins<br />
Wetter | in den 90er-Jahren mit<br />
Schreiben und Inszenierung kleiner Stücke<br />
begonnen (Straßentheater, Weihnachtsmärkte)<br />
| 1995 erstes größeres selbstgeschriebenes<br />
Jugend theaterstück | 1997 wurde das erste<br />
größere Open-Air Theater auf Burg Mellnau<br />
verwirklicht. Es folgten 15 weitere Theaterprojekte<br />
(12 davon selbst verfasst), darunter sieben<br />
fantastische Musicals, fünf historische<br />
Theaterstücke, eine Dorfgroteske (alle Open-<br />
Air) sowie ein weiteres Jugendtheaterstück.<br />
44 · 45<br />
Brunhilde „Bruno“ Heß<br />
FANTASTISCHE GESCHICHTEN,<br />
INSPIRIERT DURCH DIE REGION<br />
Meine Heimat ist Hessen. Ich wurde Mitte der<br />
50er-Jahre in einem kleinen Dorf bei Rotenburg<br />
an der Fulda geboren. Alle Verwandten<br />
waren Bauern, und ich liebte von Kind an die<br />
Natur um mich herum, die Geborgenheit der großelterlichen<br />
Familie, die an die Jahreszeiten gebundenen Arbeitsabläufe<br />
wie die Heuernte, das Dreschen, das Kartoffeldämpfen oder<br />
das Schlachtfest.<br />
Allerdings war ich ab meinem sechsten Lebensjahr nur<br />
während der Ferien auf dem Land. Mein Vater fand Arbeit<br />
in Köln, und so zogen wir, als ich zwei Jahre alt war, dorthin.<br />
Als ich 16 war, kamen wir zurück nach Hessen, lebten<br />
in Bad Hersfeld. Ich durfte die Freiheiten des Landlebens<br />
genießen, ohne den harten Lebensbedingungen ausgesetzt<br />
zu sein. Meine Freundinnen mussten indes schwer schuften.<br />
Kartoffeln lesen, Rüben hacken, Obst ernten und bei<br />
der Verwertung helfen. Ich sah alles durch die rosarote<br />
Brille.<br />
Das Landleben in den 60er-Jahren barg hingegen viele<br />
Schwächen in sich. Ich denke hier vor allem an die Zurücksetzung<br />
der Frauen, an ihr hartes und entbehrungsreiches<br />
Leben. Trotz des Wissens um die Lebensweise hat sich in<br />
meinen Gefühlen das Positive erhalten. Die Natur, die<br />
Tierwelt, die Ernte dessen, was zuvor angebaut worden<br />
war, hat alle meine Sinne geschärft und mir unseren Ursprung<br />
vor Augen geführt.<br />
Diese Strukturen meiner osthessischen Heimat finde ich in<br />
ähnlicher Form in der Stadt Wetter und ihrer Umgebung<br />
wieder. Bewirtschaftete Felder, beweidete Wiesen, umgeben<br />
von Wald. Aber auch alte Fachwerkhäuser, die geologische<br />
Formation des Buntsandsteines, den ich so sehr mag.<br />
Auch manche Gerüche aus meiner Kindheit streifen mich<br />
immer wieder, wenn das Heu duftet oder die Jauche aufs<br />
Feld eingebracht wird. Ich finde hier ein Stück Kindheit<br />
wieder – aber auch eine andere Welt. Vielfältiger, bunter ist<br />
die Mischung der Menschen. Es gibt unzählige Vereine,
Gemeinschaften, Zusammenschlüsse, in denen die Menschen<br />
gesellschaftspolitische Themen bearbeiten oder soziale<br />
Hilfe anbieten. Auswärtige ziehen aufs Dorf und restaurieren<br />
nicht selten die alten Fachwerkhöfe. <strong>Marburg</strong> mit<br />
seiner Universität bietet ein großes Forum, um sich sachkundig<br />
über die verschiedensten Themen informieren zu<br />
können.<br />
Das alles – die Menschen, die Natur, die alten Gemäuer – sie<br />
bringen meine Fantasie in Bewegung. Und so entstehen Geschichten<br />
in einem Raum von Träumerei und der Suche nach<br />
einem tieferen Sinn. Der Bach in Amönau inspirierte mich zu<br />
der Geschichte von „Suaine“, der Wasserfrau. Der Raubbau<br />
an der Natur spiegelt sich in ihrer Figur. „Los Bandidos“<br />
zeigte die Problematik der Fremdenfeindlichkeit. Zwei Mitglieder<br />
einer großen Katzenfamilie stehen zwei fremden, in<br />
Not geratenen Katzen aggressiv gegenüber und bedienen sich<br />
einer bösen Macht, um sich ihrer zu entledigen. In „Mondenland“<br />
steht die Figur des „kleinen Mondenlichtes“ für<br />
die Fantasie, die sich im eigenen Ich entfaltet und nicht<br />
durch Computer bestimmt wird.<br />
Das Ausschmücken dieser Geschichten lässt mich wie ein<br />
Kind in bunten Farben und Gestalten schwelgen. Diese Geschichten<br />
verwandeln sich durch meinen talentierten musikalischen<br />
Partner und fabelhaften Freund Eckhard Scherer<br />
in unterhaltsame Musicals für die <strong>ganz</strong>e Familie. Spiel- und<br />
Gesangstalente werden dabei entdeckt und können ihre Begabungen<br />
ausleben. Choreographie, Kostüme, Kulissenbau,<br />
Lichttechnik und andere notwendige Fertigkeiten verlangen<br />
Können und Ausdauer.<br />
„Das alles – die Menschen, die Natur, die alten<br />
Gemäuer – sie bringen meine Fantasie in Bewegung.<br />
Und so entstehen Geschichten in einem<br />
Raum von Träumerei und der Suche nach einem<br />
tieferen Sinn.“<br />
Das schön gelegene Wetter-Amönau ist häufig Aufführungsort für Musicals.
Die Freude am Fantastischen ist die eine Seite in mir, das<br />
Interesse an – besonders der hessischen – Geschichte ist eine<br />
weitere Seite, die ich mit Leidenschaft erkunde.<br />
Die Offenheit der Menschen, aus ihrer Vergangenheit zu<br />
berichten, ihre unmittelbare und authentische Nähe zum<br />
Geschehen, wie es sich in „Leibchen, Liebe, Chewinggum“<br />
in Oberrosphe 2007 zeigte, war ein wunderbares Geschenk<br />
für mich, diese Erzählungen zu einem Theaterstück werden<br />
zu lassen. In Wetter standen mir der Stadtarchivar Hans-Uffe<br />
Boerma, die Vorsitzende des Vereins „ehemalige Synagoge“<br />
Dr. Martina Kepper sowie der Geschichtsvereins-<br />
Vorsitz ende Kay Weiß zur Seite, um das mittelalterliche Kanonissenstift<br />
in einer Zeitreise dem Publikum nahezubringen<br />
und ein Fenster zur mittelalterlichen Welt dieser Stadt zu<br />
öffnen.<br />
Erst durch die Zusammenarbeit mit kreativen oder fachkundigen<br />
Menschen aus Stadt und Land gelingen gut durchdachte<br />
und recherchierte Theaterstücke oder Musicals. Ohne<br />
sie, die hinter den Bühnen wirken, die mich beraten oder<br />
unermüdlich meinen Fantasien folgen, wären solche Aufführungen<br />
nicht zu bewerkstelligen. Mir liegt viel daran, eine<br />
Inszenierung zu erarbeiten, bei der viele Spieler und Sänger<br />
unterschiedlichsten Alters ihre Talente erfahren und auf der<br />
Bühne verwirklichen können. Dafür wird hart gearbeitet,<br />
denn alle zusammen wollen das Optimum erreichen.<br />
Es ist wunderbar zu wissen, dass diese Arbeit gesehen und<br />
geschätzt wird. Das setzt Impulse frei, weiterzumachen und<br />
mich immer neuen Themen zu widmen – ebenso, wie der<br />
Otto-Ubbelohde-Preis, den der <strong>Landkreis</strong> mir in 2008 verlieh.<br />
Er ist eine <strong>ganz</strong> besondere Freude und Ehre für mich.<br />
Die Stücke der Turmwerkstatt Amönau überzeugen mit hoher Professionalität – wie hier „Mad Night“.<br />
46 · 47
Die innovativen Konstruktionen<br />
und Werkzeuge des Modellbauers<br />
aus <strong>Biedenkopf</strong> erfüllen die hohen<br />
Ansprüche an Haltbarkeit und<br />
Prozesssicherheit in der Serienfertigung.<br />
Henkel Modellbau setzt auf eine qualifizierte Ausbildung und modernste Technologie, um<br />
hochwertige Modelleinrichtungen und komplexe Werkzeuge zu fertigen.<br />
Henkel Modellbau GmbH<br />
QUALIFIZIERTE AUSBILDUNG<br />
UND MODERNSTE TECHNOLOGIE<br />
Wenn man mit Christoph Henkel durch die Produktionshalle<br />
geht, passiert man Arbeitsplätze<br />
mit modernster technologischer Ausstattung.<br />
„Hier produzieren wir Modelleinrichtungen<br />
vor allem für die Automobilindustrie, wie zum Beispiel Turbinengehäuse,<br />
Abgaskrümmer oder Zylinderköpfe“, erklärt der<br />
Geschäftsführer der Henkel Modellbau GmbH. Das zweite<br />
Standbein des Familienunternehmens in dritter Generation ist<br />
die CNC-Bearbeitung. Auch hier ist Henkel Modellbau mit<br />
3-Achs- und 5-Achs-Bearbeitungszentren für die Fertigung<br />
komplexer Werkzeuge und anspruchsvoller 3D-Konturen<br />
optimal ausgestattet. „Unsere Produktionsprozesse sind<br />
konsequent datenbasiert“, sagt Henkel. „Wir setzen zudem<br />
aktuelle Technologien wie beispielsweise optische Vermessung<br />
und simulationsgestützte Werkzeugauslegung ein.“ Qualität<br />
und Präzision ist gefragt. Um das zu gewährleisten, sind die<br />
Produktionsräume so klimatisiert, dass genaue Fräsergebnisse<br />
erzielt werden.<br />
Die Zusammenarbeit mit den Kunden erstreckt sich vom<br />
ersten Gussteilentwurf bis zur Optimierung leistungsfähiger<br />
Serienwerkzeuge. Die innovativen Konstruktionen und Werk-<br />
zeuge des Modellbauers aus <strong>Biedenkopf</strong> erfüllen die hohen<br />
Ansprüche an Haltbarkeit und Prozesssicherheit in der Serienfertigung.<br />
Hierfür setzt Henkel auf qualifi ziertes Personal.<br />
„Jeder unserer Mitarbeiter ist Facharbeiter in einem der Bereiche<br />
Modellbau, Formenbau, mechanische Bearbeitung oder er<br />
ist Ingenieur“, sagt Henkel. Das Berufsbild hat sich vom<br />
Handwerksberuf hin zu einem immer stärker digital geprägten<br />
Betriebsumfeld gewandelt. Praktische Ausbildung und<br />
Erfahrung bleiben für Henkel aber wichtige Grundlagen. Die<br />
Ausbildung zum Technischen Modellbauer ist für das Unternehmen<br />
ein wesentlicher Baustein für dessen Erfolg. Nach der<br />
Ausbildung erfolgt eine weitere Spezialisierung, etwa auf die<br />
Bereiche Kunststoff- oder Metallmodelle, CNC-Bearbeitung<br />
oder auch CAD/CAM. So verfügt Henkel Modellbau über die<br />
Spezialisten, die es braucht, um hochwertige Modelleinrichtungen<br />
und komplexe Werkzeuge zu fertigen.<br />
Kontakt<br />
Henkel Modellbau GmbH<br />
Goldbergstraße 12<br />
35216 <strong>Biedenkopf</strong><br />
www.henkelmodellbau.de
PROF. DR. DR. H. C.<br />
MARGOT<br />
KÄSSMANN<br />
geb. 1958 in <strong>Marburg</strong> als Margot Schulze |<br />
1977 bis 1983 Studium der evangelischen<br />
Theologie in <strong>Marburg</strong>, Edinburgh, Tübingen<br />
und Göttingen, 1989 Promotion<br />
an der Ruhr-Universität<br />
Bochum|1999bis2010Bischöfinder<br />
Landeskirche Hannover | 2001<br />
bis 2004 Mitglied im Rat für<br />
Nachhaltige Entwicklung | 2009<br />
bis 2010 Ratsvorsitzende der EKD |<br />
seit April 2012 „Botschafterin für<br />
das Reformationsjubiläum 2017“ im<br />
Auftrag des Rates der EKD<br />
48 · 49<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Margot Käßmann<br />
EIN GRUNDGEFÜHL<br />
VON BEHEIMATUNG<br />
Wenn ich heute mit Flüchtlingen spreche, von<br />
Flüchtlingen höre, dann ist mir immer wieder<br />
die Geschichte meiner Familie präsent.<br />
Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> war<br />
für sie ein Sehnsuchtsort, erschien ihnen als ein sicherer<br />
Hafen, den sie im Krieg und nach dem Krieg zu erreichen<br />
versuchten. Meine Großmutter stammte aus einem Forsthaus<br />
in Schlesien. Sie hatte einen Gutsverwalter in Hinterpommern<br />
geheiratet, ihre Schwester einen Förster in Burgholz.<br />
Als die Sowjetarmee in Pommern einrückte, verpasste sie<br />
mit ihrem Mann und ihrer ältesten Tochter den letzten Zug<br />
in Richtung Westen, weil bei meiner Tante die Wehen einsetzten:<br />
Das dritte Kind wurde geboren. Sie erlebten ein<br />
entsetzliches Jahr in Köslin, mein Großvater wurde nach<br />
Sibirien verschleppt, Großmutter und Tante vergewaltigt. Im<br />
Frühling 1946 machten sie sich auf den Weg. Ziel: Burgholz.<br />
Meine Mutter war als Krankenschwester aus Berlin nach<br />
Rügen evakuiert worden. Sie erreichte mit viel Glück das<br />
letzte Schiff von Sassnitz aus und wurde nach Monaten auf<br />
See, in denen niemand die Flüchtlinge aufnehmen wollte, in<br />
Kopenhagen interniert. Sie schrieb einen Brief nach Burgholz/bei<br />
<strong>Marburg</strong>. Er kam an – und so wusste ihre Mutter,<br />
wo sie war und schrieb etliche Bitten, dass ihre Tochter ausreisen<br />
dürfe. 1947 wurde schließlich eine Genehmigung erteilt.<br />
Auch ihre beiden Söhne fand meine Großmutter so: den<br />
einen in amerikanischer, den anderen in britischer Kriegsgefangenschaft.<br />
Dieser <strong>Landkreis</strong> war also ein Sehnsuchtsort. Mein Cousin<br />
Peter, so erzählt es die Familie, kam im Burgholzer Forsthaus<br />
abgemagert und verlaust an. Als er die weiß bezogenen, sauberen<br />
Betten sah, fragte er: „Mama, sind wir jetzt im Himmel?“
Ab der fünften Klasse fuhr ich mit dem Zug nach <strong>Marburg</strong><br />
zur Elisabethschule und tat das mit einer Unterbrechung<br />
eines Auslandsjahres in den USA bis zum Abitur. „Fahrschülerin“<br />
sein, das war nicht immer einfach, der Zug fuhr um<br />
7:07 Uhr, da musstest du schon mit dem Fahrrad hingekommen<br />
sein, in <strong>Marburg</strong> dann mit dem Bus bis Wilhelmplatz.<br />
Mit viel Glück wurde der Eilzug um 13:21 Uhr erwischt, mit<br />
Pech erst der Bummelzug um 14:30 Uhr. Lange Tage waren<br />
das und manchmal auch eine Spaltung zwischen den „<strong>Marburg</strong>ern“<br />
und den „Fahrschülern“ aus dem Ebsdorfergrund<br />
wie auch aus Stadtallendorf.<br />
Nachdem ich zunächst in Tübingen, Edinburgh und Göttingen<br />
studiert hatte, kam ich 1981 nach <strong>Marburg</strong> zurück und<br />
machte dort an der Universität 1983 mein Examen. <strong>Marburg</strong><br />
ist eine wunderbare Universitätsstadt. Übersichtlich, du<br />
fühlst dich nicht verloren. Und doch bietet die Stadt eine<br />
große, intellektuelle Weite, die eine Universität mit sich<br />
bringt. Als ich 1968 zur Schule kam, habe ich mit Staunen<br />
die Demonstrationen gesehen. An der Schule wurde selbstverständlich<br />
diskutiert über die Schuldgeschichte des<br />
Nationalsozialismus und auch über Atomkraft.<br />
Ein Regenbogen im Ostkreis<br />
Ich selbst wurde in <strong>Marburg</strong> im Klinikum Wehrda geboren.<br />
In derselben Klinik starb 16 Jahre später mein Vater<br />
und wurde 23 Jahre später meine älteste Tochter geboren.<br />
Aufgewachsen bin ich in Stadtallendorf. Meine Eltern wurden<br />
dort ab 1949 angesiedelt, ebenso die Großmutter und<br />
die Tante mit ihren Kindern. Es waren Flüchtlinge aus<br />
Schlesien, dem Sudentenland, Ostpreußen und Hinterpommern,<br />
die hier eine Heimat fanden, wo noch bis 1945 die<br />
„Dynamit Aktien Gesellschaft“ mit Zwangsarbeitern<br />
Rüstungsgüter produzierte. Eine merkwürdige Stadt, zusammengesetzt<br />
aus Menschen, die ihre Heimat verloren<br />
hatten, aber neu anfangen wollten. Bald kamen Italiener<br />
dazu, die bei Ferrero Arbeit fanden, es folgten Jugoslawen<br />
und Griechen und mit der Eisengießerei auch viele Türken.<br />
Ich habe dort eine unbeschwerte Kindheit erlebt inmitten<br />
dieser Vielfalt.<br />
Mit dem <strong>Landkreis</strong> verbindet mich vor allem Beheimatung,<br />
Zugehörigkeit trotz oder gerade wegen großer Vielfalt. Das<br />
war auf den einzelnen Dörfern vielleicht anders. Aber in<br />
Stadtallendorf haben wir wenig über die Unterschiede gesprochen,<br />
ob sie nun sozialer oder religiöser Natur waren.<br />
Da war ein Grundgefühl von Chancengleichheit. Es war<br />
möglich, dass ein Arbeiterkind studierte. Und wenn ein junger<br />
Muslim gern zum Kindergottesdienst kam, dann war er<br />
im Krippenspiel halt einer der Hirten. Die verbitterten<br />
Kämpfe um Herkunft, Zugehörigkeit, Nationalität und<br />
Religion, die wir heute erleben, kannte ich damals nicht.<br />
Das hat mir einen großen Schub an Toleranz mit ins Leben<br />
gegeben, dafür bin ich dankbar.<br />
„In Stadtallendorf haben wir wenig über die Unterschiede<br />
gesprochen, ob sie nun sozialer oder religiöser Natur waren.<br />
Da war ein Grundgefühl von Chancengleichheit.“<br />
Und ich mag bis heute diese besondere mittelhessische Landschaft.<br />
Sie ist mir ans Herz gewachsen: Hügelig, waldreich,<br />
voller Abwechslungen – als ich später nach Niedersachsen<br />
kam, habe ich das vermisst.
HERWIG<br />
KLEIN<br />
geb. 1945 in Hermannstadt (Rumänien) |<br />
verheiratet, vier Kinder | 1963 bis 1967<br />
Studium der Theologie in Hermannstadt und<br />
Klausenburg | 1967 bis 1968 Vikariat<br />
in Bukarest, Hörer an der orthodoxen<br />
Hochschule | 1968 bis 1993<br />
Pfarrer in Gergeschdorf, Kleinschelken<br />
und Heldsdorf | 1993 Auswanderung<br />
von Rumänien nach Deutschland<br />
| 1994 Kolloquium und<br />
Übernahme durch die Kurhessische<br />
Kirche | 1994 bis 2010 Pfarrer in Lohra | seit<br />
2010 im Ruhestand<br />
50 · 51<br />
Herwig Klein, Pfarrer i.R.<br />
AUS RUMÄNIEN ALS<br />
PFARRER NACH LOHRA<br />
Als Kind in einer evangelischen Pfarrfamilie in Siebenbürgen<br />
hatte ich wohl von <strong>Marburg</strong> gehört,<br />
hatten doch mein Großvater und mein Vater dort<br />
studiert. Aber dass ich einmal hinkommen werde,<br />
war von Rumänien aus damals fast undenkbar. So<br />
träumte ich manchmal von der großen Welt, war aber zufrieden<br />
mit meiner kleinen: den Eltern und großen Geschwistern<br />
im Haus, den Mädchen und Jungen, die gerne in unserem<br />
Hof spielten und mich daran teilnehmen ließen.<br />
Ich besuchte die deutsche Schule und eignete mir bis zum<br />
Abitur eine ordentliche Allgemeinbildung an. Dazu gehörten,<br />
besonders als wir in eine Kleinstadt umzogen, auch die<br />
rumänische Sprache und Literatur, die mich manchen Kollegen<br />
im Schulhof ebenso wie den rumänisch sprechenden<br />
Menschen näherbrachten. Als Student der Theologie in Hermannstadt<br />
studierte ich zwei Semester an der ungarischen<br />
Abteilung und erwarb so die Kommunikationsfähigkeit mit<br />
den ungarischen Landsleuten. Als echtes Geschenk empfand<br />
ich, dass ich während meines Vikariates in Bukarest an<br />
grundlegenden Kursen der orthodoxen Theologie teilnehmen<br />
durfte und mit dieser so anderen, tiefen Frömmigkeit<br />
bekannt wurde. Ich wurde Pfarrer in kleinen und großen<br />
Landgemeinden. Überall konnte ich innerhalb und über deren<br />
Grenzen hinaus ökumenisch wirken und in dem Miteinander<br />
den Reichtum der Vielfalt von Kulturen pflegen.<br />
1980 heiratete ich die Physikstudentin Corinna Schunn. Zu<br />
zweit überwanden wir Versorgungs- und andere Schwierigkeiten,<br />
zu zweit waren wir für die Leute der Gemeinden da –<br />
sie als Lehrerin in der Schule und in der Jugend- und Frauenarbeit<br />
und ich im Pfarrdienst. Vier Kinder haben wir in den<br />
Jahren 1982 bis 1991 bekommen, die in der dörflichen,<br />
weitgehend behüteten Umwelt aufwuchsen.<br />
Die „Wende“ brachte große Veränderungen. Ein Großteil der<br />
deutschen Bevölkerung Rumäniens verließ das Land, um im<br />
Westen neu anzufangen. Deutsche Schulen gab es nur noch in
Doch es gab Anfangsschwierigkeiten: Das Pfarrhaus musste<br />
saniert werden – in Lohra fand sich keine Wohnung für unsere<br />
sechsköpfige Familie, wir sollten eine Weile in Rollshausen<br />
wohnen. Das bedeutete: Jeden Tag rund sechsmal<br />
hin- und herzufahren wegen Kindergarten, Schule und Dienst.<br />
Aber wir wuchsen langsam in die Gemeinde hinein. Es gab<br />
durch Gottesdienste, Schul- und Konfirmandenunterricht,<br />
Taufen, Trauungen, Beerdigungen und Hausbesuche viele<br />
Kontakte.<br />
Der <strong>Marburg</strong>er Bachchor bei einem Auftritt in der<br />
Lutherischen Pfarrkirche<br />
den Städten und es war sehr schwierig, die Kinder dort hinzubringen.<br />
Als dann unsere zweite Tochter Diabetes bekam, entschlossen<br />
wir uns, auch nach Deutschland zu übersiedeln. Bischof<br />
Zippert, den ich als Pfarrer von Michelbach in meiner<br />
Vikariatszeit kennengelernt hatte, sagte mir, dass ich mich für<br />
den Dienst in der Kurhessischen Kirche bewerben könne. Das<br />
tat ich – so kamen wir im August 1993 nach Deutschland und<br />
wurden nach der Übernahmeprüfung Lohra zugeteilt. Im<br />
März 1994 kamen wir zum ersten Mal dorthin, um uns dem<br />
Kirchenvorstand vorzustellen. Fremde aus Rumänien wollten<br />
Pfarrersleute in Lohra werden? Nach einigem zögerlichen<br />
„Abtasten“ fragte ein Kirchenvorsteher: „Glauben Sie an die<br />
Auferstehung“? Es war die Frage nach der Mitte der evangelischen<br />
Botschaft, ohne Umschweife gestellt. Ich konnte die<br />
Antwort so geben, dass Vertrauen aufgebaut wurde und der<br />
Kirchenvorstand der Ernennung zustimmte.<br />
Der Vorgänger hatte eine sehr lebendige Jugendarbeit aufgebaut,<br />
die mehr als 300 Kinder und Jugendliche erreichte. Da<br />
war eine Jugendmitarbeiterin, die mehr als 60 Kinder für<br />
den Kinderchor begeisterte und wunderbare Musicals einübte<br />
und aufführte. Die Schulleitung und das Lehrerkollegium<br />
ermutigten mich, schwerpunktmäßig biblische Geschichten<br />
sowie bekannte und neuere geistliche Lieder zu lehren. Der<br />
Leiter des Posaunenchors begeisterte gut 40 Bläser und gestaltete<br />
immer wieder die Gottesdienste und andere Feste erhebend.<br />
Und wie viele Gemeindeglieder sich zur Mitarbeit<br />
bei Gemeindefesten, aber auch zu regelmäßigen Sammlungen<br />
für die Diakonie, Betreuung der Kinderfreizeiten und<br />
Gestaltung der Missionsfeste und Seniorennachmittage bereitfanden!<br />
Nicht vergessen will ich die vielen gemeinsamen<br />
Aktionen ökumenischer Art in Lohra, als geschwisterliches<br />
Miteinander. Gebetswoche, Ökumenischer Kreuzweg,<br />
Volkstrauertag, Chorfeste... Wenn ich da die Namen von<br />
Pfarrer Schmank und Pastor Friedrich nenne, so stehen sie<br />
für Katholiken und Methodisten als engagierte, offene und<br />
einsatzfreudige Christen, die viel zum Gelingen so manchen<br />
guten Werkes beigetragen haben.<br />
Last, but not least kann ich die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe<br />
Straßenkinder in Äthiopien erwähnen. Wir konnten<br />
mithelfen, Tausenden von Kindern die Tore zum Leben zu<br />
öffnen. Sollte ich mich da nicht gerne einbringen, in der Gemeinde,<br />
im Kreis <strong>Marburg</strong>?<br />
Wenn auch durch den Eintritt in den Ruhestand die meisten<br />
dieser Aktivitäten für mich endeten, bin ich doch sehr dankbar,<br />
in der Region mitgearbeitet zu haben, dass ein gutes<br />
Miteinander vieler Einzelner und Gruppen wächst. Dafür<br />
möchte ich auch weiter da sein.<br />
„Nicht vergessen will ich die vielen gemeinsamen<br />
Aktionen ökumenischer Art in Lohra, als geschwisterliches<br />
Miteinander. Gebetswoche, Ökumenischer<br />
Kreuzweg, Volkstrauertag, Chorfeste…“
EARL<br />
KOLBE<br />
geb. 1949 in <strong>Biedenkopf</strong>, nach Einschulung<br />
in die Stadtschule <strong>Biedenkopf</strong><br />
späterer Wechsel zur Lahntalschule<br />
<strong>Biedenkopf</strong>, den<br />
Berufsfachschulen Köhlhofer<br />
Baltersee <strong>Marburg</strong> sowie zum<br />
Elisabeth-Gymnasium<br />
<strong>Marburg</strong> | Lehrjahre bei der<br />
Firma Reichard Textilgroßhandel<br />
<strong>Biedenkopf</strong> | AKAD-<br />
Teilstudium Betriebswirtschaftslehre<br />
mit Fachrichtung Tourismus<br />
52 · 53<br />
Earl Kolbe<br />
GRENZGANGSMOHR –<br />
DER TRAUM AN DER LAHN<br />
Aus der Reihe tanzen, das war wohl von Geburt<br />
an eine Eigenschaft, die meinem Erscheinungsbild<br />
zum ständigen Begleiter werden sollte.<br />
Nicht, dass ich eine besondere Neigung zur Auffälligkeit<br />
in mir verspürte, seit ich im Dezember 1949 in<br />
<strong>Biedenkopf</strong> das Licht der Welt erblickt hatte. Nein, mein<br />
Anderssein offerierte sich mir mit dem ersten jugendlich forschenden<br />
Blick auf die spiegelnde Oberfläche der von mir so<br />
oft und gern besuchten Lahn! Hellwach blickte ich in eine<br />
„dunkle“ Zukunft.<br />
Das Älterwerden beinhaltete auch für mich einen steigenden<br />
Grad der Reife und des Verstehens. Zu diesem wie bei allen<br />
jungen Menschen durch das Heranwachsen sich ständig erweiternden<br />
Wissen über die eigene Person gesellte sich bei<br />
mir die elterliche Information: Dein Papa „Willi“ ist nicht<br />
dein richtiger Papa! Dein Papa wohnt in Amerika! Und..., er<br />
ist schwarz!<br />
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch schon längst Freundschaft<br />
mit einem Ritual des heimatlichen <strong>Biedenkopf</strong> geschlossen.<br />
Furchterregende Bilder von einem säbelschwingenden<br />
Mohr mit einem zotteligen Vollbart, begleitet von<br />
zwei „Wettläufern“ mit langen Peitschen hatten meine Sympathie<br />
gewonnen! Reiter hoch zu Ross, inmitten einer gleichfalls<br />
mit Säbeln ausstaffierten Meute junger Männer, Schärpen<br />
quer über der Brust, flaumige Federn auf dunklen Hüten<br />
mit weiter Krempe! Das war meine Welt! Ich war fortan fasziniert<br />
und angezogen von den vorwiegend älteren Männern,<br />
die im Zusammenhang mit diesen Bildern immer wieder von<br />
einem Fest namens „Grenzgang“ zu berichten wussten.<br />
Meine unbändige Neugierde bahnte mir den Weg hin zu<br />
deren Herzen und somit zur umfassenden Information über<br />
das geliebte Heimatfest. Als „Grenzgang in <strong>Biedenkopf</strong>“ mit<br />
Ursprung im 17. Jahrhundert ist ein unvergleichbares Heimatfest<br />
entstanden. An drei Tagen wird der umfangreiche
Um das Besondere des Grenzgangs in <strong>Biedenkopf</strong> verstehen zu können, muss man daran teilnehmen.<br />
Stadtwald <strong>Biedenkopf</strong>s bezüglich seiner Grenzen kontrolliert.<br />
Nicht selten war es in der Vergangenheit mit den<br />
Anrainern zu Unstimmigkeiten über den Grenzverlauf gekommen.<br />
Das sich alle sieben Jahre wiederholende Ritual<br />
der Grenzbegehung wandelte sich kurz vor der Wende zum<br />
20. Jahrhundert zu einem mächtigen Volksfest. Reiter als<br />
Offiziere, Männergesellschaften und Burschenschaften mit<br />
ihren Obersten, Hauptmännern und Führern ziehen gefolgt<br />
von Bürgern und Burschen, Bürgerinnen und Mädchen<br />
gemeinsam über die Gemarkungen der heimischen Waldpracht.<br />
Als besonderes Erscheinungsbild in dieser ohnehin schon<br />
bunt schillernden Schar wertete man den Mohr in schwarzer,<br />
mit reichlichen goldenen Paspelierungen versehenen<br />
Montur und Krummsäbel, flankiert von seinen peitschenknallenden<br />
Wettläufern. Mit diesem Wissen über den Grenzgang<br />
kreierte ich im Grenzgangsjahr 1963 ein Lied für die<br />
Burschenschaft Oberstadt. Allein dies privilegierte mich<br />
jedoch nicht zur Teilnahme an diesem Grenzgang, hatte ich<br />
doch noch nicht die altersmäßige Reife für die Zugehörigkeit<br />
zu den „Owwastärran“.<br />
Das Leben sollte jedoch auch für mich den Beweis erbringen,<br />
dass kein Fest den Ablauf der täglichen Pflichten verbannen<br />
„Missen möchte ich wohl niemals Wald und<br />
Flur der Heimatregion, und somit schließt<br />
sich der Kreis: Wald und Flur, das ist<br />
Grenzgang, Grenzgang, das ist Heimat!“<br />
kann. Wenngleich man den „Berreköppern“ auch nachsagt,<br />
dass sie nur für den Grenzgang leben, so war und ist dennoch<br />
die Zeit „dazwischen“ mit Tätigkeiten zum Erwerb des<br />
täglichen Brotes gespickt. Da mein Gymnasiumbesuch nun<br />
nicht dahingehend Erfolg hatte, dass ich den Beruf des Försters<br />
erlangen konnte, ließ mich meine Liebe zum Wald eine<br />
langjährige Tätigkeit als Forstwirt aufnehmen. Immer wieder<br />
war es der Schlossberg, gekrönt vom Landgrafenschloss<br />
<strong>Biedenkopf</strong>, dem meine besondere Liebe galt. Längst schon<br />
war ich durch ungezählte eigenverfasste Gedichte zum<br />
„Heimatdichter“ avanciert. Öffentliche Gedichtvorträge bestärkten<br />
mich dahingehend, dass ich für mich in Anspruch<br />
nahm, ein Teil dieser von mir so geliebten Region zu sein.<br />
Dass ich ohne diese „Heimat“ offensichtlich nicht leben<br />
konnte, war oftmals Inhalt meiner Ausführungen, wenn
mich die Muse küsste. So liest sich eines meiner Gedichte<br />
einleitend wie folgt:<br />
Vom Schloß hinab blick ich ins Tal<br />
und einem Vogel gleich<br />
hab` ich in alle Welt die Wahl,<br />
doch, niemals ich entweich!<br />
Nie geh` ich von der Heimat fort,<br />
nie laß ich sie im Stich,<br />
nie gibt es einen andren Ort<br />
Auf dieser Welt für mich!<br />
Mit Blick auf das Jahr 1984 hatte uns der Grenzgang mit<br />
seinem Fieber wieder voll in seinen Bann geschlagen. Eine<br />
weitere fiebernde Liebe machte mich endlich zum Ehemann<br />
der Maren Achenbach, stand unser gemeinsamer Sohn<br />
Oliver doch schon in seinem 13. Lebensjahr. Und so hieß es<br />
denn auch in der Hochzeitsanzeige: „Der Oliver hat es vollbracht,<br />
dass man nun endlich Hochzeit macht!“<br />
54 · 55<br />
Als „Verheirateter“ war mir beim Grenzgang der Weg in<br />
eine Männergesellschaft vorgegeben. Stolz konnte ich in<br />
1984 als 3. Führer der Männergesellschaft Stadtgasse voranschreiten.<br />
Gleichzeitig wählten mich die Führer aller Gesellschaften<br />
zu ihrem Schriftführer. Auch das Grenzgangsjahr<br />
1998 bescherte mir die gleichen Ämter wie das Jahr<br />
1984.<br />
Geschichtsschreibend für die hoffentlich nie ersterbende<br />
Heimatkultur der Grenzgangfeste sind jeweils die gewählten<br />
Wettläufer mit ihrem Mohr. Die Faszination für dieses herrliche<br />
Heimatfest bescherte mir im Grenzgangsjahr 1991 die<br />
ehrenvolle Aufgabe, die Symbolfigur des Grenzgangs zu verkörpern.<br />
Unvergessen wird es für alle Zeiten heißen: Der<br />
Mohr des Grenzgangs 1991 in <strong>Biedenkopf</strong> war Earl Kolbe!<br />
Endlich konnte ich der oft gestellten Frage, woher denn wohl<br />
der Grenzgangsmohr kommt, eine nicht Ernst zu nehmende<br />
Erklärung zuweisen.<br />
Oftmals kommt die Frage vor:<br />
„Woher stammt der Grenzgangsmohr?“<br />
Doch die Antwort tut stets fehlen!<br />
Ich will sie heute hier erzählen:<br />
In Afrika, im Suppentopf,<br />
saß einst ein Mann aus <strong>Biedenkopf</strong><br />
und garte langsam vor sich hin!<br />
Da streift` die Rettung seinen Sinn:<br />
„Schwarzer, läßt Du mich jetzt frei,<br />
bist du beim Grenzgang stets dabei!“<br />
Weil jedermann den Grenzgang billigt,<br />
Grenzstein der Gemarkungsgrenze von 1777/80 auf<br />
Verfügung der „Hochfürstlichen Regierung zu Gießen“.<br />
GB steht für Grund Breidenbach.<br />
hat auch der Schwarze eingewilligt!<br />
Und seither ist es Tradition,<br />
aus Afrika kommt auch ein Sohn!<br />
Gewiss, die Summe der Grenzgänge beschneidet das Leben!<br />
Vielleicht aber haben die Grenzgänge mein Leben erst lebenswert<br />
gemacht. Missen möchte ich wohl niemals Wald<br />
und Flur der Heimatregion, und somit schließt sich der<br />
Kreis: Wald und Flur, das ist Grenzgang, Grenzgang, das ist<br />
Heimat!<br />
Ich denke oft an Episoden in meinem „bunten“ Leben zurück.<br />
Sohn eines amerikanischen farbigen GI`s. Heimatdichter,<br />
Mundart-Liebhaber, Owwastärra, Gässer, Mohr.... von<br />
<strong>ganz</strong>em Herzen aber „Berreköpper“! Mein Dank geht an die<br />
vielen <strong>Biedenkopf</strong>er Menschen, die mir den Zauber der Heimat<br />
nicht nur nahebrachten, sondern mich Teil haben ließen.<br />
Erinnerungen an Sie halte ich gerne in meinen Gedichten<br />
wach, mit dem Wissen, dass ich selbst jetzt mit dem Altwerden<br />
die Verpflichtung in mir trage, die Traditionen der<br />
Heimat zu wahren und zu verkünden.
HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />
SEIT GENERATIONEN<br />
KOMPETENZ IN HOLZ<br />
Irene Jung (links) leitet in sechster Generation mit Neffe Frank Sturm und<br />
Schwester Marianne Sturm die Geschicke von HolzLand Jung.<br />
Doch es kam anders: Nach und nach fl orierte das Geschäft,<br />
die Standorte Bad Hersfeld und HolzLand Josef Gentil in<br />
Darmstadt kamen durch Firmenübernahmen hinzu, und<br />
heute ist das HolzLand Jung ein feststehender Begriff für<br />
alles rund um den natürlichen Werkstoff Holz. An allen<br />
Standorten bietet das Unternehmen Plattenwerkstoffe, Bauholz,<br />
Massivhölzer und verschiedenste Holzprodukte für<br />
den Innenausbau sowie die Gartengestaltung ab Lager an.<br />
Hinzu kommen große Ausstellungen, in denen beispielsweise<br />
jeweils mehr als 100 Türen aller Art aufgebaut sind. Sie<br />
laden zum Testen und Entdecken ein. Und auch in Sachen<br />
Fußboden kann das Unternehmen überzeugen: Massivholzdielen,<br />
Parkett, Laminat, Linoleum, Vinyl und Kork sind in<br />
hunderten Varianten vorhanden. Hinzu kommt der Service –<br />
vom Zuschnitt über Lieferung bis hin zur Handwerkervermittlung.<br />
„Wir verkaufen kompromisslose Qualität – und das<br />
Kaspar Jung IV. war es, der 1855 in Klein-Linden<br />
die Tradition des heutigen HolzLands Jung mit<br />
seinen zahlreichen Standorten begründete: Er<br />
startete einen Handel mit Holz, Gips und Brennholz<br />
– und auch Eisenbahnschwellen. Sein Sohn Wilhelm<br />
gab dem heutigen Unternehmen den Namen, und dessen<br />
Söhne und Enkel expandierten weiter, eroberten zunächst<br />
die Region rund um Wetzlar. „Das klingt so leicht und mühelos,<br />
aber der Weg voran war oft steinig und durchaus auch<br />
mit Hindernissen gepfl astert“, erinnert sich Irene Jung, die<br />
heute in sechster Generation gemeinsam mit ihrer Schwester<br />
Marianne Sturm sowie Neffe Frank Sturm die Holzfachmärkte<br />
in Kirchhain, Bad Hersfeld und Darmstadt leitet.<br />
„Als mein Vater 1961 nach Kirchhain kam, fuhr er noch<br />
selbst mit unserem damaligen Lagerplatzmeister in den<br />
Außendienst“, erzählt Irene Jung. „Da konnte es vorkommen,<br />
dass er abends nach Hause kam und nur eine<br />
Hartfaserplatte verkauft hatte. Zu der Zeit wünschte er sich<br />
oft, in Wetzlar geblieben zu sein.“<br />
zahlt sich auch in der heutigen Geiz-ist-geil-Zeit langfristig<br />
für unsere Kundschaft aus.“<br />
Frank Sturm, Mitgeschäftsführer HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />
„Unsere Firmenphilosophie trifft den Nerv der Kunden: Wir<br />
verkaufen kompromisslose Qualität – und das zahlt sich<br />
auch in der heutigen Geiz-ist-geil-Zeit langfristig für unsere<br />
Kundschaft aus“, verdeutlicht Frank Sturm, worauf es bei<br />
HolzLand Jung ankommt.<br />
Kontakt<br />
HolzLand Jung GmbH & Co. KG<br />
Alsfelder Straße 47-49<br />
35274 Kirchhain<br />
www.holzlandjung.de
NINA<br />
KRONJÄGER<br />
Foto: Christine Fenzl<br />
geb. 1967 in <strong>Marburg</strong> | zwei Kinder | 1986<br />
Abitur in <strong>Marburg</strong> | 1986 bis 1990 Schauspielschule<br />
Otto-Falckenberg-Schule in<br />
München | 1990 bis 2011 Theater-<br />
Engagements im Schauspielhaus<br />
Kiel, Schauspielhaus Zürich, Theater<br />
am Turm (Frankfurt) und an der<br />
Volksbühne Berlin | 1993 Kinodebüt<br />
im Film „Abgeschminkt“ | seither<br />
zahlreiche Kino- und Filmproduktionen,<br />
wie „Typisch Mann“ (2004),<br />
„Elementarteilchen“ (2006) oder „Ostwind“<br />
und „Ostwind 2“ (2013, 2015)<br />
56 · 57<br />
Nina Kronjäger<br />
TRAUMHAFTE KINDHEIT<br />
IN ZAUBERHAFTER STADT<br />
Keiner will das Baby sehen. 1967 sterben in <strong>Marburg</strong><br />
drei Mitarbeiter der Behring-Werke an einem<br />
Virus, der dem Ebola-Erreger gleicht: dem <strong>Marburg</strong>-Virus.<br />
Eingeschleppt von Meerkatzen, die als<br />
Versuchstiere für Behring importiert wurden. Die Freunde<br />
meiner Eltern rufen an und sagen am Telefon: „Wir haben<br />
Schiss vor Ansteckung. Wir schauen uns Nina nach der Eindämmung<br />
des Virus an.“ Diese Angst war unbegründet, denn<br />
die Stadt reagiert umgehend mit Quarantäne-Maßnahmen.<br />
<strong>Marburg</strong> hat alles, was ich mir als Kind wünschen kann. Es<br />
gibt den Fluss vor unserer Haustür. Ein Schloss oberhalb der<br />
Stadt. Verwinkelte Gassen. Es ist gemütlich! Aber nicht spießig.<br />
Mit Massen von jungen Menschen, die an der alten Uni<br />
studieren. An der Hand meines Vaters oder meiner Mutter<br />
gehe ich an der Lahn entlang zum Kinderladen. Ich passiere<br />
die eindrucksvolle Elisabeth-Kirche und lasse mir immer<br />
wieder das Leben der Heiligen Elisabeth aufs Neue erzählen.<br />
Wie sie jung verheiratet wurde, ihren Mann verlor, sich gegen<br />
den Willen des Hofes um die Armen kümmerte und<br />
selbst so früh verstarb. Sie wird mein erstes Idol.<br />
Unser Weg führt nach Zwischenhausen, wo 10 Elternpaare<br />
einen Kinderladen selbst auf die Beine stellen. Einen Ort, an<br />
dem die Eltern, Männer wie Frauen, an der Erziehungsarbeit<br />
beteiligt sind. Wir Kinder gewöhnen es uns an, unsere Eltern<br />
mit Vornamen zu rufen, denn Mami oder Papi heißen ja alle.<br />
Mit diesen Kindern bin ich heute noch befreundet, denn sie<br />
sind eher wie Geschwister, die ich nie hatte. Mittags gehen<br />
die Gründerfamilien in die Mensa essen und wir Kinder<br />
spielen dort mit dem überdimensionalen Vorhang der Aula<br />
oder am Fluss, stundenlang, selbstverloren, jeder Tag ein<br />
Abenteuer. Das Leben ein Traum.
<strong>Marburg</strong> ist eine schöne Stadt mit vielen historischen Gebäuden und geprägt vor allem durch die Universität.<br />
Als ich 1967 zur Welt komme, ist die Kultur-Revolution in<br />
vollem Gange. Junge Menschen, allen voran Studenten, protestieren<br />
gegen überholte autoritäre Regeln, Nato-Nachrüstung<br />
und den Vietnam-Krieg. Ein paar Monate später wird<br />
Benno Ohnesorg erschossen und das bringt das Fass zum<br />
Überlaufen. Auch hier in <strong>Marburg</strong> wird demonstriert, aber<br />
da die Oberstadt zu eng gebaut ist, muss die Polizei ohne<br />
Wasserwerfer auskommen – sonst würden sämtliche Scheiben<br />
zu Bruch gehen. Mein demonstrierender Vater trifft auf<br />
den Polizistensohn seiner Vermieterin. Mein Vater: „Hey,<br />
was machst Du denn hier?“ Der Vermietersohn grinsend:<br />
„Ich pass auf Dich auf“. Das beschreibt die Lockerheit, mit<br />
der <strong>Marburg</strong> seine protestierenden Studenten behandelt.<br />
Freiheit und Selbstbestimmung. Das sind die Themen dieser<br />
Generation. Meine Eltern, die man jetzt als 68er bezeichnet,<br />
kommen als 20-Jährige aus unterschiedlichen Regionen und<br />
Gründen nach <strong>Marburg</strong>. Mein Vater, im zerbombten Darmstadt<br />
groß geworden, verliebt sich 1959 als 19-Jähriger spontan<br />
in <strong>Marburg</strong>, das völlig intakt geblieben war. Die klassische<br />
Universität strahlt lässige Weltläufigkeit aus. Auch beeindruckt<br />
den nun als Existentialisten gekleideten Schlaks die<br />
Lockerheit der Wirtsleute, die über so manch mitgebrachte<br />
„Bekannte“ wohlwollend hinwegsehen. Das waren immerhin<br />
Zeiten, in denen sich ein Wirt der Kuppelei schuldig machen<br />
konnte.<br />
Meine Mutter kommt ein paar Jahre später aus dem Saarland.<br />
Die bildschöne Tochter eines Steigers und einer Hausfrau<br />
studiert zunächst Geschichte und Französisch im Saarland.<br />
Nach zwei Semestern aber setzt sie ihren Studienwunsch<br />
Kunstgeschichte durch und geht nach <strong>Marburg</strong>.<br />
Meine Eltern verlieben sich bei einer Exkursion nach Griechenland<br />
und heiraten 1965. Durch einen Zwist mit ihren<br />
Eltern werden ihr die Studiengelder gestrichen und sie<br />
nimmt einen Job im Forschungsinstitut für Kunstgeschichte<br />
an. Um erst einmal meinen Vater zu unterstützen, der ja bald<br />
promovieren will. Sie wird viel Geduld beweisen.<br />
„Ufenrasse 10 a“ habe ich die Leute angelispelt. Unter diesem<br />
Haus treffen sich zwei Arme der Lahn. Aus dem Fenster<br />
beobachten wir Paddelbootrennen und lauschen nachts dem<br />
Rauschen des Wassers. Mit Gerd, dem Vater meiner Freundin<br />
Mirjam, fangen wir Kaulquappen. Im Garten lassen wir<br />
Schildkröten und Meerschweinchen laufen, dazwischen<br />
hüpft meine Katze Minka herum, während am Himmel Propellermaschinen<br />
den Horizont zerschneiden. Bis heute verbinde<br />
ich das Geräusch der kleinen Flugzeuge mit unserer<br />
Wurschtelei im Garten. Ich bin unersättlich nach Bewegung.<br />
Bei Spaziergängen renne ich voraus und scheue keinen<br />
Extraweg. Wenn ich gerade nicht in Bewegung bin, übernimmt<br />
meine Zunge. Dann quassle ich unentwegt.
58 · 59<br />
Bei archäologischen Ausgrabungen unter dem ehemaligen<br />
Horten-Kaufhaus begleite ich als Fünfjährige meinen Vater.<br />
Am Ende des Tages bitten seine Kollegen ihn, mich nicht<br />
wieder mitzubringen, weil ich eine unerträgliche Labertante<br />
sei. Den Nachwuchs auf Distanz halten hat er schon geübt,<br />
da er Tag und Nacht an seiner Doktorarbeit schreibt. Das<br />
Arbeitszimmer wird mit einem Türgitter vor meinen Invasionsversuchen<br />
geschützt.<br />
Aber man muss sich auch vor mir in Acht nehmen, denn<br />
meine Auftritte sind unfallträchtig. Häufig enden meine<br />
Abenteuer in der Unfallklinik. Einmal gehen meine Eltern<br />
mit mir Ruderboot fahren. Ich rege mich über jemanden im<br />
Nebenboot auf, der oben ohne rudert: „Du sollst nist nackt<br />
fahren“ – und lande im Wasser. Einmal hat meine Mutter in<br />
meiner Jackentasche eine Muschel gefunden, die hatte ich<br />
aus der Lahn geholt, wo manchmal die Kanufahrer schwierige<br />
Partien gefahren sind. Sie lebte noch und wir haben sie<br />
Bekannten für ihr Aquarium gegeben.<br />
Unser Kinderladen. Wir sind die erste Generation, deren<br />
Eltern noch studieren. Der erste Laden befindet sich in Zwischenhausen.<br />
Dann ziehen wir in die Ketzerbach in ein idyllisches<br />
kleines Haus mit Garten im Leckergässchen. Unsere<br />
Eltern versuchen sich an der antiautoritären Erziehung und<br />
diskutieren viel mit uns. Wir lernen mitzubestimmen und<br />
machen unsere eigenen Erfahrungen. Erst nachdem der<br />
Studenten vor dem Hörsaalgebäude der Universität <strong>Marburg</strong><br />
Spielraum und der Garten vollgemüllt sind, beginnen wir<br />
aufzuräumen. Jeden Freitag übernehmen die Eltern unsere<br />
Betreuung. Den Rest der Woche verbringen wir mit der blutjungen<br />
Kindergärtnerin Marita, die Lust auf unseren chaotischen<br />
und sympathischen Haufen hat.<br />
Die erste Klasse besuche ich in Ockershausen, praktisch mit<br />
allen Kindern aus dem Laden. Wir gehen in die Theodor-<br />
Heuss-Schule. Neben dem Hort ist ein Bauer, der dort seine<br />
Schweine schlachtet. Von dem Quieken der Schweine erzähle<br />
ich oft zuhause. Ein Mädchen aus Ockershausen nimmt<br />
mich mit nach Hause. Ihr Vater, der im Garten Gemüse<br />
zieht, fängt diebische Spatzen in einem Käfig, um ihnen später<br />
den Hals umzudrehen. Diese Sorten Grausamkeiten beeindrucken<br />
mich. In dieser Zeit versuche ich, wie ein Junge<br />
im Stehen zu pinkeln. Das klappt eigentlich <strong>ganz</strong> gut. Die<br />
Kerle behaupten, sie könnten mehr und hätten es besser als<br />
wir Mädchen. Wir glauben ihnen nicht. Manchmal schwänzen<br />
wir den Hort. Ich erinnere mich, dass ich nach der Schule<br />
stundenlang in Bäumen sitze, dem Rauschen der Blätter<br />
lausche und den Blick schweifen lasse. Einigen Jungs beweisend,<br />
dass ich genauso mutig bin wie sie.<br />
1972 promoviert mein Vater. Meine Mutter atmet auf. Nun<br />
wird sie ihr Studium fortsetzen können, weil er die Familie<br />
ernähren kann. Das tut er ab 1974. Aber dafür müssen wir<br />
umziehen. Nach Mannheim. Auch die befreundeten Kommilitonen<br />
sind nach und nach mit ihren Studien durch. Wir<br />
Kinder werden in alle Winde verstreut. Unsere Alten halten<br />
den Kontakt und alle paar Jahre treffen wir uns. Kinder,<br />
Eltern und Marita. Bis heute.<br />
Meine traumhafte Kindheit in dieser zauberhaften Stadt<br />
wird durch den Umzug jäh beendet. Mannheim, die Arbeiterstadt,<br />
wo es nach Chemie stinkt, die Mutter Asthma bekommt<br />
und ich in der Schule das einzige Kind von Akademikern<br />
bin. Ein Jahr lang habe ich mich auf meinen Schrank<br />
verkrochen und geweint. Inzwischen bin ich viel herumgekommen<br />
und habe etliche charmante Orte gesehen. Aber<br />
<strong>Marburg</strong> ist der schönste. Die Mischung aus Gemütlichkeit<br />
und Weltoffenheit ist unschlagbar. Mein Vater wird als Lektor<br />
und Kurator arbeiten und dies ist nicht mein letzter Umzug.<br />
Meine Mutter wird im zweiten Anlauf ein klassisches<br />
Mode-Studium machen: Pädagogik und Sprachen, auf<br />
Lehramt. Als sie ihr Studium beendet, bin ich 16. Praktisch<br />
meine <strong>ganz</strong>e Jugend hindurch hat jemand in der Familie<br />
studiert.
Blick von der Lahn über das Wehringhauser Wehr auf die Altstadt von <strong>Marburg</strong><br />
Mich hat es zur Praxis gezogen, in der Schauspielschule wird<br />
getanzt, gelabert, gefochten und gesungen. Das Sammeln<br />
und Stöbern, sich vertiefen, die Zeit vergessen, das klassische<br />
Studieren einer Sache und das Experimentieren beim<br />
Denken, dafür habe ich erst jetzt Geduld entwickelt.<br />
„Berlin ist zwar ebenso weltoffen<br />
wie <strong>Marburg</strong>, aber von Gemütlichkeit<br />
ist nichts zu spüren.“<br />
Berlin ist zwar ebenso weltoffen wie <strong>Marburg</strong>, aber von Gemütlichkeit<br />
ist nichts zu spüren. Vielleicht habe ich mir aus<br />
diesem Grund eine Ecke gesucht, die eher beschaulich und<br />
ruhig ist. Und so wohne ich nun in einem Teil Berlins, in<br />
dem ich „mein <strong>Marburg</strong>“ gefunden habe.
