Vogelwarte Band 44 - 2006 - DO-G
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58 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft<br />
um das Erregerspektrum mit Hilfe molekularbiologischer<br />
Methoden festzustellen, wurde exemplarisch das Blut von 94<br />
Tannenmeisen (Parus ater), 219 Trauerschnäppern (Ficedula<br />
hypoleuca) und 56 Kohlmeisen (Parus major) aus zwei unterschiedlichen<br />
niedersächsischen Höhlenbrüterpopulationen<br />
untersucht. Eine Parasiten-spezifische PCR zeigte, dass 76 der<br />
369 getesteten Vögel (20,6 %) infiziert waren. Bei den Kohlmeisen<br />
wurden 76,8 % der Individuen positiv getestet. Die<br />
Infektionsprävalenz der Tannenmeisen betrug 19,1 %, die der<br />
Trauerschnäpper 6,8 %. Um die Erregerspezies zu identifizieren,<br />
wurde von den positiven Proben ein Teil des parasitären<br />
Cytochrom b-Gens amplifiziert und sequenziert. Dabei wurden<br />
13 verschiedene DNA-Sequenzen in unterschiedlichen<br />
Häufigkeiten (ein- bis 30mal) festgestellt, die möglicherweise<br />
für genauso viele Erregerspezies stehen. Bei den Tannenmeisen<br />
wurden insgesamt drei, bei den Trauerschnäppern zehn<br />
und bei den Kohlmeisen vier verschiedene DNA-Sequenzen<br />
gefunden. Aufgrund von Sequenzübereinstimmungen zwischen<br />
98 und 100 % mit in der GenBank hinterlegten Einträgen<br />
konnten 11 Sequenzen der Gattung Plasmodium und zwei<br />
Sequenzen der Gattung Haemoproteus zugewiesen werden.<br />
Als einzige definierte Erregerspezies konnte Haemoproteus<br />
majoris bei den Kohlmeisen identifiziert werden.<br />
Sitzung „Jungreferenten“<br />
Vorträge<br />
Blume C, Mäckert M & Martens J (Mainz): Akustische<br />
Differenzierung und molekulare Phylogenie asiatischer<br />
Laubsänger – Phylloscopus reguloides und Phylloscopus<br />
davisoni.<br />
Phylloscopus ist eine der formenreichsten Gattungen paläarktischer<br />
Singvögel und die Entdeckungsgeschichte der Laubsänger<br />
scheint noch immer nicht abgeschlossen zu sein. Besonders<br />
in der Ostpaläarktis sind in den letzten Jahren mehrfach<br />
kryptische Arten entdeckt worden – Doppelgänger zu längst<br />
bekannten Arten. Wir beleuchten, ob dies auch bei den hier<br />
untersuchten Arten der Fall sein könnte. Betrachtet werden<br />
Streifenkopf-Laubsänger Phylloscopus reguloides (Himalaya,<br />
SE China, SC Vietnam) und Weißschwanz-Laubsänger P. davisoni<br />
(Myanmar, Thailand, SW China, Vietnam). Molekulargenetische<br />
Analysen mit DNA-Sequenzen des mitochondriellen<br />
Cytochrom-b-Gens aus diesem Verwandtschaftskreis liefern<br />
wichtige Erkenntnisse. Unterstützend wurden bioakustische<br />
Merkmale herangezogen. Differenzierende Kennzeichen der<br />
verschiedenen Populationen werden durch die Vermessung<br />
der Sonagramme von Gesängen und durch den Vergleich ihrer<br />
Syntax herausgearbeitet.<br />
Mit Unterstützung der Feldbausch- und der Wagner-Stiftung<br />
am Fachbereich Biologie der Universität Mainz.<br />
Gladbach A, Büßer C, Peter H-U & Quillfeldt P (Jena, Halle):<br />
Sind Buntfußsturmschwalben (Oceanites oceanicus) ehrliche<br />
Bettler?<br />
Basierend auf Video- und Audioaufnahmen von nächtlichen<br />
Fütterungen bei Buntfußsturmschwalben (Oceanites oceanicus)<br />
auf King-George-Island, Südshetland-Inseln, Antarktis,<br />
wurde eine Untersuchung zum Bettelverhalten der Küken<br />
durchgeführt. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, ob<br />
Jungvögel entsprechend der Theorie des Eltern-Nachkommen<br />
Konflikts mehr Investment der Eltern in Anspruch nehmen,<br />
