15.12.2012 Aufrufe

Vogelwarte Band 44 - 2006 - DO-G

Vogelwarte Band 44 - 2006 - DO-G

Vogelwarte Band 44 - 2006 - DO-G

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Vogelwarte</strong> <strong>44</strong> (<strong>2006</strong>) 47<br />

Sitzung „Vögel und Klimaänderung“<br />

Vorträge<br />

Coppack T, Tøttrup AP & Spottiswoode C (Helgoland, Kopenhagen/Dänemark,<br />

Cambridge/Großbritannien): Zur interspezifischen<br />

Variation phänologischer Veränderungen<br />

im Heimzug von Singvögeln.<br />

Die globale Klimaerwärmung hat in den vergangenen Jahrzehnten<br />

zu weitverbreiteten, saisonalen Verschiebungen im<br />

Vogelzug geführt. Trotz der Vielzahl an Arbeiten, die eine<br />

allgemeine Verfrühung des Heimzugs dokumentieren, bleiben<br />

die teils erheblichen, interspezifischen Unterschiede im Ausmaß<br />

langfristiger Veränderungen unverstanden. Da der Zeitpunkt<br />

der Frühjahrsankunft neben der natürlichen Selektion<br />

auch der sexuellen Selektion unterliegt, könnten interspezifische<br />

Unterschiede in der Stärke der Verfrühung mit artspezifischen<br />

Eigenschaften des Paarungssystems zusammenhängen.<br />

Es ist zu erwarten, dass mildere klimatische Bedingungen im<br />

Frühjahr zu einer Abschwächung der natürlichen Selektion<br />

führen, die der sexuellen Selektion auf frühe Männchenankunft<br />

entgegenwirkt. Demnach sollten ausgeprägt polygame<br />

Arten, bei denen sexuelle Selektion durch Männchenkonkurrenz<br />

und Weibchenwahl eine große Rolle spielt, eine<br />

stärkere Verfrühung im mittleren Heimzugtermin zeigen als<br />

weniger polygame Arten. Wir testen diese Hypothese, indem<br />

wir phänologische Veränderungen im Singvogelzug über der<br />

Deutschen Bucht (Helgoland) und der Ostsee (Christiansø,<br />

Dänemark) indirekten Maßen der sexuellen Selektion (Anteil<br />

außerpaarlicher Vaterschaften, Ausprägung des Geschlechtsdichromatismus)<br />

gegenüberstellen.<br />

Pulido F (Heteren/Niederlande): Ursachen individueller<br />

Variation in der Frühjahrsankunft beim Trauerschnäpper<br />

(Ficedula hypoleuca).<br />

Beim Trauerschnäpper in den Niederlanden zeigt sich trotz<br />

starker Selektion auf früheres Brüten kein Trend zu früherer<br />

Ankunft im Brutgebiet. Stattdessen wurde individuell das Intervall<br />

zwischen Frühjahrsankunft und Brutbeginn verkürzt. Geringe<br />

bzw. fehlende genetische Variation in der Phänologie des<br />

Zugverhaltens oder in anderen Merkmalen, die den zeitlichen<br />

Verlauf der Zugaktivität beeinflussen (z.B. Mauser, Explorationsverhalten),<br />