Dem DRK Rettungsdienst<br />
Mittelhessen ist beides<br />
wichtig: eine qualitativ<br />
hochwertige, fachliche<br />
Leistung und ein menschlicher,<br />
patientenorientierter<br />
Umgang im<br />
Einsatzdienst<br />
Foto: Ingo Becker<br />
602 · 61 3<br />
Das Deutsche Rote Kreuz in Mittelhessen<br />
DER MENSCH STEHT<br />
IMMER IM MITTELPUNKT<br />
Eine große Gemeinschaft von Helfenden, die stets das<br />
Wohl der Menschen im Blick hat – mit diesen<br />
Schlagworten lässt sich die Arbeit des DRK Kreisverbands<br />
<strong>Marburg</strong>-Gießen und des Rettungsdienstes<br />
Mittelhessen charakterisieren. 850 aktive Mitglieder zählt<br />
der Kreisverband, hinzu kommen rund 15.400 Fördermitglieder<br />
und etwa 650 hauptamtliche Mitarbeiter beim Kreisverband<br />
und bei der Rettungsdienst-GmbH. Gibt es einen Notfall,<br />
sind die Kräfte des Rettungsdienstes – einer Tochtergesellschaft<br />
der DRK Kreisverbände <strong>Marburg</strong>-Gießen und<br />
<strong>Biedenkopf</strong> – binnen weniger Minuten vor Ort – dank strategisch<br />
günstig liegender Rettungswachen. Die Mitarbeiter<br />
leisten jährlich mehr als 60.000 Einsätze im Einzugsgebiet der<br />
Rettungsdienst-GmbH, bilden den Großteil der Notfallversorgung<br />
im <strong>Landkreis</strong> ab und stellen stets die bestmögliche<br />
medizinische und auch menschliche Versorgung in den<br />
Mittelpunkt.<br />
Und das mit Erfolg, wie die Statistik belegt: Demnach haben<br />
Menschen, die hier einen plötzlichen Herzstillstand erleiden,<br />
weitaus bessere Überlebenschancen als andernorts. Liegt die<br />
Zahl der Überlebenden bundesweit bei sieben pro 100.000<br />
Einwohnern, ist deren Zahl im <strong>Landkreis</strong> mit 14 doppelt so<br />
hoch. „Eine hochwertige fachliche Leistung ist uns sehr wichtig<br />
– ebenso wie ein menschliches und patientenorientiertes<br />
Verhalten im Einsatzdienst“, unterstreicht Markus Müller,<br />
Geschäftsführer des DRK Rettungsdienst Mittelhessen.<br />
Die große Gemeinschaft der Rotkreuzler fußt auf dem Grundsatz,<br />
Menschen unvoreingenommen in jeder Situation mit<br />
Hilfe zur Seite zu stehen – so, wie es in den Statuten des Roten<br />
Kreuzes schon 1965 international proklamiert wurde. Die Arbeit<br />
nur auf den Rettungsdienst zu beschränken, wäre darum<br />
verkürzt: Von Erste-Hilfe-Kursen, Hausnotruf oder „Essen<br />
auf Rädern“ über betreutes Reisen, Bewegungsprogramme<br />
oder die DRK-Kleiderläden bis hin zu Therapiehunden und
Die große Gemeinschaft der Rotkreuzler fußt auf<br />
dem Grundsatz, Menschen unvoreingenommen in<br />
jeder Situation mit Hilfe zur Seite zu stehen – so,<br />
wie es in den Statuten des Roten Kreuzes schon 1965<br />
international proklamiert wurde.<br />
Foto: DRK/Zelck<br />
Eine Vielzahl von Erste-Hilfe-Kursen gehört zum Angebot des DRK.<br />
der Rettungshundestaffel reicht das Angebot. Hinzu kommen<br />
Bereitschaftsdienste – etwa bei Veranstaltungen – ebenso wie<br />
der Blutspendedienst, die Flüchtlingshilfe oder der Katastrophenschutz.<br />
Bestes Beispiel, wie gut dies funktioniert, hat der Einsatz zur<br />
Bewältigung der Flüchtlingsströme im Sommer 2015 gezeigt:<br />
Haupt- und Ehrenamt zogen an einem Strang, um innerhalb<br />
kürzester Zeit Möglichkeiten zu schaffen, um die Menschen<br />
zunächst mit dem Nötigsten zu versorgen und allen einen<br />
Schlafplatz anbieten zu können – und später um die Erstaufnahmeeinrichtungen<br />
und die Kleiderkammer zu betreiben.<br />
„Bei uns geht es also um weit mehr, als Bedürftigen einen<br />
Teller Suppe oder ein paar Schuhe zu reichen – sondern es<br />
geht auch darum, im Notfall so professionelle Hilfe zu leisten,<br />
dass man Leben retten kann. Das Spektrum reicht von der<br />
Suppe bis zum Herzinfarkt“, fasst Christian Betz, Vorstand<br />
des Kreisverbandes, zusammen.<br />
Welche wichtige Rolle das DRK im <strong>Landkreis</strong> spielt, wird<br />
auch an den zahlreichen Funktionen deutlich, die in <strong>Marburg</strong><br />
angesiedelt sind: Im Rudert ist das „DRK Forum“ entstanden,<br />
das zahlreiche Dienste des DRK bündelt und somit eine noch<br />
verzahntere Zusammenarbeit ermöglicht. Auf dieser „DRK-<br />
Meile“ in <strong>Marburg</strong>s Süden fi nden sich neben der Geschäftsstelle<br />
des Kreisverbandes auch das Bildungszentrum, die Logistik<br />
und die Werkstatt des DRK Rettungsdienstes Mittelhessen.<br />
Jüngster Baustein des Konzepts ist das neue DRK-<br />
Katastrophenschutz-Zentrallager für die <strong>Landkreis</strong>e <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
und Gießen. Für notfallmedizinische und<br />
rettungsdienstliche Aus-, Fort- sowie Weiterbildungen gibt es<br />
das DRK Bildungszentrum (BZ) unter dem Dach des Rettungsdienstes.<br />
In Kooperation mit dem Kreisverband bietet<br />
das BZ auch Rettungssanitäter-Lehrgänge für ehrenamtliche<br />
Kräfte im Katastrophenschutz an. Zum Bildungszentrum gehört<br />
auch das Simulationszentrum mit modernster Technik:<br />
Dort können sehr realitätsnah im geschützten Rahmen Notfallsituationen<br />
trainiert werden, um Handlungssicherheit zu<br />
erwerben. Die Kursangebote werden auch von Kliniken nachgefragt.<br />
Für diese bietet das Team des Simulationszentrums<br />
Inhouse-Schulungen an – zum Beispiel Notfalltrainings für<br />
Intensivstationen oder Notfallaufnahmen.<br />
Kontakt<br />
DRK Kreisverband <strong>Marburg</strong>-Gießen e. V.<br />
Geschäftsstelle <strong>Marburg</strong><br />
Im Rudert 13<br />
35043 <strong>Marburg</strong><br />
www.drk-mittelhessen.de<br />
DRK Rettungsdienst Mittelhessen<br />
Foto: Ronald Henning<br />
Am Krekel 41<br />
35039 <strong>Marburg</strong><br />
www.rdmh.de<br />
Die Rettungswache <strong>Marburg</strong>-Süd
62 · 63 3<br />
ELKAS GmbH & Co. KG<br />
AUS PRINZIP 100 PROZENT<br />
FÜR DEN ERFOLG DES KUNDEN<br />
Wer sich mit Produkten und Dienstleistungen<br />
rund um Transport und Lagerhaltung einen<br />
Namen machen will, muss effi ziente Lösungen<br />
anbieten können – gerade in den Branchen,<br />
in denen die Just-in-time-Produktion hohe Anforderungen<br />
an die Logistik stellt. Die ELKAS GmbH & Co. KG<br />
überzeugt hier seit sechs Jahrzehnten als Entwicklungspartner<br />
und Hersteller von bewährten wie auch innovativen<br />
Lösungen für den rationellen Warenfl uss. Im intensiven<br />
Dialog mit den langjährigen Kunden – mehrheitlich sind<br />
dies international aufgestellte Partner aus der Automobilindustrie<br />
und deren Zulieferer – erarbeiten die ELKAS-<br />
Profi s Lösungen in den Bereichen Einlagerung und Transport<br />
von Komponenten und Bauteilen für den Fahrzeugbau.<br />
„Wir entwickeln und produzieren zum Beispiel Gitterboxen,<br />
Paletten und Sondertransportgestelle sowohl für die<br />
Pkw-Industrie als auch für leichte und schwere Nutzfahrzeuge<br />
sowie für den Busbau“, erklärt Jürgen Lohse, der<br />
zusammen mit Jürgen Siegel die Geschäfte der Firma<br />
ELKAS leitet. „Das ELKAS-Programm standardisierter<br />
starrer oder wahlweise zusammenlegbarer Boxen bietet<br />
eine sinnvolle und umfangreiche Auswahl für nahezu jeden<br />
Einsatzzweck“, nennt der Diplom-Ingenieur ein Beispiel<br />
von vielen. Neben dem Angebot an standardisierten Universalladungsträgern<br />
profi liert sich ELKAS auch als Entwicklungspartner<br />
und Produzent für individuelle Einsatzzwecke<br />
– sogenannte Sonderladungsträger.<br />
Das Unternehmen garantiert dank moderner Fertigungsanlagen<br />
und ständig optimierter Verfahren einen hohen<br />
Qualitätsstandard, der unter anderem nach DIN EN ISO<br />
9001 dokumentiert ist. „Des Weiteren wurde die hohe<br />
Qualität unserer Produktion mehrfach durch Lieferantenauszeichnungen<br />
weltbekannter Konzerne gewürdigt“, ergänzt<br />
Jürgen Lohse. Konstruktiver Aufbau, fertigungstechnische<br />
Details, statische Randbedingungen sowie ergono-
Im intensiven Dialog mit den langjährigen Kunden – mehrheitlich sind dies international<br />
aufgestellte Partner aus der Automobilindustrie und deren Lieferanten oder deren Zulieferer–erarbeitendieELKAS-ProfisLösungenindenBereichenEinlagerungundTransportvon<br />
Komponenten und Bauteilen für den Fahrzeugbau.<br />
mische Aspekte und Forderungen des Arbeitsschutzes fl ießen<br />
jederzeit in die Produkte ein und haben sich unzählige<br />
Male im praktischen Einsatz weltweit bewährt. „Wir liefern<br />
aus Prinzip 100-prozentige Lösungen für unsere Kunden“,<br />
bringt es Mitgeschäftsführer Lohse auf den Punkt.<br />
Die rationell strukturierte serielle Produktion erlaubt es<br />
ELKAS zudem, ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis an<br />
die Kunden weiterzureichen.<br />
Lohse – getreu dem Firmenmotto „Unser Einsatz für Ihren<br />
Erfolg“, das gleichzeitig Leitmotiv, Herausforderung und<br />
Anspruch für ELKAS ist. Heute präsentiert sich ELKAS als<br />
erfahrenes und innovatives Unternehmen, das für seine hohen<br />
Standards in Zuverlässigkeit, Produktqualität, Dialogbereitschaft<br />
und Preiswürdigkeit weltweit als Partner geschätzt<br />
ist und dabei fest in der mittelhessischen Heimat<br />
verwurzelt ist.<br />
Auf Basis der über 60-jährigen Erfahrung mit teils hochkomplexen<br />
Anforderungen aus unterschiedlichen Märkten<br />
und Regionen auf der Weltkarte entwickeln die ELKAS-<br />
Spezialisten in Konstruktion und Prototypenbau kreative<br />
und sinnvolle Lösungen für das vom Kunden defi nierte<br />
Einsatzgebiet. „Dabei setzen wir auf moderne CAD-Technik<br />
sowie auf unser umfangreiches Zeichnungsarchiv mit<br />
Tausenden von Beispielen und Erfahrungswerten aus<br />
bereits erfolgreich umgesetzten Projekten“, erläutert Jürgen<br />
Kontakt<br />
ELKAS GmbH & Co. KG<br />
Bahnhofstraße 30<br />
35075 Gladenbach<br />
www.elkas.de
SIMONA<br />
LISON<br />
geb. 1980 in Gießen | aufgewachsen in einem kleinen Bauernhaus<br />
mit Pferdestallungen in einer Familie und als eine von zwei Töchtern<br />
in Grünberg-Beltershain | nach dem Abitur Ausbildung zur<br />
Werbekauffrau | 2001 bis 2006 Studium der Erziehungswissenschaften<br />
an der Philipps-Universität in <strong>Marburg</strong> |<br />
wohnt seit 2006 in <strong>Marburg</strong> | seit 2006 Mitarbeiterin des<br />
bsj <strong>Marburg</strong> e.V. im Projekt „Lebensweltbezogene Schulsozialarbeit“<br />
| seit 2012 in diesem Projekt Leiterin<br />
64 · 65<br />
Simona Lison<br />
DIE ZUKUNFT<br />
UNSERER JUGEND<br />
MITGESTALTEN<br />
Wenn ich heute an das Jahr 2006 denke,<br />
schmunzele ich über das <strong>ganz</strong>e Gesicht. Es<br />
war mein erstes Jahr hier als Schulsozialarbeiterin.<br />
Ich denke oft über die vielen chaotischen<br />
Autofahrten durch den <strong>Landkreis</strong> nach, obwohl ich<br />
mich gut orientieren kann.<br />
Wenn ich versuchte, über alternative Wege nach Steffenberg<br />
zu kommen, haben die kleinen Dörfer im Hinterland mit<br />
ihren vielen kleinen Straßen mich häufig verwirrt. Allerdings<br />
sind mir die langen Fahrten zu den Schulen, die schöne<br />
Natur des Hinterlandes, die bunten Wälder und die tollen<br />
Aussichten in guter Erinnerung. Daran zu denken, genieße<br />
ich noch heute. Vieles erinnert mich an meine Heimat.<br />
Jugendliche gestalten ihren Jugendraum in Lohra mit Graffiti.<br />
In meinem Beruf habe ich viele Schulen, Lehrkräfte, Eltern<br />
und vor allem Kinder und Jugendliche des <strong>Landkreis</strong>es kennengelernt.<br />
In den Schulen habe ich Jugendliche begleitet,<br />
Bildungsangebote entwickelt und mit den Jugendlichen um-
„Ein Ziel ist es, den <strong>Landkreis</strong><br />
attraktiv zu gestalten, um die<br />
eigene Zukunft dort mit einem<br />
guten Angebot von Arbeitsplätzen,<br />
Freizeitmöglichkeiten<br />
und Bildungsangeboten zu<br />
verbringen.“<br />
Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> ist der an Schafen reichste Kreis in Hessen. Jährlich demonstrieren<br />
die Schäfer ihr können beim Kreisleistungstreffen.<br />
gesetzt. In xxx habe ich zwischen Jugendlichen vermittelt<br />
oder Lehrkräfte beraten. Besonders in Erinnerung bleiben<br />
aber die zahlreichen Bildungsprojekte.<br />
Auf der Suche nach Abenteuern sind wir durch den <strong>Landkreis</strong><br />
gestreift. Steile Waldhänge und ruhige Weiten luden<br />
uns ein, den Körper zu bewegen und Zeit zum Nachdenken<br />
zu haben. Das Erleben von schönen, aber auch anstrengenden<br />
Situationen ließ bei den Jugendlichen Durchhaltevermögen,<br />
Zuversicht und Optimismus erwachsen. Später haben<br />
wir uns in unbekannte Gegenden gewagt, sind Kanu gefahren,<br />
waren wandern und sind mit Schneeschuhen gelaufen.<br />
Wir kamen mit vielen spannenden Erfahrungen und Eindrücken<br />
gerne wieder in den <strong>Landkreis</strong> zurück.<br />
Zukunft ist ein großes Thema bei den Jugendlichen. Eine<br />
schwierige Fragestellung für 14-, 15- oder 16-Jährige? Wie<br />
wollen wir in Zukunft leben? Wie können wir sie selbst gestalten?<br />
Was können wir uns aussuchen und was müssen wir<br />
hinnehmen? Mit Jugendlichen über diese Fragen zu philosophieren<br />
liebe ich. Ich möchte gerne die jungen Menschen<br />
dabei begleiten, ihre Zukunft aktiv zu gestalten und sich in<br />
ihren Gemeinden zu engagieren.<br />
Ein Ziel ist es dabei, den <strong>Landkreis</strong> attraktiv zu gestalten,<br />
um die eigene Zukunft dort mit einem guten Angebot von<br />
Arbeitsplätzen, Freizeitmöglichkeiten und Bildungsangeboten<br />
zu verbringen.<br />
Als Schulsozialarbeiterin hatte und habe ich die Möglichkeit,<br />
Jugendliche zu unterstützen. Viele Ideen und Anregungen<br />
kommen von ihnen selbst, wir müssen ihnen nur zuhören<br />
und ihre Belange übersetzen. Und neben dem Schulleben<br />
ist dabei auch ihr Lebensraum wichtig. Ich erinnere mich<br />
noch an den Moment, als ich hörte, wie ein Lehrer in Steffenberg<br />
im Lehrerzimmer „Platt“ sprach. Es entfachte sofort<br />
ein Gefühl von Heimat und Kindheit in mir. Ich bin<br />
vielleicht eine Schulsozialarbeiterin aus der Stadt, aber<br />
eigentlich eine von ihnen.<br />
Sich für Rechte einsetzen, Ungerechtigkeiten nicht hinnehmen<br />
und die Vielfalt der Menschen achten, das sind Werte,<br />
die ich von meinen Eltern lernte. Ich selbst lebe diese Tradition<br />
weiter. Deshalb habe ich stets ein offenes Haus für<br />
Freunde und Bekannte. Wir kochen Essen aus vielen Ländern,<br />
spielen Gesellschaftsspiele, diskutieren am Lagerfeuer<br />
oder hecken neue Pläne aus.<br />
Auch das Ehrenamt ist für mich kein Fremdwort, und es ist<br />
für mich selbstverständlich zu helfen. Heute leite ich beim<br />
„bsj <strong>Marburg</strong>“ vielfältige Projekte. Ich fahre durch den <strong>Landkreis</strong><br />
und unterstütze meine Kolleginnen und Kollegen in ihrer<br />
Arbeit der Schulsozial- und Offenen Kinder- und Jugendarbeit.<br />
Vor allem bündele ich die Belange der Kinder und Jugendlichen<br />
und entwickele mit meinem Team neue Projekte.<br />
Dabei lasse ich mich auch durch meine Hobbys inspirieren.<br />
Ich fotografiere, male und nähe gerne. Wenn ich verreise,<br />
möchte ich neben den Ländern die Menschen, die Kultur,<br />
die Traditionen der Orte kennenlernen.<br />
In meinem Alltag gehe ich gerne ins Theater. Wenn ich Zeit<br />
für mich brauche, mache ich Yoga. Ich kann sagen, dass ich,<br />
auch wenn ich hier nicht geboren wurde, an dem <strong>Landkreis</strong><br />
hänge. Seine Vielfältigkeit begeistert mich. Und: Selbstverständlich<br />
freue ich mich darüber, hier die Zukunft unserer<br />
Jugend mitzugestalten.
PROFESSOR<br />
GERD<br />
MANTHEI<br />
geb. 1961 in Eckelshausen | ein Kind | Ausbildung<br />
zum Schlosser | Fachabitur abends an den Beruflichen<br />
Schulen <strong>Biedenkopf</strong> | 1983 bis 1986<br />
Maschinenbau-Studium an der FH Gießen-<br />
Friedberg | 1985 bis 1992 Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Battelle-Institut, Frankfurt |<br />
1987 bis 1991 Studium der Physik in Frankfurt |<br />
1992 bis 1994 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Fraunhofer-Institut, Dresden | 1993 Gründung<br />
der „Gesellschaft für Materialprüfung und Geophysik“,<br />
Ober-Mörlen | seit 2007 Professor an<br />
der Technischen Hochschule Mittelhessen |<br />
Auszeichnungen: 1992 Auszeichnung der WE-<br />
Heraeus-Stiftung, 2010 Kishinouye-Award (Japan)<br />
für die langjährige Arbeit auf dem Gebiet<br />
der Schall emissionsanalyse<br />
66 · 67<br />
Professor Gerd Manthei<br />
DURCH DEN SPORT<br />
ZURÜCK IN DIE HEIMAT<br />
Wir sind vier Geschwister und in der Familie<br />
gab es damals nur einen Alleinverdiener –<br />
daher durfte mein Bruder Abitur machen.<br />
Also habe ich nach dem Realschulabschluss<br />
eine Schlosserlehre absolviert und in der Abendschule das<br />
Fachabitur gemacht. Zwei Jahre hat es gedauert – da braucht<br />
man schon etwas Stehvermögen. Nach dem anschließenden<br />
Wehrdienst studierte ich Maschinenbau in Gießen und arbeitete<br />
parallel im Battelle-Institut in Frankfurt. Dort habe<br />
ich meist mit Physikern zusammengearbeitet. Die hatten<br />
einen Forschungsauftrag mit Blick auf die Endlagerung radioaktiver<br />
Abfälle in Steinsalz. Das ist ja heute noch ein<br />
heikles Thema – Stichwort Gorleben, Morsleben, Asse. Das<br />
Thema hat mich begeistert, also habe ich noch mal von<br />
vorne begonnen und Physik studiert.<br />
Promoviert habe ich 2004 in Hamburg, drei Jahre später<br />
folgte der Ruf an die Technische Hochschule Mittelhessen in<br />
Gießen. Mein großes Glück war, dass in 2011 die Außen-<br />
stelle von StudiumPlus in <strong>Biedenkopf</strong> geschaffen wurde,<br />
denn so bin ich ins Direktorium gekommen und konnte die<br />
Außenstelle mit aufbauen.<br />
Die praxisnahe Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen<br />
Firmen, um Fachkräfte für die Region zu entwickeln, ist<br />
äußerst spannend. Ein Curriculum am Bedarf zu entwickeln<br />
und dann gemeinsam mit den Firmen zu erarbeiten, welche<br />
Inhalte gefordert sind, ist eine große Stärke von<br />
StudiumPlus.<br />
Dabei hat mich zunächst nicht der Beruf zurück in meine<br />
Heimat gebracht, sondern der Sport. In der Schulzeit kam<br />
ich zum Volleyball, bin recht schnell in die Männermannschaft<br />
aufgestiegen. Und als ich dann mein erstes Auto hatte,<br />
fuhr ich nach <strong>Marburg</strong>, um dort zu trainieren und zu<br />
spielen, denn die <strong>Marburg</strong>er waren in einer höheren Klasse.<br />
Später wechselte ich zum USC Gießen, wurde mit der Mannschaft<br />
Deutscher Meister und Pokalsieger. So habe ich mir
über den Sport schlussendlich mein Studium finanziert. Ich<br />
wechselte zurück nach <strong>Biedenkopf</strong>, wir stiegen nach zwei<br />
Jahren in die Zweite Liga auf – das war ein tolles Jahr, mit<br />
jeder Menge Begeisterung auch beim Publikum. Allerdings<br />
war es schwierig, Studium und Volleyball unter einen Hut zu<br />
bekommen. Also ging ich wieder nach Gießen, denn so entfiel<br />
das Fahren. Sportlich ging es dann erneut nach <strong>Biedenkopf</strong>,<br />
ich habe dann später die Möglichkeit gehabt, die Zweite-Bundesliga-Mannschaft<br />
vier Jahre lang zu trainieren. Und<br />
seit 1999 bin ich hier verwurzelt.<br />
Die Region ist sehr lebenswert, das merkt man vor allem,<br />
wenn man woanders gelebt hat. Wenn ich etwa bei Tagungen<br />
in großen Städten bin, dann stört mich <strong>ganz</strong> schnell der<br />
Lärm. Hier habe ich das Gefühl, dass ich zuhause bin. Ich<br />
finde alles, was ich brauche: Ausgleich durch Sport in der<br />
Natur beim Mountainbiken im Mittelgebirge, und beruflich<br />
durch die Leitung der StudiumPlus-Außenstelle, mit der ich<br />
etwas für die Region bewirken kann. Spannend finde ich<br />
auch die Einblicke in die Wirtschaft mit ihren hochinteressanten<br />
Persönlichkeiten, die mir mein Beruf ermöglicht: von<br />
kleinen Firmen mit zwei oder drei Personen bis hin zu Unternehmen,<br />
die weit mehr als 1. 000 Mitarbeiter haben.<br />
Man spricht immer von den „Hidden Champions“ – und<br />
von denen haben wir viele in der Region. Es gibt ein riesiges<br />
Potenzial. Mit unserem Angebot von StudiumPlus können<br />
wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Unternehmen ihre<br />
Fachkräfte vor Ort entwickeln können und diese dann auch<br />
„Ichfindealles,wasichbrauche:AusgleichdurchSportin<br />
der Natur beim Mountainbiken im Mittelgebirge, und<br />
beruflichdurchdieLeitungderStudiumPlus-Außenstelle,<br />
mit der ich etwas für die Region bewirken kann.“<br />
Schülerinnen der Steinmühle beim Rudern auf der Lahn
Das kreiseigene Schloss in <strong>Biedenkopf</strong><br />
68 · 69<br />
in der Region bleiben. Hätte es ein solches Angebot schon zu<br />
meiner Studienzeit gegeben, ich hätte es wohl wahrgenommen<br />
und wäre hier geblieben.<br />
Ein Glücksfall ist auch, dass der <strong>Landkreis</strong> die Chance der<br />
Außenstelle erkannt hat und den Neubau ermöglicht. Die<br />
Investition von 12,5 Millionen Euro ist sicher eine Investition<br />
in die Zukunft. Dabei gab es eine sehr kooperative und konstruktive<br />
Zusammenarbeit. So wurde auf eine Anforderungen<br />
detailliert eingegangen und sie wurden zu 100 Prozent<br />
umgesetzt. Davon kann man sonst nur träumen.<br />
In einer Großstadt könnte ich nicht leben. <strong>Biedenkopf</strong> ist für<br />
mich der Ort, in dem ich mich niedergelassen habe – <strong>ganz</strong><br />
bewusst, denn ich fühle mich in jeder Hinsicht wohl und<br />
vermisse nichts. Kulturell ist die Region ebenfalls sehr gut<br />
aufgestellt, das ist mir wichtig. All diese Vorteile werten die<br />
wunderschöne Gegend zusätzlich auf. Außerdem bietet mir<br />
<strong>Biedenkopf</strong> auch beruflich gute Entwicklungsmöglichkeiten.<br />
Hier kommt man mit den Menschen leicht in Kontakt und<br />
wird akzeptiert, ob privat oder in Unternehmen. Dabei lege<br />
ich keinen Wert auf Titel, denn meiner Meinung nach bauen<br />
Titel Barrieren auf. Klar, den Titel habe ich mir erarbeitet,<br />
„<strong>Biedenkopf</strong> ist für mich der Ort, in dem ich<br />
mich niedergelassen habe – <strong>ganz</strong> bewusst,<br />
denn ich fühle mich in jeder Hinsicht wohl<br />
und vermisse nichts. Kulturell ist die Region<br />
ebenfalls sehr gut aufgestellt, das ist mir<br />
wichtig. All diese Vorteile werten die<br />
wunderschöne Gegend zusätzlich auf.“<br />
mit viel Stehvermögen. Während des Studiums gab es durchaus<br />
Situationen, in denen ich mir die Frage gestellt habe, aufzuhören.<br />
Aber durch den Sport habe ich gelernt, mit Niederlagen<br />
umzugehen und Erfolge zu genießen.<br />
Und bei meiner täglichen Arbeit gibt es ebenfalls eine Parallele<br />
zum Sport: Als Trainer musste ich meine Mannschaft<br />
motivieren. Das versuche ich auch heute mit meinen Studenten:<br />
Während des Grundstudiums gehen nahezu alle durch<br />
meine Hände. Durch Hilfestellungen kann ich sie ebenfalls<br />
motivieren. Ich möchte den jungen Leuten Sicherheit geben –<br />
so wie ein Trainer seiner Mannschaft. Ich versuche auf jeden<br />
Fall, für alle ein Ansprechpartner zu sein.
Meier III GmbH Metzgerei & Partyservice<br />
REGIONALITÄT UND<br />
BESTER GESCHMACK<br />
Regionalität, gepaart mit kompromissloser Qualität<br />
– das ist die oberste Prämisse bei der Metzgerei<br />
Meier III. Und das ist kein Lippenbekenntnis,<br />
wie Metzgermeister Martin Meier verdeutlicht:<br />
„Wir setzen auf unsere traditionellen, handwerklichen<br />
Werte: Fleisch von heimischen Landwirten aus der Region,<br />
natürliche Gewürze – und alles wird selbst hergestellt, wir<br />
verzichten komplett auf Zukaufprodukte.“<br />
Tradition und Moderne – das macht heute die Metzgerei<br />
aus. Heinrich Meier eröffnete 1910 eine Gaststätte in Beltershausen,<br />
dessen Sohn Heinrich Meier III erweiterte den<br />
Bau in den 1930er-Jahren mit einem Metzgerladen mit<br />
eigener Schlachtung. 1958 übernahm er seinen ehemaligen<br />
Lehrbetrieb in <strong>Marburg</strong> und verlegte die Produktion dorthin.<br />
Sein Sohn, der ebenfalls Heinrich heißt, trat 1965 ins<br />
Unternehmen ein. „Uns liegt die Region mit ihren Menschen<br />
und den gewachsenen Strukturen am Herzen“, sagt<br />
Heinrich Meier III jun. Daher fördert er mehrere Vereine<br />
der Region, unter anderem den Fußballverein SV Beltershausen.<br />
Vor diesem Hintergrund erfand er auch den<br />
„Meier-III-Cup“, der sich mittlerweile zu einem namhaften<br />
Fußballturnier mit einem üppigen Preisgeld für die heimi-<br />
schen Mannschaften entwickelt hat. „Die Idee war auch,<br />
den Menschen, die sich im Verein engagieren, etwas<br />
zurückzugeben.“<br />
Martin Meier hat die Metzgerei konsequent weiterentwickelt:<br />
Es gibt rund 80 hausgemachte Wurst- und Schinkenspezialitäten,<br />
immer mit dem Blick auf die hochwertige<br />
Zubereitung. Etwa beim „Beltershäuser Landschinken“,<br />
der nach einem Rezept von Martin Meiers Großvater unter<br />
Verwendung verschiedener Salzarten lange reift. „Dabei<br />
verliert er zwar an Gewicht, gewinnt aber merklich im Geschmack.“<br />
Darüber hinaus gibt es bei Meier III Fertiggerichte<br />
in Gläsern – Kürbissuppe und Wildgulasch ebenso<br />
wie Currywurst – alles zubereitet in der fi rmeneigenen Küche<br />
in der Straße Am Grün. Sämtliche Spezialitäten bietet<br />
Meier III zudem in Geschenkboxen zum Mitnehmen oder<br />
im Versand an – als ein Stück „<strong>Marburg</strong> für zuhause“.<br />
Abgerundet wird das Angebot durch den beliebten Veranstaltungsservice.<br />
Ob Familienfeier, Tagung oder Firmenevent<br />
– Meier III ist immer dabei. „Seit mehr als 20 Jahren<br />
planen wir Veranstaltungen individuell für unsere Kunden.<br />
Was können wir für Sie tun?“, fragt Martin Meier.<br />
„Wir setzen auf unsere traditionellen,<br />
handwerklichen Werte – bei Meier III<br />
stellen wir alles selbst her.“<br />
Martin Meier, Geschäftsführer Meier III GmbH<br />
Kontakt<br />
Meier III GmbH<br />
Am Grün 35a<br />
35037 <strong>Marburg</strong><br />
www.meier3.de
ANDREAS<br />
MARLOW<br />
geb. 1963 in Eutin, verheiratet | 1982 Eintritt in die<br />
Bundeswehr bei Panzerbataillon 183, Boostedt | 1983 bis<br />
1986 Studium der Pädagogik an der Universität der<br />
Bundeswehr (Dipl.-Päd.) Hamburg | 1986 bis<br />
1995OffizierinBoostedtundFlensburg|1995<br />
bis 1997 Generalstabsausbildung in Hamburg |<br />
1997bis1999StabsoffizierinNeustadt|1999bis<br />
2000 Generalstabsausbildung in Toronto | 2000<br />
bis 2001GeneralstabsoffizierBereichFührungslehre<br />
Heer, Hamburg | 2001 bis 2004 Referent<br />
im Verteidigungsministerium | 2004 bis 2006<br />
Kommandeur in Schwerin | 2007 bis 2011 Referatsleiter<br />
in Köln, danach im Verteidigungsministerium | 2011 bis<br />
2014 Kommandeur in Torgelow und Munster | Einsätze<br />
im Kosovo (2006) und in Afghanistan (2012) | seit 2015<br />
Divisionskommandeur in Stadtallendorf<br />
70 · 71<br />
Generalmajor Andreas Marlow<br />
LEBEN UND DIENST<br />
VERBINDEN SICH HIER IDEAL<br />
A<br />
ls ich 1997 in die Panzerbrigade 14 „Hessischer<br />
Löwe“ nach Neustadt versetzt wurde, kannte<br />
ich Hessen lediglich von Urlauben in der Rhön<br />
und im Odenwald. Als gebürtigem Schleswig-<br />
Holsteiner fielen mir die Herzlichkeit und die Offenheit der<br />
Menschen mir und der Bundeswehr gegenüber auf. In Treysa<br />
fand ich eine schöne Wohnung in einem Haus, das von einer<br />
älteren Dame sowie der Familie ihrer Tochter bewohnt<br />
wurde. Nicht selten passierte es, dass ich am Wochenende<br />
Brötchen vor meiner Tür fand oder – wenn ich abends vom<br />
Dienst kam – zu gerade im Gang befind lichen Familienfeiern<br />
hinzugebeten wurde. Ich habe hier im besten Sinne des Wortes<br />
schnell „Familienanschluss“ gewonnen.<br />
Im Dienst war die besonders kameradschaftliche Atmosphäre<br />
durch Persönlichkeiten geprägt, die aus der Region<br />
stammten, hier wohnten und die herzliche hessische Lebensart<br />
erlebbar machten. Viele spontane Feiern aus Anlass eines<br />
Geburtstags oder anderer erfreulicher Begebenheiten sind<br />
mir in schöner Erinnerung geblieben. Meine damalige Sekretärin<br />
aus Wasenberg brachte zudem regelmäßig Wurst aus<br />
eigener Schlachtung mit, die die Grundlage von Frühstückspausen<br />
mit viel Spaß war.<br />
Aber auch die ernste Seite der Arbeit wurde mit großer Konsequenz<br />
vollzogen. An die sehr rege Übungstätigkeit der Brigade<br />
denke ich gerne zurück. Nahezu jedes Quartal waren<br />
wir mit schwerem Gerät auch außerhalb von Übungsplätzen<br />
zwischen Kassel und <strong>Marburg</strong> aktiv und erlebten stets Verständnis<br />
und offene Türen für die Errichtung von Gefechtsständen,<br />
logistischen Einrichtungen und Verbandsplätzen.<br />
Diese Erfahrung war auch deshalb so motivierend, weil dies<br />
in anderen Regionen beileibe nicht so war. Zudem hatten<br />
wir in jener Zeit viele Wehrpflichtige aus den neuen Bundesländern,<br />
die von einem völlig anderen Verhältnis zwischen<br />
Bevölkerung und Streitkräften geprägt waren und so nachhaltig<br />
erleben konnten, was den Staatsbürger in Uniform im<br />
Verständnis der Bundeswehr ausmacht.
das schon herbstlich gelb-grün gefärbte, von Frühnebelschwaden<br />
durchzogene Amöneburger Becken. Dies war die<br />
richtige Einstimmung auf meine zweite Tätigkeit in Hessen.<br />
Inzwischen hat sich hier seitens der Bundeswehr viel verändert,<br />
die Präsenz ist geringer geworden. Jedoch ist Stadtallendorf<br />
einer der wenigen Standorte, in dem eines der drei<br />
Divisionskommandos des Heeres beheimatet ist. Eine neue<br />
Unterkunft habe ich in Schweinsberg unterhalb der Burg gefunden.<br />
Der Ort strahlt mit seinem Fachwerk die Behaglichkeit,<br />
aber auch die Geschichte Nordhessens aus. Von hier<br />
aus lassen sich Sport und Entspannung nach anstrengendem<br />
Dienst ideal verwirklichen.<br />
Die Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf ist eine einzigartige<br />
Organisation: Sie vereint alle Hubschrauber des<br />
Heeres, die Spezialkräfte, die Fallschirmjäger und einen holländischen<br />
Luftlandetruppenteil unter einem Dach. Getreu<br />
dem Divisionsmotto „Einsatzbereit – Jederzeit – Weltweit“<br />
stehen wir bereit, kurzfristig weltweit deutsche Staatsbürger<br />
zu retten oder zu evakuieren. Stadtallendorf ist daher in der<br />
Bundeswehr ein Inbegriff für rasche Reaktionsfähigkeit.<br />
2016 übte die Division Schnelle Kräfte das Fallschirmnotverfahren<br />
bei Wasserlandungen am Edersee. Das Foto zeigt<br />
Generalmajor Andreas Marlow bei der Vorbereitung.<br />
Durch die damals noch umfangreichere Bundeswehrpräsenz<br />
in Neustadt und Stadtallendorf gab es viele gemeinsame Veranstaltungen<br />
zwischen den Städten und den Truppenteilen<br />
sowie lebendige Patenschaften. Als 1999 meine Versetzung<br />
anstand, war mein größter Wunsch, danach wieder in Neustadt<br />
eingesetzt zu werden – dazu kam es leider nicht. Umso<br />
erfreulicher war es für mich im Sommer 2015, als ich zur<br />
Division Schnelle Kräfte nach Stadtallendorf versetzt wurde.<br />
Nach Städten wie Hamburg, Köln und Berlin war es eine<br />
schöne Aussicht, die romantische nordhessische Landschaft<br />
genießen zu können. Als ich an einem Sonnentag zu einer<br />
Kommandoübergabe nach Schwarzenborn fuhr und erstmals<br />
seit Jahren wieder die sanfte, grüne Wald- und Hügellandschaft<br />
sah, konnte ich meine Vorfreude kaum verbergen.<br />
Im September übernahm ich die Aufgaben als Divisionskommandeur<br />
von General Zorn in einem feierlichen Appell. Als<br />
ich am Morgen von meinem Hotel in Amöneburg den Berg<br />
herunterfuhr, bot sich mir ein gemäldegleicher Anblick auf<br />
einen sonnenbeschienenen blauen Spätsommerhimmel und<br />
Auch jetzt haben sich alle meine Erfahrungen und Erwartungen<br />
hinsichtlich der Einbindung in das öffentliche Leben<br />
bestätigt. Die herzliche Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen<br />
von Stadtallendorf und der regionalen Wirtschaft<br />
ist gedeihlich und konstruktiv. Die Kooperation stößt lediglich<br />
an Kapazitätsgrenzen, nicht aber an Grenzen in der Bereitschaft<br />
und gegenseitigen Wertschätzung. Bestes Beispiel<br />
dafür war die rasche Errichtung eines Zeltcamps für Flüchtlinge<br />
auf dem Gelände der Bundeswehr in Stadtallendorf, als<br />
in einer gemeinsamen Anstrengung quasi über Nacht Platz<br />
für mehr als 600 in Not befindliche Menschen geschaffen<br />
wurde. Vor dem Hintergrund meiner positiven Erfahrungen<br />
aus den ausgehenden 90er-Jahren und der zurückgegangenen<br />
Präsenz in der Fläche möchte ich aber auch die Übungstätigkeit<br />
wieder für die Bevölkerung stärker sichtbar machen.<br />
Ein Beispiel dafür ist der Fallschirmsprungdienst im Edersee,<br />
bei dem Fallschirmnotverfahren bei Wasserlandungen<br />
geübt werden. Die letzte Übung hat viele zivile Interessenten<br />
gefunden und auch meinen Soldaten viel Freude bereitet.<br />
Nordhessen war, ist und bleibt für uns Bundeswehrangehörige<br />
eine Region, in der sich Leben und Dienst ideal<br />
miteinander verbinden und in der es leichtfällt, sich heimisch<br />
zu fühlen. Ich hoffe, dass dies noch lange so bleiben wird.<br />
„Die herzliche Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen<br />
von Stadtallendorf und der regionalen Wirtschaft<br />
ist gedeihlich und konstruktiv.“
WERNER<br />
MEUSER<br />
geb. 1952 in <strong>Marburg</strong>, verheiratet |<br />
1968 Mittlere Reife an der Gesamtschule<br />
Kirchhain | Beginn der Lehre<br />
als Radio-Fernseh-Techniker | 1972<br />
bis 1974 Bundeswehr, Leutnant der<br />
Reserve | 1976 Meisterprüfung im<br />
Radio-Fernseh-Handwerk | seit 1983<br />
beim Hessischen Rundfunk, zunächst<br />
in Frankfurt, später auf dem Sender<br />
„Sachpfeife“ in <strong>Biedenkopf</strong> | 1994<br />
Vize-EuropameisterimSegelfliegen,<br />
1997 und 2001 Weltmeister, 1998 und<br />
2009 Deutscher Meister | seit 2012<br />
im Vorruhestand<br />
72 · 73<br />
Werner Meuser<br />
GETRAGEN VON WIND UND SONNE<br />
Schon als Kind war der Kontakt zur Fliegerei schnell<br />
hergestellt. Mein Vater war Fluglehrer im Segelflugsportverein<br />
„Blitz“ auf dem Gelände unterhalb<br />
der Amöneburg. Als Jugendlicher baute ich Flugzeugmodelle<br />
und ließ sie am Hang der Amöneburg fliegen.<br />
Schon da hatte ich einen schönen Überblick über das<br />
Amöneburger Becken. Bei gutem Wetter konnte man in der<br />
Ferne schon den Sendemast auf der Sackpfeife sehen. Was<br />
ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass er meine<br />
berufliche Heimat werden sollte.<br />
Mit 21 Jahren begann ich mit der Segelflugausbildung. Irgendwie<br />
kam ich zu dem Entschluss, nicht mehr am Boden<br />
zu stehen, sondern selbst in dem Flugzeugen zu sitzen und<br />
die <strong>ganz</strong>e Schönheit des <strong>Landkreis</strong>es zu erleben. Nach<br />
Lehre, Bundeswehr und Meisterprüfung begann ich die<br />
berufliche Karriere 1983 als Techniker für Hochfrequenztechnik<br />
beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt. Fünf<br />
Jahre arbeitete ich in Frankfurt. Für mich ergab sich die<br />
Möglichkeit, zum Sender „Sackpfeife“ zu wechseln. Der<br />
Hausberg von <strong>Biedenkopf</strong> ist übrigens der höchste Punkt<br />
im <strong>Landkreis</strong>. Dieser wunderschöne Ausflugsort wurde bis<br />
zum Eintritt in den Vorruhestand meine berufliche<br />
Heimat.<br />
Meine Kollegen und ich als Teamleiter betreuten die UKWund<br />
Fernsehsender. Später kam dann der Sender „Rimberg“<br />
bei Alsfeld hinzu. Eine zusätzliche Aufgabe für mich beim<br />
HR, bedingt durch die Fliegerei, war von 1989 an die Übertragungstechnik<br />
per Hubschrauber für das Radrennen<br />
„Rund um den Henninger-Turm“. Später kamen noch der<br />
Ironman und der Frankfurt-Marathon dazu.<br />
Nachdem ich den <strong>Landkreis</strong> x-mal mit dem Segelflugzeug<br />
überflogen und erkundet hatte, wendete sich mein Interesse<br />
dem sportlichen Segelflug zu. Wettbewerbe, sportliche Vergleiche<br />
mit anderen und die Komplexität, die damit verbunden<br />
ist, faszinieren mich bis heute. Generell ist es aber das<br />
Bewegen in der dritten Dimension. Segelfliegen ist wohl eine<br />
der umweltfreundlichsten Sportarten: Man bewegt sich nur<br />
mit warmer Luft, entstanden durch Sonneneinstrahlung und<br />
Aufwinde – also mit der Thermik, die Streckenflüge bis zu<br />
1. 000 Kilometer an einem Tag ermöglicht.
