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Die Liebe höret-verlag

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Zum Aufführungsrecht<br />

• Das Recht zur Aufführung erteilt der<br />

teater<strong>verlag</strong> elgg, CH-3123 Belp<br />

Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />

www.theater<strong>verlag</strong>e.ch / information@theater<strong>verlag</strong>e.ch<br />

Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />

• Der Bezug der nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />

nicht zur Aufführung.<br />

• Es sind darüber hinaus angemessene Tantièmen zu bezahlen.<br />

• Mit dem Verlag ist vor den Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />

abzuschliessen, der festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />

Bedingungen dieses Stück gespielt werden darf.<br />

• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />

tantièmenpflichtig und bedarf einer Bewilligung durch den Verlag.<br />

• Bei eventuellen Gastspielen mit diesem Stück, hat die aufführende<br />

Spielgruppe die Tantième zu bezahlen.<br />

• Das Abschreiben oder Kopieren dieses Spieltextes - auch<br />

auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />

Computerdateien).<br />

• Übertragungen in andere Mundarten oder von der Schriftsprache in<br />

die Mundart sind nur mit der Erlaubnis von Verlag und Verfasser<br />

gestattet.<br />

• <strong>Die</strong>ser Text ist nach dem Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />

geschützt. Widerhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />

Bestimmungen sind strafbar.<br />

• Für Schulen gelten besondere Bestimmungen.<br />

"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />

hinnehmen, ohne zu bedenken, dass es erst in einem Hirn erdacht,<br />

von einer Hand geschrieben werden musste.“<br />

Rudolf Joho


Gerhard Meister<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong><br />

nimmer auf<br />

Tragikomödie<br />

Besetzung 2 Frauen / 2 Männer<br />

Bilder Wohnung<br />

«In der Ehe ist es wichtig, dass man Respekt hat vor den<br />

Leidenschaften seines Partners.»<br />

Ursina hat sich mit einer Kontaktanzeige Konrad - und damit<br />

einen richtigen Zahnarzt - als Ehemann geangelt. Doch das<br />

erhoffte Eheglück bricht nicht aus. Konrad verschwindet nach<br />

der Arbeit in seinem Musikzimmer und lässt Ursina allein vor<br />

dem Fernseher sitzen. Da taucht Thomas auf, Ursinas Ex-<br />

Freund. Das Leben in der kleinen Wohnung geht zu dritt<br />

weiter. Der Ehemann ist von rätselhafter Duldsamkeit, der<br />

Ex-Freund hegt Fluchtgedanken und beängstigende Pläne.<br />

«Töten? Was meinst du mit töten?»<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

elgger schaulust 24


Bühne<br />

Das Stück spielt in Ursinas Wohnung.<br />

Ursina<br />

Personen<br />

Konrads Frau<br />

Konrad Ursinas Mann und Zahnarzt<br />

Thomas Ursinas Freund<br />

Petra<br />

Konrads Chefin<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 2 -


Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

1. Ein Zahnarzt meldet sich<br />

Ursina sitzt verloren in ihrer Wohnung. Das Telefon<br />

klingelt. Das Telefon klingelt ein zweites Mal.<br />

Hallo, wer ist da? Hallo? Ja, so heisse ich, Ursina,<br />

richtig, Ursina. - Was? - Ja, natürlich, genau, das habe<br />

ich gemacht, das war ich und du hast es gelesen? Und?<br />

- Aktuell? Was meinst du mit aktuell? - Ach so, nein,<br />

ich meine, es ist aktuell, natürlich ist es aktuell. Du bist<br />

der erste, der sich gemeldet hat, ich habe schon gar<br />

nicht mehr daran gedacht, dass sich jemand melden<br />

könnte und jetzt hast du es gemacht. Unglaublich. - Ja,<br />

natürlich ist mir das recht, sehr recht, ich habe nur<br />

darauf gewartet, dass sich jemand meldet. - Schön,<br />

wunderschön. Ja, natürlich, können wir uns treffen,<br />

müssen wir ja, ich meine, natürlich, treffen wir uns.<br />

Wann treffen wir uns? - Ich habe viel Zeit, das ist kein<br />

Problem, wir können uns sofort treffen. - Ja, natürlich,<br />

ich bin so blöd. - Was denn? - Ach so, aber das ist doch<br />

auch gut. - Nein, du musst nicht unbedingt ein Direktor<br />

sein, Zahnarzt ist gut, das gefällt mir auch. Sehr sogar.<br />

- Ja, natürlich und hör doch auf mit diesem Sie, sag<br />

Ursina zu mir, ich bin Ursina, und für meine Freunde<br />

bin ich Sina, sag Sina zu mir, wir müssen doch auch<br />

Freunde werden, sonst geht’s ja nicht, das Heiraten.<br />

Entschuldige, ich bin nur am Plappern. - Ja, natürlich,<br />

zuerst sollten wir uns treffen, ganz deiner Meinung. -<br />

Ja, stimmt, also ich bin eher mittelgross, mittelblond...<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Sie beschreibt ihr Äusseres, die Peinlichkeit entlädt<br />

sich in Lachern.<br />

Nein, das kenne ich nicht, schade. - Nein, noch nie<br />

gehört. - Das klingt gut, ich kaufe oft in der Migros, in<br />

der Migros ist es schön. - Ja im ersten Stock, ich weiss<br />

wo das ist, ja, das kenne ich. - Also übermorgen hast<br />

du gesagt, das wäre also Mittwoch ist das, um halb<br />

acht, gut, ich freue mich, ich freue mich sehr auf dich,<br />

- 3 -


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

sag, wie heisst du eigentlich? - Keine Ahnung, doch,<br />

natürlich ist das Mittwoch geöffnet. - Ja, gut, dann bis<br />

übermorgen. - Halb acht, ja, ich werde da sein, ganz<br />

bestimmt. - Ich mich auch.<br />

Sie holt sich den Weisswein aus dem Kühlschrank.<br />

Ein Zahnarzt und so zurückhaltend, ein richtiger<br />

Gentleman. Wenigstens am Telefon. Nein, nicht nur<br />

am Telefon, auch sonst, ich weiss es, er ist der<br />

Richtige. Wie heisst er? Hat er mir jetzt seinen Namen<br />

genannt oder nicht? Ich habe doch gefragt. Nein, das<br />

hätte ich doch nicht vergessen sowas. Wieso sagt der<br />

mir seinen Namen nicht? Was soll das? Er ist Zahnarzt,<br />

die haben nichts zu verbergen. Keine Geheimnisse,<br />

keine versteckten Sauereien. Alles ist sauber -<br />

Mundschutz, Handschuhe. Nicht eine einzige von<br />

diesen Bakterien. Jetzt weiss ich nicht, wie er heisst.<br />

Das kann auch ein gutes Zeichen sein. Das ist ganz<br />

bestimmt ein gutes Zeichen. Sie schenkt sich Wein<br />

ein. Ursina, herzliche Gratulation!<br />

2. Ein richtiger Gentleman<br />

Tschuldigung, ich bin gar nicht zum Aufräumen<br />

gekommen. Ich habe so viel um die Ohren gehabt in<br />

den letzten Tagen. Hier ist das Bad. Und hier ist das<br />

Schlafzimmer. Komm ruhig rein, schau’s dir an.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Und hier?<br />

Hier? Nun ja, da ist eigentlich gar nichts.<br />

Du brauchst das Zimmer gar nicht?<br />

Nein. Ich hab’s dir doch erklärt, das hab ich doch? Ich<br />

habe die Wohnung nicht selber ausgesucht. Das haben<br />

meine Eltern für mich gemacht und dann war’s eben<br />

- 4 -


Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

diese hier mit diesem Zimmer da und das ist leer<br />

geblieben.<br />

Tatsächlich, fast leer.<br />

Aber jetzt, mit dir, das ist natürlich etwas anderes. Zu<br />

zweien, da braucht man dieses Zimmer und eigentlich<br />

noch viel mehr Zimmer. <strong>Die</strong> Wohnung ist zu klein für<br />

zwei Leute, viel zu klein. Und dann gibt es ja auch die<br />

Zukunft, da passieren ja so Dinge in der Zukunft, wenn<br />

zwei sich finden, ich meine, fürs Leben.<br />

Also, es gibt etwas, das da gut hineinpassen würde.<br />

Denkst du auch schon an Kinder?<br />

An Kinder?<br />

Ich finde das gut. Ich habe überhaupt nichts dagegen,<br />

wenn du schon an Kinder denkst. Ich möchte nämlich<br />

Kinder haben, ganz kleine Kinder. Und ich glaube an<br />

die <strong>Liebe</strong> auf den ersten Blick. Ich bin sicher, dass es<br />

die gibt. Man muss sie nur erleben, darauf kommt es<br />

an. Komm, wir trinken was.<br />

Es ist schon halb zehn.<br />

Erst halb zehn? Mir ist, als seien wir schon ewig<br />

zusammen. Bietet Konrad ein Glas an.<br />

Danke, für mich bitte nichts.<br />

Wirklich?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Ja.<br />

Du hast doch nichts dagegen, wenn ich, ich meine, mir<br />

noch ein Glas nehme, ohne dich. Das macht dir doch<br />

nichts aus?<br />

Nein, das macht mir nichts aus.<br />

Nimm doch Platz.<br />

Ich sollte dann mal gehen.<br />

- 5 -


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

- 6 -<br />

Gehen? Du willst gehen?<br />

Ich denke, ja. Wie gesagt, es ist halb zehn.<br />

Halb zehn, richtig, halb zehn. Ich hab’s gewusst, ich<br />

hab’s gewusst. Ich hab‘s von Anfang an gewusst.<br />

Gottverdammte Scheisse nochmal. Tschuldigung. Ich<br />

weiss, „Scheisse“ sagt man nicht. Und „gottverdammt“<br />

auch nicht. Kommt nicht mehr vor. Aber, verstehst du,<br />

bis jetzt war für mich alles so schön, und auf einmal,<br />

auf einmal willst du nichts mehr von mir wissen.<br />

Was ist los?<br />

Du willst gehen. Hast du gerade vorhin gesagt. Dass du<br />

gehen willst.<br />

Ja, habe ich, entschuldige bitte.<br />

Bitte, es hält dich niemand auf. Ich brauche keinen<br />

Mann. Es war ein Fehler mit diesem Inserat. Ich bleibe<br />

allein, alles andere bringt nur Unglück. Was stehst du<br />

noch blöd da rum? Verschwinde endlich. Hau endlich<br />

ab! Pause.Wieso gehst du nicht?<br />

Sehen wir uns wieder?<br />

Du willst mich wieder sehen?<br />

Ich möchte, ja.<br />

Wieso willst du mich wiedersehen?<br />

Nun ja, ich finde...<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Ich verstehe das alles nicht. Konrad. Du bist so, so<br />

