Vogelwarte Band 44 - 2006 - DO-G
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<strong>Vogelwarte</strong> <strong>44</strong> (<strong>2006</strong>) 57<br />
Waldbaumläufers (Certhia familiaris) und des Goldhähnchen-<br />
Laubsängers (Phylloscopus proregulus) aufzeigen. Diese unterschiedlichen<br />
Differenzierungsmuster sind zu unterschiedlichen<br />
Zeiten entstanden, wurden aber durch die letzte Eiszeit<br />
maßgeblich in ihrem heutigen räumlichen Verteilungsmuster<br />
geprägt.<br />
Mit Unterstützung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft<br />
sowie der Feldbausch- und der Wagner-Stiftung am<br />
Fachbereich Biologie der Universität Mainz.<br />
Nicolai B (Halberstadt): Die verstellte Vogeluhr – Phänologie<br />
des morgendlichen Sangesbeginns beim Hausrotschwanz<br />
Phoenicurus ochruros.<br />
Von inneren und äußeren Faktoren gesteuert beginnen viele<br />
heimische Singvögel frühmorgens ihren Gesang zu ± festen<br />
Zeitabständen zum Sonnenaufgang. Spezifische Unterschiede<br />
führen zu verschiedenen Gesangsbeginnen der einzelnen Arten;<br />
gewöhnlich starten sie sogar in regelmäßiger Reihenfolge<br />
(Vogeluhr). Obwohl viele Beobachtungen und Mitteilungen<br />
zu unterschiedlichsten Teilaspekten und zahlreichen Vogelarten<br />
vorliegen, mangelt es an längerfristigen phänologischen<br />
Datenreihen. Das ist selbst bei dem zu den ausgesprochenen<br />
Frühsängern zählenden Hausrotschwanz der Fall. Die in den<br />
letzten Jahren im Stadtgebiet von Halberstadt zusammengetragenen<br />
Beobachtungen zum morgendlichen Sangesbeginn von<br />
Ph. ochruros wurden hier ausgewertet. Dabei zeigen sich markante<br />
pänologische Veränderungen: So erfolgt vom Frühjahr<br />
zum Sommer eine kontinuierliche Verfrühung. Während die<br />
Hausrotschwänze nach ihrer Ankunft Ende März etwa um die<br />
Zeit des Sonnenaufgangs (ca. 06.00 Uhr MEZ) mit dem morgendlichen<br />
Gesang beginnen, ist das in der ersten Juni-Hälfte<br />
etwa 90 Minuten früher (ca. 02.40 Uhr). Bis zur Gesangspause<br />
und Mauserzeit im Hochsommer (August) verkürzt sich der<br />
Abstand Sangesbeginn-Sonnenaufgang wieder merklich. Ähnlich,<br />
aber weniger deutlich und mit größerer Streuung spielt sich<br />
die zweite Gesangsperiode von August bis Ende Oktober ab. Im<br />
Vergleich zur Amsel Turdus merula, einem anderen Frühsänger<br />
im selben Stadtgebiet, ergeben sich deutliche Verschiebungen:<br />
Im Frühjahr beginnt der Hausrotschwanz erheblich (bis über<br />
eine Stunde) später, überholt im Mai/Juni die Amsel (bis über<br />
20 Min. früher), um sich im Juli erneut zu verspäten.<br />
Randler C (Ludwigsburg): Hybridisierung bei Vogelarten.<br />
Besonders bei Wasservogelarten (Anseriformes) ist Hybridisierung<br />
sehr häufig. Im folgenden wurde analysiert, inwieweit<br />
zwei andere Besonderheiten der Anseriformes, nämlich<br />
das Verlegen von Eiern in die Nester anderer Entenvögel,<br />
und die Neigung zu Zwangskopulation (FEPC, forced extrapair<br />
copulations) mit diesem Verhalten zusammenhängen<br />
könnten. Binär logistische Regressionen zeigten einen Einfluss<br />
von beiden Verhaltensweisen auf die Variable, ob die<br />
Art hybridisiert oder nicht. Allerdings war der Einfluss des<br />
Verlegens, also von intraspezifischem Brutparasitismus, ein<br />
besserer statistischer Prädiktor. Wahrscheinlich werden die<br />
frisch geschlüpften Jungvögel während der Prägungsphase<br />
‚falsch‘ geprägt und verpaaren sich in Folge mit einem falschen<br />
Partner. Weitere Einflussfaktoren waren Tribus und<br />
Gattung. Bei einer Kontrolle für phylogenetische Effekte blieben<br />
die Effekte bestehen. Dabei wurden jeweils zwei nahe<br />
verwandte Arten verwendet, die sich in Bezug auf Verlegen<br />
oder Zwangskopulationen unterscheiden. Arten, die ihre Eier<br />