Sportlich ging es ab 1985 steil nach oben – mit der ersten<br />
Weltmeisterschaftsteilnahme in Rieti, Italien. Es folgte 1986<br />
Benalla, Australien. Die Titel stellten sich auch ein. 1994<br />
wurde ich Vize-Europameister in Rieti, 1997 kam mein<br />
erstes Highlight: Ich wurde Weltmeister in der 15-Meter-<br />
Rennklasse in St. Auban in Frankreich. Diesen Titel konnte<br />
ich zwar 1999 in Bayreuth nicht verteidigen, holte ihn mir<br />
aber 2001 im Südafrikanischen Mafeking zurück.<br />
Mit den Teilnahmen an diesen Wettbewerben lernt man eine<br />
Menge Menschen kennen. So wurden die amtierenden Weltmeister<br />
zu verschiedenen Veranstaltungen eingeladen. Einer<br />
der Höhepunkte war ein unvergessliches Erlebnis auf der<br />
Ranch des amerikanischen Hotelbesitzers William Barron<br />
Hilton in Nevada. Alles drehte sich ums Fliegen – es waren<br />
außer den Weltmeistern aller Klassen und den Hiltoncup-<br />
Gewinnern auch Stars und Sternchen der Musikszene,<br />
Astronauten und jede Menge Prominenz zum Segelfliegen<br />
gekommen. Unter den Gästen war auch der deutsche Astronaut<br />
und Kosmonaut Ulf Merbold, zu dem ich heute noch<br />
ein sehr freundschaftliches Verhältnis habe. Wir treffen uns<br />
noch oft, um gemeinsam zu fliegen.<br />
Ein weiterer Höhepunkt war der Aufenthalt im privaten<br />
Wild-Ressort „Tswalu“ in der Kalahari in Südafrika, der für<br />
den Gewinn der WM von Nicky Oppenheimer der DeBeer-<br />
Diamantendynastie für die Weltmeister und für die Südafrikanische<br />
Nationalmannschaft gesponsert wurde. Tswalu liegt<br />
an der Grenze zu Botsuana und Namibia. Dort drehte sich alles<br />
um Safari und Segelfliegen. Der größte Teil der Flüge fand<br />
über der Kalahari-Wüste statt. Bilder, die ich heute noch in<br />
Erinnerung habe, sind vor allem die Tierwelt, die wunderschönen<br />
Sonnenuntergänge und die himmlische Ruhe. Aber<br />
nach all diesen schönen Erlebnissen in der Welt freue ich<br />
mich immer wieder, meinen <strong>Landkreis</strong> zu überfliegen und zu<br />
sehen, was sich dort alles verändert hat.<br />
„Aber nach all diesen schönen Erlebnissen in der Welt freue<br />
ichmichimmerwieder,meinen<strong>Landkreis</strong>zuüberfliegenund<br />
zu sehen, was sich dort alles verändert hat.“<br />
Oft wurde ich gefragt, was mein größtes Erlebnis war. Diese<br />
Frage ist nicht einfach zu beantworten, wenn man praktisch<br />
in der <strong>ganz</strong>en Welt geflogen ist. In Amerika, Afrika, Australien<br />
und Europa gab es viele unvergessliche Flüge über atemberaubende<br />
Landschaften. Aber einer ragt besonders heraus,<br />
als ich zum Training zur WM 1997 in Südfrankreich war.<br />
Von dort habe ich mit meinem kleinen Segelflugzeug, getragen<br />
von Wind und Sonne, den höchsten Berg Europas – den<br />
Mont Blanc – zweimal in Gipfelhöhe umrundet. Einfach<br />
majestätisch und atemberaubend.<br />
Nach dem Gewinn mehrerer DM-Titel und weiteren WM-<br />
Teilnahmen lasse ich es jetzt ruhiger angehen und bewege<br />
mich wieder in <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong>. Im Winter habe ich<br />
mir allerdings öfters eine Auszeit vom <strong>Landkreis</strong> genommen<br />
und bin nach Australien zum Fliegen gegangen – das bot<br />
sich an, weil wir unsere Tochter besuchten, die dort lebte.<br />
Naturerlebnis im <strong>Landkreis</strong>
Fritz Winter ist ein Recyclingunternehmen der ersten Stunde: Seit über 60 Jahren wird Stahlschrott als Rohstoffgrundlage genutzt.<br />
74 2 · 75 3<br />
Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG<br />
WENN FLÜSSIGES EISEN<br />
ZUR LEIDENSCHAFT WIRD<br />
Selbstbewusst – dieses Wort umschreibt am besten die<br />
Mitarbeiter der Fritz Winter Eisengießerei. Stets ist<br />
von „unserer Firma“ und „unseren Entwicklungen“<br />
die Rede und stets schwingt ein wenig Stolz mit.<br />
„Wir machen aus Ihrem alten Fahrrad eine hochwertige<br />
Bremsscheibe“, sagt einer der Mitarbeiter mit einem Lächeln<br />
im Gesicht. Unrecht hat er nicht, denn schon seit 1953<br />
verwendet Fritz Winter Stahlschrott als Rohstoffgrundlage<br />
und das als eine der ersten Eisengießereien überhaupt.<br />
Außerdem können die Produkte des mittelständischen Familienunternehmens<br />
zu 100 Prozent wiederverwertet werden.<br />
Fritz Winter unterschreitet die gesetzlichen Grenzwerte für<br />
Emissionen um bis zu 95 Prozent. Das will was heißen, denn<br />
jedes Jahr verlassen über 27 Millionen Bauteile und Komponenten<br />
wie etwa Bremsscheiben und -trommeln, Hydraulikgehäuse,<br />
Schwungräder oder Zylinderblöcke und -köpfe das<br />
Unternehmen, das weltweit zu den größten konzernunabhängigen<br />
Gießereien zählt. Produkte von Fritz Winter fi ndet<br />
man in fast allem, was sich bewegt. Die Produktpalette umfasst<br />
über 800 anspruchsvolle Gussteile. Durch die große<br />
Kompetenz und langjährige Erfahrung der Mitarbeiter im<br />
Bereich der Bremsen-, Motoren-, Hydraulik- und Sonderapplikationen<br />
hat sich Fritz Winter als gefragter Lieferant<br />
und Partner für die internationale Automobil-, Nutzfahrzeug-<br />
und Hydraulikindustrie etabliert.<br />
Diesen Ruf hat sich das Unternehmen durch innovative<br />
Produkt- und Fertigungslösungen erarbeitet. Im fi rmeneigenen<br />
Materialentwicklungszentrum werden neue Werkstoffe<br />
entwickelt, für die ein eigener Versuchsofen zur Verfügung<br />
steht. Das einmalige Know-how spiegelt sich dann in Technologien<br />
wie dem ecoCasting-Prozess wider. Dabei handelt<br />
es sich laut Fritz Winter um das ressourcenschonendste Eisengussverfahren<br />
weltweit. Damit sind die Produkte des Unternehmens<br />
beispielsweise im Bereich der Pkw-Leichtbau-<br />
Zylinderblöcke gegenüber Aluminiumprodukten konkur-
Flüssiges Eisen ist für Fritz Winter nicht nur ein Material,<br />
sondern eine Leidenschaft.<br />
Innovative Technologien und Produkte haben Fritz Winter als wichtigen<br />
Partner und Lieferanten der Automobilindustrie etabliert.<br />
renzfähig. Im Vergleich zu einem Zylinderblock aus Aluminium<br />
liegt die Kostenersparnis bei mindestens 28 Prozent –<br />
und das bei nahezu gleichem Gewicht der Gesamt motoren.<br />
„Leicht ist für uns nicht schwer“, sagen die Stadtallendorfer<br />
selbstbewusst.<br />
Das Fundament des Erfolgs sind die rund 3.700 Mitarbeiter.<br />
Für sie setzt Fritz Winter alle Hebel in Bewegung. In den<br />
letzten fünf Jahren investierte das Unternehmen 168 Millionen<br />
Euro in den Standort in Stadtallendorf und das Knowhow<br />
seiner Belegschaft, die aus über 100 Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
wählen kann. Darüber hinaus gibt Fritz<br />
Winter seinen Mitarbeitern eine große Entscheidungsfreiheit<br />
sowie Eigenverantwortung mit. Der Dank dafür ist eine<br />
überdurchschnittlich lange Betriebszugehörigkeit. Zum Teil<br />
arbeiten Familien in der dritten Generation bei Fritz Winter.<br />
Kein Wunder, dass das Unternehmen nicht nur einer der<br />
größten, sondern auch der gefragtesten Arbeitgeber in der<br />
Region ist. So beginnen jedes Jahr rund 50 Auszubildende<br />
ihre berufl iche Karriere bei Fritz Winter. Die Auswahl ist<br />
groß: Das Unternehmen bildet in 15 Berufen im technischen,<br />
kaufmännischen sowie gastronomischen und IT-Bereich aus.<br />
Das duale Studium ist bei Fritz Winter in vier Fachrichtungen<br />
möglich. Die zahlreichen Unternehmensveranstaltungen<br />
und Teilnahmen an Wettbewerben wie etwa dem <strong>Marburg</strong>er<br />
Drachenbootrennen führen zu einem einmaligen Zusammenhalt<br />
und einem großen Zugehörigkeitsgefühl unter den<br />
Mitarbeitern. Selbstbewusst – das sind sie bei Fritz Winter<br />
zu Recht.<br />
Kontakt<br />
Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG<br />
Albert-Schweitzer-Straße 15<br />
35260 Stadtallendorf<br />
www.fritzwinter.de<br />
Qualität hat bei Fritz Winter einen Namen – und zwar 3.700 Mal: 3.700 Mitarbeiter<br />
beschäftigt das Unternehmen und bildet dabei in 15 verschiedenen Berufen aus.
762 · 77 3<br />
Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />
FÜR JEDEN PFLEGEBEDÜRFTIGEN<br />
DER PASSENDE HAUSENGEL<br />
Simon Wenz, Geschäftsführer der Hausengel, ist in<br />
der Region fest verwurzelt: „Meine Großeltern und<br />
meine Mutter stammen aus dem Ebsdorfergrund, ich<br />
lebe wieder hier, und auch meine Kinder sollen hier<br />
aufwachsen.“ Er weiß, wie wichtig Heimat den Menschen ist<br />
– daher will Wenz mit seinen Hausengeln dafür sorgen, dass<br />
Menschen auch dann, wenn sie pfl egebedürftig sind, in ihrer<br />
Heimat und ihrem Zuhause bleiben können.<br />
Wie schnell es damit vorbei sein kann, erlebte Wenz während<br />
seines Studiums: 1995 wurde sein Großvater dement, benötigte<br />
Pfl ege. Die übernahm seine Tochter Doris, wurde von<br />
ihrer Familie nach Leibeskräften unterstützt – doch irgendwann<br />
ging es nicht mehr. Klar war: Der Vater sollte nicht ins<br />
Pfl egeheim. Also versuchte die Familie, eine polnische Pfl egekraft<br />
zu engagieren, stieß dabei jedoch auf viele dubiose Vermittler<br />
und zahlreiche Hindernisse. „Letztendlich klappte es,<br />
später kamen dann Anfragen von Familien, die ebenfalls<br />
Hilfe benötigten“, erinnert sich Wenz. Aufbauend auf den<br />
Erfahrungen, die die Familie gemacht hatte, entstand so die<br />
Idee der Hausengel: Ausländische Pfl egekräfte für Familien,<br />
die völlig legal eingesetzt werden können und so die Familienangehörigen<br />
entlasten, „von der ambulanten Pfl ege bis<br />
hin zur 24-Stunden-Betreuung“, wie Wenz verdeutlicht.<br />
Es sei nie die Idee gewesen, aus dem Familienunternehmen<br />
eine europaweite Unternehmensgruppe zu machen. Doch der<br />
Bedarf sei da. „An meinem Studentenschreibtisch und aus<br />
dem Bügelzimmer meiner Mutter heraus ging es los“, erzählt<br />
Wenz. 1.500 Familien werden derzeit in Deutschland betreut,<br />
etwa 4.500 Hausengel sind im Einsatz. „Und unser Gesamtpool<br />
an Pfl egekräften, mit denen wir in Kontakt stehen,<br />
beinhaltet weit mehr als 10.000 Personen.“<br />
Das Ziel ist klar: Pfl egebedürftige Menschen sollen möglichst<br />
lange und selbstbestimmt in ihrem gewohnten Umfeld leben
Somit können sich die Familien, die einen Hausengel beschäftigen,<br />
sicher sein, dass sie sich nicht mit dubiosen, rechtlich<br />
unsicheren Diensten herumschlagen müssen. „Wir haben<br />
die Fachkompetenz durch die ambulanten Pfl egekräfte im<br />
Haus, wir haben die Akademie, wir haben eigene ausländische<br />
Standorte, an denen wir die Hausengel in ihrer Muttersprache<br />
beraten und betreuen“, sagt Simon Wenz. „In den<br />
ambulanten Pfl egediensten sind auch Pfl egeberater bundesweit<br />
organisiert, die speziell für die neue Pfl egeberatung qualifi<br />
ziert wurden.“ So sei für die Familien eine bedarfsgerechte<br />
Versorgung sichergestellt – von der Tagespfl ege bis hin zur<br />
24-Stunden-Betreuung. „Da es essenziell ist, dass die Chemie<br />
zwischen Pfl egebedürftigem, Angehörigen und Hausengel<br />
stimmt, helfen wir bei der Suche und Auswahl. Mit unserer<br />
24-Stunden-Hotline und <strong>persönlich</strong>en Ansprechpartnern<br />
stellen wir darüber hinaus sicher, dass sowohl die Angehörigen<br />
als auch unsere Hausengel immer einen Ansprechpartner<br />
haben – niemand wird alleine gelassen. Zwei Worte fassen es<br />
perfekt zusammen: rundum versorgt.“<br />
„Wirsorgendafür,dassjedeFamiliefürdiePflegeeines<br />
Angehörigen die passende Unterstützung erhält – eben den<br />
<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong>en Hausengel.“<br />
Simon Wenz, Geschäftsführer Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />
Die Verwurzelung mit der Region manifestiert sich auch in<br />
einem neuen Projekt: Einem „Generationenpark“ in Heskem<br />
auf 40.000 Quadratmetern. „Ziel ist es, die äußeren Grundstücke<br />
an Familien mit Kindern zu verkaufen, sodass wir eine<br />
Belebung haben“, erläutert Wenz. Im Zentrum soll eine Begegnungsstätte<br />
entstehen, mit betreutem Wohnen in Wohnungen<br />
darüber. In dem Gürtel dazwischen entstehen barrierefreie,<br />
seniorengerechte Einfamilienhäuser, in denen Familien<br />
mit Pfl egebedürftigen leben sowie betreut und versorgt<br />
werden können – <strong>ganz</strong> nach Bedarf.<br />
können. Daher bieten die Hausengel ambulante Pfl ege und<br />
Pfl egeberatung durch examiniertes Fachpersonal sowie<br />
24-Stunden-Betreuung im eigenen Zuhause durch osteuropäische<br />
Betreuungsdienstleister an – <strong>ganz</strong> nach dem Motto<br />
„rundum versorgt“. Simon Wenz verdeutlicht: „Alle Kräfte<br />
werden an unserer eigenen, staatlich anerkannten und zertifi -<br />
zierten Akademie geschult. Dass wir diese eigenen Strukturen<br />
haben, ist mir sehr wichtig – dadurch können wir eine<br />
gleichbleibende, hohe Qualität gewährleisten.“<br />
Hausengel-Geschäftsführer Simon Wenz und seine Frau Magdalena<br />
Kontakt Hausengel Betreuungsdienstleistungen GmbH<br />
Tulpenweg 1<br />
35085 Ebsdorfergrund<br />
www.hausengel.de
PROFESSOR<br />
TOSHIO<br />
OZAWA<br />
geb. 1930 in der Mandschurei (China) | 1944 Rückkehr der Familie<br />
nach Japan | Studium der Germanistik | 1956 Promotion über die<br />
Märchen der Brüder Grimm | später Professor für<br />
Germanistik, vergleichende Literaturwissenschaften<br />
sowie Kinder- und Jugendliteratur | 1971 bis 1973<br />
Gastprofessur am Institut für Europäische Ethnologie der<br />
<strong>Marburg</strong>er Philipps-Universität | zahlreiche Veröffentlichungen<br />
zu Märchen in Deutschland und Japan |<br />
Vize-Präsident der International Society for Folk<br />
Narrative Research | 2007 Europäischer Märchenpreis<br />
der Walter-Kahn-Stiftung | 2011 Ehrenbrief des Landes Hessen für<br />
sein Lebenswerk<br />
78 · 79<br />
Professor Toshio Ozawa<br />
MARBURG WURDE MEINE<br />
ZWEITE HEIMAT<br />
Am Anfang stand eine Einladung zu einer Gastprofessur<br />
an der <strong>Marburg</strong>er Philipps-Universität<br />
durch Professor Dr. Gerhardt Heilfurt vom Institut<br />
für Volkskunde. Ich habe im Wintersemester<br />
1971 mit dem Thema „vergleichende Märchenforschung“<br />
gelesen. Dafür siedelte ich mit der Familie nach <strong>Marburg</strong><br />
über, um am Hainweg 1 in <strong>Marburg</strong> zu wohnen. Meine zwei<br />
Söhne besuchten den Kindergarten Julius Stift, der älteste<br />
besuchte nachher die Emil-von-Behring-Schule.<br />
Noch bevor ich meine Vorlesungen begann, wurde ich vom<br />
<strong>Marburg</strong>er Bachchor als Mitglied empfangen und durfte im<br />
Chor mitsingen. Ich habe schon von der Mittelschule an<br />
immer im Chor gesungen und es war ein großes Ziel, in<br />
<strong>Marburg</strong> in der Elisabethkirche singen zu dürfen. Dieser<br />
lang gehegte Wunsch wurde Wirklichkeit. Ich habe Bach,<br />
Händel, Schütz, Schubert und mehr gesungen. Ein unvergessliches<br />
Erlebnis war mein letztes Konzert in der Lutheri-<br />
schen Pfarrkirche im Jahr 1973: Wir sangen die „Matthäus-Passion“<br />
– daran werde ich mich immer erinnern.<br />
Und im Herbst 1975 hat mein jüngerer Bruder Seiji, der damals<br />
Dirigent der Bostoner Philharmonie in den USA war,<br />
den Wunsch des Bachchors erfüllt und ihn dirigiert. Gemeinsam<br />
mit dem Orchester „Neue japanische Symphonie“,<br />
das auf Europa-Tournee war, gelang so ein eindrucksvolles,<br />
wenn auch provisorisches Konzert mit dem „Schicksalslied“<br />
von Brahms. Das erfuhr sogar noch eine Zugabe: Nach dem<br />
gemeinsamen Abendessen haben wir alle in der <strong>Marburg</strong>er<br />
Bahnhofshalle vierstimmig deutsche Volkslieder gesungen –<br />
die Deutschen mit dem originalen Text, die Japaner mit dem<br />
übersetzten japanischen Text, begeistert dirigiert von meinem<br />
Bruder – es war eine wirklich schöne deutsch-japanische<br />
Harmonie.<br />
Im Volkskunde-Institut habe ich damals Alfred Höck kennengelernt.<br />
Er führte mich zu den Dörfern um <strong>Marburg</strong> und
machte mich mit den Bewohnern bekannt. Ich habe dort viel<br />
gelernt. 1993 habe ich in Japan die „Märchen-Akademie<br />
Ozawa“ gegründet. Dort lese ich nicht nur japanische Volksmärchen<br />
vor, sondern auch Kinder- und Hausmärchen der<br />
Brüder Grimm. Seit 1994 mache ich jedes Jahr eine Gruppenreise<br />
„auf den Spuren der Brüder Grimm“ nach Hessen.<br />
Dabei helfen mir die Erlebnisse, die ich während meiner<br />
<strong>Marburg</strong>er Zeit im <strong>Landkreis</strong> gesammelt habe. 2016 war<br />
ich bereits mit der 23. Gruppe unterwegs.<br />
In Bezug auf das Märchen „Hänsel und Gretel“ hatte mich<br />
lange Zeit eine Frage bewegt: Wie war der Backofen gestaltet?<br />
Alfred Höck führte mich nach Riebelsdorf im Schwalm-<br />
Eder-Kreis, zeigte mir das Backhaus und machte mich mit<br />
der Bauernfamilie Conrad bekannt, mit der ich immer noch<br />
eine enge Freundschaft pflege. Seither mache ich mit meiner<br />
Märchen-Reisegruppe dort Station – ebenso, wie in Amönau,<br />
um das Teehäuschen zu sehen, das Otto Ubbelohde als<br />
Vorlage für „Rapunzel“ diente. Auch zum Ubbelohde-Haus<br />
in Goßfelden brachte mich Höck. Ich hatte schon früher die<br />
Zeichnungen zu den Märchen der Brüder Grimm von Ubbelohde<br />
hoch geschätzt – für mich sind sie die besten Illustrationen<br />
von Grimms Märchen. Der Maler kennt das Geheimnis<br />
des mündlich überlieferten Volksmärchens. Aus meiner<br />
Sicht als Literaturwissenschaftler, der Märchen betrachtet,<br />
besteht das Volksmärchen aus genauer Bezeichnung ebenso,<br />
wie aus reiner Fantasie. Bei Ubbelohde kommt dazu, dass er<br />
seine Heimat mitsamt Personen, Trachten, Häusern, Schlössern,<br />
Feldern und Wäldern genau zeichnete. Meine Märchenreisegruppe<br />
genießt jedes Jahr die Zeichnungen Ubbelohdes<br />
in den Fluren des Landratsamts. Märchen-Illustrationen<br />
in einem Landratsamt! Das kann man sich in Japan<br />
nicht vorstellen.<br />
Mein Ziel war es, Ubbelohdes Zeichnungen in Japan bekanntzumachen<br />
und ich bat daher den Betreffenden im<br />
Landratsamt, sie in Buchform zu publizieren. Doch die Antwort<br />
lautete immer Nein. Ich ließ jedoch nicht locker und<br />
wiederholte meine Bitte einige Jahre lang. Dann kam eine E-<br />
Mail von einem neuen Zuständigen: Dr. Markus Morr sagte,<br />
die Märchenzeichnungen sollten als CD-ROM publiziert<br />
werden. Ich freute mich sehr, doch es gab Finanzierungsprobleme.<br />
Ungeduldig antwortete ich ihm, dass ich die Hälfte<br />
der Produktionssumme tragen würde. So wurde die Idee<br />
Wirklichkeit – und durch die CD wurden die Illustrationen<br />
von Ubbelohde in Japan bekannt, verbreitet und geliebt.<br />
Eine Illustration Otto Ubbelohdes zum Märchen „Frau Holle“ mit der<br />
Motivvorlage Lahntal<br />
„Ich hatte schon früher die Zeichnungen zu den Märchen<br />
der Brüder Grimm von Ubbelohde hoch geschätzt – für<br />
mich sind sie die besten Illustrationen von Grimms<br />
Märchen. Der Maler kennt das Geheimnis des mündlich<br />
überlieferten Volksmärchens.“<br />
Prägend war auch meine Begegnung mit Baron Schwertzell<br />
zu Willingshausen. Denn die Brüder Grimm hatten diese Familie<br />
öfters für mehrere Tage besucht. Der Baron konnte viel<br />
über die lange Geschichte seiner Familie mitsamt der Malerkolonie<br />
Willingshausen erzählen. Auch nach seinem Tod besuchen<br />
wir jedes Jahr die Familie und legen Blumen auf das<br />
Grab – aus tiefer Verbundenheit.<br />
Der Weg unserer Märchenreisegruppe führt immer auch<br />
zum Volksmuseum in die Schwalm. Dort lernen die Mitreisenden<br />
alte Trachten, Stickereien und mehr kennen, wo-
80 · 81<br />
2001 entstand ein deutsch-japanisches Gemeinschaftswerk zu den Illustrationen Otto Ubbelohdes zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder<br />
Grimm; hier: das Buchcover in Japan und Foto der Motivvorlage in Amönau.<br />
„Mein Ziel war es, Ubbelohdes Zeichnungen in<br />
durch sie die Welt der Grimm‘schen Märchen besser verstehen<br />
können.<br />
Und auch die Musik spielt immer eine große Rolle: Ich<br />
möchte den Teilnehmern ermöglichen, Orgelklang in einer<br />
gotischen Kirche zu hören. Denn dies ist in Japan nicht möglich.<br />
Doch die Umsetzung erwies sich als schwierig, denn ich<br />
hatte keinen Kontakt zur Elisabethkirche. Als eine winzige<br />
Möglichkeit schrieb ich meinem Chorkameraden Martin<br />
Trieschmann. Doch ich kannte seine Adresse nicht. Also<br />
schrieb ich nur: „Germany, <strong>Marburg</strong> an der Lahn, Cappel,<br />
Kirche, Herrn Martin Trieschmann” – und mein Brief kam<br />
tatsächlich an. Er stellte den Kontakt her, und seither findet<br />
für uns ein Orgelspiel statt. Denn der Klang in der Elisabethkirche<br />
soll ein Leben lang im Ohr und Herz meiner Märchengruppe<br />
bleiben.<br />
Japan bekanntzumachen und ich bat daher den<br />
Betreffenden im Landratsamt, sie in Buchform zu<br />
publizieren.“<br />
Die Chormusik spielt während der Reisen auch immer eine<br />
bedeutende Rolle. Daher gibt es an jedem ersten Reisetag<br />
eine Chorprobe im Reinhardswald – dann singt die Gruppe<br />
immer die gleichen vier Stücke: Ein vierstimmiges Kirchenlied,<br />
den „Lindenbaum“ auf japanisch, „dona nobis pacem“<br />
und ein japanisches Kinderlied. In <strong>Marburg</strong> singen wir immer<br />
in der Lutherischen Pfarrkirche und in der Elisabethkirche.<br />
Die Mitreisenden genießen dann den Klang ihrer<br />
eigenen Stimmen in der gotischen Kirche.
