Ausbildung des Redners Die passende Form der Rede / Der Vortrag ...
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hätte entwe<strong>der</strong> schon damals 8 , als er sich seiner fast eines Sokrates würdigen<br />
<strong>Form</strong> <strong>der</strong> Verteidigung bediente, o<strong>der</strong> dann, als er, obwohl ihn P. Sulla<br />
zurückberief, lieber in <strong>der</strong> Verbannung bleiben wollte, nicht gewußt, was ihm am<br />
meisten zuträglich sein würde. <strong>Die</strong>se Männer in<strong>des</strong>sen haben die kleinen<br />
Vorteile, in denen gerade die niedrigsten Kreaturen den Nutzen sehen, wenn sie<br />
sie mit <strong>der</strong> Mannestugend vergleichen, als verachtenswert erkannt und finden<br />
<strong>des</strong>halb ewig in <strong>der</strong> Bewun<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te ihren Preis. So wollen auch<br />
wir nicht so niedrig denken, das, was wir doch loben, für unnütz zu halten.<br />
jedoch wird sich ein solcher Zwiespalt irgendwelcher Art nur recht.selten<br />
ergeben. Im übrigen aber wird gewöhnlich das Gleiche, wie schon gesagt, in je<strong>der</strong><br />
Art von Fällen ebensowohl nützen wie auch geziemen; es besteht aber das, was<br />
sich für alle immer und überall ziemt, darin, zu tun und zu reden, was uns Ehre<br />
macht, und umgekehrt für keinen je irgendwo etwas, was ihm Schande macht.<br />
<strong>Die</strong> geringeren Dinge aber und solche, die eine Mittelstellung (zwischen Ehre und<br />
Schande) einnehmen, sind größtenteils <strong>der</strong> Art, daß man sie den einen zubilligen<br />
kann, an<strong>der</strong>en aber nicht, o<strong>der</strong> daß sie je nach Person, Zeit, Ort und Anlaß als<br />
mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> entschuldbar o<strong>der</strong> tadelnswert gelten müssen. 9 Da wir aber<br />
beim <strong>Rede</strong>n Dinge behandeln, die entwe<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e betreffen o<strong>der</strong> uns selbst, soll<br />
ihre Betrachtung dieser Einteilung folgen, wenn wir uns nur bewußt sind, daß das<br />
meiste sich für keine <strong>der</strong> beiden Gruppen schickt.<br />
Vor allem also ist alles Großtun mit <strong>der</strong> eigenen Person ein Fehler, zumal jedoch<br />
beim Redner das Prahlen mit seiner Beredsamkeit, und es bereitet den Zuhörern<br />
nicht nur Wi<strong>der</strong>willen, son<strong>der</strong>n meistens sogar ein Gefühl <strong>des</strong> Hasses. Es besitzt<br />
nämlich unser Geist von Natur ein Gefühl für Hohes, Aufrechtes und etwas, das<br />
sich gegen den Überlegenen sträubt; und <strong>des</strong>halb erheben wir die Niedrigen und<br />
sich Unterwerfenden gern, weil wir uns, wenn wir dies tun, gleichsam größer<br />
8 als er (92 v. Chr.), im Bewußtsein seiner stoisch- rechtschaffenen Amtsführung in <strong>der</strong> Provinz<br />
Asia, vor dem Untersuchungsausschuß seine Entlastung so unrhetorisch betrieb, daß er trotz<br />
seiner Unschuld auf Betreiben <strong>der</strong> von ihm bedrohten Finanzkreise verurteilt wurde; vgl. de orat.<br />
1, 53, 227. 229f.<br />
9 Auch wenn wir ein philosophisches System bei Quintilian nicht erwarten dürfen, erweist es sich<br />
hier wie oft bei ihm, wie stark seit Panaitios und Ciceros Schrift >Über das richtige Handeln< (de<br />
officiis) stoische Gedanken allgemeinrömisches Bildungsgut geworden sind<br />
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