O+P Fluidtechnik 7-8/2018
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VDMA-STUDIE<br />
Autor: Nikolaus Fecht,<br />
Fachjournalist<br />
SCHÖNE DIGITALE NEUE WELT<br />
– B2B-PLATTFORM-ÖKONOMIE<br />
MENSCHEN UND MÄRKTE<br />
Was kann ein bodenständiger Fabrikant aus dem<br />
Maschinenbau von Apple, Amazon und Co.<br />
lernen, die auf ihren Plattformen mit enormem<br />
Erfolg fremde Produkte und Dienstleistungen<br />
gegen Provisionen vermitteln? Detaillierte<br />
Antworten präsentieren der VDMA und Roland<br />
Berger in der aktuellen Studie<br />
„Plattformökonomie im Maschinenbau“.<br />
Der Maschinenbau gestaltet die digitale Transformation<br />
schon seit Jahren maßgeblich mit. Jetzt geht es auf die nächste<br />
Stufe“, sagte Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer<br />
des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau<br />
e.V. (VDMA). Es sei nur eine Frage der Zeit, bis Plattform-Unternehmen<br />
wie Amazon oder Google nach dem Konsumgeschäft (B2C)<br />
nun im großen Stil auch in den Markt des Maschinen- und Anlagenbaus<br />
einsteigen. Doch detaillierte Informationen, wie Plattformstrategien<br />
für Business-to-Business (B2B) funktionieren, fehlten bisher.<br />
Grund genug für den VDMA, zusammen mit der Deutschen Messe<br />
und der Unternehmensberatung Roland Berger, erstmals die Strukturen<br />
plattformbasierter B2B-Geschäftsmodelle speziell im Maschinenund<br />
Anlagenbau umfassend zu analysieren.<br />
Im Mittelpunkt standen die Erfahrungen von rund 20 Firmen, die<br />
in Sachen digitale Plattformen zu den First-Movern zählen. Darunter<br />
befinden sich nicht nur bekannte Konzerne, sondern auch Mittelständler.<br />
„Maschinenbauer bringen mit ihren Kenntnissen und Kundenapplikationen<br />
die besten Voraussetzungen mit, um dank der<br />
cleveren Kombination von vorhandenen Daten mit Branchen-Knowhow<br />
und Applikationswissen erfolgreich zu sein. Dieses Domänenwissen<br />
schafft Marktdominanz,“ erklärte Rauen bei der<br />
Studien-Präsentation.<br />
ERFOLGREICHE PLATTFORMEN VERSPRECHEN<br />
DREIFACHEN MEHRWERT<br />
Wie die Plattformstrategie gelingt, erläuterte Dr. Michael Zollenkop,<br />
Partner bei Roland Berger: „Eine gute Plattform-Strategie ist in<br />
erster Linie keine Frage der Informationstechnologie, sondern der<br />
Geschäftsperspektive.“ Die Berater nahmen dazu verschiedene<br />
Plattformmodelle unter die Lupe, die alle – genauso wie in der B2C-<br />
Welt – einen gemeinsamen Nenner haben: Für jede erfolgreiche<br />
Plattform spreche, dass sie dreifachen Mehrwert biete. So sinken<br />
zum einen die Transaktionskosten für das Abwickeln von Geschäften<br />
dank standardisierten Schnittstellen. Desweiteren kommt es mit<br />
einer steigenden Anzahl an Teilnehmern zu einem Netzwerkeffekt.<br />
Doch als entscheidenden, dritten Mehrwert nannte Dr. Zollenkop<br />
die Möglichkeit, neue digital- und plattformbasierte Services<br />
zu offerieren, die für Anbieter als Basis für völlig neue Geschäftsmodelle<br />
dienen können, und für Nachfrager ganz spezifischen, neuen<br />
Kundennutzen in Form konkreter Anwendungsfälle wie Prozessoder<br />
Anlagenoptimierung in der Produktion entstehen zu lassen.<br />
IIoT-Plattformen können auf fünf verschiedenen Ebenen angesiedelt<br />
sein: Oben stehen die Infrastruktur- und Plattformanbieter<br />
(Ebene 1 und 2) und in der Mitte App- und Softwareentwickler<br />
(Ebene 3). Die Plattformen nutzen u. a. Maschinenbau-Original<br />
Equipment Manufacturer/OEMs (Ebene 4: z. B. Trumpf, KUKA,<br />
Bosch-Rexroth) und deren Endkunden als Fabrikbetreiber (Ebene<br />
5: z. B. BASF, Daimler, Henkel). Alles in allem gibt es hunderte von<br />
Anwendungen: Die Bandbreite reicht von Produktion, Supply-<br />
Chain-Management, Instandhaltung, bis hin zur Vertriebsanalytik<br />
und zum Service. Martin Lüers, Principal bei Roland Berger, führte<br />
hierzu aus: „Es gilt, für Maschinenbauer mit Blick auf die enorm<br />
hohe Anzahl an möglichen Anwendungsfeldern die wirklich relevanten<br />
zu selektieren, die einen messbaren Mehrwert aus Kundensicht<br />
und damit Geschäftspotenzial liefern.“ Dazu zählen u.a. Anwendungen,<br />
mit denen sich die Verfügbarkeit und damit die Auslastung von<br />
Maschinen und somit die Kennziffer OEE erhöhen lassen.<br />
Trotz der unbestrittenen Vorteile haben gerade kleine und mittlere<br />
Unternehmen (KMU) Bedenken. „Viele Unternehmer scheuen<br />
davor zurück, ihr Geschäftsmodell in Richtung digitaler Services zu<br />
erweitern“, gab Dr. Zollenkop zu bedenken. „Es ist auch oft nicht<br />
klar, welchen Mehrwert die digitalen Services bieten, welche Kosten<br />
entstehen und welchen Preis die Anbieter dafür verlangen können.“<br />
Außerdem würden diese neuen, digitalen Geschäfts modelle neue<br />
Fach-Expertise und neue Mitarbeiter erfordern, weil sich KMU hier<br />
außerhalb ihrer angestammten Kernkompetenz bewegen. Verschärfend<br />
käme die Qual der Plattformwahl hinzu, denn es gäbe<br />
bereits heute hunderte Plattformen auf unterschiedlichen Ebenen.<br />
So müsse der Einsteiger nicht nur die für ihn passende Plattform<br />
finden, sondern wegen der anstehenden Konsolidierung auf dem<br />
Markt auch beurteilen, ob sie überlebensfähig ist.<br />
14 <strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 7-8/<strong>2018</strong>