Inspiration 2/2018 dt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
HAUSBERG BASLER JURA<br />
Rappenfels, Route Salut Phil, 8a+<br />
verschwunden. Obwohl, im vergangenen Sommer schaute<br />
Alex Megos vorbei und hakte eine Vielzahl der harten<br />
Routen ab. Für «Im Reich des Shogun» (9a), welche Eric<br />
Talmadge 2001 nach dreizehn Jahren des Projektierens<br />
erstbegehen konnte, brauchte Megos gerade einmal drei<br />
Versuche – an einem regnerischen Tag. Adam Ondra<br />
hatte 2005 immerhin fünf Anläufe benötigt.<br />
ZURÜCKGEZOGEN IM WALD<br />
Die Kletterei im Basler Jura ist oft technisch anspruchsvoll,<br />
schwer zu lesen, der Grip manchmal schlicht nicht vorhanden<br />
und der Fels nicht immer über alle Zweifel erhaben.<br />
Die Flühe kommen mir manchmal vor wie grosse Tiere,<br />
die zurückgezogen in ihren Wäldern leben und dich erst<br />
mal abblitzen lassen. Aber man kann sich ihnen nähern,<br />
Vertrauen aufbauen und plötzlich beste Freunde werden. So<br />
ging es mir jedenfalls. Früher fuhr ich oft zum Klettern ins<br />
Tessin oder sonst weit weg. Da gehörte ich selber zu jenen,<br />
die keine Augen hatten für das Gute vor der Haustüre. Ich<br />
wusste schon, dass man bei uns klettern kann, dachte<br />
jedoch mehr um einfaches Kraxeln. Schliesslich waren<br />
das auch die Anfänge des Kletterns im Jura: Alpinisten,<br />
die nicht ständig in die Alpen fahren konnten, begannen<br />
an den Flühen zu trainieren. Natürlich gingen sie dann die<br />
eher einfachen Risse und Kamine hoch. Wobei einfach: Ich<br />
kann gut und gerne fünf solche Anstiege aufzählen, die<br />
im vierten oder fünften Grad bewertet sind, einem Kamin<br />
folgen – aber alles andere als leicht sind. Ist man mal drin,<br />
dann kommt man ganz schön ins Schwitzen. Und man<br />
bedenke: Die hatten früher keinen Hochleistungsgummi an<br />
den Sohlen, wie wir heute mit den modernen Kletterfinken.<br />
Und keine Bolts! Viele der rostigen Haken der Erstbegeher<br />
stecken heute noch. Hut ab vor demjenigen, der eine solche<br />
Route mit dieser Sicherung klettert.<br />
Heute bin ich sehr oft und gerne an den heimischen Felsen,<br />
am Wochenende oder nach der Arbeit. Es gibt kaum<br />
etwas Besseres als Feierabendklettern, wenn die Sonne<br />
die Felswand orange leuchten lässt, überall dort, wo sie<br />
einen Durchschlupf durch das Blätterdach findet. Zum<br />
Beispiel an dem Rappenfels. Meine Lieblingsroute dort<br />
ist «Salute Phli» 8a+; sehr technisch, ausdauernd und<br />
mit kleinen Griffen. Für mich eine der schönsten Routen<br />
im gesamten Jura. Mit der «IG Klettern Basler Jura» sind<br />
wir Kletterer gut organisiert. Wir verfolgen aber nicht nur<br />
unsere Interessen, sondern stehen auch mit Kanton, Umweltschutzverbänden<br />
und Landeigentümern in Kontakt.<br />
Das A und O ist doch, dass es harmonisch zugeht. Auch<br />
mit Behörden, die es manchmal nicht so gerne sehen,<br />
wenn an gewissen Felsen geklettert wird, und teils auch<br />
Sektoren schliessen.<br />
Ich versuche das lokale Klettern zu erhalten, indem ich<br />
alte Routen saniere. Die Haken stecken zum Teil schon<br />
seit 30 Jahren im Fels und rosten in allen Farben vor sich<br />
hin. Man will lieber nicht wissen, wie tief sie tatsächlich<br />
im Gestein stecken. Wir haben ein sehr gutes Sanierungskonzept:<br />
Praktisch alle Routen sind heute mit Klebehaken<br />
ausgerüstet, wie man es von Frankreich kennt, also kaum<br />
Bolzenanker und Plättli. Wenn ich eine Route saniere,<br />
dann, wenn möglich, in Absprache mit dem Erstbegeher:<br />
Ich will auf keinen Fall die Route verändern, indem ich die<br />
Haken anders setze. Denn – fast hätte ich den Hauptgrund<br />
vergessen, weshalb viele Kletterer den Basler Jura meiden<br />
– die Hakenabstände haben es teilweise in sich. Auch das<br />
vermutlich ein Erbe der einstigen Elitekultur. Das soll<br />
jedoch niemanden abschrecken. Klettern ist hier so sicher<br />
wie überall sonst. Man muss sich ihnen einfach nähern,<br />
diesen grauen Kalkbäuchen in den dunklen Wäldern. Mit<br />
etwas Zeit wird man Vertrauen aufbauen und sich fragen:<br />
Wieso bin ich nicht schon viel früher hierhergekommen?<br />
INSPIRATION 02 / <strong>2018</strong><br />
47