diskret, so zurückhaltend. Du willst mich wirklich<br />

wieder sehen?<br />

Ich meine es ernst mit dir.<br />

Wie du das sagst, wie ein richtiger Gentleman. Nur die<br />

Kleider passen nicht so richtig. Nichts gegen deine<br />

Kleider, aber ein Gentleman zieht sich anders an. Mit


Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Hut und so. Gar nicht so, wie die Leute auf der Strasse<br />

herumlaufen. Tschuldigung, ich erzähle nur Schwachsinn.<br />

Du darfst nicht auf mich hören. Du sollst einfach<br />

mein Konrad sein, das ist alles.<br />

Also sehen wir uns wieder?<br />

Aber sicher. Ich will dich wieder sehen.<br />

Ich dich auch.<br />

Ich bin glücklich. Seit langem bin ich wieder einmal<br />

richtig glücklich, bis in die Zehenspitzen hinein.<br />

3. Das Musikzimmer<br />

Vielleicht hast du recht. Eins nach dem anderen. Aber<br />

versprochen ist versprochen, so ist es doch, Konrad.<br />

Bei dir ist es doch so?<br />

Wir sind ja eben erst verheiratet.<br />

Sogar die Flitterwochen liegen noch vor uns.<br />

Nett von deinen Eltern, wirklich nett.<br />

Ja, spendabel wie immer.<br />

Ja, das kann man sagen, spendabel.<br />

So ist das bei denen. Mit Geld lässt sich alles regeln.<br />

Entschuldige bitte, ich rede über diese blöde Wohnung,<br />

dabei fahren wir übermorgen in die Flitterwochen. Was<br />

heisst da fahren, fliegen, wir fliegen in die Flitterwochen.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Haben wir auch alles?<br />

Ich habe es mir halt schon so genau vorgestellt,<br />

deswegen, aber du hast recht, wenn man frisch<br />

verheiratet ist und so eine grosse Villa hat, mit so<br />

vielen Zimmern, Treppen, Gängen, dem Wintergarten<br />

und all den vielen Pflanzen, die man da jeden Tag zu<br />

- 7 -


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

giessen hat - und ein kleines Gespräch führen muss<br />

man ja auch mit jeder Pflanze einzeln, davon wachsen<br />

sie viel besser, das sagen sie überall, dass man mit<br />

seinen Pflanzen reden muss, wenn man will, dass sie<br />

wirklich schön wachsen und das wäre vielleicht ein<br />

bisschen viel aufs Mal, all diese Gespräche, wer weiss.<br />

Vielleicht hast du recht, eins nach dem anderen. Hat<br />

auch Vorteile so eine kleine Wohnung. Man behält den<br />

Überblick.<br />

Konrad erkundet das leere Zimmer.<br />

Ja, stell ruhig deine Platten rein, es steht ja leer.<br />

Es sind ja nicht nur die Platten.<br />

Stell alles rein, kein Problem. Und weisst du was, dann<br />

werde ich abstauben, so Platten sind die reinsten Staubfänger,<br />

aber ich sorge für Ordnung, Konrad, für dich<br />

Konrad werde ich das gerne tun. Jeden Morgen wie<br />

eine frische Meeresbrise durch deine Platten und CDs<br />

fahren.<br />

Ich schaffe mir keine CDs an, niemals.<br />

Wieso denn nicht? Ist doch viel praktischer als Platten.<br />

Niemals werde ich mir in diesem Zimmer solche Musik<br />

anhören. Ich meine Musik, Musik die getötet wurde,<br />

getötet durch Digitalisierung. Nein, in dieses Zimmer<br />

kommt mir keine CD.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Töten? Was meinst du mit töten?<br />

Verstehst du nicht? Das digitale Prinzip. Ein grundsätzlicher<br />

Irrtum, das weiss ich. Ein grundsätzlicher<br />

Irrtum. Musik auseinandernehmen, Musik zusammensetzen<br />

und dann, ja dann glauben, sie sei noch am<br />

Leben. Ein Grundirrtum. Fatal. Elektronische Wiedergabe<br />

von Musik, das gelingt nur, nur wenn die Gestalt<br />

erhalten bleibt, die Gestalt muss erhalten bleiben, die<br />

- 8 -


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Gestalt darf nicht zerstört werden, zerhackt werden.<br />

Man darf nicht zerhacken. Beim analogen Prinzip<br />

geschieht haargenau dies, es ist ein Nachbilden, ein<br />

Modellieren und Nachempfinden, ja, Nachempfinden,<br />

das ist es, alles bleibt zusammen, ist ein Bogen, ist ein<br />

Guss und wird so in die Plattenrille gezogen, bleibt<br />

also alles ganz, während die Digitalisierung, das<br />

Rückgrat wird gebrochen, wird zerstückelt, eins null,<br />

eins null, eins null, jede Sekunde über hundert mal.<br />

Null eins, mhm. Ich versteh das nicht. Ausser, dass es<br />

bei den Platten geknistert hat und jetzt nicht mehr.<br />

Vielleicht habe ich nicht die Ohren dazu, sind eben nur<br />

so Ohren, die ich habe.<br />

Was mein Musikzimmer betrifft, habe ich nur einen<br />

einzigen Wunsch an dich.<br />

Ja?<br />

Ich wünsche, dass ich es ganz für mich allein habe.<br />

Habe ich doch schon gesagt, es ist leer, du kannst es<br />

haben.<br />

Ich meine, wirklich ganz für mich. Du gehst nie rein.<br />

Niemand geht da rein ausser mir.<br />

Versprochen. Ich gehe nur zum Putzen rein.<br />

Bitte nicht.<br />

Ein bisschen Staub abwischen, ich mache das gern für<br />

dich, Konrad.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Das mache ich selber. Es geht so schnell etwas kaputt<br />

bei all den heiklen Geräten.<br />

Dann putze ich eben nicht. Ist mir auch recht.<br />

Versprich es. Du gehst hier nicht rein.<br />

Ich verspreche es.<br />

- 9 -


Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Gut, sehr gut. Also, was fehlt noch für die Reise?<br />

Ach ja, die Flitterwochen. Weisst du was? Ich freue<br />

mich trotzdem. Ich freue mich jetzt einfach auf unsere<br />

Flitterwochen. Ich freue mich. Wirklich, ich freue mich<br />

aufs Meer.<br />

Haben wir Sonnencreme?<br />

Wir werden im Meer tauchen. Genau das werden wir<br />

tun. Mit Taucherbrille und Schnorchel tauchen wir<br />

durch all die bunten Fische und über Korallen. Einfach<br />

hindurchgleiten durch all die Schönheit. Und ein<br />

Fischernetz werden wir haben und wir fangen einen<br />

Fisch, einen richtigen Südseefisch. Du wirst mir einen<br />

Südseefisch ins Netz winken. Tust du das für mich?<br />

Ich weiss nicht, ob man da einfach Fische fangen darf.<br />

Und wohin damit, wir haben kein Aquarium.<br />

Wir schaffen uns eines an!<br />

Ein Aquarium?<br />

Ich füttere täglich die Fische und schaue zu, wie die<br />

Korallen wachsen. Wachsen Korallen so schnell, dass<br />

man ihnen dabei zusehen kann, Konrad? Pause. Nein,<br />

Sonnencreme ist keine da, die müssen wir noch kaufen,<br />

Faktor 20 für einen optimalen Schutz, wir kaufen<br />

Faktor 20. Ich freue mich Konrad, jetzt freue ich mich.<br />

Ich mich auch.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

4. Ferienfotos<br />

Liest von der Fototasche „Gleich werden Sie sich an<br />

alles erinnern“. Ja, so wird’s sein. Konrad. Gleich<br />

werden wir uns an alles erinnern. Noch mal Sonne,<br />

noch mal Meer. Wir werden uns an alles erinnern,<br />

- 10-


Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Konrad, ist das nicht schön? Alles noch einmal<br />

erleben, wir haben gleich noch einmal Flitterwochen,<br />

jeden Tag noch einmal, jede Stunde, na vielleicht nicht<br />

jede Stunde. Bitte komm her, setzt dich. Schau da,<br />

schau, wie du dreinschaust. Als hättest du in eine<br />

Zitrone gebissen. Und hier, na ja. Der Flughafen, wieso<br />

ist der mittendrin? Wieso haben wir den überhaupt<br />

fotogra-fiert? Das Südsee-Grotto. Wo sind denn die<br />

Bilder vom Strand? Wir haben ihn doch fotografiert,<br />

Ah, hier. Na ja. Aber das ist schön, das ist wirklich<br />

schön, da stimmt auch die Farbe vom Meer, genauso<br />

war es. Genau so. Er steht mir schon der Bikini, was<br />

meinst du? Ich meine, auf dem Foto?<br />

Doch, er steht dir.<br />

Sind doch gut die Bilder?<br />

Ja, schöne Bilder.<br />

Sind eben so Bilder, Bilder mit dir drauf und mir drauf.<br />

So Bilder eben, mehr nicht. Was soll’s. Sag, dass du<br />

mich lieb hast. Bitte, sag es.<br />

Ich hab dich lieb. Du bist meine Frau, ich bin dein<br />

Konrad, so soll es sein, so soll es bleiben.<br />

Komm, wir gehen ins Bett, jetzt gleich.<br />

Ich muss mir noch schnell etwas anhören. Geht nicht<br />

lange.<br />

Hast du Hunger?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Danke, ich bin nicht hungrig.<br />

