Vogelwarte Band 44 - 2006 - DO-G
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<strong>Vogelwarte</strong> <strong>44</strong> (<strong>2006</strong>) 49<br />
möglicht. Im Winter 04/05 hielten sich bis zu 159 Graugänse<br />
abwechselnd in mehreren Gebieten in Stuttgart auf. Bei<br />
zugefrorenen Seen nutzten die meisten Gänse die Habitate<br />
am Neckar beim Landschaftsschutzgebiet Max-Eyth-See. Der<br />
Beweidungsdruck [Faeces/ m²] war am Max-Eyth-See stets<br />
höher als in den Parkanlagen der Stadt. Die Hauptaktivitäten<br />
der Gänse waren Fressen und Ruhen. Bei Schnee fraßen die<br />
Gänse sehr wenig und ruhten oft. Sichtbare Gewichtsverluste<br />
waren die Folge. Die Peckraten [Pecks/ min] im Schnee lagen<br />
deutlich unter denen in schneefreier Vegetation. Familienväter<br />
waren sehr aufmerksam und kompensierten dies durch<br />
schnelleres Picken. Gössel fraßen am langsamsten. Durch<br />
Beobachtungen konnten 18 Futterpflanzen ermittelt werden.<br />
Bei winterlichen Witterungsbedingungen gewann der Neckar<br />
als einzig offene Wasserfläche in der Region an Bedeutung.<br />
Eine geschlossene Schneedecke beeinflusste durch die verminderte<br />
Nahrungsverfügbarkeit das Fressverhalten der Gänse.<br />
Die Tiere mussten von ihren Körperfettreserven zehren und<br />
verloren an Gewicht.<br />
Keil H (Oberriexingen): Habitatnutzung des Steinkauzes<br />
(Athene noctua) mit einer Brutplatzregistrierstation und<br />
Radiotelemetriestudie.<br />
Seit seinem weiträumigen Bestandsrückgang gilt dem Steinkauz<br />
(Athene noctua) als stark bedrohter Vogelart das besondere<br />
Interesse des Artenschutzes. Genauere Erkenntnisse über<br />
die Brutplätze, Aktionsräume und Nutzung des Lebensraumes<br />
bieten neue Ansatzpunkte für ein umfassenderes und<br />
effizienteres Schutzkonzept. Ziel der zurzeit noch laufenden<br />
Untersuchung ist es, umfassende Daten zur Habitatnutzung<br />
und von Brutplätzen zu sammeln. Mit Hilfe der Radiotelemetrie,<br />
einer Brutplatz-Registrierstation und mit direkter<br />
Beobachtung werden die bevorzugten Aufenthaltsgebiete,<br />
also Jagdgebiete, Ruheplätze und Tageseinstände erfasst. Zur<br />
genauen Beobachtung der Bruthöhle wurden dabei vier Infrarot<br />
- Kameras in die Bruthöhle eingebracht, die auf einem PC<br />
in jeder Sekunde ein Bild speicherten. Gleichzeitig wurde das<br />
Verhalten auf Videofilm festgehalten. Dabei entstanden weit<br />
über 2 Millionen Einzelbilder und 750 Stunden Filmmaterial,<br />
die das Aktivitätsmuster in der Bruthöhle zeigen. Außerdem<br />
wurden über den gesamten Zeitraum alle Klima- und Wetterdaten<br />
aufgezeichnet. Beim Brutplatz konnte festgestellt<br />
werden, dass für die jungen Steinkäuze eine geräumige und<br />
trockene Bruthöhle notwendig ist. Die Jungen verließen nach<br />
33 Tagen zum ersten Mal ihren Brutplatz, konnten gleich fliegen<br />
und suchten einen anderen Ruheplatz auf. Eine Vielzahl<br />
an Tageseinständen wie Scheunen, Hühnerstall, Holzstapel,<br />
Naturhöhlen und hohe Bäume wurden als Ruhe- und Schlafplätze<br />
genutzt. Eine weitere, detaillierte Auswertung der erhobenen<br />
Daten ist geplant.<br />
Schlender M, Skibbe A & Topp W (Köln): Einfluss von Umweltparametern<br />
auf das Verteilungsmuster und die Abundanz<br />
von Singvögeln in Laubwäldern der Mittelgebirge.<br />
In verschiedenen Mittelgebirgsregionen (Westerwald, Eifel,<br />
Bergisches Land) wurden Laubwaldgebiete (Buche, Eiche) mit<br />
Flächen zwischen 55 bis 78 ha untersucht. Folgende Kenngrößen<br />
wurden erfasst: 1. Abundanz der Singvogelarten nach<br />
der Revierkartierungsmethode auf Teilflächen von 10 ha als<br />
abhängige Variable. 2. Kenngrößen der 10 ha großen Flächen<br />
hinsichtlich der vertikalen Vegetationsstruktur, Einfluss von<br />
Randstrukturen, Bodeneigenschaften (pH - Wert, Ca 2+ - Gehalt),<br />