NOLTA GmbH<br />
KLEINE IDEE<br />
WIRD GROSSE<br />
ERFINDUNG<br />
Im Jahr 1959 kam Walter Tatje die zündende Idee:<br />
Damals mussten Maschinen auf Baustellen immer<br />
wieder neu verdrahtet und angeschlossen werden.<br />
Das barg die Gefahr, dass durch falsches Anschließen<br />
die Maschine zerstört würde. „Walter Tatje war ein Tüftler“,<br />
sagt der heutige NOLTA-Geschäftsführer Felix Bonn.<br />
„Er entwickelte einen Stecker, über den die Maschine<br />
eingeschaltet werden kann und in dem der Motorschutz,<br />
der sich sonst im Baustromverteiler befi ndet, fest integriert<br />
ist.“ Der NOLTA-Motorschutzstecker war geboren.<br />
Dessen Vorteile: Die Maschinen können frei bewegt und<br />
einfach in die Steckdose gesteckt werden – ohne das Risiko<br />
einer Beschädigung des Motors. Gemeinsam mit Mitgesellschafter<br />
Hein Bonn gründete Walter Tatje die NOLTA<br />
GmbH. Die Produkte kamen bestens an: „Sie sind heute<br />
auf neun von zehn Baustellen, auf denen gepumpt wird, zu<br />
fi nden.“ Der Name „NOLTA-Stecker“ ist ein fester<br />
Begriff.<br />
Das Unternehmen hat sich auf zwei Geschäftsfelder spezialisiert:<br />
Motorschutzstecker, die hauptsächlich an Pumpen<br />
zum Einsatz kommen – nicht nur auf Baustellen, sondern<br />
auch bei Feuerwehr und Technischem Hilfswerk. „Wir<br />
sprechen von ,plug and pump‘ – einstecken und loslegen“,<br />
erklärt Bonn. Das zweite Geschäftsfeld ist die Wassertechnik-Sparte<br />
NIVA mit Niveaureglern. „Dort decken wir<br />
die <strong>ganz</strong>e Bandbreite ab: vom Abwasser bis zu Spezialanwendungen<br />
mit Niveaureglern für Trinkwasser oder<br />
Chemikalien.“<br />
NOLTA hat bereits vor Jahren Stützpunkte in China, den<br />
USA und in Indien gegründet. Dem Standort Cölbe ist das<br />
Unternehmen weiterhin eng verbunden. „Hier wohnen<br />
unsere Mitarbeiter, hier steckt unser Know-how“, sagt<br />
Firmenchef Bonn. In Cölbe werden die Produkte stetig<br />
weiterentwickelt. Dazu hat NOLTA ein eigenes Start-up im<br />
Haus gegründet. „Wir entwickeln dort Ideen, für die im<br />
Tagesgeschäft keine Zeit bleibt und sind vernetzt mit<br />
Hochschulen und anderen Start-ups“, erläutert Bonn.<br />
Der Name „NOLTA-Stecker“ ist heute ein fester Begriff.<br />
Eines der ersten Projekte ist eine Pumpensteuerung, die auf<br />
der Baustelle im Brennertunnel zum Einsatz kommt.<br />
Außerdem entsteht in dem Entwicklungszentrum derzeit<br />
ein mobiles Datenmodul mit GPS-Tracker. „Damit wollen<br />
wir ,NOLTA Net‘ vorantreiben, eine Art ,Smart Home‘<br />
für Baustellen.“ Der NOLTA GmbH fehlt es auch heute<br />
nicht an zündenden Ideen.<br />
Kontakt<br />
NOLTA GmbH<br />
Industriestraße 8<br />
35091 Cölbe<br />
www.nolta.de
LARS<br />
RUPPEL<br />
geb. 1985 in Gambach | nach dem<br />
Abitur in <strong>Marburg</strong> groß und wild<br />
geworden | mehrfacher<br />
deutscher Poetry-Slam-Meister |<br />
Träger des <strong>Marburg</strong>er<br />
Stadtsiegels | seit 2016<br />
Kulturbotschafter Mittelhessens<br />
| Autor des Bestsellers<br />
„Holger die Waldfee“ | Leiter<br />
und Gründer des Weckworte-<br />
Projekts zur kulturellen Aufwertung<br />
vonAltenpflege<br />
82 · 83<br />
Lars Ruppel<br />
LYRISCHER<br />
INPUT AUS DEM<br />
LANDKREIS<br />
Mit einem schlechten Abitur in der Tasche zog<br />
ich nach <strong>Marburg</strong>, um meinen Zivildienst<br />
abzuleisten. Ich entschied mich für <strong>Marburg</strong>,<br />
weil ich mich wenige Jahre zuvor bei einem<br />
Ausflug raus aus meinem Heimatdorf in dieses Städtchen<br />
verliebt hatte. Wir saßen damals mit ein paar anderen Hippies<br />
auf der Holzbrücke über der Lahn und ich spürte die<br />
Möglichkeiten des Lebens als starken Herzschlag in meiner<br />
Brust, die Schönheit der nächsten Jahre meiner Jugend als<br />
Gänsehaut und die Weite der Welt, gerade einmal 60 Kilometer<br />
von meinem Elternhaus entfernt.<br />
<strong>Marburg</strong> war für mich seit jeher das Tor zur Welt. Viele<br />
Lebenswege kreuzten sich, liefen eine Zeit parallel oder<br />
zweigten sich schnell wieder ab. Was zurückblieb, war ein<br />
Tagebuch voller Geschichte, wenn ich denn Tagebuch geschrieben<br />
hätte. Erinnerungen verblassen langsam, nur die<br />
Legenden bleiben noch und Flashbacks, wenn ich heute den<br />
Ort besuche, der sechs Jahre lang meine Heimat war. Das<br />
Denkmal meiner Zeit in <strong>Marburg</strong> ist als solches nicht erkennbar,<br />
sondern nur zu verstehen, wenn man die Zeit vor<br />
seiner Errichtung miterlebt hat.<br />
Ich wohnte damals in der Wendelgasse in einer Wohngemeinschaft<br />
mit acht anderen lieben Menschen. Es war eines<br />
der ältesten Fachwerkhäuser der Stadt. Es hatte Löcher in<br />
den Wänden, Stroh zwischen den Balken, Tiere unter dem<br />
Boden und im Dachboden und eine große Seele, die wir alle<br />
spüren konnten, zu jeder Uhrzeit des Tages. Meistens aber<br />
nachts.
Wir mauerten einen Grill, wir pflanzten Gemüse, das sich<br />
nie jemand traute zu essen wegen der Katzen in der Nachbarschaft,<br />
wir installierten eine Diskokugel und verlegten<br />
Kabel, wir beleuchteten und befriedeten die Natur, wir stellten<br />
eine Tischtennisplatte auf und spielten Rundlauf mit<br />
Freunden und Fremden.<br />
Wir gossen den Boden mit unserem Schweiß, wochenlang<br />
buckelten wir unter den Augen der flanierenden Touristen,<br />
bis wir das bis heute bitte mit nötigem Respekt und Abstand<br />
zu besichtigende Kleingartenidyll mitten in <strong>Marburg</strong>s Altstadt<br />
fertiggestellt hatten.<br />
Die <strong>Marburg</strong>er Luft, kesselerhitzt und stumpf, brennt mir<br />
noch immer in den Lungen. Oder ist es der Rauch der <strong>Marburg</strong>er<br />
Kneipen? Oder der Kontrast zu der frischesten aller<br />
Lüfte während meiner Wanderung Richtung <strong>Biedenkopf</strong>?<br />
Oder der geraubte Atem beim Blick vom Spiegelslustturm?<br />
Oder die Aufregung vor einem Auftritt auf einer der unzähligen<br />
Bühnen im Kreis, vom Freibad bis zur Fabrikhalle, vom<br />
schwimmenden Floß auf der Lahn bis zum Kino?<br />
Mein Weg führt mich nur noch selten in den Kreis, aber<br />
wenn, dann freue ich mich über den lyrischen Input. Wenn<br />
mich eine Regionalbahn durch die Landschaft flüstert und<br />
die Grenzen zwischen überall und nirgendwo verschwimmen.<br />
Oder wenn ich mich beim regionalen Bier als guter<br />
Mensch fühlen darf und noch besseres erwarten kann.<br />
Dann spüre ich, dass eine Heimat immer mehr ist als der<br />
Ort, wo man wohnt. Berlin ist meine Heimat, keine Frage.<br />
Aber das ist sie nur, weil ich weiß, dass wenige Zugumstiege<br />
später eine Art Gegenberlin wartet, wo all das, was in Berlin<br />
ist, auch ist, nur in anderer Form, zwischen den Zeilen,<br />
verteilt auf einen <strong>ganz</strong>en Kreis, in den Menschen und in der<br />
Natur, in den Kellern und auf den Dächern. Im Nebel und<br />
im Tretboot, auf dem Schloss und im KFZ.<br />
Lars Ruppel hat immer einer besonderen Blick auf <strong>Marburg</strong><br />
und die Region.<br />
Neben dem Haus, zwischen dem grässlichen Neubauversuch<br />
des Nachbarn und unserem, war ein Brombeer-Urwald, der<br />
jegliches Betreten Kraft seiner Stacheln und Insekten unmöglich<br />
machte. Er war so dicht, dass das andere Haus nicht<br />
zu sehen war und erstreckte sich auf einer Fläche, groß wie<br />
unser eigenes Haus. Ich weiß nicht mehr wieso, wann und<br />
womit, aber irgendwann rodeten wir das <strong>ganz</strong>e Gestrüpp<br />
und legten die darunter liegende Brachfläche frei. Ein wildes<br />
Gemisch aus Glasscherben, Tonziegelstücken, Altmetall und<br />
Krümeln von Muttererde.<br />
Tatsächlich besteht mein heutiger Freundeskreis in der neuen<br />
Stadt hauptsächlich aus Leuten aus meiner alten Heimat.<br />
Man hält zusammen, man hat was gemeinsam erlebt, man<br />
vermisst etwas gemeinsam. Dann tut es weniger weh.<br />
„Berlin ist meine Heimat, keine Frage. Aber das ist sie<br />
nur, weil ich weiß, dass wenige Zugumstiege später<br />
eine Art Gegenberlin wartet, wo all das, was in Berlin<br />
ist, auch ist, nur in anderer Form, zwischen den Zeilen,<br />
in den Menschen und in der Natur, in den Kellern und<br />
auf den Dächern. Im Nebel und im Tretboot, auf dem<br />
Schloss und im KFZ.“
MARTIN<br />
SCHNEIDER<br />
geb. 1964 in Bad Homburg, lebt heute in<br />
einemDorfbei<strong>Marburg</strong>|fielschoninder<br />
Schule als Klassen kasper auf und wurde<br />
so auch entdeckt: Seine Französisch-<br />
Lehrerin stellte ihn ihrem Mann vor, dem<br />
Satiriker Eckard Henscheid | verdiente<br />
sich als Sketche-Schreiber beim Hessischen<br />
Rundfunk seine ersten Lorbeeren |<br />
1990 erstes Bühnenprogramm „Gell, Sie<br />
sind spirituell?“ | ab 2002 Auftritte im<br />
„Quatsch Comedy Club“, später Gastauftritte<br />
bei „RTL Samstag Nacht“, „7 Tage,<br />
7 Köpfe“ und „Genial daneben“ | 2004 bis<br />
2011 fester Bestandteil der Comedy-Show<br />
„Schillerstraße“ | 2004 Kinodebüt mit<br />
„7 Zwerge – Männer allein im Wald“<br />
84 · 85<br />
Martin Schneider<br />
ERINNERUNGEN AN EIN GENUSS-<br />
VOLLES STUDENTENLEBEN<br />
Nach <strong>Marburg</strong> kam ich als Germanistikstudent<br />
Mitte der 80er-Jahre. Ich hatte das große<br />
Glück, ein Zimmer in einem der begehrtesten<br />
Studentenwohnheime zu bekommen, hoch über<br />
der Stadt gelegen mit Blick auf das Landgrafenschloss. Die<br />
Atmosphäre hier oben inmitten altehrwürdiger Gemäuer<br />
schien seltsam entrückt von der modernen, hektischen Welt.<br />
Vor dem Kriege war das Wohnheim ein Sanatorium gewesen;<br />
und für mich besaß dieser Ort nach wie vor einen großen<br />
Erholungswert mit seinen großen Parkflächen und historischen<br />
Denkmälern, wie zum Beispiel dem Teehäuschen von<br />
Bettina von Arnim. Das nostalgische Flair der Altstadt in<br />
Verbindung mit dem bunten Studentengemisch aus allen Teilen<br />
der Welt gab der Stadt eine <strong>ganz</strong> besondere Würze.<br />
Damals arbeitete ich als freier Mitarbeiter für den HR und<br />
machte satirische Kurzbeiträge. Viele meiner Beiträge<br />
damals entstanden mit Hilfe damaliger Mitbewohner. Mit<br />
einem japanischen Kommilitonen machte ich an Karneval<br />
einen Beitrag über einen Hessisch-Workshop für Japaner, in<br />
dem ich den Asiaten hessische Sprichwörter nachsprechen<br />
ließ. Prompt riefen viele neugierige Japaner beim HR an und<br />
fragten, wo man den Kurs im „Babbelholiday“ buchen<br />
könne!<br />
Meine Studentenzeit war also nicht unbedingt von harter<br />
Arbeit und schlimmer Lernerei geprägt. Im Nachhinein denke<br />
ich an diese Zeit eher wie an einen schönen, langen Urlaub<br />
zurück! Wenn es nicht gegen alle Regeln gewesen wäre,<br />
hätte ich bestimmt jedes Semester mein Zimmer in dem<br />
Studentenwohnheim aufs Neue verlängert und würde wohl<br />
heute noch als Studentenfossil inmitten 30 Jahre jüngerer<br />
Studis ein entspanntes, genussvolles Leben genießen...<br />
<strong>Marburg</strong> bot mir als Kabarettist mit dem Kulturzentrum<br />
KFZ und dem Café Trauma erste Auftrittsmöglichkeiten; als<br />
Zuschauer habe ich vor allem meine Mitbewohnerinnen und<br />
Mitbewohner aus dem Wohnheim rekrutiert.
Nach einem kurzen Zwischenspiel in München zog es mich<br />
wieder in die gemütliche Stadt an der Lahn, von wo aus ich<br />
dann schließlich hinaus aufs Land in ein kleines Dorf nordwestlich<br />
von <strong>Marburg</strong> zog. Hier finde ich zwischen all den<br />
Tourneen Ruhe und Abgeschiedenheit – ein Schritt aus der<br />
Haustüre und schon bin ich inmitten schönster Natur. Und<br />
als großer Dialektfan gefällt mir natürlich, dass in den<br />
Dörfern rund um <strong>Marburg</strong> teilweise noch unverfälschte<br />
Mundart zu hören ist!<br />
„Als großer Dialektfan gefällt<br />
mir natürlich, dass in den Dörfern<br />
rund um <strong>Marburg</strong> teilweise<br />
noch unverfälschte Mundart zu<br />
hören ist!“<br />
Semesterbeginn an der Universität <strong>Marburg</strong>
SÖHRET<br />
AYSEL ,<br />
geb. 1951 in Safranbolu (Türkei) | 1970 Abitur,<br />
später Umzug nach Stadtallendorf | 1984<br />
Bestehen der Universitäts-Aufnahmeprüfung in<br />
der Türkei | 1986 Studium Psychologie in<br />
<strong>Marburg</strong>, parallel dazu Beschäftigung bei der<br />
AWO als Beraterin | 1997 Diplom in Pädagogik |<br />
seit 2004 Beraterin beim „LOK – Verein für<br />
Beratung und Therapie | seit 1992 Mitglied im<br />
Verein „Freundschaftsbrücke“ | 2001 bis 2003<br />
Mitglied im Ausländerbeirat | seit 2001 Mitarbeit<br />
in der Frauenkommission des <strong>Landkreis</strong>es |<br />
seit 2005 Beisitzerin im Verein „Interkulturelle<br />
Begegnung in Stadt allendorf“ (IBiS) | seit 2012<br />
Mitglied in der Kommission für Arbeit und<br />
Soziales im <strong>Landkreis</strong> | 2013 Auszeichnung mit<br />
dem Ehrenbrief des Landes Hessen<br />
86 · 87<br />
Aysel Söhret ,<br />
PLATZ FÜR VIELE<br />
KULTUREN<br />
Im September 1970 kam ich nach Deutschland: Meine<br />
Eltern lebten bereits hier, waren Gastarbeiter. Ich<br />
wohnte bei meiner älteren Schwester, bis ich mein Abitur<br />
in der Tasche hatte und wollte dann in Deutschland<br />
studieren. Alles war fremd, ich konnte kein Deutsch, aber<br />
immerhin ein bisschen Englisch. Und dann habe ich zwei<br />
Jahre lang versucht, einen Studienplatz zu bekommen.<br />
Damals habe ich hautnah erlebt, was auch Migranten heute<br />
erfahren: Es gab keine Beratung, kein Netzwerk. Und vor<br />
allem: Deutsch ist der Schlüssel, um voranzukommen.<br />
Also besuchte ich drei Monate lang eine Sprachenschule in<br />
<strong>Marburg</strong>, um zumindest Grundkenntnisse zu erlangen.<br />
Doch die Schule war teuer, länger konnte ich sie also nicht<br />
besuchen. Es folgten Besuche bei der Volkshochschule, doch<br />
die Kenntnisse haben nicht gereicht, um zu studieren. Ich<br />
begann also, in einer Näherei zu arbeiten. Als diese schloss,<br />
wechselte ich zu Ferrero und konnte dort Geld verdienen.<br />
Und so kam ich erstmals in Verbindung mit dem „LOK –<br />
Verein für Beratung und Therapie“, denn eine Kollegin fragte,<br />
ob ich einen Flyer für Schwangerschaftsberatung übersetzen<br />
könnte. Der Flyer gefiel den Verantwortlichen und sie<br />
fragten, ob ich auch während der Beratungsgespräche übersetzen<br />
könnte. Ich hatte meine Berufung gefunden und wollte<br />
in der Beratung arbeiten. Parallel hatte ich bereits mit dem<br />
Studium beginnen können. Ich arbeitete halbtags zunächst<br />
für die AWO, merkte aber, dass ich im Psychologie-Studium<br />
nicht so recht vorankam. Ich wechselte in die Pädagogik –<br />
dort schaffte ich trotz meines Jobs mein Diplom, auch dank<br />
der Unterstützung meiner Kollegen und Kommilitonen.<br />
Seit 2004 arbeite ich nun als Beraterin für die LOK. Dabei<br />
profitiere ich sehr stark von den Erfahrungen, die ich selbst<br />
als Migrantin gesammelt habe: Ich kann mich in die Menschen<br />
hineinversetzen, kenne ihre Gefühle, Probleme und<br />
auch Ängste. Zu uns kommen Menschen, die neu zugewandert<br />
sind und auch Menschen, die sich in Deutschland nicht<br />
zurechtfinden. Das reicht von der Wohnungssuche bis hin
zum Integrationskurs-Anbieter. Und es gibt auch die alltäglichen<br />
Fragen: Wie kann ich mich von der Rundfunkgebühr<br />
befreien lassen? Oder wo stelle ich einen Rentenantrag? Ich<br />
bin also die Lotsin durch den Behördendschungel.<br />
Doch das ist nur ein Teil. Denn die Menschen können hier<br />
auch ihr Herz ausschütten, wenn sie <strong>persönlich</strong>e Probleme<br />
haben – bei Arbeitslosigkeit, Verlusten oder Gewalt in der<br />
Familie. Und auch bei <strong>ganz</strong> alltäglichen Problemen ist unser<br />
Team da. Dabei ist jeder Tag spannend, denn ich weiß nie,<br />
wer durch meine Tür kommt: aus welchem Land, mit welcher<br />
Sprache und mit welcher Kultur. Das stellt uns aber<br />
auch immer wieder vor neue Herausforderungen. So kann<br />
man mit europäischen Migranten Probleme <strong>ganz</strong> anders lösen<br />
als mit syrischen Flüchtlingen: Kultur und Mentalität<br />
sind völlig unterschiedlich. Aber mit meiner Geschichte<br />
kann ich allen glaubhaft versichern: Ihr könnt es schaffen!<br />
Das gibt den Menschen Kraft und Mut. Denn sie merken,<br />
dass meine Erfahrungen authentisch sind und sie mir vertrauen<br />
können.<br />
Ich werde während meiner Arbeit auch immer mit echten<br />
Schicksalen konfrontiert – gerade, wenn es um häusliche<br />
Gewalt gegen Frauen geht, bewegt mich das sehr. Gerade<br />
Frauen von Migranten wissen nicht, was danach kommt. Sie<br />
haben keine Ahnung, dass es staatliche oder polizeiliche Hilfe<br />
gibt. Manche denken gar, dass sie in ihr Heimatland abgeschoben<br />
werden. Dagegen können wir mit unserer Beratung<br />
vorgehen.<br />
Manchmal kann es dann vonseiten der Männer auch Probleme<br />
für mich geben. Einmal hat mich ein Mann verfolgt, da<br />
hatte ich schon Angst. Er hat mir zum Glück nichts getan,<br />
wollte aber unbedingt wissen, wo seine Frau ist. Doch ich<br />
verrate nichts – Vertrauen ist die Basis meiner Arbeit.<br />
Ich habe eigentlich gelernt, meine Probleme im Büro zu lassen.<br />
Doch das Erlebte lässt sich an der Haustür nicht einfach<br />
abschalten. Manchmal erzähle ich zuhause, was ich am Tag<br />
erlebt habe – natürlich, ohne Namen zu nennen. Und zur<br />
Entspannung gehe ich raus in die Natur. Denn unser <strong>Landkreis</strong><br />
hat eine herrliche Landschaft – beim Nordic Walking<br />
kann ich beispielsweise das Erlebte verarbeiten. Die Waldluft,<br />
die Natur und die vielen Eindrücke tun mir seelisch<br />
und physisch gut. Dann komme ich als anderer Mensch nach<br />
Hause.<br />
Und natürlich bekommen wir auch Supervision. So können<br />
wir Probleme im Team besprechen, man wird nicht alleine<br />
gelassen. Das ist eine wichtige Unterstützung, damit auch<br />
wir Helfer mit unseren Problemen nicht alleine dastehen.<br />
Ich bin froh, in unserem <strong>Landkreis</strong> zu leben, der für viele<br />
Kulturen Platz hat und niemanden ausschließt. Hier gibt es<br />
eine echte Willkommenskultur. Dazu möchte ich weiterhin<br />
meinen Teil beitragen – damit die Menschen, die zu uns<br />
kommen, hier ihre neue Heimat finden und in die Gesellschaft<br />
integriert werden.<br />
Schloss Schweinsberg bei Stadtallendorf<br />
„Bei meiner Arbeit<br />
profitiereichvonden<br />
Erfahrungen, die ich<br />
selbst als Migrantin<br />
gesammelt habe.<br />
Ich kann mich in die<br />
Menschen hineinversetzen.“
Die Entwickler-Teams von Huppert setzen sich aus Spezialisten verschiedenster Fachrichtungen zusammen.<br />
88 2 · 89 3<br />
Huppert Engineering GmbH & Co. KG | PMD GmbH & Co. KG<br />
ERFAHRENER VERMITTLER<br />
FÜR KFZ-HERSTELLER UND -ZULIEFERER<br />
Stuttgart, Rüsselsheim, Ingolstadt, Wolfsburg – hier<br />
schlägt das Herz der Automobilindustrie – zumindest<br />
auf den ersten Blick. Denn nicht nur dort, sondern<br />
auch in den <strong>Landkreis</strong>en von <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
und Vogelsberg werden hochwertige Kfz-Bauteile,<br />
Komponenten und Systeme für die Automobilindustrie entwickelt.<br />
Seit über 60 Jahren ist die Huppert Engineering<br />
GmbH & Co. KG aus Dautphetal ein gefragter Partner für<br />
Zulieferer und Hersteller, die sich in einem Marktumfeld mit<br />
hohem Wettbewerbs- und Innovationsdruck auf das Knowhow<br />
und die Erfahrung der Huppert-Profi s verlassen. „Wir<br />
denken und handeln automobil“, lautet das Motto von<br />
Huppert Engineering. Aufgrund der Globalisierung der<br />
Automobilindustrie müssen sich die Zulieferer internationalisieren.<br />
Hinzu kommt, dass die Hersteller ihre Fertigungstiefe<br />
immer weiter reduzieren und damit einen Großteil<br />
der Entwicklungsleistung auf die Zulieferer verlagern.<br />
An dieser Stelle setzt Huppert mit umfassenden Engineering-<br />
Dienstleistungen an. Das Unternehmen versteht sich als<br />
loyaler Vermittler zwischen Herstellern und Zulieferern.<br />
Huppert deckt die gesamte Wertschöpfungskette von der<br />
ersten Idee bis zur Endmontage ab: Akquisition und<br />
Vermittlung, Entwicklung und Engineering, Einkauf und<br />
Logistik sowie Produktions- und Qualitätssicherung.<br />
Das ist jedoch nur ein Teil der Engineering-Dienstleistungen<br />
von Huppert. Die Automobilindustrie wandelt sich immer<br />
schneller. Wer hier Schritt halten will, benötigt zukunftssichere<br />
Strategien. Huppert berät daher Hersteller und Zulieferer<br />
in Fragen zu Global Sourcing bzw. Global Selling,<br />
Qualitätssicherung, Optimierung oder Trouble Shooting und<br />
erstellt Machbarkeitsstudien. So hat Huppert zum Beispiel<br />
für die Sanierung eines 400 Mann starken Betriebs den IST-<br />
Zustand analysiert, Optimierungspotenziale identifi ziert<br />
und durch die Einführung einer umfangreichen Datenerfassung<br />
und -auswertung Arbeitsprozesse verbessert. So konnte
Zusammen mit der PMD entwickelt Huppert moderne Engineering-Lösungen für die Automobilindustrie.<br />
Huppert deckt die gesamte Wertschöpfungskette von<br />
der ersten Idee bis zur Endmontage ab: Akquisition<br />
und Vermittlung, Entwicklung und Engineering,<br />
Einkauf und Logistik sowie Produktions- und<br />
Qualitätssicherung.<br />
die Produktion um 40 Prozent gesteigert und die Ausschussrate<br />
um ein Fünftel gesenkt werden.<br />
Durch ein dichtes Netz an Niederlassungen in Deutschland,<br />
Europa und Übersee ist Huppert stets nah am Kunden, quasi<br />
in Sichtweite zu den Produktionsstandorten. Das Huppert-<br />
Team setzt sich aus Spezialisten unterschiedlichster Fachdisziplinen<br />
des Automobilbaus sowie der Entwicklung und<br />
Herstellung von Kfz-Bauteilen zusammen: Ingenieure,<br />
Konstrukteure, Modell- und Formbauspezialisten, CNCund<br />
CAD-Profi s, Logistikexperten usw. Hinzu kommen Generalisten<br />
mit interdisziplinärer Sicht, die quasi den Blick<br />
fürs Ganze wahren. Im Schnitt kann jeder der rund 80 Mitarbeiter<br />
auf eine 20-jährige Berufserfahrung zurückblicken.<br />
Im Jahr 2000 wurde in <strong>Biedenkopf</strong> das Tochterunternehmen<br />
PMD GmbH & Co. KG gegründet. Die PMD ist heute an<br />
zwei Standorten in Hessen tätig und hat sich in der Konzeptund<br />
Produktentwicklung für die Automobilindustrie einen<br />
Namen gemacht. Die 30 Mitarbeiter entwickeln zum Beispiel<br />
direkt mit einem Automobilhersteller an diversen Getriebe-<br />
und Hybridtechnologien. Zu den Kunden zählen aber<br />
auch Systemlieferanten, Gussteilhersteller sowie Modell- und<br />
Formenbauer aus der Region.<br />
Darüber hinaus bietet PMD zusätzlich zur Produkt- und<br />
Werkzeugentwicklung von Guss- und Spritzgussprodukten<br />
auch die gießtechnische Simulation der Herstellungsprozesse<br />
sowie die Beschaffung von Prototypen an.<br />
Seit 2004 ist als weiteres Geschäftsfeld die IT-Service Dienstleistung<br />
im Portfolio der PMD. Sechs Mitarbeiter sind in den<br />
Fachgebieten IT-Consulting, Networking, Security, Kommunikation<br />
und Virtualisierung an den Standorten in Mittelhessen<br />
und dem angrenzenden Wittgensteiner Land tätig. Zusammen<br />
mit PMD hat sich Huppert Engineering als erfahrener<br />
Kommunikator, Berater und Realisierer für Hersteller<br />
und Zulieferer in der globalen Automobilindustrie etabliert.<br />
Kontakt<br />
Huppert Engineering GmbH & Co. KG<br />
Gladenbacher Straße 44<br />
35232 Dautphetal<br />
www.huppeng.com<br />
PMD GmbH & Co. KG<br />
Frankfurter Straße 91<br />
35315 Homberg/Ohm<br />
www.pm-d.de
Die Fleischereimaschinen von K+G Wetter werden rund um den Globus eingesetzt.<br />
902 · 91 3<br />
K+G Wetter GmbH<br />
HIGH-END-PRODUKTE<br />
AUS LEIDENSCHAFT<br />
Erfolg mit eingebaut – diesen Slogan hat sich die<br />
K+G Wetter GmbH nicht von ungefähr auf die<br />
Fahnen geschrieben. Denn der grundsolide Mittelständler<br />
mit Sitz in Breidenstein kann beim Bau<br />
seiner Fleischereimaschinen auf eine langjährige Erfahrung<br />
zurückblicken. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert agiert<br />
das Unternehmen, das mittlerweile in zweiter Familiengeneration<br />
geführt wird, auf dem Markt. Seine Anfänge reichen<br />
jedoch noch viel länger zurück und setzen die erfolgreiche<br />
Maschinenbautradition, für die das Hinterland steht,<br />
konsequent fort.<br />
„Wir zeichnen uns dadurch aus, dass wir qualitativ absolut<br />
hochwertige Maschinen herstellen – unser Anspruch ist es,<br />
unseren Kunden High-end anzubieten“, verdeutlicht Geschäftsführer<br />
Volker Lauber, der zusammen mit Andreas<br />
Wetter das Unternehmen leitet. Die Firmenphilosophie ist<br />
klar formuliert: „Wir produzieren beste Qualität, damit<br />
unsere Kunden beste Qualität produzieren können“, erklärt<br />
Lauber. Zeugnis dafür sind nicht nur Zertifi zierung und<br />
zahlreiche Auszeichnungen. Denn das goutieren auch die<br />
Kunden. So ist das Unternehmen zu einem der führenden<br />
Anbieter hochwertiger Kutter, Wölfe und Mischer aufgestiegen,<br />
die weltweit exportiert werden – mit Vertriebspartnern<br />
in 60 Ländern. „Es gibt keine Region der Erde, in der keine<br />
Maschine von K+G Wetter zu fi nden wäre. Wir sind da, wo<br />
Wurst ist“, verdeutlicht Lauber.<br />
Um die Qualität zu gewährleisten, braucht es gute Mitarbeiter.<br />
Auch dabei überlässt K+G Wetter nichts dem Zufall:<br />
Konsequent wird Jahr für Jahr das Fachpersonal von<br />
morgen ausgebildet – die Ausbildungsquote von über zehn<br />
Prozent stellt auch in Zeiten des Fachkräftemangels die<br />
Weichen in Richtung Zukunft. Auch hier folgt K+G Wetter<br />
einer klaren Linie: Das Unternehmen ist nur so gut, wie das<br />
Team, das dahinter steht. Startete das Unternehmen bei
Ob ausgefallene Wünsche bei der Konstruktion oder weltweiter<br />
Kundendienst vor Ort, K+G Wetter sieht sich über lange Jahre<br />
als verlässlicher Partner seiner Kunden.<br />
Gründung mit 18 Mitarbeitern, ist deren Zahl auf heute 90<br />
angestiegen – alles spezialisierte Fachkräfte mit ausgeprägtem<br />
Know-how.<br />
Sie sind mit ihrer Leidenschaft und ihrem Können das Herz<br />
des Unternehmens. „Wir haben den kompletten Prozess in<br />
der Hand: Von der Idee über die Entwicklung und Konstruktion<br />
bis hin zur fertigen Maschine fi ndet alles im Unternehmen<br />
statt, um unabhängig und fl exibel agieren zu können“,<br />
sagt Geschäftsführer Andreas Wetter. Hinzu kommen<br />
Qualitätssicherung und – <strong>ganz</strong> wichtig – Service. Ob ausgefallene<br />
Wünsche bei der Konstruktion oder weltweiter<br />
Kundendienst vor Ort, K+G Wetter sieht sich über lange<br />
Jahre als verlässlicher Partner seiner Kunden.<br />
Edelstahl perfekt mit einem hochmodernen Maschinenpark<br />
laser-geschnitten, gebogen, geschweißt und die Oberfl äche je<br />
nach Wunsch durch Schleifen, Bürsten oder Glasperlenstrahlen<br />
in unterschiedlichsten Ausführungen veredelt.<br />
K+G Wetter steht zu dem Standort im hessischen Hinterland.<br />
Die Menschen hier passen zu dem Unternehmensziel,<br />
langfristig ein verlässlicher Partner zu sein.<br />
Die schätzen auch die Innovationskraft des Unternehmens.<br />
Denn der Ansporn von K+G Wetter ist es, Anwenderfreundlichkeit,<br />
Arbeitssicherheit, Hygienestandards und Energieverbrauch<br />
der Maschinen immer weiter zu optimieren. Um<br />
die hohe Qualität seiner Fleischereimaschinen zu erreichen,<br />
setzt der Maschinenbauer auf eine hohe Fertigungstiefe, vertraut<br />
also darauf, viele Teile selbst zu produzieren. Damit<br />
hat K+G Wetter über den gesamten Herstellungsprozess<br />
direkten Einfl uss auf die Qualität und ist weniger von Zulieferern<br />
abhängig.<br />
In der Konsequenz bedeutete dies aktuell für das Unternehmen,<br />
seine eigene Edelstahlfertigung weiter auszubauen und<br />
die Kompetenz in diesem Segment voranzutreiben. K+G<br />
Wetter investierte 2013 in eine neue Halle am Firmensitz in<br />
Breidenstein, die mit einem hochmodernen Maschinenpark<br />
ausgestattet ist. Von dieser Erweiterung der Produktion<br />
können mittlerweile auch externe Hersteller profi tieren: Die<br />
Kapazität der neuen Unternehmenseinheit wurde so bemessen,<br />
dass das spezielle Know-how in der Edelstahlverarbeitung<br />
zur Herstellung von Komponenten für Kunden anderer<br />
Branchen zur Verfügung steht. Diese Kunden können dabei<br />
schon in der Planungsphase von der Expertise der Konstruktionsabteilung<br />
von K+G Wetter profi tieren. Zudem wird der<br />
Stehen für Qualität und Innovationskraft: Die Geschäftsführer der<br />
K+G Wetter, Volker Lauber (links) und Andreas Wetter<br />
Kontakt<br />
K+G Wetter GmbH<br />
Goldbergstraße 21<br />
35216 <strong>Biedenkopf</strong>-Breidenstein<br />
www.kgwetter.de
KATRIN<br />
STORCK-MÜLLER<br />
geb. 1967 in Mainz | verheiratet, zwei Töchter |<br />
nach dem Abitur 1986 an der Martin-Luther-<br />
Schule in <strong>Marburg</strong> Chemiestudium in<br />
Darmstadt | bis 1994 Medizinstudium<br />
in Budapest, Göttingen und<br />
<strong>Marburg</strong> | seit 1993 wieder im<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
lebend, ab 1996 in Wommelshausen |<br />
Fachärztin für Innere Medizin/<br />
Rheumatologie, Zusatzbezeichnung<br />
Radiologie | seit 2005 Ärztliche<br />
Direktorin des Rheumazentrums Mittelhessen<br />
| seit 2013 alleinige Geschäftsführerin<br />
des Rheumazentrums Mittelhessen in Bad<br />
Endbach<br />
92 · 93<br />
Katrin Storck-Müller<br />
DAS LANDLEBEN<br />
BIETET SOZIALE NÄHE<br />
Da wo ich herkomm’ wohnen 1.000 Menschen,<br />
im Ort daneben schon zweimal soviel...“ begleitet<br />
Max Giesinger aus dem Radio meinen Weg.<br />
Ich biege um die letzte Kurve und bewundere<br />
jedes Mal aufs Neue das harmonisch um die Kirche angeordnete<br />
Dorf.<br />
Ich lebe gerne hier in Wommelshausen. Genieße soziale Nähe,<br />
Innehalten, Zuhören, Nachbarschaft. Ich freue mich,<br />
wenn mir die Drei, die auf der Bank am Ortseingang sitzen,<br />
zuwinken. Kann Stille ertragen, wilde Feste feiern, spontan<br />
spazierengehen und wandern.<br />
Geboren bin ich in Mainz, habe aber ab dem zweiten Lebensjahr<br />
bis zum Abitur in Bad Endbach gelebt und bin nach<br />
abgeschlossener Berufsausbildung wieder zurückgekehrt.<br />
Zugegebenermaßen war mir mit 18 auch alles zu eng im<br />
Dorf, der Drang, anonym zu sein, eine von Vielen, war gewaltig<br />
und ließ sich eilig in die Tat umsetzen. Ich ging nach<br />
Darmstadt und begann, Chemie zu studieren. Doch ich<br />
entdeckte nach einem Jahr, dass die Medizin doch eher<br />
meinem Naturell und meiner Leidenschaft entspricht.<br />
Ich wechselte also mein Studienfach, mein Weg führte mich<br />
über Budapest und Göttingen letztlich zurück nach <strong>Marburg</strong>.<br />
Zu Beginn war mir allerdings noch überhaupt nicht<br />
klar, dass ich die Klinik in Bad Endbach übernehmen würde.<br />
Schnell habe ich jedoch herausgefunden, dass die Innere<br />
Medizin das spannendste Thema für mich ist – und somit<br />
konzentrierte ich mich doch auf die Rheumatologie.<br />
Ich kehrte aber gern und selbstverständlich zurück, in<br />
ge wogene räumliche und soziale Nachbarschaft, wo das<br />
Pflegen lokaler Traditionen und regionale Kulturidentität<br />
groß geschrieben werden, in eine Region, die sich seltsamerweise<br />
das hessische Hinterland nennt.<br />
Mit dem oft zitierten Begriff der „Entschleunigung” verbinde<br />
ich hier wenig. Im Gegenteil: Das Landleben ist impulsiv,<br />
rasant, ein schillernder Kontrapunkt zur sozialen Deprivati-
Alles, was wir machen und was wir können, geben wir an<br />
die Patienten weiter. Dass man durch diese Basisarbeit an<br />
den Menschen keinen wissenschaftlichen Ruhm erlangt, ist<br />
mir nicht wichtig – da mache ich gerne Abstriche. Wichtiger<br />
ist die Empathie für die Menschen, mit einer festen Bezugsperson<br />
über Jahre hinweg. Daher nehme ich mir die Zeit,<br />
<strong>ganz</strong> <strong>persönlich</strong> auf die Patienten einzugehen. Denn Rheuma<br />
lässt sich nicht heilen. Bei uns geht es immer um die Verbesserung<br />
der jeweiligen <strong>persönlich</strong>en Lebenssituation. Dafür<br />
setzen wir uns ein.<br />
„Das Landleben ist impulsiv, rasant, ein schillernder<br />
Kontrapunkt zur sozialen Deprivation und digitalen<br />
Gestresstheit der Städte.“<br />
Wir konzentrieren uns auf den Menschen, die Medizin, das<br />
Gesundwerden, die Linderung. Und das in einer Umgebung,<br />
die uns nach Kräften unterstützt. Mit geerdeten Mitarbeitern,<br />
stärkendem Grün und beruhigender Stille.<br />
Geerdet sein ist auch für mich sehr wichtig. Egal, ob beim<br />
Musizieren im Kirchen- und Posaunenschor, beim wöchentlichen<br />
Volleyball oder – im wahrsten Wortsinn – bei der<br />
Gartenarbeit.<br />
Das Eisenbahnviadukt bei Bad Endbach ist ein Wahrzeichen<br />
des Ortes.<br />
on und digitalen Gestresstheit der Städte. So erklärt sich<br />
auch mein wohl kontrazyklisches Handeln und die Entscheidung,<br />
eine komplett neue Fachklinik für Rheumatologie wieder<br />
an diesen Standort im hessischen Hinterland zu bauen.<br />
Und wenn sie in meinem Ort vorbeikommen, wo 1.000 Menschen<br />
wohnen, dann besuchen Sie doch die „Schutzhütte am<br />
Stein“ – und Sie werden sich fühlen wie ein <strong>ganz</strong> besonderer<br />
von 80 Millionen.<br />
Flugplatz Bottenhorn in Bad Endbach<br />
Schon mein Großvater und auch mein Vater haben hier in<br />
Bad Endbach mit Leidenschaft und Begeisterung medizinisch<br />
gewirkt und entscheidend die Entwicklung von Bad Endbach<br />
beeinflusst. Die Bindung an Bad Endbach hat mehr als traditionelle<br />
Gründe. Gewachsene Adaptation und gelebte Akzeptanz<br />
waren mit ausschlaggebend. Die positive Einstellung der<br />
Mitarbeiter ist Motivation und Bindung zugleich.<br />
Auch für unsere Patienten ist der Standort ideal. Die Nähe<br />
der Therme, moderne Energiekonzepte und ein hervorragend<br />
aufgestelltes Netz an Wanderwegen sind eine sinnvollere<br />
Umgebung als Shoppingmöglichkeiten, luxuriöse Flaniermeilen<br />
oder künstlich angelegte Kurparkanlagen. Wer wirklich<br />
Medizin sucht, der ist hier richtig.