Konrad ab ins Musikzimmer, das Telefon klingelt.<br />

Bei Dr. med. dent. Konrad und Ursina Stalder! Hallo.<br />

Wer ist da? Wer sind Sie? Ja natürlich, er ist da.<br />

Moment, ich hole ihn. Kleinen Moment. Sie klopft an<br />

die Türe des Musikzimmers. Konrad, Telefon für dich.<br />

Hörst du mich? Telefon für dich!<br />

- 11-


Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

öffnet die Türe. Telefon?<br />

Aus der Zahnarztpraxis. Willst du nicht rangehen? Was<br />

ist los? Wieso gehst du nicht ran?<br />

Ich gehe schon.<br />

Soll ich ausrichten, du seist beschäftigt? Konrad, was<br />

ist los?<br />

Nichts.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 12-


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

5. <strong>Die</strong> Schallbremse<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Ursina sieht fern, Konrad im Musikzimmer, montiert<br />

Schallabdichtungen.<br />

Konrad, bitte komm her. Konrad, Konrad!<br />

Was ist denn los?<br />

Bitte komm her.<br />

Ich habe zu tun.<br />

Mach eine Pause.<br />

Geht nicht.<br />

Konrad, bitte.<br />

Ich habe die Finger voller Leim.<br />

Komm her!<br />

Verstehst du nicht, es klebt alles.<br />

Komm, wir kleben uns zusammen auf immer und ewig.<br />

Wie siamesische Zwillinge.<br />

Tun wir‘s!<br />

Das wird gut, ich bin überzeugt, das wird richtig, siehst<br />

du, die Oberfläche dieses Kunststoffes, wie das<br />

gearbeitet ist, das ist nicht einfach ein Absaugen des<br />

Schalls, es zerschlägt den Schall auch nicht, das hat<br />

alles Material bisher getan, den Schall gesaugt und den<br />

Schall zerschlagen, alles Eierkarton, vom Prinzip her.<br />

Das hier ist ganz neu, eine Schallbremse, eine Schallbremse<br />

mit Federung, das ist sehr wichtig, weil, nun ja,<br />

es minimiert den Verzerrungsfaktor, der Ton bleibt<br />

erhalten, und dennoch bleibt Raum, das muss so sein,<br />

weil, nun, da ist ein Ton und sofort der nächste und<br />

wieder einer, ein nicht abbrechendes Band von Tönen,<br />

das gegen die Wand schlägt, ununterbrochen, dieses<br />

Band nun, das wird, wie soll ich das sagen, ja, es wird<br />

sozusagen sanft gelandet auf diesem Kunststoff und<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 13-


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

das bedeutet wiederum, der Raum wird vergrössert,<br />

sein akustisches Volumen vergrössert sich. Der Raum<br />

ex-pandiert zum Volumen eines Konzertsaales, nicht<br />

eins grossen Konzertsaales, das nicht, aber zum<br />

Volumen eines Konzertsaales mittlerer Grösse, das<br />

schon. Ich werde in diesem Zimmer, ein Zimmer, das<br />

zum Musikhören eigentlich viel zu klein ist, in diesem<br />

Zimmer also, werde ich ein Hörerlebnis haben, ein<br />

Hörerlebnis wie in einem Konzertsaal mittlerer Grösse.<br />

Schön für dich.<br />

Morgen abend bin ich fertig und dann der grosse<br />

Augenblick. Mahler, ja, das mache ich mit Mahler. Der<br />

Streichersatz aus der Fünften, das wird es sein.<br />

Ich hab dich lieb.<br />

Ich dich auch. Konrad ab ins Musikzimmer, sie schaut<br />

wieder fern.<br />

6. Szene einer Ehe<br />

Ich habe Hunger.<br />

Oh nein, du hast wirklich daran gedacht, dass du heute<br />

Hunger haben sollst?<br />

Und wie sieht’s denn aus in der Küche? Es riecht<br />

schon ganz gut.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Riecht man noch was?<br />

Darf ich mal kosten?<br />

Es tut mir leid. Ich weiss gar nicht, wie’s passiert ist.<br />

Ich hatte ein richtiges Rezept. Es hat so schön ausgesehen<br />

auf dem Bild und ich habe mich so gefreut und<br />

habe alles gemacht, wie’s dort drin stand. Auch mit den<br />

Gewürzen. Und dann plötzlich, ich weiss nicht wie, da<br />

- 14-


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

hat’s so scheusslich geschmeckt, wirklich zum Kotzen.<br />

Tschuldigung, einfach scheusslich und ich wollte es<br />

verbessern, mit Milch, das soll die Gewürze neutralisieren.<br />

Das habe ich ganz vor kurzem am Fernsehen<br />

gesehen, im Kochstudio, aber die Milch hat überhaupt<br />

nichts geholfen und in der andern Pfanne ist das<br />

Fleisch angebrannt. Drei Stunden Gemüse rüsten und<br />

zwei Entrecôtes, alles das Klo runter. Aber jetzt kommt<br />

die Überraschung. Bitte, nehmen Sie Platz.<br />

Ursina legt Pizzaschachtel auf den Tisch.<br />

Quattro Stagioni, deine Lieblingspizza.<br />

Ja?<br />

Ja. Weiss ich doch, das ist deine Lieblingspizza, und<br />

ich weiss auch noch weshalb. Weil von allem etwas<br />

drauf ist. Das hast du gesagt: „Quattro Stagioni ist<br />

meine Lieblingspizza, weil von allem etwas drauf ist.“<br />

Und ich weiss auch noch, wo du das gesagt hast.<br />

Ja?<br />

In unseren Flitterwochen, gleich am ersten Abend in<br />

unserem Südsee-Grotto mit diesem Mann, der so<br />

schöne Lieder gesungen hat und sich selber dabei am<br />

Klavier begleitet hat. Und wir hatten beide unsere<br />

Hawaii-Kordeln um den Hals. Erinnerst du dich?<br />

Ja, sicher. Da hatte ich Quattro Stagioni.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Da hattest du Quattro Stagioni, genau. Guten Appetit.<br />

Guten Appetit.<br />

Wie war’s bei der Arbeit?<br />

Nichts Besonderes.<br />

Hast du einen Zahn gezogen?<br />

Heute nicht.<br />

- 15-


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Oder jemandem eine Krone aufgesetzt, dem ganzen<br />

Gebiss entlang?<br />

Nein, Plastik macht Petra.<br />

Wieso, du bist doch der Zahnarzt?<br />

Ja, bin ich.<br />

Ich will, dass du alles machst. Auch Goldkronen.<br />

Goldkronen gibt’s sowieso fast keine mehr.<br />

Ich will, dass du deine eigene Praxis hast. Wieso hast<br />

du nicht deine eigene Praxis?<br />

Ursina, bitte.<br />

Du bist Zahnarzt, da musst du doch deine eigene Praxis<br />

haben. Du hast deine Praxis und ich blättere im dicken<br />

Buch, wo die vielen Termine drin stehen und dann<br />

mache ich so ein Gesicht mit einem Bedauern drin,<br />

aber so ein bisschen von oben herab ein Bedauern,<br />

weisst du, und sage: „Schwierig, wird schwierig, mal<br />

sehen, doch, Freitag morgen in drei Monaten, da ist<br />

noch was frei für ihre Goldkrone. Sie müssen<br />

verstehen, die Leute lassen sich ihre Goldkrone nur<br />

von meinem Mann einsetzen, für Goldkronen ist mein<br />

Mann die einzige Adresse in der Stadt. Dann die<br />

Ausland-aufträge, mein Mann hat viele<br />

Auslandaufträge, für die ausländische Prominenz,<br />

wissen Sie, zum Beispiel Bruce Willis. Kennen Sie<br />

Bruce Willis? Eben, jeder kennt Bruce Willis. Und das<br />

Gold in seinem Mund stammt alles von meinem Mann.<br />

Mein Mann ist der einzige Zahnarzt, dem Bruce Willis<br />

vertraut. Über die Zukunft seiner Zähne redet er nur<br />

mit meinem Mann und lädt ihn dafür ein nach<br />

Hollywood. Natürlich in seinem Privatjet. Und dann<br />

sitzen sie zusammen im Garten seiner Villa, vor ihnen<br />

der Swimming-Pool, der Blick aufs Meer, seine Hunde,<br />

die Hunde von Bruce Willis haben alle ganz langes<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 16-


Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

seidenes, schneeweisses Haar. Ja, das stimmt, ich weiss<br />

es genau, ich habe die Hunde von Bruce Willis hinter<br />

dem Ohr gekrault.“<br />

<strong>Die</strong> Pizza schmeckt gut. Quattro Stagioni ist tatsächlich<br />

meine Lieblingspizza.<br />

Ich scheiss auf deine Pizza. Konrad, ich begreife das<br />

nicht. Du bist Zahnarzt und ich sitze in diesem<br />

Dreckloch. Man sieht ja nicht einmal mehr durch die<br />

Fenster.<br />

Wieso putzt du das Fenster nicht? Wieso putzt du die<br />

Wohnung nicht? Wieso putzt du nie?<br />

Ich putze doch.<br />

Man sieht nichts.<br />

Konrad, ich halte es nicht mehr aus. Es ist so schwer,<br />

verheiratet zu sein. Ich muss an so vieles denken. <strong>Die</strong><br />

ganze Zeit muss ich daran denken. Jetzt bin ich<br />

verheiratet. Und so ist das jetzt, wenn man verheiratet<br />

ist. Das ist jetzt das Eheglück. 24 Stunden am Tag,<br />

pausenlos, die ganze Zeit, diese Konzentration. Es<br />

kocht einem das Gehirn weich.<br />

<strong>Die</strong> Pizza schmeckt gut. Pause. Ich habe dich lieb.<br />

Ich dich auch.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

7. Ein Gast auf dem Sofa<br />

Ursina und Thomas eng verschlungen auf dem<br />

Bettsofa, Konrad macht sich zur Arbeit fertig. Ursina<br />

wacht auf.<br />

Konrad, hallo. Das ist Thomas. He, Thomas, sag<br />

wenigstens anständig guten Morgen, wenn du schon<br />

hier übernachten darfst.<br />

- 17-


Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Lass das, muss schlafen.<br />

