Inspiration 2/2018 dt
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EXPERT LEICHTGEWICHT<br />
ILLUSTRATION: SOPHIE KETTERER<br />
Skepsis betrachte ich jetzt das ultraleichte<br />
Etwas, das er neben den Rucksack gelegt<br />
hat. Das soll ein Zelt ein? Einwandig und aufs<br />
Nötigste reduziert, scheint es mir eher für<br />
tropische Nächte gemacht. Aber gut, probieren<br />
wir es aus. Seufzend packe ich mein Drei-<br />
Kilo-Heim zurück ins Auto, wenig später wandern<br />
wir los. Jetzt freue ich mich darüber,<br />
weniger tragen zu müssen. Aber wird sich das<br />
Leicht-Zelt in der Praxis bewähren?<br />
SCHRITTWEISE ANPASSUNG<br />
Die Vorteile sehr leichter Ausrüstung liegen<br />
klar auf der Hand: Geringeres Gewicht bedeutet<br />
weniger Belastung für den Körper, späteres<br />
Eintreten von Ermüdungserscheinungen,<br />
unbeschwertes, schnelles Vorwärtskommen.<br />
Dadurch lassen sich weitere Strecken in kürzerer<br />
Zeit und mit weniger Energieaufwand<br />
zurücklegen. Das zeigt sich auch auf unserer<br />
fünftägigen Tour. Glücklicherweise funktioniert<br />
der «Hauch von Nichts» recht gut: Zwar<br />
machen wir Abstriche beim Komfort und<br />
das Platzangebot ist deutlich begrenzter als<br />
in meinem Tunnelzelt. Zu viel Wind verträgt<br />
unser Unterschlupf auch nicht, doch dem<br />
Dauerregen trotzt er tapfer.<br />
Wer das Gewicht seines Wandergepäcks auf<br />
ein Minimum reduzieren möchte, oder aus<br />
gesundheitlichen Gründen reduzieren muss,<br />
sollte sich schrittweise an die für ihn passende<br />
Ausrüstung herantasten. Ausprobieren, was für<br />
einen passt und vor allem – was sich bewährt.<br />
Ganz wichtig: Die Ausrüstung muss immer an<br />
die jeweiligen Bedingungen angepasst sein:<br />
Terrain, Klima, Wetter, Art und Dauer der Route.<br />
Ebenso an die eigene Fitness und Erfahrung.<br />
Denn: Das reduzierte Gepäck lässt unter Umständen<br />
weniger Sicherheitsreserven. Nicht<br />
nur, was den Wetterschutz betrifft – weniger<br />
mitzunehmen bedeutet auch, gegebenenfalls<br />
keinen Ersatz zu haben, wenn etwas kaputt<br />
geht. Und nicht alle leichten Materialien sind<br />
gleich robust. Eine ultraleichte Regenjacke<br />
beispielsweise hält auf einer mehrtägigen<br />
Trekkingtour dem Druck des Rucksacks auf<br />
die Schultern kaum stand. Doch neue Entwicklungen<br />
und Technologien haben in den<br />
letzten Jahren viel verändert. Die Auswahl<br />
an ultraleichten Ausrüstungsgegenständen ist<br />
nicht nur riesig – von minimalistischen Zelten<br />
über spartanisch anmutende Rucksäcke bis hin<br />
zu Wetterschutzjacken, die nicht mehr wiegen<br />
als eine Tafel Schokolade – immer häufiger<br />
bieten ultraleichte Teile auch erstaunlich viel<br />
Komfort und Schutz.<br />
WIE LEICHT IST ULTRALEICHT?<br />
Ultraleicht-Wanderer definieren sich weniger<br />
über das Gewicht der einzelnen Gegenstände,<br />
als über das Gesamtgewicht ihrer Ausrüstung:<br />
Nicht mehr als fünf Kilogramm soll sie wiegen,<br />
sagen einige, wenn man Essen, Wasser und<br />
Brennstoffe abzieht. Ob man sich an diesem<br />
Wert orientiert und wie sehr, bleibt jedem<br />
selbst überlassen. Schliesslich hängt die Entscheidung<br />
auch davon ab, inwieweit man bereit<br />
ist, die persönliche Komfortzone zu verlassen.<br />
Unter Umständen nicht für jede denkbare<br />
Situation ausgerüstet zu sein. Wer bisher mit<br />
«klassischer» Ausrüstung unterwegs war, kann<br />
sich schrittweise an weniger Gewicht herantasten.<br />
Überlegen, welche Dinge unentbehrlich<br />
sind und auf was sich problemlos verzichten<br />
lässt – die Bächli Bergsport Mitarbeiter stehen<br />
gerne mit Rat zur Seite. Denn auch viele leichte<br />
Ausrüstungsgegenstände können in ihrer Summe<br />
ganz schön zu Buche schlagen.<br />
In einem nächsten Schritt gilt es abzuwägen,<br />
welche der unabdingbaren Gepäckstücke durch<br />
weniger schwere ersetzt werden können:<br />
Reicht ein leichterer Schlafsack? Die leichtere<br />
Matte? Ein leichteres Zelt oder sogar ein Tarp?<br />
Welche Kleidungsstücke können funktional<br />
miteinander kombiniert werden und ersparen<br />
so vielleicht eine zusätzliche Schicht? Welche<br />
haben ein besonders gutes Verhältnis von Wärme<br />
zu Gewicht? Isolationsjacken mit Daunen- oder<br />
Kunstfaserfüllung kommen hier beispielsweise<br />
deutlich besser weg als eine Fleecejacke, die<br />
zudem viel Platz im Rucksack einnimmt.<br />
Apropos Platz im Rucksack: Wer von Anfang<br />
an einen kleineren Rucksack wählt,<br />
wird sehr wahrscheinlich weniger Gepäck<br />
mit sich tragen. Denn egal, wie gross der<br />
Rucksack ist: voll wird er immer. Man<br />
muss ja nicht gleich, wie mein Reisepartner,<br />
alle entbehrlichen Riemen abschneiden.<br />
Kann man aber.<br />
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