LAURA<br />
STULLICH<br />
geb. 1987 in <strong>Marburg</strong> | 2006 Abitur an der<br />
Elisabethschule, anschließend Studium<br />
„International Tourism Management“<br />
an der NHTV Breda | 2003 Vize-Juniorenweltmeisterin<br />
| 2005 vier<br />
Goldmedaillen bei der Junioren-Weltmeisterschaft<br />
im Rhönradturnen |<br />
2011 drei Gold- und eine Silbermedaille<br />
bei den Weltmeister schaften | 2012<br />
Gründung von „Wheel Sensation“ |<br />
2013 zwei Goldmedaillen bei den Weltmeisterschaften<br />
in Chicago<br />
94 · 95<br />
Laura Stullich<br />
MIT DEM RHÖNRAD VON<br />
MARBURG IN DIE WELT<br />
Wenn ich heute an den Grachten in Amsterdam<br />
sitze und all den Trubel um mich herum vergesse,<br />
denke ich gern an meine Heimatstadt<br />
in Hessen. Ich habe meine Kindheit und Jugend<br />
in <strong>Marburg</strong> verbracht, eine intensive Zeit zwischen<br />
Leistungssport, Schule und Freunden. Erst jetzt, nach einigen<br />
Jahren im Ausland und vielen neuen Erfahrungen, wird<br />
mir bewusst, wie sehr ich meiner Heimatstadt dankbar bin<br />
für das, was mir dort alles ermöglicht wurde. Es wurden mir<br />
Chancen geboten, sodass ich meine Persönlichkeit individuell<br />
entwickeln konnte. Neben meinen Eltern und guten<br />
Freunden verbinde ich mit <strong>Marburg</strong> vor allem meine Karriere<br />
als Leistungssportlerin im Rhönrad.<br />
Nach den ersten Jahren im Kinderturnen habe ich im Alter<br />
von sechs Jahren im Turnverein TSV <strong>Marburg</strong> Cappel<br />
begonnen. Dort habe ich meine ersten Gruppen- und Wettkampferfahrungen<br />
gesammelt und viele Grundlagen des<br />
Sports gelernt. Vier Jahre später habe ich zusammen mit<br />
Freundinnen das Rhönradturnen im TSV <strong>Marburg</strong> Ockershausen<br />
entdeckt. Ich war sofort begeistert – nach den ersten<br />
erfolgreichen Wettkämpfen habe ich mich komplett auf den<br />
Leistungssport Rhönradturnen konzentriert. Meine größten<br />
Erfolge in der Jugendklasse waren der Vize-Weltmeister-Titel<br />
in 2003 und vier Goldmedaillen bei der WM in 2005. Nach<br />
dem Abitur an der Elisabethschule habe ich ein Jahr in den<br />
USA in einer Zirkusschule als Trainerin gearbeitet und dort<br />
meine ersten großen Shows gezeigt. Nach einer Wettkampfpause<br />
kam ich 2010 zurück in die Seniorenklasse und konnte<br />
dort 2011 und 2013 insgesamt sechs Mal Gold gewinnen.<br />
Mittlerweile wohne ich in Amsterdam und mein Sport ist zu<br />
meinem Beruf geworden. Zusammen mit meinem Freund<br />
trete ich als Artistin im Rhönrad und der Akrobatik auf.<br />
Unter dem Namen „Wheel Sensation“ stehen wir auf nationalen<br />
und internationalen Bühnen und reisen mit unserem<br />
Rhönrad um die Welt. Ich bin unglaublich glücklich, dass<br />
ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Dies war nicht
Sport hat mir auch die Kraft und die Zuversicht gegeben, in<br />
anderen Situationen zu kämpfen und nicht aufzugeben. Von<br />
den ersten Wettkämpfen in <strong>Marburg</strong> bis zur Weltmeisterschaft<br />
in den USA habe ich gelernt, mit Sieg und Niederlage<br />
umzugehen. Dazu gehört auch der Umgang mit Erwartungsdruck<br />
und Erfolg. Vor allem die Unterstützung durch meine<br />
Vereinskolleginnen und meine Eltern hat mir mental Stärke<br />
und Bodenständigkeit gegeben. Obwohl das Rhönradturnen<br />
eine Einzelsportart ist, war für mich der Verband in der<br />
Gruppe und die Identifizierung mit dem Verein immer<br />
ausschlaggebend. Die tolle Stimmung in der Gruppe, die<br />
Atmosphäre in der Halle beim Training und vor allem das<br />
Gesamterlebnis während Wettkämpfen ist das, was noch<br />
lange in Erinnerung bleibt und die Motivation dafür gibt,<br />
immer wieder hart zu trainieren.<br />
Über die Jahre habe ich gelernt, dass erfolgreich Leistungssport<br />
zu betreiben heißt, für seinen Sport zu brennen – und<br />
eigene Grenzen zu überwinden. So habe ich auch schon nach<br />
nur drei Monaten nach meinem Kreuzbandriss und der Operation<br />
in 2011 in der Uniklinik in <strong>Marburg</strong> wieder drei<br />
Shows täglich auf der Bühne gezeigt und für die nächste<br />
WM trainiert. Dennoch habe ich nach einem weiteren World<br />
Cup in 2014 verkündet, dass ich meine Wettkampfkarriere<br />
beenden werde. Dieser Schritt war sicherlich nicht einfach,<br />
da dies auch meine enge Verbindung mit dem TSV <strong>Marburg</strong><br />
Ockershausen veränderte. Noch heute vermisse ich Wettkämpfe<br />
und Vereinskolleginnen, aber trotzdem bin ich mir<br />
sicher, dass dies ein guter Zeitpunkt war, um etwas Neues<br />
zu beginnen.<br />
selbstverständlich bei einer Randsportart wie dem Rhönradturnen.<br />
Hierfür bin ich meiner Heimatstadt <strong>Marburg</strong> dankbar.<br />
Durch eine hervorragende Unterstützung durch den Verein<br />
und eine Wertschätzung durch die Stadt wurde mir diese<br />
Laufbahn ermöglicht. Angefangen bei Hallenzeiten, der<br />
finanziellen Unterstützung für Wettkämpfe, der Öffentlichkeitsarbeit<br />
durch die Presse bis hin zur Anerkennung durch<br />
Ehrungen und Empfänge durch den ehemaligen Oberbürgermeister<br />
Egon Vaupel. Ich erinnere mich sehr gut an den<br />
Empfang nach meiner ersten WM 2003 in Lillehammer. Mit<br />
dem Bus kamen wir zurück von der langen Reise aus Norwegen,<br />
und als Überraschung gab es einen großen Empfang<br />
im Vereinshaus mit Freunden, Familie, Vereinskollegen,<br />
Presse und Oberbürgermeister. Am nächsten Tag erschien<br />
ein großer Artikel in der Zeitung – und ich realisierte, wie<br />
weit ich bereits gekommen war. Diese Erlebnisse waren es,<br />
die mir neue Energie gaben, um immer weiterzumachen. Der<br />
Ich bin unglaublich froh, dass bis heute das Rhönradturnen,<br />
das ich vor fast 20 Jahren in <strong>Marburg</strong> begonnen habe, noch<br />
immer der Mittelpunkt meines Lebens ist. Durch den Rhönradsport<br />
habe ich meinen Freund und zukünftigen Mann<br />
kennengelernt. Zusammen haben wir unsere eigene Firma<br />
aufgebaut und heute sind wir professionelle Artisten und haben<br />
unser eigenes Trainings- und Unterrichtsstudio in den<br />
Niederlanden.<br />
Ich freue mich immer sehr, wenn wir für unsere Show-Auftritte<br />
in meine hessische Heimat kommen. Oft kombiniere<br />
ich dies mit einem Besuch in <strong>Marburg</strong> bei meinen Eltern und<br />
Freunden. Besonders dann wird mir bewusst, wie schön<br />
meine Heimat ist und all die Erinnerungen an meine Kindheit<br />
und Jugend, den Leistungssport und die Erlebnisse im<br />
Verein sind wieder <strong>ganz</strong> nah.<br />
Da liegt es nicht fern, dass ich die Hochzeit mit meinem<br />
niederländischen Freund in meiner Heimatstadt <strong>Marburg</strong><br />
erleben will. Ich freue mich schon jetzt auf die wunderbare<br />
Atmosphäre in der Oberstadt und den Blick vom Schloss<br />
über die Altstadt und das Lahntal.
SABRIYE<br />
TENBERKEN<br />
geb. 1970 | Als erste Blinde studierte sie Tibetologie und entwickelte dafür eine eigene Blindenschrift<br />
| 1998 gründete sie gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Paul Kronenberg in Lhasa (Tibet)<br />
eine vorbereitende Schule, die Schüler so ausbildet, dass sie sich in weiterführende Regelschulen<br />
selbst integrieren können. Dazu eröffneten sie auf 4000 Meter Höhe eine Trainingsfarm für blinde<br />
Erwachsene | In den Büchern „Mein Weg führt nach<br />
Tibet“ und „Mein Siebtes Jahr“ hat sie diese Projekte<br />
beschrieben | Ihr aktuelles Projekt, das „Kanthari-Institut“<br />
im südindischen Kerala, macht sich die Erfahrungen<br />
in Tibet zunutze und fördert soziale „Veränderer“ aus<br />
der <strong>ganz</strong>en Welt. Mehr unter: www.kanthari.org<br />
96 · 97<br />
Sabriye Tenberken<br />
IN MARBURG HABE ICH<br />
GRUNDVERTRAUEN GEFUNDEN<br />
Mein Umzug von Bonn nach <strong>Marburg</strong> war die<br />
Folge einer wichtigen Erkenntnis. Ich würde<br />
mit Sicherheit vollkommen erblinden und<br />
darum musste ich mein Leben neu sortieren.<br />
Wenn ein Kind zum ersten Mal mit dem Wort „blind“ konfrontiert<br />
wird, dann zeigt es zunächst Unverständnis. Die<br />
erste typische Reaktion, es schließt die Augen. Es wird<br />
dunkel. Ich hatte Angst vor der Dunkelheit. Ein Leben im<br />
Dunkeln konnte ich mir nicht vorstellen.<br />
Als ich von meinen sehenden Klassenkameraden in der<br />
dritten Klasse etwas unsanft auf mein schlechter werdendes<br />
Sehvermögen aufmerksam gemacht wurde, sie nannten mich<br />
„Blindschleiche“ und „blinde Kuh“, da wurde mir klar, dass<br />
sich etwas Entscheidendes in meinem Leben ändern würde.<br />
Und ich wusste, dass ich auf keinen Fall blind sein wollte.<br />
Denn schlimmer als die Angst vor einem Leben im Dunkeln<br />
ist die Angst davor, isoliert zu sein, keine Freunde zu haben,<br />
irgendwann alleine dazustehen. Die Isolation traf ein, sie<br />
überrollte mich recht plötzlich. Dunkel wurde es allerdings<br />
nie. Obwohl ich nicht einmal mehr Hell und Dunkel unterscheiden<br />
kann, ist die Welt um mich heller und farbreicher<br />
geworden. Ich kann sie mir ausmalen wie ich will.<br />
Mit zwölf Jahren entschloss ich mich, einen Integrationsversuch<br />
in einer Regelschule abzubrechen und auf das <strong>Marburg</strong>er<br />
Gymnasium für Blinde und Sehbehinderte, die Blista, zu<br />
wechseln. Für mich war das ein Glücksfall. Die Schule war<br />
für mich Schutzraum und Sprungbrett zugleich. Ich bin heute<br />
in der Lage, mein Leben in die Hand zu nehmen, eben<br />
weil ich in <strong>Marburg</strong> entsprechend gefördert wurde.<br />
Ich kann sagen, dass der Beginn meines sehr abwechslungsreichen<br />
Lebens die Zeit in <strong>Marburg</strong> war. Obwohl die Stadt<br />
nur für neun Jahre mein Zuhause war, ist mir ein Abschied<br />
von einem Ort nie wieder so schwer gefallen. Ich kann mich<br />
noch gut daran erinnern, wie ich nach der Abiturfete im<br />
Sommer 1992 die Koffer packte, im Wissen, dass einer mei-
Die sogenannten „Heiligen Eichen“ bei Rauschenberg<br />
ner schönsten und sorglosesten Lebensabschnitte an diesem<br />
Punkt zu Ende gehen musste. Alles war mir in dieser Stadt<br />
unendlich vertraut. Jede Stufe in der Oberstadt, das Ampelpiepsen,<br />
die singende und immer gut gelaunte Frau Muth<br />
und der, besonders morgens, nicht enden wollende Schlagberg,<br />
hoch zum Blista-Gebäude. Wenn ich später durch<br />
Journalisten auf meine Zeit in <strong>Marburg</strong> angesprochen<br />
wurde, kam oft die Frage, ob nicht das Leben in einer solch<br />
beschaulichen Umgebung auf einen jungen Menschen eher<br />
einlullend wirken könnte?<br />
„In der Tat war <strong>Marburg</strong> für mich, wie für viele<br />
andere Schulabgänger, eine Komfort-Zone, die<br />
man nicht so ohne Weiteres hinter sich lassen<br />
konnte oder wollte.“<br />
In der Tat war <strong>Marburg</strong> für mich, wie für viele andere Schulabgänger,<br />
eine Komfort-Zone, die man nicht so ohne Weiteres<br />
hinter sich lassen konnte oder wollte. Allerdings hat mir<br />
die nicht bedrohliche Atmosphäre der Kleinstadt auch ein<br />
Grundvertrauen mitgegeben. Waren es damals die nächtlichen<br />
Streifzüge durch das Südviertel, reise ich heute alleine<br />
ohne Angst durch Delhi, Mumbai oder Peking. Glücklicherweise<br />
hatte ich auch fantastische Lehrer, die mich darauf vorbereiteten,<br />
das Leben angstfrei anzunehmen. Durch Wildwasser-Training<br />
auf der Lahn, Abfahrtski in Südtirol, Voltigieren<br />
in Wehrda. Durch die Ermutigung, sich politisch zu<br />
engagieren, Neues auszuprobieren, Risiken als Abenteuer anzunehmen,<br />
habe ich gelernt, auf die Nase zu fallen, Fehler<br />
machen zu dürfen, etwas wieder neu zu beginnen.<br />
Kurz vor dem Eintritt in die Oberstufe konfrontierte uns<br />
der Ethik-Lehrer mit der Frage: „Gibt es ein Leben nach<br />
dem Abitur?“ Ich weiß noch, dass wir etwas ärgerlich reagierten.<br />
Wir hatten uns in der Komfort-Zone der Schule
gut eingerichtet und wollten nicht wirklich an das Leben<br />
da draußen denken. Seine Anweisungen waren klar. Wir<br />
sollten nicht direkt an Berufe denken, nicht an Dinge, die<br />
wir besonders gut können. Nur daran, was wir wirklich<br />
wollten.<br />
Ich wollte ins Ausland, schreiben, Abenteuer erleben und etwas<br />
Sinnvolles tun. „Das klingt nach Entwicklungshilfe“,<br />
meinte mein Lehrer – aber Entwicklungshilfeorganisationen<br />
konnten sich nicht vorstellen, dass ich als Blinde für sie<br />
arbeite. Also musste ich einen eigenen Weg finden. Eine<br />
Riesenchance. Ist es denn nicht viel spannender, nicht ausgetretene<br />
Wege zu gehen? Und Tibet schien als Abenteuer<br />
genau richtig.<br />
Mein Wunsch Tibetologie zu studieren, um in Tibet ein<br />
soziales Projekt auf die Beine zu stellen, wurde von Lehrern<br />
unterstützt. Um die tibetische Schrift erlernen zu können,<br />
bekam ich sogar Spezialunterricht im Optacon-Lesen. Das<br />
„Ich habe nun keinen Koffer mehr in <strong>Marburg</strong>, aber ich<br />
werde dieser Stadt und besonders meiner Schule für<br />
den Start in mein Leben immer dankbar sein.“<br />
Optacon besteht aus einer Kamera, die gedruckte Schrift<br />
durch kleine hoch und runter schnellende Nadeln auf den<br />
Zeigefinger der linken Hand projiziert. Dieses Gerät ermöglichte<br />
später das Studium der Zentralasien-Wissenschaft mit<br />
Schwerpunkt Tibetologie.<br />
Ich habe nun keinen Koffer mehr in <strong>Marburg</strong>, aber ich werde<br />
dieser Stadt und besonders meiner Schule für den Start in<br />
mein Leben immer dankbar sein. So dankbar, dass ich in<br />
meinem jüngsten Buch „Die Traumwerkstatt von Kerala –<br />
die Welt verändern, das kann man lernen“ <strong>Marburg</strong> ein<br />
<strong>ganz</strong>es Kapitel gewidmet habe.<br />
98 · 99<br />
Sabriye Tenberken mit einigen ihrer Schüler in Lhasa beim Training
SCK<br />
SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH<br />
EXZELLENZ, PROFESSIONALITÄT<br />
UND BEGEISTERUNGSFÄHIGKEIT<br />
Wenn der erste Airbus A320 an der neuen<br />
Endmontagelinie in Hamburg-Finkenwerder<br />
zusammengesetzt wird, kann die SCK aus<br />
<strong>Biedenkopf</strong> einen weiteren erfolgreichen<br />
Auftrag für sich verbuchen. „Wir sind sehr stolz darauf, dass<br />
wir für Airbus die Arbeitsplattformen der neuen A320-Linie<br />
konstruieren“, sagt Gernot Schneider, der zusammen mit<br />
Kay Bernhardt die SCK-Unternehmensgruppe führt. Neben<br />
dem Sitz in <strong>Biedenkopf</strong> unterhält SCK einen weiteren<br />
Standort im rheinland-pfälzischen Wissen sowie im indischen<br />
Pune.<br />
Der international tätige Ingenieurdienstleister für die Flugzeugindustrie<br />
gehört zu den führenden Unternehmen in dieser<br />
Branche und hat sich im Bereich Luftfahrt Interior/Exterior,<br />
insbesondere für die Konstruktion von Flugzeug-Bordküchen,<br />
Arbeitsplattformen für die Flugzeugendmontage sowie Vorrichtungen<br />
zur Montage von Flugzeugbauteilen einen Namen<br />
gemacht. Airbus, Boeing, Lufthansa – das sind nur drei<br />
Namen aus einer langen Liste an Endkunden, die von den<br />
Konstruktionen von SCK profi tieren. „Wir sind zum Beispiel<br />
auch für Modell- und Formenbauer oder Unternehmen aus<br />
der Industrietechnik tätig“, ergänzt Schneider. SCK ist in der<br />
Lage, nahezu jedes aus Metallen oder Kunststoffen urgeformte<br />
Produkt oder Bauelement komplett von der Idee bis zur<br />
Serienreife zu entwickeln.<br />
„Für die komplette Problemlösung habe ich SCK“, ist ein oft<br />
gehörter Satz unter den Kunden, die speziell die über 25-jährige<br />
Erfahrung der SCK-Experten schätzen: vom Design,<br />
Stress, Tool und Manufacturing Engineering über die Material-<br />
und Prozessentwicklung bis hin zur Qualitätsprüfung.<br />
„Mehr Nutzen für den Kunden – das ist unser Anspruch“,<br />
bringt es Schneider auf den Punkt. So begleitet SCK seine<br />
Kunden von der ersten Idee über die Entwicklung und Konstruktion<br />
bis zum Prototypenbau und der Produktion. Oder<br />
die Kunden nutzen die SCK-Expertise für konkrete Herausforderungen<br />
auf diesem Weg. Dabei setzt SCK auf modernste<br />
3D-CAD-Technologie. Doch neben der technischen Exzellenz<br />
und Professionalität zeichnen sich die Luftfahrt-Profi s aus<br />
<strong>Biedenkopf</strong> insbesondere durch eines aus: Begeisterungsfähigkeit.<br />
Denn erst damit wird aus einer Produktvision Realität.<br />
Die beiden Firmeninhaber und Geschäftsführer:<br />
Kay Bernhardt (links) und Gernot Schneider (rechts)<br />
„Für die komplette Problemlösung habe ich<br />
SCK“, ist ein oft gehörter Satz unter den Kunden,<br />
die speziell die über 25-jährige Erfahrung der<br />
SCK-Experten schätzen: vom Design, Stress,<br />
Tool und Manufacturing Engineering über die<br />
Material- und Prozessentwicklung bis hin zur<br />
Qualitätsprüfung.<br />
Kontakt<br />
SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH<br />
Im Feldchen 3<br />
35216 <strong>Biedenkopf</strong><br />
www.sck.de
100 1 · 101 2<br />
KRUG Gruppe Breidenbach<br />
KRUG-PRODUKTE SIND<br />
IMMER DABEI<br />
Man kann sie zwar nicht immer auf den<br />
ersten Blick sehen, aber die Produkte der<br />
KRUG Gruppe sind fester Bestandteil unseres<br />
täglichen Lebens. Oder anders gesagt –<br />
jeder hat ein Stück KRUG zu Hause. Beispiele gefällig?<br />
Hier eine (wirklich sehr) kleine Auswahl: Zargen und<br />
Lüfterhauben für fast alle großen Automarken. Mülltrennsysteme,<br />
Schubladen und sogar Grillbesteck. Armund<br />
Rückenlehnen für Stühle. Spannungsschutzelemente,<br />
Lichtschalter sowie Zubehörteile für Heizungsanlagen.<br />
Mit den beiden Geschäftsbereichen Formenbau und<br />
Kunststofftechnik ist die KRUG Gruppe der Spezialist<br />
für komplexe Bauteile sowie Druckguss- und Spritzgussformen<br />
für die unterschiedlichsten Anwendungen in den<br />
Branchen Automotive, Haushalt und Elektro.<br />
Serienfertigung und Werkzeugbau sind bei der KRUG Gruppe<br />
unter einem Dach vereint. KRUG Formenbau liefert Lösungen<br />
für komplexe Druckguss - und Spritzgussformen und ist der<br />
richtige Partner, wenn es um die Herstellung hochwertiger<br />
Werkzeuge geht. Gefertigt werden die unterschiedlichsten<br />
Aluminium -, Magnesium- und Kunststofferzeugnisse im<br />
kompletten Prozess – also von der Konstruktion über das<br />
Engineering bis hin zur Fertigung der Werkzeuge. Modernste<br />
Anlagen wie 5 -Achs- Simultanzentren inklusive<br />
Werkstückwechslern liefern hochpräzise Ergebnisse. Die<br />
Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9001, ISO 14001,<br />
ISO 50001 und TS 16949 garantieren messbare Qualität.<br />
KRUG Kunststofftechnik bietet Lösungen für komplexe<br />
Bauteile. Mit fundiertem Know- how wird der gesamte Realisierungsvorgang<br />
von der Konzeption über das Prototyping<br />
und den Formenbau bis hin zur Serienproduktion<br />
und der bedarfsgerechten Lieferung zuverlässig abgedeckt.<br />
Ob MuCell ® -, Hybrid- oder GID- Verfahren, ob Großserienfertigung,<br />
mittlere Stückzahl oder Reproduzierbarkeit
in Kleinserie – auf modernen Maschinen und Anlagen<br />
wird im Schließkraftbereich von 250 kN bis hin zu<br />
13.000 kN Zuhaltekraft gefertigt.<br />
Den Grundstein für den heutigen Erfolg legte Kurt Krug.<br />
1980 gründete er mit sieben Mitarbeitern KRUG Formenbau.<br />
Das Unternehmen expandierte kontinuierlich –<br />
bereits 1990 wurde ein neues Gebäude mit über 2.800 qm<br />
Produktionsfläche gebaut. 1994 ist das Gründungsjahr<br />
der KRUG Kunststofftechnik und die Geburtsstunde der<br />
KRUG Gruppe, so wie sie heute besteht. Auch die nächsten<br />
Jahre standen und stehen bis heute im Zeichen von<br />
Wachstum – erst 2016 wurde ein neues Werk in Meerane<br />
in Betrieb genommen.<br />
Herausforderungen im Formenbau und<br />
in der Kunststofftechnik – kompetent gelöst.<br />
Das inhabergeführte Familien unternehmen – heute leiten<br />
die Söhne des Unternehmensgründers Thomas und Jochen<br />
die KRUG Gruppe – beschäftigt mittlerweile über 200<br />
Mitarbeiter. Zum Erfolg beigetragen haben nicht nur die<br />
qualitativ hochwertigen Produkte und die umfangreichen<br />
Service-Leistungen, sondern auch die Haltung des Unternehmens,<br />
die vom gesamten Team mitgetragen wird. Sie<br />
ist geprägt von Ehrgeiz, Sicherheit, Innovation und Nachhaltigkeit.<br />
Klingt theoretisch? Ist es nicht: Kunden und<br />
Partner können sicher sein, sich immer auf die Qualität<br />
der Erzeugnisse und Dienstleistungen verlassen zu können.<br />
Ehrgeizig wird an neuen Produkten gearbeitet, um<br />
die individuellen Bedürfnisse zu erfüllen und den unterschiedlichen<br />
Anforderungen gerecht zu werden. Bei der<br />
KRUG Gruppe denkt man immer ein Stück weiter und<br />
sucht innovativ nach neuen Lösungen. So gelingt es, nachhaltig<br />
zu wirtschaften und einen langfristigen Planungshorizont<br />
aufzubauen.<br />
Um auch in Zukunft beste Lösungen bieten zu können,<br />
investiert die KRUG Gruppe kontinuierlich in die Weiterentwicklung<br />
von Technik und Technologie und legt besonderen<br />
Wert auf die Aus- und Weiterbildung. Das schafft erfolgversprechende<br />
Perspektiven – für das Unternehmen, für die<br />
Mitarbeiter und die Kunden gleichermaßen.<br />
Kontakt<br />
KRUG Gruppe<br />
Schlosserstraße 3<br />
35236 Breidenbach, Germany<br />
www.krug-breidenbach.de
Die frühzeitige Diagnose<br />
von Rheuma kann den zerstörerischen<br />
Verlauf der<br />
Erkrankung abwenden.<br />
Dafür verfügt das Rheumazentrum<br />
Mittelhessen über<br />
modernste diagnostische<br />
Einrichtungen.<br />
102 · 103 3<br />
Rheumazentrum Mittelhessen GmbH & Co. KG<br />
DIE RUNDUM-KOMPETENZ<br />
FÜR EIN LEBEN IN BEWEGUNG<br />
Wenn entzündete Gelenke schmerzen und alltägliche<br />
Dinge schwerfallen, dann ist schnelle<br />
und umfassende Hilfe gefragt. Rheuma<br />
schränkt nicht nur die Bewegungsfreiheit<br />
ein, es droht die Erwerbsunfähigkeit bis hin zur vollen<br />
Pfl egebedürftigkeit. Das Rheumazentrum Mittelhessen in<br />
Bad Endbach hat durch seine Kompetenz und jahrelange<br />
Erfahrung überregionale Bedeutung für die Diagnose und<br />
Therapie von rheumatologischen und orthopädischen Erkrankungen<br />
erlangt, denn es vereint vier Einrichtungen an<br />
einem Standort: Akut- und Rehabilitationsklinik, zwei rheumatologische<br />
Schwerpunktpraxen und eine therapeutische<br />
Ambulanz. „Die umfassenden Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten,<br />
die wir anbieten können, werden insbesondere<br />
von chronisch erkrankten Patienten sehr geschätzt“, sagt<br />
Katrin Storck-Müller, Ärztliche Direktorin des Rheumazentrums<br />
Mittelhessen. Ihr größtes Anliegen ist die frühe<br />
und möglichst exakte Diagnostik. „Ein potenziell zerstöre-<br />
rischer Verlauf kann durch eine frühzeitige Therapie verhindert<br />
werden“, erläutert Storck-Müller.<br />
Die Ambulanz des Rheumazentrums ist auf die Diagnose<br />
und Behandlung von entzündlich-rheumatischen Krankheitsbildern<br />
spezialisiert und gliedert sich in zwei Schwerpunktpraxen<br />
und einen therapeutischen Bereich auf. Der<br />
Akutklinikbereich des Rheumazentrums führt als einzige<br />
stationäre Fachabteilung des Zentrums die Innere Medizin<br />
mit Schwerpunkt Rheumatologie. Patienten werden bei<br />
einem Krankheitsschub oder Komplikationen sofort und zu<br />
jeder Tageszeit aufgenommen. Die Rheumatologen aus der<br />
Fachabteilung Innere Medizin können die notwendigen therapeutischen<br />
Maßnahmen sofort und kompetent einleiten.<br />
„Die überwiegende Zahl der Patienten profi tiert von einer<br />
akut-stationären Versorgung besonders hinsichtlich der Reduzierung<br />
der Krankheitsaktivität mit Schmerzminderung,<br />
Funktionsverbesserung und Abwendung von Krankheits-
komplikationen“, erklärt Storck-Müller – ein Effekt, der<br />
über Monate, ja sogar Jahre anhalten kann. Das bedeutet<br />
für viele Patienten, dass sie ihren Beruf weiterhin ausüben<br />
können, eine drohende Behinderung oder gar den Verlust der<br />
Selbstversorgung abwenden konnten. Auf diese Weise werden<br />
auch Folgekosten für Patienten und die Solidargemeinschaft<br />
vermieden. Auf Krankenkassen kommen weniger<br />
Wiederaufnahmen zu und die Kosten für Medikamente<br />
werden reduziert.<br />
Auch wenn eine Rheumaerkrankung sehr individuell<br />
verläuft und sich daher kaum vorhersagen lässt, ist ihren<br />
Erscheinungsformen eines gemeinsam: Sie lassen sich nur<br />
selten spontan ausheilen. Es bedarf einer dauerhaften Behandlung,<br />
zumal die Betroffenen häufi g eine fortschreitende<br />
Verschlechterung ihres Zustands erleben. Sie sind daher gezwungen,<br />
über viele Jahre mit der Krankheit zu leben. Daher<br />
misst das Rheumazentrum Mittelessen auch der Nachsorge<br />
im Rehabilitationsbereich sowie der Patientenaufklärung<br />
eine große Bedeutung bei. „Wir wollen die Selbstwirksamkeit<br />
und Eigenverantwortung des Patienten verbessern und<br />
damit auch seine Motivation und Mitarbeit in der Therapie“,<br />
erklärt Storck-Müller.<br />
Da die Ursachen derartiger Krankheitsbilder nur selten bekannt<br />
sind, können sie in der Regel nicht aufgrund eines<br />
einzigen Krankheitsmerkmals unterschieden werden. Eine<br />
gezielte Diagnose ist nur auf Grundlage einer Kombination<br />
von klinischen, röntgenologischen, labormedizinischen und<br />
anderen Merkmalen möglich. Hierfür hat das Rheumazentrum<br />
in den vergangenen zehn Jahren verschiedenste<br />
Investitionen in die Standardisierung der diagnostischen<br />
Einrichtung getätigt und das Ärzteteam auf Facharztniveau<br />
Kompetente Hilfe bei allen Erscheinungsformen des Rheumas –<br />
das verspricht das Rheumazentrum Mittelhessen.<br />
erweitert. Um auch zukünftig den Anforderungen an eine<br />
umfassende Diagnostik und Therapie gerecht zu werden,<br />
entsteht ein fünfgeschossiger Ersatzneubau in direkter<br />
Nachbarschaft des Zentrums, um ambulante Ablaufstrukturen<br />
für Patienten und die 170 Mitarbeiter zu optimieren<br />
und den technischen sowie energietechnischen Standard zu<br />
erhöhen. Während des Baus bietet das Zentrum weiterhin<br />
sämtliche Dienstleistungen vollumfänglich an. Nach Inbetriebnahme<br />
des Neubaus werden sechs Gebäudeteile des<br />
Altbaus abgerissen und die frei werdende Fläche in eine<br />
neue Außenanlage umgewandelt. So stellt das Rheumazentrum<br />
Mittelhessen sicher, dass es seinen Patienten auch<br />
in Zukunft die gefragte Rundum-Kompetenz zur Verfügung<br />
stellt.<br />
Kontakt<br />
Rheumazentrum Mittelhessen GmbH & Co. KG<br />
Sebastian-Kneipp-Straße 36<br />
35080 Bad Endbach<br />
www.rzmh.de<br />
Das Rheumazentrum Mittelhessen vereint vier Einrichtungen an einem Standort und hat sich<br />
damit über die Region hinaus als Kompetenzzentrum für die Diagnose und Therapie von<br />
Rheumaerkrankungen etabliert.
