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filmische Verklärung von Heroik, Kampf<br />

und Tod inszenieren kann, hat Albrecht<br />

Ohly als unspektakuläre, aber ungemein<br />

ergreifende Stille der sterbenden Krieger erfasst.<br />

Es ist kein Zufall, dass seine Bilder ohne<br />

Ausnahme in Schwarz-Weiß aufgenommen<br />

sind. Wird den Gegenständen die Farbe<br />

entzogen, zwingt dies den sorgfältig arbeitenden<br />

Fotografen dazu, ganz besonders<br />

auf den Nuancenreichtum der Schattierungen<br />

und Grautöne zu setzen. Aber es ist<br />

mehr als das, es ist ein Paradox: Obwohl<br />

doch die fehlende Farbe die Gegenstände<br />

gewissermaßen unwirklich macht, wirken<br />

die Bilder realistischer. Sie erlauben es ihren<br />

Gegenständen, dem Betrachter sozusagen<br />

ungeschminkt gegenüberzutreten.<br />

Man kann es auch so formulieren: Farbe<br />

unterstreicht die subjektive Aneignung der<br />

Bildgegenstände, Schwarz-Weiß belässt ihnen<br />

ihre Fremdheit. Und damit ist man<br />

schon bei einer philosophischen Position:<br />

Der Schleier der Fremdheit ist der Außenwelt,<br />

den unbelebten und den belebten Gegenständen<br />

nie gänzlich zu nehmen. Nicht<br />

nur jedes menschliche Gegenüber, sondern<br />

jeder scheinbar noch so triviale Gegenstand<br />

behält einen gewissen Grad von Undurchdringlichkeit.<br />

Das muss man durchaus<br />

nicht als Hindernis sehen, und Albrecht<br />

Ohly hat es, dürfen wir annehmen, auch<br />

nicht so gesehen. Umgekehrt, die Achtung<br />

der Fremdheit ist die Basis der Eigenwürde<br />

und Autonomie des Gegenübers.<br />

So nähern wir uns dem Zusammenhang<br />

zwischen der fotografischen und der ärztlichen<br />

Grundhaltung Albrecht Ohlys. In der<br />

Tat, eine Prämisse scheint für sämtliche Bil-<br />

der von Albrecht Ohly gültig zu sein: Er<br />

will nicht den Regisseur seiner Gegenstände<br />

geben, er will diese nach ihrer eigenen<br />

Façon sprechen lassen, soweit dies irgend<br />

möglich ist. Gibt das nicht gleichzeitig die<br />

Grundbedingung eines gelungenen Arzt-<br />

Patienten-Verhältnisses wieder? Gerade im<br />

Endstadium eines Lebens, gerade dann,<br />

wenn dem Patienten bereits die Sinne<br />

schwinden und die Stimme versagt – muss<br />

der Arzt dann nicht erst recht auf dessen<br />

wortlose Sprache hören und sich allein<br />

nach deren Inhalt richten?<br />

Natürlich sind die Blumenbilder von Albrecht<br />

Ohly geschickt arrangiert, die Kontraste<br />

fein gesetzt, die Beleuchtung ist raffiniert<br />

unaufdringlich, die wunderschöne<br />

Geometrie der Dahlien nicht dem Zufall<br />

überlassen. Und ebenso natürlich ist der<br />

wiederholte Blick von Murnau aus nach Süden<br />

über das weite Moos bis zu den Köchel-<br />

Hügeln und schließlich zum Estergebirge,<br />

mit dem er durch alle Jahreszeiten hindurch<br />

seine geographische Sehnsuchts- und Wahlheimat<br />

festgehalten hat, zunächst einmal typisch<br />

für ihn selbst. Und erst recht sind seine<br />

Aufnahmen von Christo und dessen<br />

Performance in der Galerie Art in Progress<br />

auch Ausdruck seiner Bewunderung für<br />

diesen großartigen Verhüllungskünstler.<br />

Trotzdem stehen diese Beispiele zugleich<br />

für Albrecht Ohlys Anerkennung des Vorrangs<br />

des Objekts. Seine Bilder sind Exerzitien<br />

des selbstlosen Hinschauens, der Hellhörigkeit<br />

und der sensiblen Wahrnehmung<br />

dessen, was die Dinge und Menschen selbst<br />

zu sagen haben. Um die Metapher auf die<br />

Spitze zu treiben: Er lässt den Landschaften,<br />

Blumen, Krankenbetten oder den antiken<br />

Skulpturenteilen der Aegineten ihren<br />

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