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BuV - Business und Vermarktung Dez/Jan 2017-2018

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Handel wird zum Tourismusmarketing<br />

- 8 -<br />

Die Outlet-Center <strong>und</strong> ihr<br />

Ruf nach der K<strong>und</strong>schaft<br />

Von Thomas Kießling<br />

Seit Jahren mahnen Experten den Handel, dass das<br />

mit dem Online-Geschäft nicht gut ausgeht – wenigstens<br />

für den Einzelhändler vor Ort nicht. Aha! Andererseits<br />

boomen zum Beispiel Outlet-Center ohne<br />

Ende. Da gibt es doch auch nur die Produkte, die man<br />

auch online kaufen könnte. Wir haben uns in den beiden<br />

größten Outlet-Centern der Region, in Metzingen<br />

<strong>und</strong> in Geislingen, umgeschaut, warum die beiden<br />

Anachronisten dem modernen Konsumverhalten nicht<br />

nur trotzen, sondern entgegenkommen.<br />

Wenn früher ein Besucher<br />

– meist ein Stau-Umfahrer<br />

der A8 – durch Geislingen<br />

fuhr, dann hat er sich<br />

gedacht: ein schönes Städtchen,<br />

aber ein bisschen arg<br />

ruhig vielleicht. „Oh, da<br />

fahren wir ja an der WMF<br />

vorbei, da haben wir doch<br />

auch eine Bratpfanne zuhause,<br />

nicht wahr Schatz?“<br />

fragte dann der Fahrer<br />

seine Beifahrerin. Und<br />

schon waren beide vorbeigebraust<br />

<strong>und</strong> das Geld fuhr<br />

ebenfalls weiter, ohne in<br />

der Stadt unter der Burgruine<br />

Helfenstein ausgegeben<br />

worden zu sein.<br />

Mehr war da nicht. Und<br />

tatsächlich. Als die Heidelberger<br />

Druckmaschinen<br />

AG – die damalige MAG<br />

– Maschinenfabrik Geislingen<br />

– 1991 aus dem Tal<br />

in die luftigen Höhen der<br />

Albhochfläche nach Amstetten<br />

zog, war es mit dem Reichtum der Stadt Geislingen<br />

vorbei. Auch weil fast parallel die WMF (Württembergische<br />

Metallwarenfabrik) zu schwächeln anfing <strong>und</strong><br />

sich asiatischen Nachahmerprodukten immer weniger<br />

entziehen konnte. Und auch, weil sich die WMF um die<br />

Jahrtausendwende dem Online-Handel entzog. Das Credo<br />

damals: „Wir können unseren 250 Einzelhandelsfilialen<br />

doch nicht das Wasser abgraben.“ Dafür taten es<br />

Tchibo <strong>und</strong> Co., denn die sahen das doch glatt anders,<br />

moderner <strong>und</strong> von den Waren her viel günstiger als die<br />

gute alte WMF, die bereits 1853 gegründet wurde <strong>und</strong><br />

aktuell r<strong>und</strong> 5.700 Mitarbeiter hat. Seit den 2000ern gehört<br />

das Unternehmen wechselnden internationalen Kapitalgesellschaften.<br />

Die Gewerbeeinkünfte gingen in Geislingen nun gänzlich<br />

in den Keller. Die traurige Mangelverwaltung hat<br />

seitdem zwei Oberbürgermeister-Karrieren an die Wand<br />

gefahren. Bis vor nicht allzu langer Zeit war der Stadtetat<br />

sogar direkt unter der rigiden Obhut des Regierungspräsidiums,<br />

auf dass ja keinen<br />

roten Heller zu viel auszugeben<br />

werde, was aber<br />

nach Meinung vieler in der<br />

Stadt etwa die Stadtwerke<br />

mit ihrem unheiligen Konstrukt<br />

aus rentabler Gas-<br />

Versorgungsgesellschaft<br />

auf der einen Seite <strong>und</strong> den<br />

verlustreichen Bädern auf<br />

der anderen Seite gerne torpedieren<br />

würden. Kurzum:<br />

Geislingen war mega-pleite<br />

<strong>und</strong> kam nicht mehr vom<br />

Fleck.<br />

Aber in den vergangenen<br />

drei bis fünf Jahren (ganz<br />

offiziell gibt es das schon<br />

seit 2008) fahren ganze Buslandungen<br />

von Besuchern<br />

extra nach Geislingen, um<br />

in der so genannten Fischhalle<br />

ihr WMF-Besteck<br />

sowie Töpfe <strong>und</strong> Pfannen<br />

(bei denen sprechen wir‘s in<br />

Klammern aus, weil davon<br />

auch schon Vielesin Fernost rohgefertigt wird) <strong>und</strong> sich<br />

drumherum im so genannten City Outlet Geislingen<br />

einzudecken, von Gartengeräten der Marken Husquarna<br />

<strong>und</strong> Gardena bis hin zu Gummibärchen <strong>und</strong> Dessous.<br />

Zu den beiden letzteren nennen wir die Markennamen<br />

gerne auf Anfrage. Die Besucher lassen richtig Geld<br />

liegen <strong>und</strong> damit die Stadtspitze wieder einigermaßen<br />

strahlen. Geislingen wird von den Besuchern auch ohne<br />

Stau auf der A8 angesteuert.

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