Thomas, darf ich dir vorstellen, das ist Konrad, mein<br />

Mann.<br />

Hallo, ich bin Thomas. Du bist also Konrad. Geht<br />

doch, wenn wir uns duzen? Ist ein bisschen seltsam für<br />

mich. Du bist der erste Zahnarzt, zu dem ich du sage.<br />

Hallo, Thomas.<br />

Sina hat dir sicher schon von mir erzählt?<br />

Bisher nicht.<br />

Konrad, was soll das, ich habe dir bestimmt schon<br />

einmal von Thomas erzählt.<br />

Vielleicht ja, ich erinnere mich nicht.<br />

Thomas und ich, wir waren früher zusammen. Über<br />

fünf Jahre. Und gestern, du warst schon im Bett, da<br />

hat’s plötzlich geklingelt und ich denke noch, wer kann<br />

das bloss sein, wir haben doch nie Besuch und dann um<br />

diese Zeit, ja und dann war es Thomas. Einfach so.<br />

Ich habe ein Problem, geschäftlich, meine ich, ich sitze<br />

ziemlich in der Klemme, natürlich nur momentan,<br />

trotzdem, jedenfalls, Sina hat gemeint, es sei O.K.,<br />

wenn ich ein paar Tage hier übernachte.<br />

Natürlich nur, wenn dir das nichts ausmacht. Was<br />

meinst du?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Gut, doch.<br />

Ich dachte, Thomas könnte auf dem Sofa schlafen.<br />

Schläft sich wunderbar auf diesem Sofa.<br />

Was meinst du?<br />

Nur für ein paar Tage.<br />

- 18-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Geht doch?<br />

Wieso sollte das nicht gehen, sicher, kein Problem.<br />

Entschuldigung, ich muss jetzt gehen.<br />

Konrad, du bist ein Schatz.<br />

Dann bis heute abend.<br />

Bis heute abend, Konrad. Konrad verlässt die<br />

Wohnung. Sag mal, der geht jetzt wirklich hin, zieht<br />

sich einen weissen Kittel an, so ein Schutzding vor den<br />

Mund und fängt an zu bohren und Zähne zu ziehen?<br />

Ja doch, Konrad ist Zahnarzt. Ich hab dir doch alles<br />

erzählt.<br />

Unglaublich.<br />

Du hast doch unsere Klingel gesehen, da steht’s<br />

geschrieben: Dr. med. dent. Konrad und Ursina<br />

Stalder.<br />

Doktor, Doktor, ein echter Doktor. Ich kann’s noch<br />

immer nicht fassen, einfach unglaublich, ein Doktor.<br />

Wie hast du das nur geschafft?<br />

Ich hab’s dir doch erklärt. Mit einer Kontaktanzeige.<br />

Und es hat einfach funktioniert.<br />

Ich glaub’s nicht. So ein Schwein. Und so alt wie du<br />

erzählt hast, ist der doch gar nicht, er hat ja noch kaum<br />

ein graues Haar.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Konrad ist nicht alt, nein.<br />

Lass uns weiterschlafen. Ich bin noch immer hundemüde.<br />

Jetzt ist ja frei. Will ins Schlafzimmer gehen.<br />

Na, komm schon.<br />

zögert. Das ist keine gute Idee.<br />

Was?<br />

- 19-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Das geht nicht.<br />

Was geht nicht?<br />

Ich kann das Konrad nicht antun.<br />

Wieso nicht?<br />

Immerhin ist er mein Mann.<br />

Dein Mann? Jetzt ist er plötzlich wieder dein Mann?<br />

Alles schon wieder vergessen, was du mir diese Nacht<br />

vorgeheult hast?<br />

Ich hab’s gewusst, ich hab’s gewusst, von Anfang an.<br />

Das ist alles keine gute Idee.<br />

Schon wieder zickig, schon wieder alles ganz wie<br />

früher?<br />

Thomas, das verstehst du nicht.<br />

Ach was, ist doch einfach die alte Leier. Komm jetzt<br />

endlich, Ich schlafe nicht auf diesem Sofa, wenn’s<br />

nebenan ein Bett hat. Na, wird’s bald?<br />

8. <strong>Die</strong> Million<br />

Thomas hat ein kleines Paket in der Hand, das mit<br />

Konrads Post vor dem Schlafzimmer liegt.<br />

Leg’s wieder hin. Das geht dich nichts an.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Was lässt sich Konrad da die ganze Zeit ins Haus<br />

liefern?<br />

Was weiss ich, irgendwas für’s Musikzimmer.<br />

Musikzimmer!<br />

Leg’s wieder hin!<br />

- 20-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Wie bitte?<br />

Thomas, bitte! Thomas legt’s hin, entdeckt Briefe und<br />

einen Kontoauszug. Hör auf damit! Da ist doch kein<br />

Brief für dich dabei. Da steht doch überall Dr. med.<br />

dent. Konrad Stalder. Dich gibt’s hier gar nicht.<br />

Warum liest du unsere Post? Das macht man nicht,<br />

man liest nicht die Post anderer Leute. Leg’s wieder<br />

hin.<br />

Sieh dir das an!<br />

Weiss ich doch. Konrad ist Zahnarzt. Konrad verdient<br />

Geld.<br />

Lies mir die Zahl vor! Lies mir die Zahl vor!<br />

Kannst du nicht selber lesen?<br />

Lies mir die gottverdammte Zahl vor!<br />

Bist du zu blöd zum lesen, du dumme Null?<br />

schlägt sie, packt sie an den Haaren. Du sollst die<br />

Zahl lesen. Lies diese Zahl! Ursina, lies diese Zahl!<br />

978’358 Franken und 55 Rappen. Konrad verdient<br />

Geld, verstehst du, er verdient mehr Geld, als in<br />

deinem Spatzenhirn Platz hat. Na los, schlag zu! Auf<br />

dieser Seite ist noch kein blauer Fleck.<br />

Sina, tut mir leid. Ich bin nicht so. Du weisst, dass ich<br />

nicht so bin. Ich will doch nur das Beste für uns, das<br />

Beste. Aber zuerst müssen wir hier raus. <strong>Die</strong>se Zahl,<br />

das ist doch sowas wie eine Million. Das weiss ich<br />

doch, dass das sowas wie eine Million ist. Ich bin nicht<br />

dumm, es ist nicht so, wie ihr alle denkt. Es fängt zu<br />

schwimmen an vor meinen Augen, wenn die Zahlen<br />

gross werden, das ist alles. Eine Sehschwäche,<br />

deswegen bin ich doch nicht dumm. Im Gegenteil, alle<br />

gescheiten Leute tragen ja eine Brille. Für meine Sehschwäche<br />

gibt‘s nun mal keine Brille, das ist alles. Bin<br />

ich deswegen dumm? Eine ganze Million auf der Bank!<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 21-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Hör auf damit!<br />

Und feiert nicht mal richtig Hochzeit, lässt sich sogar<br />

die Flitterwochen von seinen Schwiegereltern zahlen<br />

und dich, dich lässt er einfach hier sitzen. Und zwar<br />

mit mir. Seit zwei Wochen bin ich hier, seit zwei<br />

Wochen. Und Konrad? Sagt nichts. Kein Wort. Kommt<br />

nach Hause und verschwindet in diesem Musikzimmer<br />

oder was das auch immer ist. Wieso schliesst er das ab,<br />

wenn‘s nur Musik drin hat?<br />

Konrad ist einfach anders, vielleicht ein bisschen<br />

seltsam. Kann sein. Aber er liebt mich, das spüre ich.<br />

Soso, er liebt dich. Der merkt doch nicht mal, wenn du<br />

nicht mehr da bist. Du bist dem doch scheissegal!<br />

Hör auf!<br />

Sina, stell dir vor: Wir zwei und eine Million, da ist es<br />

doch nicht schwierig, hier raus zu kommen.<br />

Thomas, du träumst!<br />

Das kann doch jeder, ich meine, glücklich werden mit<br />

einer Million. En espagna siempre hay el sol.<br />

Was ist das?<br />

Ich war doch in Spanien. Ich habe ein halbes Jahr lang<br />

dort gelebt. Ich hatte Freunde dort, die kennen mich<br />

noch, die helfen uns. Und wir haben Geld. Eine<br />

Million! Das ist in Spanien wie zehn Millionen. Wir<br />

kaufen uns eine Villa direkt am Meer, mit Olivenbäumen,<br />

Orangenbäumen, Swimmingpool und allem<br />

drum und dran. Am Abend trinken wir Wein, aber nur<br />

vom Besten. Über uns die Sterne und die Grillen zirpen<br />

die ganze Nacht.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Ich kann kein Spanisch.<br />