EGON<br />
VAUPEL<br />
geb. 1950 in Schlierbach | 1966 Mittlere<br />
Reife | 1969 Ausbildung zum Großhandelskaufmann<br />
| 1972 Refa-Studium |<br />
1975 hessische Finanzverwaltung<br />
| 1997 Wahl zum Bürgermeister<br />
in <strong>Marburg</strong> | 2005 bis<br />
2015 Oberbürgermeister in<br />
<strong>Marburg</strong><br />
104 · 105<br />
Egon Vaupel, Oberbürgermeister a. D.<br />
VERTRAUEN<br />
IST BASIS DES ZU-<br />
SAMMENLEBENS<br />
Ich hatte unglaubliches Glück: nach dem Krieg genau<br />
auf dieser Scholle geboren zu sein. All das, was das Leben<br />
mir gegeben hat, habe ich zum größten Teil den<br />
Menschen im <strong>Landkreis</strong> zu verdanken. Zunächst natürlich<br />
meinen Eltern: Meine Mutter kam aus Günterod,<br />
mein Vater aus Schlierbach. Sie haben mir Nestwärme und<br />
Vertrauen gegeben, sodass ich wachsen konnte und auch für<br />
die Unbillen des Lebens gewappnet war. Ich wurde in einem<br />
großen Gemeinschaftsgedanken erzogen: Wir Menschen<br />
sind nur zusammen stark. Und nur zusammen können wir<br />
Großes leisten.<br />
Meine Ausbildung absolvierte ich in Hartenrod beim ehemaligen<br />
Auto- und Süßwarengroßhändler Krailing. Daher rührt<br />
auch heute noch meine Liebe zu Gelee-Bananen und schnellen<br />
Autos. Schon während der Ausbildung lernte ich, dass es vor<br />
allem um eines im Leben geht: um Vertrauen. Wichtig ist<br />
nicht, dem Kunden einmal ein Auto zu verkaufen, sondern ihn<br />
für die Zukunft zu gewinnen. Und das geht nur mit Vertrauen.<br />
Aufgewachsen bin ich in den 50ern. Meine kindliche Sicht<br />
war damals aufs Hinterland beschränkt, gefüllt mit Informationen<br />
aus Deutschland. So bekam ich natürlich mit, dass<br />
Kriegsflüchtlinge nach Deutschland kamen. Doch war die<br />
Informationsdichte natürlich eine andere als heute. Von<br />
Gleichstellungspolitik hatte ich noch nie gehört. Meine<br />
Mutter hat aber schon damals versucht, meine Schwester sowie<br />
mich und meinen Bruder gemeinsam für die Hausarbeit<br />
einzuteilen. Das sonntägliche Mittagessen war nach dem<br />
Kirchgang ein kleines Fest – nicht, weil wir viel auf dem<br />
Tisch hatten, sondern weil die Familie gelebt wurde, <strong>ganz</strong><br />
ohne den Druck von Schule oder Arbeit. Wir Kinder hatten<br />
drei Aufgaben: den Tisch zu decken, den Tisch abzuräumen<br />
– und zu spülen. Da ich spülen gehasst habe, meldete ich<br />
mich immer schnell zum Tischdecken. Ich habe also für fünf<br />
Personen gedeckt. Doch meine Mutter hat jeden Sonntag darauf<br />
bestanden, ein sechstes Gedeck aufzulegen: Es könnte<br />
ja noch jemand kommen.
Blick aus der Gemeinde Ebsdorfergrund vom herbstlichen Frauenberg bei <strong>Marburg</strong><br />
Mutter musste sich bestimmt am Ende des Monats oft überlegen,<br />
wie sie noch ein Sonntagsmahl hinbekommen könnte,<br />
denn wir waren materiell nicht reich. So haben wir Brennnessel<br />
gesammelt, um Spinat zu machen oder Sauerampfer<br />
für einen Salat. Aber für meine Mutter war immer klar:<br />
Wenn noch jemand kommt, dann bekommt er bei uns eine<br />
Heimat und ein Essen. Daher wundert es mich sehr, dass es<br />
heute Menschen gibt, die das gleiche Glück hatten wie ich –<br />
nämlich in der Vorstufe des Paradieses groß zu werden –<br />
nun aber Menschen, die aus Elend und Leid und ohne Zukunftsperspektive<br />
zu uns kommen, keinen Platz anbieten<br />
wollen. Zum Glück sind die Menschen in unserem <strong>Landkreis</strong><br />
anders. Es geht ihnen gut. Und daran lassen sie andere<br />
teilhaben. Vor diesem Hintergrund tut es mir leid, dass viele<br />
Menschen das Vertrauen in die große Politik verloren haben<br />
und somit Leute erstarken, die Rattenfänger sind. Jeder<br />
muss sich vor Augen führen: Wenn diese Rattenfänger die<br />
Mehrheit sind, dann wird es so sein, wie Martin Niemöller<br />
gesagt haben soll: „Als die Nazis die Kommunisten holten,<br />
habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie<br />
die Sozial demokraten einsperrten, habe ich geschwiegen;<br />
ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter<br />
holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.<br />
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren<br />
konnte.“<br />
Diese Botschaft ist mir wichtig: Wir werden nicht glücklich<br />
leben können, wenn wir keine Offenheit zeigen. Ich wurde<br />
christlich erzogen und habe immer verstanden, dass Christentum<br />
Nächstenliebe bedeutet. Daher muss es für uns ein<br />
Ansporn sein, die Menschen, die zu uns kommen, zu integ-<br />
„Aber für meine Mutter war immer klar: Wenn<br />
noch jemand kommt, dann bekommt er bei uns<br />
eine Heimat und ein Essen.“
ieren. Und zwar ohne von ihnen zu verlangen, dass sie ihre<br />
Identität und Kultur verleugnen.<br />
Vieles von dem, was mir in meinem späteren Leben geholfen<br />
hat, habe ich auch von meinem Großvater gelernt. Er hat mir<br />
verdeutlicht, dass ich nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten<br />
habe. Großvater war Bergmann. Für ihn war klar: Wenn<br />
man unter Tage fährt, braucht man Kumpel neben sich –<br />
also in Freundschaft verbundene Kollegen. Er hat mir verdeutlicht,<br />
dass eine unserer Hauptaufgaben Gerechtigkeit<br />
ist. Um das zu erreichen, müssen wir solidarisch füreinander<br />
kämpfen. Unsere edelste Aufgabe ist nicht, den Starken hinterherzulaufen,<br />
sondern für die Schwachen zu kämpfen. Er<br />
hat auch den Grundstein für meine Verbundenheit und Verrücktheit<br />
zu Schalke 04 gelegt. Eigentlich fand ich den HSV<br />
toll, doch mein Großvater hat gesagt: Wir sind Arbeiter, wir<br />
gehen zu einem Arbeiterverein.<br />
106 · 107<br />
Lange Zeit war ich im Hinterland fest verwurzelt, bis mich<br />
die Liebe 1972 nach <strong>Marburg</strong> zog, den lebenswertesten Ort,<br />
den ich je kennengelernt habe. Ich habe viele schöne Urlaubsorte<br />
gesehen und auch einige Städte in Deutschland bereist.<br />
Aber <strong>Marburg</strong> ist außergewöhnlich – vor allem durch die<br />
Menschen, die hier leben. Es herrscht ein großes Gemeinschaftsgefühl.<br />
Dies war im Endeffekt auch die Grundlage des<br />
Erfolgs, den ich 20 Jahre lang im politischen Leben hatte.<br />
Für das Erreichte bin ich dankbar und betone: Es war der<br />
Erfolg der Gemeinschaft, die im <strong>Landkreis</strong> gelebt wird.<br />
„Diese Botschaft ist mir wichtig: Wir werden<br />
nicht glücklich leben können, wenn wir keine<br />
Offenheit zeigen. Ich wurde christlich erzogen<br />
und habe immer verstanden, dass Christentum<br />
Nächstenliebe bedeutet. Daher muss es für uns<br />
ein Ansporn sein, die Menschen, die zu uns<br />
kommen, zu integrieren.“<br />
Die Elisabethkirche in <strong>Marburg</strong> ist die älteste gotische Hallenkirche<br />
Deutschlands.
Werner Preis GmbH<br />
HANDWERKLICHES KÖNNEN<br />
UND MODERNSTE TECHNIK<br />
Wenn im Gewerbegebiet Stadtallendorf-<br />
Niederklein an einem sonnigen Mai-Sonntag<br />
die Parkplätze knapp werden, dann hat die<br />
Werner Preis GmbH zum traditionellen<br />
Frühjahrsfest geladen. Rund 2.000 Besucher strömen auf<br />
das Gelände des Fenster- und Türspezialisten. „Für unsere<br />
Mitarbeiter ist dies alle zwei Jahre ein absolutes Highlight“,<br />
erklärt Geschäftsführer Thomas Preis, „denn so erfahren<br />
wir, was sowohl unseren Kunden als auch unseren Geschäftspartnern<br />
unter den Nägeln brennt.“ Neben Themen<br />
wie Energiekosten oder Einbruchsicherung geht es auch um<br />
die individuelle Gestaltung von Fenstern und Haustüren.<br />
Daher legt Preis mit seinen über 60 Mitarbeitern viel Wert<br />
auf die Kundenberatung – auch vor Ort, um für jede Bausituation<br />
genau die passende Lösung zu fi nden. Diese Kundenorientierung<br />
hat dem Traditionsunternehmen bereits<br />
zwei Nominierungen für den Großen Preis des Mittelstands<br />
eingebracht.<br />
Alles Gute hat seinen Preis.<br />
Die Zeiten, in denen ein Fenster<br />
aus einem Holzrahmen mit Glas bestand,<br />
sind lange vorbei. Moderne<br />
Fenstersysteme entsprechen nicht<br />
nur den hohen Anforderungen an<br />
Schall-, Wärme-, und Einbruchschutz,<br />
sie bilden auch eine harmonische<br />
Verbindung mit der Fassade.<br />
Preis setzt bereits seit 2002 auf die<br />
Profi lsysteme von Gealan. „Die farbige<br />
Acrylschicht ist doppelt so hart Geschäftsführer Thomas Preis<br />
wie die PVC-Oberfl äche“, erklärt<br />
Thomas Preis. „Das bedeutet eine<br />
hohe Kratzfestigkeit und eine lange Lebensdauer für Fenster<br />
und Türen.“ Als zertifi zierter IQ-Partner von Gealan<br />
hat sich die Werner Preis GmbH auch der Wiederverwertung<br />
alter Kunststofffenster und bei der Produktion anfallender<br />
Profi lreste verschrieben. Recycling wird hier im<br />
Hause groß geschrieben.<br />
In der Produktion nutzt Preis modernste CNC-gesteuerte<br />
Maschinen der Fensterfertigungstechnik. Sie wären jedoch<br />
ohne die Erfahrung der Mitarbeiter nicht viel wert.<br />
Handwerk hat Tradition bei Preis. Unternehmensgründer<br />
Ludwig Preis war Schreinermeister, sein Sohn Werner, der<br />
den Betrieb 1972 übernahm, ebenfalls und natürlich hängt<br />
seit 1994 auch der Schreiner-Meisterbrief seines Sohnes<br />
Thomas an der Bürowand. Neben Fenstern und Haustüren<br />
vertreibt das Familienunternehmen auch Vordächer, Rollläden,<br />
Markisen und komplette Wintergärten. Wie man<br />
bei der Werner Preis GmbH eben sagt: Alles Gute hat seinen<br />
Preis. Davon können sich die Besucher in der aktuellen<br />
Musterausstellung überzeugen.<br />
Kontakt<br />
Werner Preis GmbH<br />
Hinter den Pfingstgärten 1<br />
35260 Stadtallendorf<br />
www.preis-fenster.de
VANESSA<br />
WEINHAUER<br />
geb. 1998 in <strong>Marburg</strong> | dort als einziges Kind<br />
in einer Stadtwohnung bei ihren Eltern<br />
aufgewachsen | ab 2008 Schülerin an der<br />
<strong>Marburg</strong>er Elisabethschule | Kurssprecherin<br />
in der Oberstufe im Leistungskurs Chemie |<br />
2016 Abitur | seit 2005 Mitglied in der DLRG |<br />
seit 2009 Wakeboarderin | Deutsche Meisterin<br />
in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 und<br />
2016 | Europameisterin in 2014 und 2016<br />
(Junior Ladies) sowie mit der Mannschaft<br />
(2016) | Vize-Weltmeisterin 2014 (Junior<br />
Ladies) | Weltmeisterin 2016 (Junior Ladies)<br />
und WM-Bronze 2016 (Open Ladies)<br />
108 · 109<br />
Vanessa Weinhauer<br />
ICH HABE HIER ALLES<br />
FÜR MEINEN SPORT<br />
Ich komme gerade von der Wakeboard-Weltmeisterschaft<br />
aus Morelos in Mexiko. Insgesamt war ich zwei<br />
Wochen mit dem deutschen Team und den Trainern<br />
dort. Mein Heimtrainer Lucien Gerkau war auch<br />
dabei, um mich zu unterstützen und einige organisatorische<br />
Aufgaben zu übernehmen. Es war mein erstes Mal in<br />
Mexiko.<br />
Vor dem Wettkampf war ich sehr aufgeregt, schließlich wurde<br />
ich im selben Jahr Europameisterin. Und der Gedanke,<br />
erstmalig Weltmeisterin zu werden, war <strong>ganz</strong> nah. Klar, ich<br />
habe zuvor schon an Weltmeisterschaften teilgenommen und<br />
holte auch schon zweimal den Vize-Titel. Der <strong>ganz</strong> große<br />
Wurf war mir aber bis dahin noch nicht gelungen.<br />
Doch in Mexiko stand schließlich alles unter einem guten<br />
Stern. Ich habe es geschafft. Den Weltmeister-Titel habe ich<br />
zum ersten Mal nach Hause gebracht. Ich bin überglücklich.<br />
Umso mehr, weil ein Kreuzbandriss mich gezwungen hatte,<br />
zehn Monate zu pausieren. Seit September 2015. Danach habe<br />
ich viel und hart trainiert. Meine Eltern Oliver und Anette,<br />
meine Familie und meine Freunde und auch der Seepark<br />
in Niederweimar haben mich sehr unterstützt, damit mein<br />
Traum wahr wurde.<br />
Im Juni 2016 habe ich mein Abitur an der Elisabethschule in<br />
<strong>Marburg</strong> gemacht. Für mich stand die Schule immer oder<br />
meistens im Vordergrund, da man Wakeboarden (noch)<br />
nicht als professionelle Sportart ausüben kann. Der Sport ist<br />
noch sehr jung. Die Popularität und die Präsenz in den Medien<br />
sind noch zu gering, um die <strong>ganz</strong> großen Sponsoren zu<br />
bekommen. Einige habe ich aber. Von ihnen bekomme ich<br />
das Material: vom Wakeboard über den Neopren-Anzug bis<br />
hin zur Alltagskleidung. Auch vom Seepark bekomme ich<br />
immer Unterstützung. Dort kann ich trainieren – so viel ich<br />
möchte.
Jetzt aber zurück zur Schule und meinen beruflichen Visionen.<br />
Durch meine Verletzung konnte ich mich sehr gut auf<br />
das Abitur konzentrieren. Das war, denke ich, auch wichtig.<br />
Denn mit Mathematik und Chemie als Leistungskursen hatte<br />
ich mir viel Stoff aufgeladen.<br />
Diese Fächer waren wahrscheinlich nicht die beste Wahl für<br />
mich, aber ich habe das Abitur schließlich mit einer guten<br />
Durchschnittsnote bestanden. Mit Sport, Religion und<br />
Deutsch als weiteren Prüfungsfächern konnte ich einige sehr<br />
gute Punkte erreichen.<br />
Für die Zukunft habe ich mich bei der Polizei in Nordrhein-<br />
Westfalen und auch bei der Sportfördergruppe der Polizei<br />
Hessen in Wiesbaden beworben. Die Chancen stehen <strong>ganz</strong><br />
gut, meine Bewerbungen wurden bereits akzeptiert. Jetzt<br />
liegt das Ergebnis des Auswahlverfahrens in meinen Händen.<br />
Mein Traum ist und war es immer, Hubschrauber zu<br />
fliegen. Vielleicht gelingt mir das eines Tages noch, eventuell<br />
über die Polizei oder einfach privat. So gesehen wird Wakeboarden<br />
für mich immer eine Leidenschaft bleiben, aber<br />
nicht zum Beruf werden.<br />
Neben dem „Boarden“ habe ich aber noch ein paar andere<br />
Leidenschaften. Unter anderem bin ich seit ungefähr zehn<br />
Jahren Mitglied der DLRG-Ortsgruppe <strong>Marburg</strong>. Im Alter<br />
von neun bis elf Jahren habe ich auch bei den Bezirksmeisterschaften<br />
im Rettungsschwimmen teilgenommen. Kurzzeitig<br />
habe ich sogar eine Schwimmgruppe mit einer Freundin zusammen<br />
geleitet.<br />
„Für mich wird der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
immer etwas Besonderes bleiben. Vielleicht komme ich<br />
ja irgendwann wieder zurück. Aber sicher ist: Er bleibt<br />
für immer meine Heimat, an die ich mich nur zu gerne<br />
zurückerinnern werde.“<br />
Ein weiteres Hobby ist das Snowboarden, das ich erstmalig<br />
auf der Sackpfeife in <strong>Biedenkopf</strong> ausprobiert und mir auch<br />
dort selbst beigebracht habe. Die Sackpfeife ist wie dafür gemacht.<br />
Früher fuhr ich dort immer mit Freunden und meinen<br />
Eltern Schlitten. Ein weiterer Platz im <strong>Landkreis</strong>, an<br />
dem eine Leidenschaft von mir entstanden ist.<br />
Auch wenn ich demnächst höchstwahrscheinlich aus dem<br />
<strong>Landkreis</strong> wegziehe, wird eine ewige Verbundenheit bestehen<br />
bleiben. Das ist sicher. Nicht nur, weil meine Familie<br />
hier lebt, sondern auch durch meinen Sport und meine<br />
Vereine, in denen ich schon lange Jahre Mitglied bin.<br />
Vor allem aber wird es mich immer wieder zurück an den<br />
See in Niederweimar ziehen. Dort hat alles begonnen. Für<br />
mich wird der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> immer etwas<br />
Besonderes bleiben. Vielleicht komme ich irgendwann ja<br />
wieder zurück. Aber sicher ist: Er bleibt für mich immer<br />
meine Heimat, an die ich mich nur zu gerne zurückerinnern<br />
werde.
WILLI<br />
WEITZEL<br />
Der <strong>Landkreis</strong> mit dem Autokennzeichen MR ist meine<br />
Heimat. Kann ich das so einfach behaupten? Mit dieser<br />
Frage habe ich mich vor zwei Jahren besonders intensiv beschäftigt.<br />
Da bin ich 42 Jahre alt geworden. Genau 21 Jahre<br />
zuvor bin ich zu Hause ausgezogen und nach Bayern gegangen.<br />
Meine ersten 21 Jahre habe ich in meiner Heimatstadt<br />
Stadtallendorf verbracht. Gewohnt haben wir in der Stadtgeb.<br />
1972 in <strong>Marburg</strong> an der Lahn, aufgewachsen in Stadtallendorf |<br />
stelltamliebstenFragenundfindetdabeispannendeDingeheraus|bekannt<br />
geworden durch die Fernseh-Reportage-Reihe „Willi<br />
wills wissen“, gehört heute zu den bekanntesten Gesichtern im<br />
deutschen Kinderfernsehen | vielfach ausgezeichnet, u. a. mit<br />
dem Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis | drehte<br />
zuletzt Filme über die Lebensbedingungen von Kindern<br />
weltweit, wie in Kenia, Tansania, Libanon, Indien, Bolivien,<br />
Malawi und den Philippinen | mit seiner Multivisions-Show<br />
„Willis wilde Wege“ tourt er seit 2012 durch <strong>ganz</strong> Deutschland |<br />
engagiert sich als UNICEF-Pate und ist Botschafter der UN-Dekade<br />
„Biologische Vielfalt“<br />
110 · 111<br />
Willi Weitzel<br />
DER GESCHMACK<br />
VON HEIMAT<br />
Ich sitze am Flughafen in Anchorage. Bis eben zogen<br />
durch meinen Kopf Bilder von Bären, Elchen und der<br />
Wildnis Alaskas und ich träumte von den Erlebnissen<br />
der letzten Wochen. Dann ein Schrecken: Meinen Beitrag<br />
für dieses Buch, den ich doch eigentlich noch vor meinem<br />
Abflug schreiben wollte, ...in meinem Reisefieber wohl<br />
einfach vergessen. Und heute, der Abgabetermin. Also<br />
schreibe ich jetzt – fern der Heimat – einen Beitrag über<br />
meine Heimat. Dabei bin ich doch kein Heimatforscher,<br />
sondern Welterforscher – zumindest heißt meine Firma<br />
„Welt erforscher Film und so weiter GmbH“.<br />
mitte, unseren EDEKA-Laden hatten wir aber im Alten<br />
Dorf. Besonders das Mithelfen bei uns im Dorfladen hatte<br />
großen Einfluss auf meine <strong>persönlich</strong>e Entwicklung. Woche<br />
für Woche habe ich unsere Angebotszettel in 150 Briefkästen<br />
geschoben, und täglich hatte ich es mit Kunden vom einfachen<br />
Arbeiter bis zum Professor, vom Halunken bis zum Pfarrer<br />
zu tun. Bei jedem hieß es: „Der Kunde ist König!“ Unser<br />
Laden war also die beste Schule in Sachen Menschenkenntnis,<br />
Sozialarbeit, Unterhaltungsshow und Durchhaltevermögen.<br />
Es sind die Jahre, die mich geprägt haben, in denen ich<br />
Wurzeln geschlagen habe und in denen mir auch Flügel gewachsen<br />
sind. Und nebenbei erwähnt ist es die Zeit, in der<br />
meine Geschmacksnerven geprägt wurden. Denn noch immer<br />
ist für mich eine Rote Woscht der Geschmack der Heimat.<br />
Meinen 21. Geburtstag habe ich, ein paar Wochen nach meinem<br />
Wegzug, in München gefeiert. Und obwohl zwischendurch<br />
echt viel passiert ist, war es doch auch wie ein<br />
„Schwuppdiwupp“ und schon stand die Feier meines 42.
