occasional papers - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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10<br />
wie man “die Welt interpretieren” kann; man kann lediglich<br />
innerhalb der Welt handeln. Mit dieser merkwürdigen Terminologie<br />
enthüllt Marx seine Absicht, eine Haltung zur Welt in “Praxis”<br />
umzusetzen, die nur im Denken möglich ist. Die “Praxis” von Marx<br />
kann die “Welt” verändern, weil die Welt als ein Daseinsstrom<br />
verstanden wird, in dem sich die Idee oder die Vernunft konkret<br />
bewegt. Der logos ist keine unveränderliche Ordnung der Seele und<br />
der Welt, die es in kontemplativer Loslösung (“contemplative<br />
detachment”) zu entdecken gilt; er ist eine sich dialektisch<br />
bewegende Idee innerhalb der Welt; und wir können diese sich<br />
bewegende Idee nur in den Griff bekommen, wenn wir uns selbst<br />
durch Praxis in ihre historisch konkrete Bewegung einfügen. 14<br />
Die “Welt” ist der konkrete Strom der Geschichte; und das Leben<br />
des Menschen ist wesentlich Teil des Lebens der Menschheit in der<br />
Geschichte. Der Mensch besitzt kein Schicksal der Seele im religiösen<br />
Sinn, abgesondert von dem Schicksal der gesellschaftlichen und<br />
historischen Welt der Menschheit. Von diesem Standpunkt aus kritisiert<br />
Marx Feuerbach, weil letzterer – während er die Religion<br />
psychologisch in eine illusionäre (“illusionary”) Konstruktion des<br />
Menschen auflöst – das Wesen des einzelnen Menschen noch als den<br />
Urheber der Illusion hat bestehen lassen. Nach Feuerbach ist Gott ein<br />
imaginäres Subjekt, projiziert durch den Geist des Menschen, dem<br />
die höchsten menschlichen Werte zugewiesen werden. “Das absolute<br />
Wesen, der Gott des Menschen, ist das Wesen des Menschen selbst.”<br />
Gott ist “der Spiegel des Menschen”; der Mensch hat “seine<br />
höchsten Gedanken und seine reinsten Gefühle” in Gott hineinprojiziert;<br />
daher ist Gott “das Wesen des Menschen”. Der große<br />
Wendepunkt der Geschichte wird eintreten, wenn “dem Menschen<br />
bewußt wird, daß der einzige Gott des Menschen der Mensch selbst<br />
ist. Homo homini deus!“. Das Gespenst von Gott muß gebannt wer-<br />
14 Ebd.