Du wirst es lernen.<br />

- 22-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

9. Ein Ausrutscher und ein Plan<br />

Ursina, Konrad und Thomas beim Pizza-Essen.<br />

Quattro Stagioni ist Konrads Lieblingspizza. Was<br />

glaubst du, weshalb ist Quattro Stagioni Konrads<br />

Lieblingspizza?<br />

Keine Ahnung.<br />

Rate mal. Es ist ganz einfach. Es gibt eine ganz<br />

einfache Erklärung dafür.<br />

So? Und wie geht die?<br />

Nein, du sollst doch raten. Denk mal nach. <strong>Die</strong><br />

Erklärung ist ganz logisch. So ist’s doch Konrad?<br />

Konrad, hallo. Was ist denn mit dir los? He, Konrad.<br />

Bitte?<br />

Was ist los mit dir?<br />

Nichts. Nichts ist los.<br />

War was auf der Arbeit? Ist was passiert? Was ist<br />

passiert?<br />

Nichts. Nichts ist passiert.<br />

So sag es doch. Du bist ja ganz versteinert. War was in<br />

der Praxis?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Nichts war in der Praxis.<br />

Den falschen Zahn gezogen?<br />

Lass das.<br />

„Was? Der ist es auch nicht? Aber jetzt, jetzt erwische<br />

ich ganz bestimmt den richtigen. So, das hätten wir.<br />

Was, schon wieder der falsche? Aber jetzt kann nichts<br />

- 23-


Ursina<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

mehr schiefgehen, jetzt gibt’s ja nur noch einen im<br />

ganzen Maul.“<br />

Arschloch.<br />

Ist doch lustig.<br />

Sowas darf einfach nicht passieren.<br />

Was? Hast du tatsächlich den falschen Zahn gezogen?<br />

Ausgerutscht bin ich. Mit dem Bohrer. Das Zahnfleisch<br />

musste genäht werden. Drei Stiche.<br />

Scheisse nochmal, tschuldigung, ich meine, wieso ist<br />

denn das passiert?<br />

Es ist einfach passiert.<br />

Nervös?<br />

Nein, ich war nicht nervös. Wieso sollte ich nervös<br />

sein?<br />

Zum Beispiel wegen mir? Weil ich jetzt hier wohne?<br />

Das ist kein Problem.<br />

Wirklich nicht?<br />

Nein. Das ist es nicht.<br />

Es macht dir überhaupt nichts aus, dass ich hier<br />

wohne?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Du hast es doch gehört. Es ist kein Problem für<br />

Konrad.<br />

Ja, ich hab’s gehört. Es ist kein Problem für Konrad.<br />

Kein Problem für Konrad. Schau dir seine Hände an!<br />

Sie zittern.<br />

steht auf. Bitte entschuldigt. Ab ins Musikzimmer.<br />

- 24-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ich verstehe das nicht. Lässt einfach seine Quattro<br />

Stagioni stehen. Und was ist mit dir los?<br />

Ich denke.<br />

Du denkst?<br />

Genau.<br />

Pause.<br />

Was denkst du denn?<br />

Das Telefon klingelt.<br />

Bei Dr. med. dent Konrad und Ursina Stalder! Hallo.<br />

Wer ist da? Wer sind Sie? Oh, entschuldigen Sie bitte.<br />

Ja, er ist da, Moment. Ursina klopft ans Musikzimmer.<br />

Konrad, Telefon für dich. Konrad, hörst du mich,<br />

Telefon für dich. Konrad öffnet die Tür, Musik ist zu<br />

hören. Telefon für dich!<br />

Telefon?<br />

Aus der Praxis. Willst du nicht rangehen. Was ist los?<br />

Wieso gehst du nicht ran? Soll ich ausrichten, du seist<br />

beschäftigt? Konrad, was ist los?<br />

geht zum Telefon, nimmt den Hörer, legt auf.<br />

Und?<br />

Nichts. Ab in’s Musikzimmer.<br />

Ursina Was heisst da nichts? Da ist doch was passiert. <strong>Die</strong>se -<br />

wie heisst sie schon wieder - die ist richtig ausgeflippt<br />

am Telefon. Ich versteh das nicht. Ich versteh das<br />

nicht. Und Konrad geht ins Musikzimmer. Schweigt<br />

und geht einfach Musik hören. Konrad ist so ein<br />

seltsamer Mensch, es ist nicht zum Aushalten.<br />

Thomas<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Weisst du noch, welchen Film wir gestern gesehen<br />

haben?<br />

- 25-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Keine Ahnung.<br />

Überleg mal.<br />

Was soll das? Wir schauen doch die ganze Zeit nur<br />

fern.<br />

James Bond haben wir uns angeguckt. Erinnerst du<br />

dich, wie er im Bett liegt und plötzlich ist da ein<br />

Buckel unter der Decke, der bewegt sich, sein Bein<br />

hoch, er spürt die haarigen Beinchen auf seinem Bein,<br />

dann sieht er sie, eine Vogelspinne spaziert auf seiner<br />

Brust. James schwitzt, aber bleibt cool, das rettet ihn.<br />

<strong>Die</strong> Spinne spaziert weiter übers Kopfkissen. Eine<br />

falsche Bewegung, und er wäre tot gewesen.<br />

Na und?<br />

Das ist die Lösung. Wir lassen eine Spinne zubeissen.<br />

Ganz ohne Lärm und Spuren und nach aussen war’s ein<br />

Unfall mit dem Haustier. Wir legen sie ihm in einem<br />

Paket zu seiner Post, der Rest läuft wie von selbst.<br />

Ursina schweigt, hat dann einen hysterischen<br />

Lachanfall.<br />

Sina, wir können nicht einfach nur dasitzen und<br />

warten. Von alleine ändert sich überhaupt nichts. Wir<br />

müssen was tun, verstehst du. Wir müssen was tun, und<br />

zwar richtig, endgültig. Du willst doch raus hier. Das<br />

willst du doch?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Natürlich will ich raus hier.<br />

In Spanien wirst du glücklich sein.<br />

Was soll ich in Spanien?<br />

En Espagna siempre hay el sol.<br />

Ich kann kein Spanisch.<br />

Aber ich.<br />

- 26-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Ich habe Angst.<br />

Ich bin doch bei dir.<br />

Eben.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 27-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

- 28-<br />

10. <strong>Die</strong> Schwarze Witwe<br />

horcht an der Türe des Musikzimmers. Er ist<br />

bestimmt schon tot. Thomas, was machen wir hier<br />

eigentlich? Jetzt ist er tot. Ganz tot. Ich halte das nicht<br />

mehr aus.<br />

Halt endlich dein gottverdammtes Maul. Wir müssen<br />

warten, verstehst du nicht, bis wir sicher sein können,<br />

dass es passiert ist.<br />

Und wann sind wir sicher? Wie können wir sicher<br />

sein?<br />

Er hat das Paket reingenommen, er wird es öffnen und<br />

die Spinne wird beissen. Ganz einfach. Schwarze<br />

Witwen beissen. Der Zoohändler hat mir alles genau<br />

erklärt. <strong>Die</strong> sind noch zehnmal giftiger als<br />

Vogelspinnen.<br />

Mein Gott, ich halte das nicht aus.<br />

Ruhig jetzt. Ganz ruhig. Denk an Spanien. An unsere<br />

Villa in Spanien. En Espagna siempre hay el sol.<br />

Ich kann kein Spanisch.<br />

Aber ich. Ich kann Spanisch.<br />

Ich halt das nicht aus.<br />

Einfach ruhig sein. <strong>Die</strong> Schwarze Witwe wird ihn<br />

beissen. Sie hat ihn schon gebissen.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Sie hat ihn schon gebissen?<br />

Ein paar Minuten noch, und dann: Adios Konrad.<br />

tritt an die Türe, horcht. Man hört nichts.<br />

Natürlich hört man nichts, ist ja alles schalldicht.<br />

Weiss ich doch, dass das schalldicht ist. Es ist wahnsinnig<br />

kompliziert mit den Schallwellen und so. Aber


Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

es macht einen Unterschied. <strong>Die</strong>se Wände machen,<br />

dass es klingt wie im Konzertsaal. Das hört man<br />

natürlich nur, wenn man ein entsprechendes Gehör hat.<br />

Konrad hört das, er hat dieses feine Gehör. Wir<br />

haben’s nicht, wir bauen nur Scheisse.<br />

Setz dich endlich hin.<br />

Ursina schaut in den Putzschrank.<br />

Ajax glasrein, WC-Ente, Gummihandschuhe und<br />

Pflegemittel für’s Parkett in der extragrossen Packung.<br />

Parkett, wo ist hier das Parkett? Ist ja alles nur<br />

Spannteppich. Wozu steht das Zeugs denn drum,<br />

wenn‘s hier nur Spannteppich hat? Wozu denn, sag<br />

mir, wozu denn? Wozu soll das alles gut sein hier?<br />

Sina, beruhige dich. Es kommt alles gut.<br />

Meine Eltern haben nie etwas gesagt. Aber sie mussten<br />

nichts sagen. Ich habe es auch so gemerkt. Dass sie<br />

sich etwas anderes gewünscht haben. Eine Tochter, auf<br />

die sie stolz sein können. Eine Tochter, die in ihre<br />

schönen Kleider passt, eine, die gerne zur Schule geht<br />

und anständige Freunde hat. Eine Tochter, die etwas<br />

macht aus ihrem Leben. Es nicht einfach hinwirft und<br />

vergeudet. Aber habe ich nicht einen richtigen<br />

Zahnarzt geheiratet? Und sie? Sie warten nur, bis er<br />

merkt, was du für eine bist, dann stehst du wieder<br />

allein da. Und er wird es merken, ganz bestimmt. Dann<br />

bist du wieder, wo du hingehörst. Im Abfall, beim<br />

Abfall.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Das Telefon klingelt.<br />