verlegen, kreuzten sich mit signifikant mehr Arten als Arten,<br />
bei denen dieses Verhalten nicht auftrat.<br />
Rönsch K, Schäffer D & Hübner M (Bielefeld, Celle): Dokumentation<br />
von Vogelbruten mit Hilfe von WEB-Cams.<br />
Durch die Nutzung des Internets ist es mit Hilfe von WEB-<br />
Cams möglich, dem Naturfreund und auch Wissenschaftlern<br />
ein hohes Maß an Informationen über Höhlenbrüter zu bieten,<br />
die unter Freilandbedingungen – ohne tiefgreifende Störungen<br />
– kaum gewonnen werden können. So wurden seit 1999 an<br />
den verschiedensten Standorten und mit den unterschiedlichsten<br />
Nistkastentypen Versuche zur online-Übertragung<br />
des Brutgeschehens erfolgreich durchgeführt. Bisher waren ca.<br />
20 Bruten vom Star (Sturnus vulgaris), 2 Bruten der Kohlmeise<br />
(Parus major) und 5 Bruten der Blaumeise (Parus caeruleus)<br />
online verfolgbar. Eine Störung der Vögel, die stellenweise 2<br />
Bruten in einem Kasten erfolgreich durchführten, durch die<br />
Kamera war zu keinem Zeitpunkt feststellbar. Bei der ersten<br />
Untersuchung des Kastens kommt es vor allem bei Staren<br />
vor, dass gezielt auf die Kamera gepickt wird, ohne dass diese<br />
später weiter beachtet wird. Für die Installation von Kamera<br />
und Infrarot-Scheinwerfer wird der Kameranistkasten höher<br />
gebaut, so dass beide in einem separat abgeschlossenen und<br />
zu öffnenden Nistkastenteil untergebracht sind. In nächster<br />
Zeit sollen sowohl Stromversorgung als auch Kamerasignalübertragung<br />
kabellos erfolgen, so eine finanzierbare Lösung<br />
gefunden wird. Dann könnten auch andere Vogelarten, die<br />
außerhalb des bisher maximal möglichen 15 m Umkreis von<br />
Gebäuden (PC-Standort) brüten, gefilmt werden. Zuerst<br />
wird aber zumindest tagsüber die Farbaufnahme realisiert.<br />
In WEB-Galerien sind die besten Bilder einiger ausgewählter<br />
online-Bruten unter http://www.halleseite.de/vogelarten/<br />
Button Vogelnest abrufbar.<br />
Schneider A (Düsseldorf): Substratwahl bei handaufgezogenen<br />
Roten Sichlern (Eudocimus ruber).<br />
Im Rahmen eines Dissertationsprojektes zur Verhaltensentwicklung<br />
verschiedener Ibisarten wurden acht (4,4) Rote<br />
Sichler (Eudocimus ruber) von der Autorin von Hand aufgezogen.<br />
Die Bestände dieser Art wurden in ihrer südamerikanischen<br />
Heimat durch Abschuss für die Schmuckindustrie,<br />
die Trockenlegung von Feuchtgebieten, das Abholzen von<br />
Küstenmangrovenwäldern und die Schadstoffbelastung der<br />
Süßwasserflusssysteme (z. B. durch Quecksilber) stark dezimiert.<br />
In diesem Zusammenhang war es wichtig festzustellen,<br />
ob Rote Sichler auf Umweltveränderungen reagieren können,<br />
inwieweit diese Art also habitatgebunden ist. Neben Schlaf-<br />
und Brutplätzen sind geeignete Nahrungshabitate von entscheidender<br />
Bedeutung für Vögel. Auf Grund ihrer großen<br />
Scheu, auch der Nestlinge, können viele Fragestellungen bei<br />
Roten Sichlern nicht im Freiland untersucht werden. In einem<br />
freien Wahlversuch sollte geklärt werden, ob unerfahrene<br />
Rote Sichler Präferenzen für bestimmte Substrattypen bei der<br />
Nahrungssuche zeigen. Außerdem sollte untersucht werden,<br />
ob Nahrung aus verschiedenen Substraten für die Ibisse<br />
gleichwertig in Bezug auf mögliche Kosten ist. Die vier (2,2)<br />
Versuchsvögel wurden zwischen dem 54. und 65. Lebenstag<br />
jeweils sechs Mal getestet, um eine eventuelle Veränderung<br />
ihrer Substratpräferenzen zu dokumentieren.<br />
Wiersch C, Kampen H & Lubjuhn T (Meckenheim, Bonn,<br />
Münster): Die Verbreitung der Vogelmalaria bei einigen<br />
niedersächsischen Sperlingsvögeln.<br />
Die Vogelmalaria ist nahezu weltweit verbreitet, für Deutschland<br />
liegen jedoch kaum aktuelle Befunde vor. Um Daten zur<br />
Infektionsprävalenz mit Malariaerregern zu erhalten und