Menge der Laubstreu, Bodenfauna (Makrofauna, Tiere<br />
mit Kalkskelett). Für die 18 häufigsten Arten wurde eine kanonische<br />
Korrespondenzanalyse (CCA) durchgeführt. Danach<br />
hatte der Kalziumgehalt des Oberbodens den größten Einfluss<br />
auf die Avifauna (p = 0.001, F = 3.83). Eine Rangkorrelation<br />
ergab den größten Zusammenhang zwischen Kalziumgehalt<br />
und Singdrosselrevieren pro 10 ha (r = 0.692, p < 0.001, n =<br />
24). Vegetationsstruktur und Randeffekt hatten in der CCA<br />
einen marginalen Einfluss (p = 0.07 bzw. p = 0.08). In einer<br />
nachfolgenden Untersuchung wurde ergänzend zu der Singvogeldichte<br />
der Bruterfolg zweier Bodenprädatoren (Amsel,<br />
Singdrossel) in kalziumarmen und kalziumreichen Waldflächen<br />
miteinander verglichen. Für beide Arten war ein erhöhter<br />
Bruterfolg (Küken/Nest) (p < 0.05) auf kalziumreichen<br />
Flächen feststellbar.<br />
Sonntag N, Mendel B & Garthe S (Büsum): Ja wo tauchen sie<br />
denn? Verbreitung des Ohrentauchers (Podiceps auritus) in<br />
der deutschen Ostsee und Aspekte zur Nahrungswahl.<br />
Die Brutgebiete des Ohrentauchers erstrecken sich von Nordeuropa<br />
bis Kamtschatka und von Alaska bis Neufundland. In<br />
Europa liegen die Schwerpunkte in Fennoskandinavien und<br />
Russland. Während für Deutschland bisher nur 2-3 Brutpaare<br />
des Ohrentauchers in Schleswig-Holstein nachgewiesen werden<br />
konnten, besitzen die deutschen Ostseegewässer eine große<br />
Bedeutung als Rast- und Überwinterungsgebiet für diese Art.<br />
Dort liegen die Verbreitungsschwerpunkte in der Pommerschen<br />
Bucht (südliche Ostsee), wo insbesondere auf der Oderbank<br />
Ohrentaucher in den Wintermonaten in hohen Dichten nachgewiesen<br />
wurden. Der Bestand entspricht mehr als 1 % der biogeographischen<br />
Population, so dass Deutschland eine besondere<br />
Verantwortung für den Schutz dieser Art zukommt, die in der<br />
Ostsee zahlreichen Gefährdungen und Störungen, wie Stellnetzfischerei,<br />
Verölung und Schiffsverkehr ausgesetzt ist. Neben den<br />
Verbreitungsmustern von Ohrentauchern in der Ostsee stellen<br />
wir erste Ergebnisse der Magenanalysen von Stellnetzopfern vor<br />
Usedom (Pommersche Bucht) vor, die einen Einblick in das<br />
Nahrungsspektrum der Ohrentaucher im Winter geben sollen.<br />
Fische dominieren die Winternahrung, wobei Grundeln dabei<br />
eine besondere Bedeutung zukommt.<br />
Stork H (Berlin): Orientierungsprobleme bei Gebäudebrütern.<br />
Seriennester an und in Gebäuden brütender Vögel sind Ausdruck<br />
erheblicher Probleme der Nahorientierung. Monoton<br />
wiederholte Nistplatzstrukturen bieten keine Orientierungsmerkmale<br />
für die Anflüge der Nest bauenden Vögel, damit<br />
auch nur eingeschränkte Möglichkeiten für eine ökonomische<br />
Abfolge der Nestbauphasen bzw. sind auch Ursache für den<br />
Abbruch eines Nistversuchs. In einer aus Fertigteilen gebauten<br />
Tiefgarage konnten über viele Jahre Nistversuche von Amseln<br />
beobachtet werden, die zu Seriennestern führten. Die sich im<br />
Deckenbereich anbietenden Nischen führten bis heute immer<br />
wieder zum Ablegen von Nistmaterial, in den 70er Jahren<br />
sogar mehrfach bis zu vier Gelegen in fertigen Nestern. Daneben<br />
fanden sich halbfertige Nester und Nestanfänge an bis zu<br />
60 Plätzen. Die besonders interessanten, älteren Erhebungen<br />
werden erstmals dokumentiert. Veränderungen der monotonen<br />
Habitatstruktur durch Brandspuren auf dem Beton führten<br />
zur Aufhebung der Orientierungsprobleme durch mehr<br />
Vielfalt der Nistplatzumgebung. Die Hintergründe der Orientierungsprobleme<br />
werden diskutiert aus der Arbeitsteilung<br />
zwischen Männchen und Weibchen bei Nistplatzsuche und<br />
Nestbau, aus den äußeren und inneren Gebäudestrukturen