könnten die Ursache für diese ausbleibende Selektionsantwort<br />

sein. Darüber hinaus ist wenig bekannt, welche<br />

Merkmale die individuelle Variation in der Frühjahrsankunft<br />

beeinflussen. Die Kombination von Freilanduntersuchungen<br />

mit einem „common-garden“ Experiment, in dem die Nestlinge<br />

aus 19 Familien unter identischen Bedingungen gehalten wurden,<br />

ermöglichte es, Selektion im Freiland zu messen und den<br />

Einfluss von Genetik, Morphologie, Mauser und „Persönlichkeit“<br />

auf die Frühjahrsankunft zu bestimmen. Erste Ergebnisse<br />

stützen die Annahme, dass früh im Brutgebiet ankommende<br />

Individuen einen starken Selektionsvorteil haben. Morphologie<br />

und Explorationsverhalten bzw. Stressantwort zeigen eine starke<br />

genetische Komponente. Es wird diskutiert, inwiefern diesen<br />

Merkmalen individuelle Unterschiede in der Frühjahrsankunft<br />

zugrunde liegen, und welche Ursachen es für die ausbleibende<br />

Selektionsantwort gibt.<br />

Schaefer T & Stuhr T (Radolfzell, Kassel): Zeitbudget der<br />

Mönchsgrasmücke bei der Jungenaufzucht.<br />

Die Mönchsgrasmücke zählt in vielen Aspekten ihrer Biologie<br />

sicher zu den bestuntersuchten Vogelarten. Dennoch wissen<br />

wir bislang nur wenig über ihr Verhalten bei der Jungenaufzucht;<br />

die Untersuchungen hierzu liegen bereits 30 Jahre zurück.<br />

Anhand von Videoüberwachungen von ca. 30 Nestern<br />

der Mönchsgrasmücke sind nun sehr detaillierte Angaben<br />

möglich, die frühere Untersuchungen bestätigen, vor allem<br />

aber Licht auf neue Aspekte lenken. Die Brutpartner teilen sich<br />

das Brutgeschäft, allerdings kommt dem Männchen eine eher<br />

kompensatorische Rolle zu. Sein Anteil am Brüten steigt bei<br />

schlechtem Wetter, wenn es zu verhindern gilt, dass die Eier<br />

auskühlen. Ähnlich verhält es sich beim Füttern. Hier teilen<br />

sich die Brutpartner die Arbeit zu gleichen Teilen, allerdings<br />

muss das Weibchen bei ungünstigem Wetter die Fütterleistung<br />

zu Gunsten des Huderns reduzieren, das Männchen nicht.<br />

Dieser kompensatorische Effekt in der Brutfürsorge ist vermutlich<br />

ein Schlüssel für den „Erfolg“ der Mönchsgrasmücke,<br />

vor allem in Zeiten des Klimawandels. Besonders wenn die<br />

Vorhersagbarkeit der Witterungsbedingungen abnimmt, werden<br />

Arten, die keine Möglichkeit zur Abpufferung haben, eher<br />

Verluste beim Brutgeschäft in Kauf nehmen müssen, als solche<br />

wie die Mönchsgrasmücke. Da Brutfürsorge ein so wichtiger<br />

Aspekt in der Biologie einer Art ist, empfehlen wir sehr, diesen<br />

bislang vernachlässigten Aspekt mit zu berücksichtigen.<br />

Sitzung „Habitatwahl und Raumnutzung“<br />

Vorträge<br />

Rothgänger A & Wiesner J (Jena): Auf Wohnungssuche mit<br />

dem Sperlingskauz – Untersuchungen zur Habitatpräferenz<br />

von Glaucidium passerinum.<br />

Der Sperlingskauz, Glaucidium passerinum, ist einer der<br />

heimlichsten einheimischen Waldbewohner. Er kommt fast<br />

ausschließlich in Nadelholzbeständen vor. Vereinzelt ist er in<br />

Laub-Nadel-Mischwäldern anzutreffen. Nach bisherigen Angaben<br />

ist vor allem das Höhlenangebot entscheidend für eine<br />

Besiedlung durch den Sperlingskauz. Beobachtungen bezüglich<br />

des unmittelbaren Aufenthaltsortes sind jedoch schwer<br />

durchzuführen. Doch welche differenzierten Ansprüche stellt<br />

der Sperlingskauz an seinen Lebensraum? Die Verteilung der<br />

Aufenthaltsorte im Aktionsraum des Sperlingskauzes kann<br />

mit Hilfe der Radiotelemetrie genau untersucht werden. Auf<br />

dieser Grundlage können Aussagen zur Nutzungsintensität<br />

bezüglich verschiedener Habitatstrukturen getroffen werden.<br />

Zusätzlich wird der Einfluss des Höhlenangebotes in die Diskussion<br />

einbezogen. Die Untersuchung erfolgte im Rahmen<br />

einer Dissertation in der Saale-Sandsteinplatte Thüringen und<br />

schließt Daten aus den Jahren 2003 bis 2005 ein.<br />

Unterstützt durch: Studienstiftung des Deutschen Volkes,<br />

Deutsche Ornithologen-Gesellschaft, Thüringer Landesanstalt<br />

für Umwelt und Geologie, Arbeitsgemeinschaft zum Schutz<br />

bedrohter Eulen.<br />

Schwemmer P & Garthe S (Büsum): Phänologie, Habitatwahl<br />

und Nahrungsverhalten von Möwen im schleswig-holsteinischen<br />

Nordsee-Küstengebiet.<br />

Grundlegende Kenntnisse zu Phänologie, Habitatwahl und<br />

Nahrungsverhalten der an der Nordseeküste brütenden Lach-,<br />

Sturm-, Silber- und Heringsmöwe (Larus ridibundus, L. canus,<br />

L. argentatus, L. fuscus) auf See sind seit einigen Jahren durch<br />

das deutsche Seabirds at Sea-Programm erworben worden.<br />

Möwen nutzen jedoch nicht nur den seewärtigen Teil des<br />

Küstengebietes, sondern auch das küstennahe Binnenland.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!