Ich geh schon ran. Hallo? Der ist nicht zuhause. Keine<br />

Ahnung, wo er ist. Leck mich! Hängt auf.<br />

Er ist bestimmt schon tot. Konrad ist tot. Ich halte das<br />

nicht mehr aus. Ich halte das nicht mehr aus.<br />

- 29-


Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Weisst du, was dein Problem ist? Du bist einfach zu<br />

verwöhnt. Du hast keine Ahnung, wie es ist, keine<br />

Eltern zu haben. Was für eine Leere das ist, wie einem<br />

da der Boden fehlt unter den Füssen. Ein Leben lang<br />

musst du kämpfen nur um zu wissen, dass es dich<br />

überhaupt gibt. Du bist einfach zu verwöhnt. Gleich<br />

haben wir’s geschafft. Denk an Spanien. Ich rieche<br />

schon das Meer.<br />

Ich kann kein Spanisch.<br />

Lass mich jetzt nicht allein.<br />

beisst ihn in den Arm, geht zur Tür, rüttelt an der<br />

Klinke. Konrad, mach die Tür auf! Mach sofort die<br />

Türe auf. Konrad!<br />

Konrad kommt aus dem Musikzimmer.<br />

Konrad, wie geht’s dir? Sag, wie geht’s dir?<br />

Es geht mir gut.<br />

Alles in Ordnung?<br />

Alles in Ordnung.<br />

Bist du sicher?<br />

Alles in Ordnung.<br />

Er hat sie getötet. Wie James Bond.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 30-


Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

11. Veilchen und Rosen<br />

Ursina mit einem blauen Auge, Konrad beim Essen.<br />

Und? Pause. Du siehst doch, dass ich ein blaues Auge<br />

habe. Das siehst du doch? Und dass Thomas nicht hier<br />

ist, das siehst du doch auch?<br />

Das sehe ich, ja.<br />

Und willst du nichts fragen? Willst du nicht wissen,<br />

was los ist? Wieso Thomas nicht da ist?<br />

Wo ist er denn?<br />

Weg ist er. Ich habe ihn rausgeschmissen. Wir sind<br />

wieder zu zweien. Freust du dich denn nicht?<br />

Thomas ist weg?<br />

Und kommt nicht wieder. Wieso sagst du nichts?<br />

Was soll ich sagen?<br />

Freust du dich denn gar nicht? Konrad, wir sind doch<br />

verheiratet. Das geht doch nicht, dass immer noch ein<br />

anderer Mann da ist.<br />

Vielleicht hast du recht.<br />

Bitte versteh mich nicht falsch. Aber, nein was sage ich<br />

da? So ist es gar nicht. Das stimmt alles gar nicht. Ich<br />

liebe dich, ich liebe dich immer noch, und es kann<br />

immer noch alles gut werden. Es ist diese Wohnung.<br />

Wir müssen hier raus. Sofort. <strong>Die</strong>se Wohnung ist nicht<br />

zum aushalten. Alles so klein und eng und immer<br />

dreckig.<br />

Wieso putzt du die Wohnung nicht? Ich begreife das<br />

nicht. Du hast doch Zeit, die Wohnung zu putzen?<br />

Konrad, bitte hör mir zu. Wir wollten doch immer eine<br />

eigene Villa haben. Eine Villa mit einem grossen<br />

Garten und vielen Zimmern und einem grossen Balkon.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 31-


Konrad<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Dort frühstücken wir zusammen am Sonntag. Am<br />

Himmel ziehen schneeweisse Federwolken. Und wir<br />

trinken Tee aus edlem Porzellan und strecken dabei<br />

den kleinen Finger in die Luft wie die Königin von<br />

England. Es klingelt. Und weisst du, was ich noch<br />

sehe, Konrad? Ich sehe unsere Kinder, wie sie spielen<br />

und es schön haben. Es klingelt. Sie haben eine<br />

Schaukel, mit der können sie bis in den Himmel fliegen<br />

oder bis zu uns hoch, zu unserem Balkon und dann<br />

kommen sie dahergeschwungen und wir füttern sie wie<br />

kleine Vögel mit einem Stück Honigbrot. Es klingelt.<br />

Bitte, schick ihn weg. Bitte, tu das für mich. Bitte, tu<br />

das für mich.<br />

Konrad steht auf, geht zur Tür. Thomas betritt mit<br />

einem Strauss Rosen die Wohnung, Ursina schaut<br />

nicht zu ihm hin.<br />

Guten Abend Thomas.<br />

Und dieser Garten. Und diese Blumen, diese wunderschönen<br />

Blumen. Und dieser uralte Teich mit seinem<br />

schwarzen Wasser. Und auf dem Wasser schwimmen<br />

Seerosen, riesige Seerosen. Mit solchen Blättern. Und<br />

Fische hat es im Teich, grosse Fische, kleine Fische,<br />

Goldfische, Forellen und Fische, von denen ich noch<br />

nie auch nur den Namen gehört habe. Und ich steige<br />

hinein in den Teich. Gleite durchs Wasser. Um mich<br />

nur Wasser, alles so still, kein Ton und kein Gramm<br />

Gewicht mehr.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Pause.<br />

Ich dachte, du magst Blumen?<br />

Ich mag Blumen, ja.<br />

12. Konrad bekommt Besuch<br />

Petra<br />

zu Thomas. Und wer sind Sie?<br />

- 32-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Thomas<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Das ist Thomas, ein alter Freund von mir und auch von<br />

Konrad mittlerweile.<br />

zu Thomas. Und was tun Sie hier?<br />

Thomas wohnt für ein paar Tage hier.<br />

Kann er nicht selber reden?<br />

Ist das ein Verhör oder was?<br />

Thomas, bitte, das ist doch Petra, sie leitet die<br />

Zahnarztpraxis. Sie möchten doch sicher mit Konrad<br />

sprechen?<br />

Eins nach dem andern.<br />

geht Richtung Musikzimmertür. Ich ruf ihn jetzt.<br />

Eins nach dem andern, habe ich gesagt. Eins nach dem<br />

andern.<br />

Kann ich ihnen was anbieten?<br />

Nein danke!<br />

Was hätten Sie denn gerne?<br />

Ich brauche nichts.<br />

Sind Sie sicher?<br />

Einen Kaffee, bitte.<br />

Kaffee, ja sofort, gerne. Bitte. Verschwindet in der<br />

Küche.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

zu Thomas. Und Sie wohnen also für ein paar Tage<br />

hier?<br />

Was dagegen?<br />

Na, sagen Sie schon, was tun Sie hier?<br />

kommt aus der Küche. Ich hab’s gewusst. Ich hab’s<br />

gewusst. Jetzt fehlt die Milch. Keine Milch im Haus.<br />

- 33-


Petra<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Wo krieg ich um diese Zeit nur Milch her? <strong>Die</strong>se<br />

gottverdammte Scheissmilch. Tschuldigung! Wie mich<br />

das ankotzt. Wieso hat Konrad nicht gesagt, dass Sie zu<br />

Besuch kommen?<br />

zu Thomas. Wieso reden Sie nicht mit mir? Sehe ich<br />

so schlimm aus?<br />

Thomas, so sag doch was.<br />

Verdammt noch mal. Was soll denn das. Muss ich mir<br />

denn von der alles bieten lassen, nur weil sie Zahnarzt<br />

ist?<br />

Entschuldigen Sie, Thomas ist nicht so.<br />

Doch genau so bin ich. Genau so, wie ich jetzt bin, bin<br />

ich. Einer der Bier säuft und fern sieht, so einer bin ich.<br />

Thomas, bitte. Tschuldigung. Ich hätte auch bestimmt<br />

aufgeräumt und es mit dem Fenster noch mal versucht.<br />

<strong>Die</strong>se Wohnung ist so schwer in Ordnung zu halten.<br />

Und jetzt ist nicht mal Milch im Haus.<br />

Ich trinke den Kaffee schwarz.<br />

Tatsächlich? Schwarz? Sie sagen das jetzt nicht einfach<br />

so aus Höflichkeit?<br />

Nein. Hübsche Wohnung.<br />

Finden Sie?<br />

Und meinem Konrad scheint es ja auch zu gefallen in<br />

dieser hübschen Wohnung.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Ich ruf ihn jetzt.<br />

Eins nach dem andern.<br />

Der Dreck an dieser Fensterscheibe ist stärker als jede<br />

Putzanstrengung.<br />

- 34-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Wie geht’s ihm denn, meinem Konrad? Glücklich<br />

verheiratet?<br />

Nun ja, ich hoffe es doch.<br />

Gesund und munter, nehme ich an.<br />

Wieso sollte er nicht gesund sein?<br />

Stimmt, wieso sollte er nicht gesund und munter sein.<br />

Andererseits, sie treten am Morgen aus dem Haus,<br />

geben nicht Acht auf den Lastwagen von links und<br />

liegen schon flachgestrichen auf dem Asphalt. Lacht,<br />

Ursina lacht mit.<br />

Ist das nicht ein bisschen übertrieben? Wobei, nun ja,<br />

der moderne Verkehr, das ist schon eine Gefahr, da<br />

haben sie schon recht.<br />

Und was ist nicht alles in der Luft, die wir einatmen, in<br />

der Nahrung, die wir essen.<br />

Und all diese Zusatzstoffe, das ist natürlich schon ein<br />

Problem. Man weiss ja heutzutage gar nicht mehr, was<br />

man isst. Alles kleingehackt und verpackt, schmeckt<br />

eins wie das andere.<br />

Ein Pandämonium von Allergien und nicht wenige<br />

davon mit letaler Wirkung.<br />

Genau.<br />

Oder der Tod kommt am Morgen im Badezimmer,<br />

plötzlich ist die elektrische Zahnbürste kurzgeschlossen.<br />

Ein Tropfen Feuchtigkeit am falschen Ort, schon<br />

schlagen 220 Volt an den Gaumen. Lacht, Ursina<br />

lacht mit. Und was das bedeutet, davon kann ich Ihnen<br />

als Zahnarzt ein Liedchen singen. Obwohl das jetzt<br />

kein Plädoyer gegen den Gebrauch von elektrischen<br />

Zahnbürsten sein soll, im Gegenteil, ihre kräftigende<br />

Wirkung aufs Zahnfleisch und die überlegene<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 35-