Amöneburg ragt bei Sonnenaufgang aus dem Nebel heraus.<br />
„Ich weiß es aus eigener Erfahrung, es ist<br />
nicht einfach, seine Wurzeln aus dem heimatlichen<br />
Boden zu ziehen. Denn Wurzeln<br />
wachsen langsam und sind hart und zart<br />
undweitläufigverästelt.“<br />
Geburtstages an. Die zweite Hälfte meines bisherigen Lebens<br />
hatte ich also nicht im hessischen <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<br />
<strong>Biedenkopf</strong>, sondern in Bayern verbracht. Und ich habe mir<br />
die Frage gestellt, was und vor allem wo ist denn meine Heimat?<br />
Stand ich an einem Wendepunkt? Auf jeden Fall höchste<br />
Zeit, mich intensiv mit meinem Heimatgefühl zu beschäftigen.<br />
Dazu habe ich alle möglichen schlauen Sprüche von<br />
schlauen Menschen gesammelt, wie den von Christian Morgenstern:<br />
„Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz<br />
hat, sondern wo man verstanden wird.“, oder von Dostojewski:<br />
„Ohne Heimat sein heißt leiden.“ Ein Spruch kam<br />
von jemandem, dessen Namen ich nicht mehr weiß: „Heimat<br />
ist der Ort, wo sie einen reinlassen müssen, wenn man wiederkommt.“<br />
Alle drei Formulierungen beschreiben sehr gut,<br />
wie ich den Begriff Heimat erlebe und empfinde.<br />
In den letzten Jahren habe ich unter anderem Filme für die<br />
Sternsinger gedreht, also für die Kinder, die in der Weihnachtszeit<br />
als Kaspar, Melchior und Balthasar von Tür zu<br />
Tür gehen und Geld für arme Kinder in der Welt sammeln.<br />
Meine Filmreisen haben mich zu den armen Kindern in der<br />
Welt geführt, und ich durfte intensiv erleben, was für sie<br />
Heimat und Zuhause bedeutet. Vor allem aber haben mir<br />
diese Reisen die Möglichkeit gegeben, meine eigene Herkunft<br />
und Kindheit zu vergleichen.<br />
In einem Flüchtlingslager in Malawi saß ich mit sechs hungrigen<br />
Geschwistern auf dem festgestampften Boden in ihrer<br />
Hütte. Ihr eigentliches Zuhause im Nachbarland Kongo war<br />
von Rebellen verbrannt und ihr Vater getötet worden. Die
112 · 113<br />
Mutter war hoffnungslos verzweifelt, denn es gab keine Aussicht<br />
auf eine Rückkehr nach Hause. Außerdem hatten die<br />
Vereinten Nationen gerade die Lebensmittel-Zuteilungen<br />
halbiert und die Familie litt großen Hunger. Eine andere<br />
Reise hat mich auf die Philippinen geführt. In einem Elendsviertel<br />
der Hauptstadt Manila haben mir Kinder ihr Zuhause<br />
präsentiert. Ein aus Karton, Paletten und Plastiktüten gezimmerter<br />
Verschlag mit einem leeren Betonsack-Vorhang<br />
als Eingangstür. Von diesen Verschlägen gab es Hunderte,<br />
die in einem engen Labyrinth dicht aneinander standen. Das<br />
krasse und traurige war, dass nicht nur die Hütten aus Müll<br />
bestanden, das <strong>ganz</strong>e Dorf stand auf einer Müllkippe. Kinder<br />
und Eltern waren Müllsammler. Ich habe dort eine sehr<br />
hübsche 30-jährige Müllsammlerin kennengelernt. Sie hatte<br />
nur noch zwei Zähne, dennoch war sie hübsch. Während<br />
wir uns unterhielten, wusch eines ihrer Kinder, ein sechsjähriger<br />
Junge, auf einem Waschbrett gebrauchte Pampers für<br />
das Baby aus. In Südamerika in Bolivien habe ich einen Film<br />
darüber gedreht, weshalb viele junge Menschen ihre Heimat<br />
in den ländlichen Gebieten der Anden verlassen. Dort lebt<br />
Die Wehrkirche in Angelburg-Lixfeld<br />
man wie vor Hunderten von Jahren. Die Menschen hüten<br />
Schafe und Lamas und holen das Wasser vom Brunnen. Es<br />
gibt so gut wie keine Elektrizität. Die moderne Welt ist weit<br />
weg. In der Sehnsucht nach Verbesserung ihrer Lebensumstände<br />
verlassen viele junge Menschen das Land. Weil ihnen<br />
ihre Herkunft vom Land peinlich ist, legen fast alle Neuankömmlinge<br />
in der Stadt ihre traditionellen Kleider und<br />
Ponchos ab und ziehen sich Joggin<strong>ganz</strong>üge von Adidas oder<br />
Nike an und versuchen, ihr Glück zu machen. Doch ahnungslos,<br />
wie man in der großen Stadt leben soll, erkennen<br />
sie, dass es nicht nur damit getan ist, andere Kleider zu tragen.<br />
Hilflos fliehen sie mit Alkohol und Klebstoffschnüffeln<br />
aus ihrer traurigen Situation und fallen wie ein Baum ohne<br />
Wurzeln um.<br />
Diese Reisen haben mir die Augen zum Thema Heimat geöffnet.<br />
Denn Heimat ist ein Bekenntnis und damit etwas<br />
Ehrliches und Authentisches. Wer weiß, wo er herkommt,<br />
weiß auch, wer er ist. Egal was die Heimat ist oder wo sie<br />
ist, Heimat ist nichts, für das man sich schämen muss. Denn<br />
niemand sucht sich die Verhältnisse aus, in denen er groß<br />
wird. Heimat bedeutet Wurzeln. Und diese Wurzeln zu<br />
kappen ist gefährlich. Der Boden, in dem meine Wurzeln 21<br />
prägende Jahre gesteckt haben, ist der <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<br />
<strong>Biedenkopf</strong>. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, es ist nicht<br />
einfach, seine Wurzeln aus dem heimatlichen Boden zu ziehen.<br />
Denn Wurzeln wachsen langsam und sind hart und zart<br />
und weitläufig verästelt. So richtig glücklich lebe ich als<br />
Exilhesse in Bayern dann, wenn ich mich davon frei mache,<br />
Heimat an einem Ort festzumachen, denn zum Schluss ist sie<br />
auch nur ein Gefühl, und das trage ich in mir.<br />
Mir fällt gerade auf, dass ich, <strong>ganz</strong> unabhängig von diesen<br />
Gedanken, erst vor ein paar Tagen an das Heimat- und Soldatenfest<br />
in Stadtallendorf denken musste. Ich hatte nämlich<br />
hier in Alaska das Glück, die magisch tanzenden Polarlichter<br />
zu bewundern. Es kam mir vor, als würde der liebe Gott die<br />
Welt küssen, als sie den Nachthimmel mit grünen und roten<br />
Farben verzauberten. Mir kam ein Vergleich mit dem Feuerwerk<br />
vom Heimat- und Soldatenfest in den Sinn und ich stellte<br />
mir die Frage, was denn nun schöner sei. Mein Urteil: Als<br />
Kind war das Stadtallendorfer Feuerwerk das Beste, was es<br />
überhaupt gab. Mittlerweile sind es für mich die Polarlichter!<br />
In ein paar Tagen bin ich wieder in Bayern. Wenn ich dann<br />
morgens zum Bäcker gehe und gedankenverloren Brötchen<br />
bestelle, wird mich die Bäckerin auch noch nach 21 Jahren<br />
ermahnen, dass es Semmeln heißt und nicht Brötchen. Na ja,<br />
wie sagte doch Christian Morgenstern: „Nicht da ist man<br />
daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden<br />
wird!“
Raiffeisenbank eG<br />
IN DER REGION<br />
FÜR DIE REGION<br />
Seit über 125 Jahren ist die heutige Raiffeisenbank eG<br />
im Süden des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> fester<br />
Bestandteil der Region und den Menschen eng verbunden.<br />
Ihr Grundstein wurde am 27. Januar 1891 in<br />
Dreihausen gelegt. Basierend auf den Werten der Selbsthilfe,<br />
Selbstverantwortung und Selbstverwaltung von Hermann<br />
Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen entstand<br />
der Dreihäuser Darlehenskassenverein. Es folgte eine wahre<br />
Gründungswelle, die in den Jahren 1966 bis 1977 in mehrere<br />
Zusammenschlüsse mündete, so dass aus anfänglich neun Darlehenskassenvereinen<br />
gerade noch zwei übrigblieben: die damalige<br />
Raiffeisenbank Ebsdorfergrund eG und die Raiffeisenbank<br />
Niederwalgern-Fronhausen eG. 1997 fusionierten auch diese<br />
beiden benachbarten Genossenschaften, wodurch die Raiffeisenbank<br />
eG entstand. Sie ist heute die einzige noch selbstständige<br />
Genossenschaftsbank im Altkreis <strong>Marburg</strong>. Mit vier Geschäftsstellen,<br />
zwei zusätzlichen SB-Standorten und einem<br />
Dienstleistungsgebäude für spezialisierte Beratung ist sie in der<br />
Region präsent und betreut über 11.000 Kunden – darunter<br />
mehr als 4.300 Mitglieder. Die Bilanzsumme im Jahr 2015 belief<br />
sich auf über 219 Millionen Euro.<br />
Die Raiffeisenbank eG versteht sich als Förderer der Region.<br />
Sie ist Arbeitgeber, Steuerzahler und unterstützt kulturelle, soziale<br />
und gemeinnützige Vereine und Einrichtungen durch<br />
Spenden und Sponsoring. Des Weiteren engagiert sie sich im<br />
Bereich der erneuerbaren Energien; die Gründung der Bürgersolar<br />
Ebsdorfergrund eG wurde durch sie initiiert und gemeinsam<br />
mit der Gemeinde Ebsdorfergrund realisiert. Weitere<br />
Gründungen von Genossenschaften im Geschäftsgebiet werden<br />
von der Bank nicht nur in der Gründungsphase unterstützt.<br />
Bei der Kundenberatung setzt die Raiffeisenbank eG auf die<br />
<strong>ganz</strong>heitliche, genossenschaftliche Beratung. Der Kunde steht<br />
mit seinen Wünschen und Zielen im Mittelpunkt der täglichen<br />
Arbeit. Für den Einsatz von Fördermitteln im Kundenkreditgeschäft<br />
wurde die Bank bereits mehrfach durch die DZ BANK<br />
mit dem Fördermittelpreis ausgezeichnet – ein Beleg für das<br />
kundenorientierte Handeln der Raiffeisenbank eG. Eben ein<br />
echtes Unternehmen in der Region für die Region.<br />
Kontakt<br />
Raiffeisenbank eG<br />
Dreihäuser Straße 17<br />
35085 Ebsdorfergrund<br />
www.rb-ebsdorfergrund.de
Eine Marke mit vielen<br />
Stärken – so lautet das<br />
Motto von Roth Industries,<br />
dem global operierenden<br />
mittelständischen Familienunternehmen<br />
mit den<br />
Bereichen Gebäude- und<br />
Industrie technik.<br />
114 2 · 115 3<br />
Roth Industries GmbH & Co. KG<br />
WELTMARKTFÜHRER<br />
MIT VIELEN STÄRKEN<br />
Der Name Roth ist nicht nur in der Region rund<br />
um die Firmenzentrale in Dautphetal-Buchenau<br />
Inbegriff für innovative Lösungen in den Bereichen<br />
Gebäude- und Industrietechnik, denn das<br />
Familienunternehmen ist mit rund 1.200 Mitarbeitern weltweit<br />
aktiv. Die Gebäudetechnik umfasst die Sparten Energie-,<br />
Sanitär- und Umweltsysteme, die Industrietechnik<br />
Composite-, Kunststoff- und Hydrauliktechnologien. Die<br />
Kompetenzfelder des Unternehmens sind Energie, Wasser<br />
und Kunststoff. Der Mittelständler bedient die Branchen Sanitär,<br />
Heizung und Klima sowie Automobil, Luft- und Weltraumfahrt,<br />
Erneuerbare Energien, Hydraulik, Medizin, Transport<br />
und Verkehr sowie den Haushaltssektor. Roth Industries<br />
gehört mit Energiespeichersystemen, Flächen-Heiz- und Kühlsystemen<br />
sowie Composite-Technologien zu den Weltmarktführern.<br />
Die Kunden profi tieren von spartenübergreifendem<br />
Expertenwissen und gereifter praktischer Erfahrung.<br />
Die Geschichte von Roth beginnt 1947, als Heinrich Roth<br />
das Unternehmen als Handwerksbetrieb für Betonerzeugnisse<br />
gründet. Der Aufstieg zu einer global operierenden Unternehmensgruppe<br />
begann 1961 unter der Führung von<br />
Manfred Roth. In den folgenden Dekaden wurde die<br />
Produktdiversifi zierung vorangetrieben. Roth gründete im<br />
In- und Ausland neue Standorte und gliederte weitere Unternehmen<br />
in die Gruppe ein. Bereits ab den 1970er-Jahren<br />
entstanden Niederlassungen in <strong>ganz</strong> Europa. Ab den 1990er-<br />
Jahren folgte die Expansion in die anderen Weltregionen.<br />
Heute besteht Roth Industries aus 25 Produktions- und Vertriebsunternehmen<br />
mit einem Gesamtumsatz von rund 250<br />
Millionen Euro. Seit 2004 sind auch die Kinder von<br />
Manfred Roth Gesellschafter. Als Mitglieder im obersten<br />
Leitungsgremium von Roth Industries, dem Executive<br />
Board, nehmen sie wichtige Führungsaufgaben wahr.
Umweltschutz ist integraler Bestandteil der Roth<br />
Unternehmensgrundsätze. Produktionen und Produkte<br />
des Unternehmens sind energie- und ressourcenschonend.<br />
Damit wird ein erheblicher Beitrag<br />
zur CO 2<br />
-Einsparung geleistet.<br />
Roth arbeitet eng mit Schulen, Hochschulen und<br />
Universitäten der Region zusammen. Das Unternehmen<br />
fördert die Aus- und Weiterbildung. Die Ausbildungsquote<br />
beträgt rund zehn Prozent und liegt<br />
damit weit über dem Durchschnitt. Das Unternehmen<br />
engagiert sich ebenfalls im Sozialen sowie in<br />
Kunst und Kultur. So fi nden zum Beispiel die jährlichen<br />
Eröffnungskonzerte der überregionalen<br />
Eckelshausener Musiktage im lichtdurchfl uteten<br />
Roth Atrium statt.<br />
Roth Industries ist mit seinen Energiespeichersystemen,<br />
Flächen-Heiz- und Kühlsystemen<br />
sowie Composite-Technologien<br />
Weltmarktführer.<br />
Kontakt Roth Industries GmbH & Co. KG<br />
Am Seerain<br />
35232 Dautphetal<br />
www.roth-industries.de<br />
Executive Board mit Manfred Roth, Dr. Anne-Kathrin Roth, Matthias Donges, Christin Roth-Jäger, Claus-Hinrich Roth und Alfred Kajewski (v. l. n. r.)
116 2 · 117 3<br />
Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
VERLÄSSLICHER PARTNER –<br />
GUT FÜR DIE REGION<br />
Sparkasse – Gut für die Region: Dieser Slogan ist<br />
keine leere Worthülse. Denn die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />
<strong>Biedenkopf</strong> ist fest in der Region verwurzelt und eng<br />
verbunden mit den Menschen in ihrem Geschäftsgebiet.<br />
Die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> versteht sich als<br />
moderner Finanzdienstleister mit Tradition, der alle Geschäfte<br />
rund ums Geld professionell und verlässlich abwickelt.<br />
Dabei zeichnet vor allem die <strong>ganz</strong>heitliche, <strong>persönlich</strong>e<br />
Betreuung die Beziehung der Sparkasse zu ihren Kunden<br />
aus. Denn sie sieht sich als Partner in allen Lebenssituationen.<br />
Nicht von ungefähr ist das Kreditinstitut mit mehr als<br />
430.000 Konten das größte Geldhaus im Geschäftsgebiet<br />
und dank einer fl ächendeckenden Verbreitung immer nah<br />
am Kunden.<br />
Auch für den Mittelstand ist die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
ein verlässlicher Partner: Die Berater kennen die Region<br />
hervorragend und treffen direkt Entscheidungen vor Ort.<br />
Und mit marktgerechten Konditionen und qualifi zierter<br />
Beratung ist die Sparkasse auch im Finanzierungsgeschäft<br />
für ihre Kunden da. Beim Immobiliengeschäft gehen Vermittlung<br />
und Finanzierung dank eigener Immobiliencenter<br />
Hand in Hand. Wer bauen möchte, kann ebenfalls von der<br />
Expertise der Berater profi tieren – kombiniert mit einem<br />
marktgerechten Zinsniveau. Auch für Modernisierung oder<br />
energetische Sanierung ist die Sparkasse der richtige Partner.<br />
Und mit einem hauseigenen Existenzgründungsprogramm<br />
profi tieren auch Start-ups von der Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />
<strong>Biedenkopf</strong>.<br />
Auf die veränderten Kundenbedürfnisse reagiert die Sparkasse<br />
mit einem Multikanal-Angebot, das keine Wünsche<br />
offen lässt: Neben den etablierten Kommunikationswegen<br />
<strong>persönlich</strong>er Kontakt, Telefon, Fax und E-Mail bietet die<br />
Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> als Kommunikationskanäle<br />
auch Präsenzen in den sozialen Netzwerken Facebook und
Xing an. Diese ermöglichen einen schnellen und unkomplizierten<br />
Kontakt, wie er mittlerweile – nicht nur von der Generation<br />
der „Digital Natives“ – geschätzt und gerne genutzt<br />
wird. Denn die Sparkasse ist da, wo sich auch ihre Kunden<br />
aufhalten – in der realen Welt ebenso wie in der virtuellen.<br />
Auf die Bedürfnisse nach Geschwindigkeit und Mobilität<br />
sind auch die Sparkassen-Apps zugeschnitten: Neben dem<br />
<strong>persönlich</strong>en Service in der Filiale können die Kunden<br />
fl exibel und unabhängig von Öffnungszeiten mit ihnen ihre<br />
Bankgeschäfte erledigen – dank „pushTan“ trotz Mobilität<br />
auf einem hohen Sicherheitsniveau. Und zwar ausgezeichnet,<br />
wie die Stiftung Warentest belegt, die die Banking-Apps der<br />
Sparkasse auf dem ersten Platz sieht.<br />
Ihren öffentlichen Auftrag nimmt die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />
<strong>Biedenkopf</strong> auch über das Geldgeschäft hinaus sehr ernst.<br />
Jedes Jahr unterstützt sie viele Vereine, Institutionen und<br />
Veranstaltungen in ihrem Geschäftsgebiet mit einer insgesamt<br />
siebenstelligen Summe. Einerseits fl ießt das Geld in<br />
Sponsoring, ohne das viele Veranstaltungen nicht möglich<br />
wären, andererseits werden mittels Spenden gemeinnützige<br />
Zwecke gefördert. Zudem profi tiert die Region auch durch<br />
die jährliche Ausschüttung an die Träger der Sparkasse, die<br />
Stadt <strong>Marburg</strong> und den <strong>Landkreis</strong> <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
sowie die Steuerzahlungen ans Finanzamt.<br />
Selbstverständlich kommt die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Arbeitgeber<br />
und Ausbilder nach. Sie zählt zu den großen Arbeitgebern<br />
in der Region. Zudem starten jährlich rund 20 Auszubildende<br />
ihre berufl iche Karriere bei dem heimischen Kreditinstitut.<br />
In künftigen Ausbildungsjahrgängen erhalten Potenzialträger<br />
bereits zu Beginn der Ausbildung eine Studienplatzgarantie.<br />
Damit trägt die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
dazu bei, hoch qualifi zierten Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmern eine Perspektive in der Heimat zu ermöglichen.<br />
Darüber hinaus fördert die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<br />
<strong>Biedenkopf</strong> besonders die Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf – etwa mit fl exiblen Teilzeitmodellen oder einem Zuschuss<br />
zu den Betreuungskosten für Mütter, die frühzeitig an<br />
den Arbeitsplatz zurückkehren.<br />
Kontakt<br />
Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong><br />
Universitätsstraße 10<br />
35037 <strong>Marburg</strong><br />
www.skmb.de<br />
Modern und attraktiv: Die Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> hält über die sozialen<br />
Medien den Kontakt zur digitalen Jugend. Nicht umsonst ist die Ausbildung im<br />
Geldinstitut sehr gefragt.<br />
1.500 Gäste beim jährlichen Gesprächsforum der<br />
Sparkasse. Referenten der vergangenen Jahre waren Ranga<br />
Yogeshwar, Gregor Gysi und Katja Kraus.
LYDIA<br />
WILLERSHAUSEN<br />
Das alles änderte sich 1939 mit Beginn des Zweiten Weltkriegs.<br />
Meine kleine Seele konnte diesen Krieg nicht realisieren.<br />
Erst als die ersten Bomben fielen, die Tiefflieger den Zug<br />
am Dammer Bahnhof angriffen und viele Tote und Verletzte<br />
zu betrauern waren, verstand ich, was Krieg bedeutet. Wir<br />
saßen nachts bei Fliegeralarm mit gepackten Ranzen in unseren<br />
Kellern. Vater war inzwischen zum Kriegsdienst einge-<br />
geb. 1931 in Rollshausen, verheiratet, fünf Kinder |<br />
1946 bis 1949 Kindergartenhelferin in Lohra | 1946<br />
bis 1949 Ausbildung zur Krankenschwester in Kassel,<br />
anschließend Ausbildung zur Hebamme in Göttingen |<br />
1953bis2003freiberuflicheHebammeinLohra|seit<br />
1954 Mitglied im Hebammenverband | 1980 bis 1989<br />
Leiterin des Kreishebammenverbands | 1989 bis 1994<br />
Landesvorsitzende des hessischen Hebammenverbands<br />
| 1992 Gründungsmitglied des <strong>Marburg</strong>er<br />
Geburtshauses | 1972 bis 2001 Kirchenvorstand |<br />
1977 bis 1985 Gemeindevertreterin, ab 1983 als<br />
Vorsitzende | 1985 bis 1993 und 1997 bis 2002 Erste<br />
Beigeordnete | 1993 bis 2005 Frauenbeauftragte |<br />
Auszeichnungen: Landesehrenbrief, Bundesverdienstkreuz<br />
am Bande, Ehrenplakette der Gemeinde Lohra,<br />
Ehrenbeigeordnete<br />
118 · 119<br />
Lydia Willershausen<br />
MEIN HERZ SCHLÄGT FÜR<br />
KINDER UND LOHRA<br />
Den größten Teil meines Lebens verbrachte ich in<br />
Lohra. Mit meinen beiden Brüdern verlebte ich<br />
eine unbeschwerte Kindheit: Meine Mutter war<br />
Zigarrenrollerin, mein Vater arbeitete als Maurer.<br />
Wir wohnten zur Miete in einem Bauernhof bei einem<br />
kinderlosen Ehepaar – und die Freiheit war für uns Kinder<br />
grenzenlos. Ich lernte ebenso, mit Tieren umzugehen, wie<br />
auch alle Arbeiten, die auf einem Hof anfallen: vom Säen bis<br />
zum Einbringen der Ernte, das Be- und Entladen eines Heuwagens<br />
oder den Dreschtag im Herbst. Das alles ließ unsere<br />
kleinen Kinderherzen höher schlagen.<br />
zogen worden. In einigen Haushalten gab es große Hungersnot.<br />
Und der Druck durch die Nationalsozialisten wurde<br />
stärker.<br />
Ein schreckliches Ereignis für mich war, als ich mit ansehen<br />
musste, wie ein Naziführer auf einen 18-jährigen, polnischen<br />
Gefangen einschlug – mein Herz wollte schier zerspringen.<br />
Und auch die Flucht der Juden aus unserem Dorf<br />
in der Reichskristallnacht ist für mich bis heute unvergesslich.<br />
Denn Menschen, die flüchten müssen, um ihr Leben vor<br />
Tyrannen zu retten – das ist menschenunwürdig.<br />
Das Kriegsende 1945 brachte meine Mutter und mich in<br />
große Not: Meine beiden Brüder, sechs und acht Jahre alt,<br />
spielten mit einer gefundenen Handgranate und verletzten<br />
sich lebensgefährlich. Den älteren Bruder brachte ich, gerade<br />
einmal 14 Jahre alt, zur Dorfschwester, wo er ohnmächtig<br />
zusammenbrach. Mein jüngerer Bruder wurde von einem<br />
Arzt auf dem Wohnzimmertisch notdürftig versorgt. Ge-
meinsam mit meiner Mutter wachten wir im Wechsel Tag<br />
und Nacht über die beiden – so wurde mein Verantwortungsbewusstsein<br />
für Menschen gestärkt.<br />
Ein Jahr später, nach meiner Konfirmation, arbeitete ich als<br />
Helferin im Kindergarten. Und später entschied ich mich zu<br />
einer Ausbildung als Krankenschwester in Kassel, die ich<br />
1949 abschloss. Zwischenzeitlich hatte die Gemeindehebamme<br />
von Lohra meine Eltern kontaktiert: Nach 40 Jahren<br />
wolle sie in den Ruhestand gehen – und ich könne doch ihre<br />
Nachfolge antreten. Was ein Glücksfall! Ich absolvierte die<br />
Hebammenausbildung in Göttingen und hatte meine Berufung<br />
gefunden.<br />
Am 15. September 1953 begleitete ich voller Zuversicht und<br />
Freude meine erste Hausgeburt in Lohra. Und bis zum Ende<br />
meiner 50-jährigen Tätigkeit sollten noch 2.500 weitere folgen<br />
– im gesamten <strong>Landkreis</strong>, mit dem ich mich so verbunden<br />
fühle. In dieser Zeit habe ich werdende Mütter aus allen<br />
sozialen Schichten kennengelernt. Ihnen allen durfte ich<br />
mein Wissen, meine Hände, meine Liebe, meine Ruhe und<br />
meine Verbundenheit anbieten und geben.<br />
50 Jahre Hebammen-Dienst bedeuteten aber auch 50 Jahre<br />
Rufbereitschaft – Tag und Nacht. Mit einem Sachs-Motorrad<br />
fuhr ich durch die Region, den Hebammen-Koffer hinten<br />
aufgeschnallt – bei Sonnenschein und Regen, bei eisiger<br />
Kälte und Schnee. Selbst auf meiner Hochzeit habe ich<br />
abends noch das Brautkleid gegen meine Hebammenkluft<br />
getauscht, um einem nach Leben strebenden Jungen auf die<br />
Welt zu helfen. Zwar hatte ich eine Vertretung organisiert,<br />
die auch auf meiner Hochzeitsfeier war. Doch auch sie musste<br />
das Fest verlassen, denn sie hatte zeitgleich in derselben<br />
Straße, nur wenige Häuser weiter, einen Einsatz.<br />
Zeit Frauenbeauftragte. Besonders stolz bin ich auf die<br />
Gründung des Seniorenrats im Jahr 2000. Und auch der<br />
Arbeitskreis für Menschenrechte und Menschenwürde, in<br />
dem ich als Gründungsmitglied auch heute noch tätig bin, ist<br />
mir ein besonderes Anliegen. Mit viel Gegenwind aus der<br />
Bevölkerung haben wir unsere Arbeit begonnen – heute ist<br />
der Arbeitskreis unter der Führung meiner Schwägerin Elfriede<br />
Köhler auch vor dem Hintergrund der Integration von<br />
Flüchtlingen nicht mehr wegzudenken.<br />
Inzwischen bin ich fast 85 Jahre alt, doch ich engagiere mich<br />
weiter. Mein Herz schlägt für Lohra und ich bleibe meinem<br />
<strong>Marburg</strong>er Land treu.<br />
„Auch das politische und kirchliche Geschehen meiner<br />
Heimatgemeinde Lohra bewegten mich sehr, ich engagierte<br />
mich im Kirchenvorstand ebenso wie als Gemeindevertreterin<br />
oder als Mitglied im Ortsbeirat.“<br />
Der Künster und Otto-Ubbelohde-Preisträger Wolfgang Korn hat die Kirche in<br />
Lohra-Seelbach malerisch festgehalten.<br />
Auch an einem meiner Geburtstage wurde ich zu einem Notfall<br />
gerufen. Die Straßen waren tief verschneit und ich musste<br />
nach Kirchvers. Also kamen die Gäste mit und schaufelten<br />
unterwegs den Weg frei. Mein Familienleben wurde stark<br />
gefordert, wenn sich eine Geburt über Stunden hinzog, wenn<br />
meine Kinder sagten: „Mama, du warst mal wieder nicht<br />
da.“ Das funktionierte nur Dank meines Mannes, der in all<br />
den Jahren an meiner Seite stand und Dank meiner Eltern:<br />
Meine Mutter war Ansprechpartnerin für meine Kinder und<br />
mein Vater koordinierte die Rufbereitschaft und beruhigte<br />
die aufgeregten Väter. Nach 50 Jahren habe ich meine Arbeit<br />
als Hebamme aufgegeben und konnte sie in die Hände meiner<br />
Schwiegertochter Angela Willershausen übergeben.<br />
Auch das politische und kirchliche Geschehen meiner<br />
Heimatgemeinde Lohra bewegten mich sehr, ich engagierte<br />
mich im Kirchenvorstand ebenso wie als Gemeindevertreterin<br />
oder als Mitglied im Ortsbeirat. Zudem war ich lange
ÜBERSICHT DER PR-BILDBEITRÄGE<br />
Wir danken den folgenden Unternehmen und Einrichtungen, die mit ihren Beiträgen das<br />
Zustandekommen dieses Buches ermöglicht haben.<br />
120 · MF<br />
BECKER GmbH CAD·CAM·CAST 26 - 27<br />
www.beckerccc.com<br />
Begro R. Krug GmbH 28 - 29<br />
www.begro-mode.de<br />
Buderus Guss GmbH 40 - 41<br />
www.buderus-guss.de<br />
Deutsche Vermögensberatung AG 42 - 43<br />
www.dvag.com<br />
Das Deutsche Rote Kreuz in Mittelhessen 60 - 61<br />
www.drk-mittelhessen.de; www.rdmh.de<br />
ELKAS GmbH & Co. KG 62 - 63<br />
www.elkas.de<br />
FAUDI GmbH 21<br />
www.faudi.de<br />
Hausengel<br />
Betreuungsdienstleistungen GmbH 76 - 77<br />
www.hausengel.de<br />
Henkel Modellbau GmbH 47<br />
www.henkelmodellbau.de<br />
HolzLand Jung GmbH & Co. KG 55<br />
www.holzlandjung.de<br />
Huppert Engineering GmbH & Co. KG -<br />
PMD GmbH & Co. KG 88 - 89<br />
www.huppeng.com; www.pm-d.de<br />
K+G Wetter GmbH 90 - 91<br />
www.kgwetter.de<br />
KRUG Gruppe 100 - 101<br />
www.krug-breidenbach.de<br />
Meier III GmbH 69<br />
www.meier3.de<br />
NOLTA GmbH 81<br />
www.nolta.de<br />
Werner Preis GmbH 107<br />
www.preis-fenster.de<br />
Raiffeisenbank eG 113<br />
www.rb-ebsdorfergrund.de<br />
Rheumazentrum Mittelhessen<br />
GmbH & Co. KG 102 - 103<br />
www.rzmh.de<br />
Roth Industries GmbH & Co. KG 114 - 115<br />
www.roth-industries.de<br />
SCHNEIDER CAD-KONSTRUKTIONEN GMBH 99<br />
www.sck.de<br />
Sparkasse <strong>Marburg</strong>-<strong>Biedenkopf</strong> 116 - 117<br />
www.skmb.de<br />
Franz Wilmes<br />
Möbelvertriebsgesellschaft mbH 35<br />
www.moebelfabrik-wohra.com<br />
Fritz Winter Eisengießerei<br />
GmbH & Co. KG 74 - 75<br />
www.fritzwinter.de