stahlmarkt 4.2018 (April)
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12 K Steel International<br />
Die USA in Aufruhr<br />
Von Manik Mehta*<br />
Die schrille Reaktion, verursacht durch die angekündigten Zölle auf<br />
ausländische Stahl- und Aluminiumprodukte, hatte US-Präsident Donald<br />
Trump offensichtlich nicht erwartet. Selbst unter den Republikanern war<br />
die Reaktion heftig. Der zur republikanischen Partei gehörende Sprecher<br />
des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, zeigte sich »zutiefst besorgt« über<br />
die Importzölle in Höhe von 25 bzw. 10 %; er warnte davor, dass diese<br />
der amerikanischen Wirtschaft schaden könnten.<br />
»Ich bin mit dieser Maßnahme nicht<br />
einverstanden… und fürchte die daraus folgenden<br />
Konsequenzen«, sagte Ryan in einer<br />
Erklärung über die Stahl- und Aluminiumzölle.<br />
Seine Erklärung repräsentierte die<br />
Position von mindestens 107 republikanischen<br />
Kongressmitgliedern, die Trump in<br />
einem gemeinsamen Brief aufforderten,<br />
»die allgemeinen Zölle zu überdenken, um<br />
unvorsehbare Schäden für die amerikanische<br />
Wirtschaft und für die Arbeitsplätze zu<br />
vermeiden«. Viele Kritiker fürchten einen<br />
Handelskrieg. Ryan schätzt, dass der in seinem<br />
Heimatstaat Wisconsin beheimatete<br />
Motorradhersteller Harley-Davidson mit<br />
Strafzöllen für seine Produkte in Europa –<br />
und besonders in Deutschland – rechnen<br />
muss. Die Angst bei Harley-Davidson hinsichtlich<br />
Um satz- und Jobverlusten ist groß.<br />
Die Stimmung in Ryans Wahlkreis ist<br />
schlecht.<br />
Der Präsident der Europäischen Kommission,<br />
Jean-Claude Juncker, hatte bereits<br />
davor gewarnt, dass die Europäische Union<br />
auch Strafzölle auf amerikanische Produkte<br />
wie Bourbon-Whiskey, Jeans-Hosen und<br />
Harley-Davidson Motorräder im Falle einer<br />
Implementierung der von Trump angekündigten<br />
Zölle verhängen werde. Trump be -<br />
hauptete, dass die USA ein Rekordhandelsdefizit<br />
von ca. 800 Mrd. US-Dollar im Jahr<br />
verzeichnet. Dieser Vorwurf gilt vor allem<br />
* Manik Mehta ist Korrespondent für USA und Asien<br />
und lebt in New York<br />
China. Es sei das »größte Problem«, so<br />
Trump – und das, obwohl die chinesischen<br />
Stahllieferungen weniger als 2 % der Ge -<br />
samtstahlimporte in den USA darstellen.<br />
Kanada, Brasilien, Südkorea und Mexiko<br />
machten fast die Hälfte der Gesamtstahlimporte<br />
2017 aus; andere Produkte trugen<br />
maßgeblich zum gewaltigen Handelsüberschuss<br />
Chinas bei.<br />
Was droht der Automobilindustrie?<br />
Bei einem Auftritt im Bundesstaat Pennsylvania,<br />
der Hochburg der amerikanischen<br />
Stahlindustrie, hat Präsident Trump den<br />
Europäern erneut mit Strafzöllen auf Autos<br />
gedroht. Amerikanische Handelsexperten<br />
meinten, der Präsident habe wahrscheinlich<br />
deutsche Autohersteller wie Mercedes Benz<br />
und andere im Visier. Zuvor hatte die EU-<br />
Handelskommisarin Cecilia Malmstrom nach<br />
Gesprächen mit dem US-Handelsbeauftragten<br />
Robert Lighthizer in Brüssel ihre Enttäuschung<br />
über die Unflexibilität der Amerikaner<br />
kundgetan. Daraufhin postete Trump<br />
per Twitter: Die Europäische Union, wunderbare<br />
Länder, die die USA sehr »schlecht<br />
behandeln«, beschwere sich über die Zölle<br />
auf Stahl und Aluminium. »Wenn sie ihre<br />
schrecklichen Barrieren und Zölle auf eingeführte<br />
US-Produkte fallen lassen, werden wir<br />
umgekehrt unsere aufgeben.« Deutsche<br />
Autobauer haben 2017 fast 500.000 Fahrzeuge<br />
in die USA exportiert.<br />
Bestimmen Ausnahmen die Regel?<br />
Angesichts des wachsenden Widerstandes<br />
in der amerikanischen Industrie (abgesehen<br />
vom Stahl- und Aluminiumsektor sind alle<br />
Industriebereiche gegen die geplanten Strafzölle)<br />
zeigte sich Trump kompromissbereit<br />
manchen Ländern gegenüber. Neben Ka -<br />
nada und Mexiko könnte auch »die große<br />
australische Nation« von Schutzzöllen verschont<br />
bleiben. Natürlich nicht ohne Gegenleistung.<br />
Trump will nach eigenen Angaben Australien<br />
von den geplanten US-Schutzzöllen auf<br />
Aluminium und Stahl ausnehmen. Er habe<br />
mit dem australischen Premierminister Malcolm<br />
Turnbull darüber gesprochen. Turnbull<br />
sei »sehr fairen und beiderseitigen Militärund<br />
Handelsbeziehungen verpflichtet«, so<br />
der US-Präsident in einer Twitter-Ankündigung.<br />
»Wir arbeiten sehr rasch an einem<br />
Sicherheitsabkommen, damit wir unserem<br />
Verbündeten, der großen australischen Na -<br />
tion, keine Stahl- oder Aluminiumzölle aufbürden<br />
müssen!«<br />
Die australische Außenministerin Julie Bi -<br />
shop hatte bei einer Diskussion am 7. März<br />
bei der Asia Society in New York indirekt die<br />
geplanten Stahl- und Aluminiumzölle kritisiert.<br />
Protektionismus werde einen negativen<br />
Einfluss auf den Welthandel haben.<br />
»Wir könnten einen Abwärtstrend beim<br />
Welthandel erleben«, warnte sie. Die US-<br />
Regierung solle Beschwerden über Stahldumping<br />
an die Welthandelsorganisation<br />
richten.<br />
Bislang sind nur Kanada und Mexiko von<br />
den Zöllen ausgenommen. Das machte<br />
Trump allerdings abhängig von den laufenden<br />
Nafta-Verhandlungen. Sollte es dort<br />
zum »Deal« kommen, würden die Zölle<br />
»höchstwahrscheinlich« dauerhaft nicht<br />
gegen sie verhängt, meinte Trump. Der<br />
kanadische Premier Justin Trudeau hatte<br />
zuvor die geplanten Zölle als »absolut unakzeptabel«<br />
zurückgewiesen. Kanada, Mexiko<br />
und die USA gehören der nordamerikanischen<br />
Freihandelsgemeinschaft NAFTA an.<br />
Kanada und Mexiko sind die größten Lieferanten<br />
von Stahl- und Aluminiumprodukten.<br />
Alle anderen Länder lud Washington zu<br />
Einzelfallverhandlungen ein. Sollten sie<br />
nachweisen können, dass sie durch »alternative<br />
Mittel« den negativen Einfluss, den<br />
ihre Stahllieferungen auf die nationale<br />
Sicherheit der USA hätten, ausgleichen,<br />
könnten auch sie Nachlässe erhalten.<br />
Das Weiße Haus begründete die Zölle u. a.<br />
mit dem Verlust von zehntausenden Jobs in<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>4.2018</strong>