Ursina<br />

Petra<br />

Thomas<br />

Petra<br />

Thomas<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Reinigungsleistung am Zahnschmelz sind klinisch<br />

dutzendfach erhärtet.<br />

Ja, Konrad putzt sich seine Zähne auch mit der<br />

elektrischen Bürste.<br />

zu Thomas. Und was meinen Sie?<br />

Einmal erwischt es jeden.<br />

Genau, auf lange Sicht sind wir alle tot. Aber wie<br />

sieht’s mittelfristig aus? Und wie jetzt, in diesem<br />

Moment? Hätten Sie Lust zu sterben?<br />

Was reden Sie da? Was soll der Quatsch?<br />

Erzählt ihnen Konrad manchmal von seiner Arbeit?<br />

Hm? Nein, ja, nein, für ihn sind das zwei verschiedene<br />

Dinge. Dort die Arbeit, hier das Zuhause.<br />

Sehr vernünftig. Wen hat er denn dort? Mich hat er<br />

dort und hier hat er sie. Dazu ein höchst sympathischer<br />

junger Freund als treuer Gast. Schön hat er‘s hier, mein<br />

Konrad.<br />

Dann hat er ja auch sein Musikzimmer. Er hat sich<br />

alles selber eingerichtet. Es ist eine echte Leidenschaft<br />

von ihm. Und ich akzeptiere das. In der Ehe ist es<br />

wichtig, dass man Respekt hat vor den Leidenschaften<br />

seines Partners.<br />

Musik, das ist gut, Balsam für die Nerven. Wo<br />

Zahnarzt doch ein so schrecklicher Beruf ist. Immer<br />

dieser Horror in den Augen der Kundschaft, die<br />

panisch aufgerissenen Münder. Sowas geht an die<br />

Nerven. Auch wenn die Methoden ja viel sanfter<br />

geworden sind.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Was ist denn schon dran an diesem blöden Zahnausreissen?<br />

Thomas, reiss dich endlich zusammen!<br />

- 36-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Petra<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Petra<br />

Petra<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Er hat recht. Am Schluss ist’s ein Beruf wie jeder<br />

andere.<br />

Genau, können ja offensichtlich sogar Frauen machen.<br />

Soll ich jetzt nicht vielleicht doch mal Konrad rufen?<br />

Pause. Sie haben doch nicht Streit miteinander? Pause.<br />

Ich mein, Sie rufen an und er legt einfach auf, ohne<br />

etwas zu sagen. Ich verstehe das nicht. Sowas tut man<br />

nicht.<br />

Hat nichts zu bedeuten.<br />

Sowas tut man doch nicht.<br />

Was tut der Mensch denn nicht alles. Er sitzt herum in<br />

fremden Wohnungen, er redet mit fremden Leuten und<br />

trinkt Kaffee ohne Milch.<br />

Der Kaffee, Scheisse noch mal. Tschuldigung. Sie<br />

trinken ihn wirklich schwarz?<br />

Mein Konrad, wie konnte er mir das nur antun. Wie<br />

konnte er nur.<br />

Konrad steht in der Türe des Musikzimmers.<br />

Konrad, da bist du ja. Mein Konrad. Willst du mich<br />

nicht reinlassen? Bitte, lass mich rein zu dir. Konrad,<br />

ich habe etwas mit dir zu besprechen. Verstehst du<br />

nicht, unter vier Augen.<br />

Petra verschwindet mit Konrad im Musikzimmer.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Das war jetzt seltsam, was die alles geredet hat.<br />

Eine aufgeblasene Kuh ist das, weiter nichts.<br />

Wieso fängt sie dann von den elektrischen Zahnbürsten<br />

an?<br />

Zahnärzte reden über Zahnbürsten.<br />

- 37-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Du weisst genau, was ich meine. Konrads Zahnbürste<br />

mein ich, du hast an der rumgemacht, genau wie sie<br />

erzählt hat. Sie weiss alles. Konrad hat ihr alles erzählt.<br />

Gar nichts weiss die. Ein gottverdammtes Zahnarztgrossmaul,<br />

das ist alles.<br />

Was machen die da drin?<br />

Ja, was machen die da wohl? Wieso bin ich da nicht<br />

gleich drauf gekommen. Deshalb sind wir dem egal,<br />

weil er seinen Zahnarzt hat.<br />

Konrad würde mir sowas nie antun, das weiss ich. Sie<br />

ist seine Chefin und sie haben eine geschäftliche<br />

Besprechung. So ist es.<br />

Das ist doch alles nur Theater, ein einziges grosses<br />

Theater, Konrad verarscht dich.<br />

Konrad ist nicht so. Er liebt mich, er liebt mich<br />

wirklich.<br />

Ich liebe dich auch. Und ich liebe dich richtig. Fängt<br />

an, an ihr rumzumachen.<br />

Spinnst du. Konrad hat Besuch.<br />

Was geht’s mich an.<br />

Sie kann jeden Augenblick rauskommen.<br />

Ich scheiss drauf.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

13. Kurz darauf<br />

Alles in Ordnung?<br />

Alles in Ordnung.<br />

Und deine Chefin?<br />

- 38-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Ist gegangen.<br />

Konrad, du zitterst. Ist was passiert? Was ist passiert?<br />

Nichts ist passiert.<br />

Wieso zitterst du? Sag, wieso zitterst du? Ist etwas<br />

nicht in Ordnung mit der Praxis?<br />

Ursina, bitte glaube mir, jetzt ist alles gut. Leg dich<br />

schlafen. Bitte.<br />

14. Abschiedsparty<br />

Na komm, rück es endlich raus. Ist doch ein toller<br />

Abend heute, du sitzt ausnahmsweise nicht in deinem<br />

Zimmer und wir haben schon so manchen Mordsspass<br />

gehabt zusammen, da kannst du’s doch zugeben.<br />

Ich weiss nicht, wovon du redest.<br />

Na, komm schon, du weisst genau, wovon ich rede.<br />

<strong>Die</strong>ser Zahnarzt, du fickst doch diesen Zahnarzt. So ist<br />

es doch. Du lässt dir von der deinen Zahn abschleifen<br />

und lebst hier ganz stressfrei. Na sag schon, so ist es<br />

doch.<br />

Nein, es ist nicht so.<br />

Was habt ihr denn dort drin gemacht? Du hast der doch<br />

nicht deine Plattensammlung gezeigt? Na, sag schon!<br />

Was war da?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Nichts von dem, was du denkst.<br />

weist auf Ursina. Konrad, dein gottverdammtes<br />

Saubermannleben besteht doch nicht nur aus der da.<br />

Komm schon, spuck es endlich aus!<br />

Du hast doch gehört, was Konrad gesagt hat.<br />

- 39-


Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Das geht dich einen Scheissdreck an. Das ist was<br />

zwischen ihm und mir, verstanden? Pause. Auch gut,<br />

ich muss nicht reden, ich brauch das hier nicht, ich bin<br />

auf das hier nicht angewiesen. Werde ein paar Leute<br />

kontaktieren, dann bin ich weg hier, wieder drin im<br />

Geschäft. Da gibt’s viele Möglichkeiten, ich kann mir’s<br />

aussuchen. Kein Problem ist das, überhaupt kein<br />

Problem. Ich geh ein paar Wochen auf Montage.<br />

Bisschen Bewegung kann nicht schaden, ich hab ja<br />

schon Rost angesetzt in dieser gottverdammten<br />

Wohnung hier. Na, Konrad, was sagst du? Ist<br />

sozusagen meine Abschiedsparty heute abend. Ist doch<br />

ein Grund zum Feiern. Jetzt Jerez für alle. Eine Flasche<br />

muss doch noch übrig sein. Vamos tomar. Vamos<br />

tomar! En Espagna siempre hay el sol.<br />

Hör endlich auf mit diesem Scheiss.<br />

Das ist nicht Scheiss, das ist Spanisch. Ich spreche<br />

Spanisch. Nicht einmal unser Herr Doktor kann das.<br />

Nichts kann der. Nicht mal ersaufen. Schwimmt<br />

einfach raus, aber ersäuft nicht. Wo an dieser Stelle<br />

doch Jahr für Jahr mindestens ein Dutzend Touristen<br />

sich auf ewig zu den Fischen verabschieden. Nur<br />

Konrad, der tut‘s nicht. Total unfähig von A bis Z.<br />

Du kannst sagen, was du willst, mir macht das nichts<br />

mehr aus.<br />

Aha, und wozu dann das Wasser auf den Wangen? Ich<br />

lass doch nur ein bisschen Ferienstimmung<br />

aufkommen. Wo sind denn die Fotos unserer Ferien?<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Wo sind die gottverdammten Fotos dieser gottverdammten<br />

