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PDF Datei laden - Christophorus Hospiz Verein e.V.

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ästhetischen Willen, als ob sie ihm eine<br />

Verfügung ausgehändigt hätten für den Fall<br />

ihrer Sprachlosigkeit wie Patienten ihre Patientenverfügung.<br />

Wir alle kennen sein passioniertes Engagement<br />

für die bedingungslose Beachtung des<br />

Patientenwillens. Passen in diese Analogie<br />

tatsächlich auch seine Aufnahmen von<br />

Christos Performance? Ja, das tun sie. Mit<br />

den Aktionen, in denen Christo seine Objekte<br />

verhüllt, stellt er ja deren undurchschaubare<br />

Fremdheit wieder her, indem er<br />

ihnen ihre Existenz jenseits des zudringlichen<br />

oder auf Dauer abgestumpften Alltagsblicks<br />

zurückgibt. Mit dem Ergebnis allerdings,<br />

dass bei Christo das Objekt<br />

zunächst einmal gänzlich verschwindet. So<br />

gesehen ist er geradezu der Gegenpol zu Albrecht<br />

Ohlys genauem Hinschauen. Aber<br />

das Objekt verschwindet bei Christo immer<br />

nur temporär. Nach seinem Wiederauftauchen,<br />

nach der Wegnahme des Schleiers, se-<br />

36<br />

hen wir es anders, als ob es nicht mehr ganz<br />

so banal vertraut, nicht mehr ganz so entseelt<br />

ist wie vorher. Es hat seine Autonomie,<br />

sein Eigenleben zurückerobert.<br />

Dass Christos Verhüllungen Albrecht Ohly<br />

noch aus einem zweiten Grund faszinieren,<br />

streifen wir hier nur, obwohl es in eine tiefe<br />

Nachdenklichkeit von ihm führt: die Beschäftigung<br />

mit der Zeitlichkeit und Endlichkeit<br />

jedes Objekts, mit dem Verfall, mit<br />

dem Verschwinden. Jeden, der Christos<br />

verhüllte Räume, zumal Innenräume wie<br />

hier in der Galerie Art in Progress sieht, erinnern<br />

sie an zugehängtes Mobiliar in Häusern,<br />

die von ihren Bewohnern aufgeben<br />

wurden, wenn sie nicht eben gestorben<br />

sind. Die Verschleierung kündet auch vom<br />

endgültigen Abschluss, vom Ende der einstigen<br />

Lebendigkeit des Objekts, vom Tod.<br />

Dass ein Fotograf, der eine intensivmedizinische<br />

Abteilung leitet oder später verantwortlich<br />

im <strong>Hospiz</strong> mitarbeitet, sich mit<br />

dem Tod und dem Sterben beschäftigt, ist<br />

kein Wunder. Doch ganz so direkt und<br />

gradlinig scheinen mir die Motive Albrecht<br />

Ohlys, dieses Thema auch bildnerisch nach<br />

vorne zu rücken, nicht zu sein. Es ist wohl<br />

nicht die Vergänglichkeit und Sterblichkeit<br />

selbst, die ihn wie die meisten von uns beschäftigt,<br />

es ist vielmehr der Umgang mit<br />

der Hinfälligkeit und letztlich der Sterblichkeit<br />

von Dritten, die ihn als Arzt und<br />

als Lichtbildner so stark geprägt haben.<br />

Denn im Unterschied zum allgemeinmenschlichen<br />

Bewusstsein der eigenen<br />

Sterblichkeit besteht ja die Besonderheit<br />

seines ärztlichen Berufsalltags darin, sich in<br />

einer asymmetrischen Situation bewähren<br />

zu müssen. Nicht er selbst, sondern sein Pa-

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