Diplomarbeit_Hermann_Grab
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<strong>Diplomarbeit</strong> Nachdiplomstudium zur<br />
Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität<br />
3 Die Vorreiterrolle der Finanzinstitute in der Risikobewirtschaftung<br />
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, sind die Erkenntnisse in der Bewirtschaftung von Risiken in<br />
der Bankenwelt heute weit fortgeschritten. Aufgrund dessen wollen wir uns in diesem Kapitel die<br />
Tätigkeiten der Banken in diesem Bereich, sei es aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorschriften oder<br />
aufgrund ihrer eigenen betriebwirtschaftlich motivierten Bemühungen, etwas genauer betrachten<br />
und die gewonnenen Erkenntnisse übernehmen bzw. weiter entwickeln.<br />
3.1 Risikofelder einer Bank<br />
Grundlage eines aktiven Risiko-Managements ist zunächst die Identifikation der einzelnen Risikoarten.<br />
Das grösste und bekannteste Risiko der Banken ist das Kreditrisiko in der Form des Bonitäts-<br />
oder Ausfallrisikos. Die Beherrschbarkeit des Bonitätsrisikos wird u.a. dadurch erschwert,<br />
dass der Informationsstand über die Bonitätsbeurteilung von Kreditnehmern ohne Rating durch<br />
den Markt gering ist und Daten nur mit zeitlicher Verzögerung und mit dem guten Willen betreffend<br />
Transparenz des Kreditnehmers zur Verfügung stehen. Die zweite Hauptrisikoart im bankbetrieblichen<br />
Umfeld ist das Marktrisiko. Dieses ergibt sich aus den Preisveränderungen auf den<br />
Zins-, Aktien-, Rohwaren- und Devisenmärkten und hat durch den Einsatz von Derivaten eine<br />
noch grössere Bedeutung erfahren. Mit den derivativen Instrumenten besteht nicht nur die Möglichkeit,<br />
Risiken aus den Basisinstrumenten zu hedgen, vielmehr können auch neue Risikopositionen<br />
aufgebaut werden. Diese beiden Risikoarten werden bereits heute bei allen Bankinstituten intensiv<br />
bewirtschaftet. Die entsprechenden Instrumente, wie EDV-Hard- und Software oder mathematische<br />
Modelle, stehen zur Verfügung und haben sich meist standardisiert.<br />
Anders hingegen sieht es bei der am schwierigsten zu quantifizierenden Risikoart aus, dem operationellen<br />
bzw. operativen Risiko. Hierbei handelt es sich um Risiken, worin die Gefahr z.B. in<br />
einer Betriebsunterbrechung, in Bearbeitungsfehlern, in Reputationsschäden, in Gewaltdelikten<br />
oder Haftungsmöglichkeiten besteht. Die Schwierigkeit der Behandlung operationeller Risiken<br />
liegt im Fehlen statistischer Erfahrungswerte. Ausserdem sind die funktionalen Zusammenhänge<br />
zwischen Ereignis und Verlust nicht immer offensichtlich. Erschwerend kommt dazu, dass operative<br />
Risiken sehr uneinheitlich und vielfach rein zufällig auftreten und grössere Ereignisse zu<br />
enorm hohen Ausfällen - ja sogar bis zum Zusammenbruch der Bank - führen können. Der Thematik<br />
der operationellen Risiken werden wir uns im Rahmen dieser Arbeit nachfolgend noch eingehend<br />
zuwenden. Während Kredit- und Marktrisiken bewusst eingegangen werden sollen, um damit<br />
letztlich Gewinne aus der Risikoposition zu erwirtschaften, sollten operative Risiken vermieden,<br />
zumindest aber langfristig reduziert werden.<br />
Abbildung 1: Mögliche Risikoarten eines Bankinstituts<br />
Marktrisiken Kreditrisiken Operationelle Risiken<br />
Zinsänderungsrisiko Ausfallrisiko Personelle Risiken<br />
Aktienkursrisiko Ratingveränderung Systemrisiken<br />
Forex / Commodity-Risiken Länderrisiken Prozessrisiken<br />
Liquiditätsrisiko Konzentrationsrisiko Externe Risiken<br />
Quelle: Eigene Darstellung<br />
Interessant und äusserst komplex wird schliesslich das Zusammenspiel dieser drei Risikoarten. Die<br />
Wechselwirkungen, die sich beispielsweise zwischen Kredit- und Marktrisiko entfalten können<br />
sind auch in der Asienkrise deutlich geworden 9 : Die verschlechterte Bonitätseinschätzung (erhöhtes<br />
Kreditrisiko) von Thailand und Indonesien führte zu einem Kapitalabzug aus diesen Ländern<br />
und damit zur Schwächung der jeweiligen nationalen Währungen. Dies erhöhte wiederum die Devisenmarktrisiken<br />
in diesen Währungen (erhöhtes Marktrisiko), was im Gegenzug wieder das Kreditrisiko<br />
für diese Länder (Transferrisiko) erhöhte.