als es für diese optimal ist zu geben. Anhand von sonagraphischen<br />
Eigenschaften der Bettelrufe wurde untersucht, ob<br />
diese verlässliche Rückschlüsse auf die momentane Verfassung<br />
der Jungvögel zulassen und ob Altvögel Entscheidungen<br />
über ihr Fütterverhalten auf dieser Basis treffen. Es konnte<br />
gezeigt werden, daß sich sonagraphische Bettelparameter in<br />
Abhängigkeit von der Körperkondition der Jungen ändern.<br />
Ein schlechter körperlicher Zustand wurde durch eine Erhöhung<br />
der Frequenzparameter der Bettelrufe angezeigt. Die<br />
Bettelrufe der Küken können deshalb als ein ehrliches Signal<br />
gewertet werden. Fütternde Altvögel reagierten auf eine gesteigerte<br />
Rufanzahl und auf Bettelrufe mit höherer Frequenz<br />
mit einer Erhöhung ihrer zur Verfügung gestellten Nahrungsmenge.<br />
Die Küken unterschieden sich in den sonagraphischen<br />
Eigenschaften ihrer Bettelrufe individuell. Damit konnte nachgewiesen<br />
werden, daß die zu einer koevolutiven Lösung des<br />
Eltern-Nachkommen Konflikts notwendige Variabilität in den<br />
Betteleigenschaften vorhanden ist.<br />
Gefördert von BMBF-DLR und DFG (PE-454).<br />
Hegemann A (Soest): Phänologie und witterungsbedingte<br />
Reaktionen des Breitfrontzuges – Ergebnisse zweijähriger<br />
Zugvogelplanbeobachtungen im Herbst in Mittelwestfalen.<br />
In den Jahren 2001 und 2003 wurde jeweils beginnend am<br />
20. August und endend Mitte November täglich ab Dämmerungsbeginn<br />
bis in den frühen Nachmittag der sichtbare<br />
Breitfrontzug in Mittelwestfalen erfasst. Teilweise weichen<br />
nicht nur die Durchzugszahlen, sondern auch tageszeitliche<br />
und jahreszeitliche Phänologien einiger Arten von bisher<br />
bekannten Mustern, die an anderen Beobachtungspunkten<br />
gefunden wurden, ab. Zudem lassen sich, bedingt durch erhebliche<br />
Witterungsunterschiede zwischen den beiden erfassten<br />
Jahren, interessante Unterschiede in der Phänologie zweier<br />
Wegzugperioden finden. Nach dem Jahrhundertsommer 2003<br />
zogen die Langstreckenzieher früher aus dem Brutgebiet ab,<br />
als dem verregneten Spätsommer 2001. Somit lassen sich<br />
Entwicklungen, die an Konzentrationspunkten durch Fang<br />
oder Zugvogelplanbeobachtungen über mehrere Jahrzehnte<br />
festgestellt wurden, und als Ergebnis der Klimaerwärmung<br />
angesehen werden, auch als Muster im Vergleich zweier sehr<br />
unterschiedlicher Jahre im Breitfrontzug wieder finden.<br />
Markones N, Garthe S & Mundry R (Büsum): Heute hier,<br />
morgen dort? – Variabilität im Vorkommen von Seevögeln<br />
auf See.<br />
Ein Faktor, der im Konzept für Kartierungen von Vögeln<br />
und auch bei der späteren Bewertung der Ergebnisse selten<br />
bedacht wird, ist die Variabilität des Habitats über die Zeit.<br />
Zwar erfährt auch ein terrestrischer Lebensraum über gewisse<br />
Zeiträume deutliche Veränderungen – wie z.B. in der Vegetationshöhe,<br />
dem Vernässungsgrad etc. Besonders ausgeprägt<br />
tritt eine zeitliche Variabilität jedoch in marinen Lebensräumen<br />
auf, die stark von Wind- und Gezeitenkräften beeinflusst<br />
werden. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch<br />
Seevögel analog zu Landvögeln Habitatpräferenzen zeigen und<br />
somit zu einem gewissen Grad Seegebieten mit bestimmten<br />
Habitateigenschaften zuzuordnen sind. Eine Variabilität im<br />
Auftreten der bevorzugten Habitate sollte sich damit in der<br />
räumlichen Verteilung der Seevögel wiederfinden. Anhand<br />
von wiederholten Kartierungen desselben Gebietes untersu-