15.12.2017 Aufrufe

Landshuter Mama Ausgabe 10

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kolumne<br />

halbe Jahr überlebt, als unser Kind voll<br />

gestillt wurde und ich alle zwei Stunden<br />

aufgeweckt wurde und zweitens:<br />

Sollte ich mein Handy bei der<br />

nächsten Reise nicht doch lieber<br />

ganz zu Hause lassen?<br />

Gitterstäbe seines Käfigs beuge ich<br />

mich, ihn seinem Gefängnis zu entreißen.<br />

Wie Sisyphos, bin ich verdammt<br />

jede Nacht diesen Kampf auszutragen,<br />

welchen ich nicht gewinnen kann…er<br />

ist der Nachtkönig. Er wird es immer<br />

bleiben … er …“<br />

Josepha Sophia und Markus<br />

Wagner: Frisch verheiratet und voller<br />

Zukunftspläne. Ihr Beziehungsstart<br />

war eher spontan. Mit dem positiven<br />

Schwangerschaftstest in den Händen<br />

beschlossen sie ein Paar und eine<br />

Familie zu werden. Über ihren Alltag<br />

und ihre Erlebnisse berichten sie bei<br />

uns …<br />

Er und Er allein zu Haus<br />

Jetzt ist es also soweit. Unser kleiner<br />

Junge ist ein Jahr alt. WOW. Unglaublich.<br />

Er geht und brabbelt und ist schon<br />

eine komplette kleine Persönlichkeit.<br />

Und nun ist es also wirklich soweit.<br />

<strong>Mama</strong> verlässt die Herde.<br />

Das Muttertier zieht<br />

alleine los. Für eine Woche.<br />

Eine ganze Woche.<br />

Ich selbst habe überhaupt keine Bedenken,<br />

dass Papa-Tier und Baby-Tier<br />

nicht klar kommen würden. Die schaffen<br />

das bestimmt ganz hervorragend.<br />

Schließlich ist Markus ein Papa, der<br />

sehr viel Zeit mit seinem Kind verbringt.<br />

Seine Freiberuflichkeit ermöglicht ihm<br />

eine große Freiheit und dem Xaver<br />

ermöglicht es, dass er seinen Papa<br />

nicht nur abends nach der Arbeit sieht,<br />

sondern mit ihm aufsteht und den Tag<br />

verbringt. Sein Papa ihm Frühstück<br />

macht, spazieren geht, Mittagsschlaf,<br />

baden, wickeln, Heulattacken überlebt.<br />

Der ganz normale Alltag eben.<br />

Das ist nichts Neues für die<br />

Beiden. Also alles easy … oder? …<br />

Jetzt ist es soweit. Ich bin dann mal<br />

weg. Eine Woche nicht erreichbar.<br />

Nicht verfügbar. Doch schon nach der<br />

ersten Nacht wird klar, dass das, was<br />

Frauen den ganzen Tag mit den Kidies<br />

so leisten, eine wirkliche Leistung ist.<br />

Ein Verdienst, der meiner Meinung<br />

nach gerne gut bezahlt werden könnte.<br />

Während ich den Schilderungen meines<br />

Mannes am Telefon so zuhöre –<br />

sein Wehklagen über die Nächte, in<br />

denen er kaum schläft, in denen er den<br />

Kleinen nicht mehr beruhigen kann, in<br />

denen er kurz vor einem Nervenzusammenbruch<br />

steht, stelle ich mir zwei Fragen.<br />

Erstens: Wie habe ich das erste<br />

Markus erzählt mir was von einem<br />

Nachtkönig. „Was? Der Erlkönig? Das<br />

Gedicht von Goethe?“ „Nein, Josepha,<br />

nein. Es ist der Nachtkönig. ER ist der<br />

Nachtkönig.“ Langsam fange ich an, mir<br />

ernsthaft Sorgen zu machen. Markus<br />

hat seine Arbeit komplett eingestellt. Er<br />

beschreibt mir seine Nächte allein zu<br />

Haus: „Schrill schreiendes Wehklagen<br />

reißt mich aus dem viel zu leichten<br />

Schlaf. Meine Zeit ist gekommen. Das<br />

ist das Zeichen für meinen Aufbruch.<br />

Jede Nacht dieses Spiel. Gezeichnet,<br />

gestraft und verdammt von den Göttern,<br />

muss ich aufbrechen, mich meinem<br />

Schicksal demütig ergebend. Durch das<br />

Dunkel der Nacht streifend, mein Haupt<br />

schwer, ob diesen schweren Kampfes.<br />

Jede Nacht sterbe ich.<br />

Stets auf neue.<br />

Der Nachtkönig erwartet mich schon.<br />

Ohrenbetäubend, nahe dem Wahnsinn,<br />

gellt sein schrill schreiendes Wehklagen<br />

… welch geschundenes Wesen …<br />

in einen Käfig eingesperrt, auf seinen<br />

Knien sitzend … die Nacht lässt seine<br />

Augen wie schwarze Löcher wirken, ich<br />

bin nicht sicher, ob er mich überhaupt<br />

sehen kann. Durch sanfte Worte mache<br />

ich mich bemerkbar, doch sein schneidendes<br />

Klagen übertönt alles. Über die<br />

Was UM HIMMELS WILLEN<br />

treiben die beiden da zu Hause?<br />

Er soll unser Kind doch einfach nur ins<br />

Bett bringen. Das ist alles. Wo ist das<br />

Problem? Ich versuche die Fassung zu<br />

wahren, was mir nicht gelingt. Vor meinem<br />

innerlichen Auge sehe ich schon,<br />

in welchem Zustand die Wohnung sich<br />

befindet, wenn ich nach Hause komme.<br />

Ich darf eine Woche Haushalt nach<br />

arbeiten, meinen durch geknallten Mann<br />

beruhigen und unser schrill schreiendes<br />

Kind wieder selbst ins Bett begleiten. Da<br />

kommt eine dritte Frage in mir hoch, die<br />

ich auch postwendend meinem Mann<br />

an die Stirn knalle:<br />

„WER, verdammt noch mal, reitet<br />

jetzt so spät durch Nacht und<br />

Wind?! Es ist die MUTTER mit<br />

ihrem Kind – sie hält es sicher, sie<br />

hält es warm!“<br />

Und irgendwie fühle ich mich gut dabei.<br />

Ich bin also nicht entbehrlich. Ich<br />

werde gebracht und mache hier, wie<br />

es scheint, einen verdammt guten Job.<br />

Check.<br />

www.ploetzlich-rund.de<br />

44 <strong>Landshuter</strong> <strong>Mama</strong> | FÜHLEN UND DENKEN FÜHLEN UND DENKEN | <strong>Landshuter</strong> <strong>Mama</strong> 45

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!