Ferien? Wir waren doch zusammen in den<br />

Ferien, das waren wir doch? Und war doch toll, war es<br />

doch? Aber von guter Stimmung verstehen die Weiber<br />

überhaupt nichts. Unter Männern ist das anders. So ist<br />

es doch, Konrad. Wir wissen noch, was Spass haben<br />

heisst. Ich schicke dich zum Spass zum Ersaufen und<br />

- 40-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

du erlaubst dir deinerseits einen kleinen Spass und<br />

kommst vom Ersaufen wieder zurück.<br />

Du tust mir nicht mehr weh, du nicht mehr. Du bist zu<br />

dumm, um mir weh zu tun.<br />

Holla, holla, icha de perre. Zickig ist die, zickig, nicht<br />

zum Aushalten. Aber ich weiss einen Griff, der bringt<br />

sie zuverlässig zum Schweigen und dann so und so und<br />

schon sumpft‘s zwischen ihren Beinen. Idiotensicher,<br />

das schaffst sogar du. Aber du musst ja nicht. Du stösst<br />

ja auf der Arbeit.<br />

Konrad will ins Musikzimmer gehen.<br />

Konrad, bitte.<br />

Was ist?<br />

Nichts. Nichts ist.<br />

Genau, nichts ist los mit diesen verdammten Scheissweibern.<br />

Buenas noches amigo.<br />

Gute Nacht.<br />

Na, wie steht‘s Frau Doktor? Noch ein Gläschen? Na,<br />

sag schon? Zu vornehm für diese Welt?<br />

Thomas schenkt sich Schnaps ein, schaltet Fernseher<br />

ein, er beschimpft in seinem Spanisch die Frauen im<br />

Fernseher, die für Telefonsex werben.<br />

Du warst doch vorhin irgendwie nicht nett zu mir.<br />

Ursina will ihm ausweichen, er wirft sie aufs Sofa.<br />

Du bleibst gefälligst hier, wenn ich mit dir rede. Icha<br />

de perra.<br />

Er öffnet sich die Hose, sie wehrt sich, er schlägt sie,<br />

sie wehrt sich nicht mehr.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

15. Champagner<br />

<strong>Die</strong> drei zusammen im Wohnzimmer, eine Flasche<br />

Champagner, Schweigen.<br />

- 41-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Ich kann’s auch wegmachen. Noch kann man es<br />

wegmachen. Schweigen. Ich trinke jetzt noch mein<br />

letztes Gläschen. Dann fängt bei mir die Gesundheit<br />

an.<br />

Du willst mit Saufen aufhören? Das glaubst du ja<br />

selber nicht.<br />

Das liegt jetzt nicht mehr drin. <strong>Die</strong>se Wohnung ist<br />

natürlich jetzt endgültig viel zu klein. Ein Kind braucht<br />

Platz, ganz viel Platz. Drinnen und draussen. Es muss<br />

auch draussen spielen können. Das ist sehr wichtig für<br />

die kindliche Entwicklung. <strong>Die</strong> frische Luft und die<br />

Bewegung. Kleine Kinder müssen sich bewegen<br />

können. Wir brauchen einen Garten, einen grossen<br />

Garten, wo es spielen kann, zwischen den Blumen und<br />

im Gras, da muss es spielen können. Schweigen. Ich<br />

kann’s auch wegmachen. Noch kann man es<br />

wegmachen. Das geht jetzt noch. - Sagt jetzt einer von<br />

euch vielleicht mal was?<br />

Einen Namen hast du auch schon für unser Kind?<br />

Hab ich. Ich will, dass es wie sein Vater heisst.<br />

mit überraschter Freude. Sina.<br />

zu Konrad. Konrad. Unser Kind heisst Konrad. Jetzt<br />

gibt es noch einen Konrad, einen ganz kleinen Konrad.<br />

Freust du dich?<br />

Doch, doch, natürlich, es ist nur - so neu, überraschend.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Jetzt werden wir endlich eine richtige Familie. Ich<br />

trinke jetzt noch mein letztes Gläschen. Dann fängt bei<br />

mir die Gesundheit an. Schweigen. Ich kann’s auch<br />

wegmachen. Noch kann man es wegmachen.<br />

- 42-


Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Konrad<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

16. Der Knall geht nicht los<br />

Ursina, Konrad und Thomas vor ihren Pizzaschachteln.<br />

Thomas mit einer Pistole.<br />

Konrad, du bist Zahnarzt, das bist du doch? Und<br />

Zahnärzte können doch denken, das weiss ich doch,<br />

dass die denken, auch wenn ich nichts in der Birne<br />

habe als einen gottverdammten Suff, das weiss ich,<br />

dass ein Zahnarzt sich was denken muss dazu, wenn<br />

hier einer sitzt, mitten in... mitten in seiner Zahnarztehe,<br />

das sag ich jetzt, wie sagt man? Einfach so, ganz<br />

neutral, von aussen, dass muss doch so sein, dass der<br />

sich was denkt. Muss doch so sein. Oder wie oder was.<br />

Da frisst doch einer, da säuft doch einer, und da fickt<br />

doch einer. Verstanden? Ich ficke sie. Sie da! Deine<br />

Frau. Täglich, russe ich ihr das Rohr, verstanden? Ist<br />

das etwa nichts? Das ist doch was. Auch wenn du was<br />

mit dem andern Zahnarzt hast, ist das noch immer was,<br />

verstanden? Und wenn das Kind tausend Mal Konrad<br />

heisst, ist es doch von mir, verstanden? Das Kind ist<br />

von mir! Verstanden?<br />

So gibt es doch nur eine Sauerei.<br />

Was ist los? Hast du Angst um den Spannteppich? Sind<br />

das deine ganzen Sorgen? Sonst alles in schönster<br />

Ordnung hier. Wie steht es denn zum Beispiel mit<br />

deiner Frau? Na sag schon. Ist sie dir treu, deine Frau?<br />

Sag endlich was.<br />

Bitte, sonst passiert noch etwas. Bitte, gib mir die<br />

Pistole. Es ist besser so.<br />

Ich gebe die Pistole ab und alles ist wieder gut oder<br />

was? Das ist ein Pistole, die ist geladen. Ich kann dich<br />

immer noch umbringen. Ich habe eine Pistole, noch<br />

kann ich es tun.<br />

Gib ihm schon die Pistole.<br />

Ich kann auch dich umbringen. Oder mich. Das Ding<br />

schiesst, schiesst, wohin ich will.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 43-


Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Ursina<br />

Thomas<br />

Dann bring mich um, bitte. Tu es. Sie weist auf ihren<br />

Bauch. Auch für ihn ist es das beste, wenn er das hier<br />

gar nicht erst anfangen muss.<br />

Sina, bitte.<br />

Einmal kannst du doch etwas Gutes tun.<br />

Hör auf, so zu reden oder ich tu es wirklich.<br />

Tu es.<br />

Du lügst. Du lügst, lügst, lügst. Sina, sag mir, dass du<br />

mich liebst. Sag es. Ich bin nur für dich da. Das<br />

einzige, was jemals Sinn hatte in meinem Leben, das<br />

warst du. Was ich brauche, ist eine Chance, eine<br />

Chance nur. Ich bin nicht, wie ihr denkt, bin ich nicht.<br />

Schlägt sich mit der Pistole an den Kopf. Ist alles<br />

vollständig in Ordnung hier drin. Nur Zahlen, die<br />

funktionieren nun mal nicht so gut. Fängt alles zu<br />

schwimmen an vor meinen Augen, ist eine Art<br />

Sehschwäche…<br />

…gegen die es keine Brille gibt.<br />

Hör auf mit diesem Scheiss, hör auf damit, das stimmt<br />

alles gar nicht. Sina, bitte, ich hab doch niemanden<br />

ausser dir.<br />

Tu endlich die blöde Pistole weg.<br />

17. Koni, bitte sei still!<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Thomas und Ursina vor dem Fernseher, im<br />

Kinderwagen schreit das Kind.<br />

Stell endlich den gottverdammten Balg ab. Hörst du<br />

nicht? Tu endlich was! Tu endlich was. Pause. So<br />

kommst du mir nicht durch. So nicht! Du sagst jetzt<br />

was. Du redest jetzt mit mir. Verstanden? Sag was. Sag<br />

endlich was. Pause. Ist jetzt da endlich Ruhe da<br />

drinnen, verdammt noch mal.<br />

- 44-


<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Ursina<br />

Koni, sei still, sei jetzt bitte still. Wieso willst du nicht<br />

still sein. Sei bitte still, bitte sei jetzt still. Bitte sei<br />

doch endlich still. Bitte sei still. Einfach ein bisschen<br />

still sein sollst du. Bitte, sei doch still, sei still. Sei still<br />

jetzt.<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

18. Schlafen ist gut<br />

Ich rufe jetzt die Polizei. Ich kann alles erklären. Es<br />

war ein Unfall.<br />

Immer mit der Ruhe.<br />

Nein. Notwehr war es, richtig, das war es: Notwehr.<br />

Ich konnte nichts anderes tun. Koni war schon ganz<br />

blau im Gesicht. Den Teddy hat er ihm ins Gesicht<br />

gedrückt. Ich konnte nichts anders tun. Was sollte ich<br />

denn tun?<br />

Eins nach dem andern.<br />

Polizei, wir brauchen die Polizei. Polizei! Wo ist die<br />

Polizei!<br />

Ruhig jetzt.<br />

Der Blumentopf ist auch kaputt und schau dir die<br />

armen Blumen an. Alles verdorrt. Alles tot. Alles tot.<br />

Hatte er Freunde? Hatte Thomas Freunde? Sag<br />

schon.Gibt es wirklich niemanden, der nach ihm fragen<br />

könnte? Was ist mit seinen Eltern? Verwandtschaft?<br />

Er hatte niemanden. Kein Mensch wird ihn vermissen.<br />

Vielleicht nicht einmal ich selbst.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Du bleibst jetzt ganz ruhig hier sitzen. Verstanden? Er<br />

holt ihr etwas zu trinken. Trink das. Du wirst gleich<br />

einschlafen.<br />

Schlafen, das ist gut.<br />

- 45-


Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

Komm jetzt, leg dich hin.<br />

Konrad, ich muss doch nicht mehr aufwachen, wenn<br />

ich jetzt einschlafe, das muss ich doch nicht. Bitte<br />

versprich mir, dass ich nicht mehr aufwachen muss.<br />

Komm jetzt.<br />

Konrad, ich hab dich lieb.<br />

Ich hab dich auch lieb. Schlaf jetzt.<br />

Schlafen, das ist gut.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

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Konrad<br />

Ursina<br />

Konrad<br />

Ursina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

19. Thomas verlässt die Wohnung<br />

Konrad schafft vier Müllsäcke aus der Wohnung.<br />

Dazu Musik aus dem Musikzimmer. Mit dem vierten<br />

Müllsack bleibt er stehen, hört sich eine besonders<br />

schöne Stelle aufmerksam an, dann ab in den<br />

Vorraum.<br />

20. <strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>höret</strong> nimmer auf<br />

Wir ziehen hier weg. Nichts hält uns hier zurück.<br />

Wir ziehen hier weg, hast du gehört, Thomas?<br />

Konrad, unser Kind heisst Konrad.<br />

Ja, Konrad.<br />

© Teater<strong>verlag</strong> Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

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