occasional papers - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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Ebene einer dämonisch verschlossenen Existenz dar. Marx wußte,<br />
daß er ein Gott war, der eine Welt erschafft. Er wollte kein Geschöpf<br />
sein. Er wollte die Welt nicht aus der Perspektive der kreatürlichen<br />
Existenz sehen – obwohl er zugab, daß der Mensch Schwierigkeiten<br />
hat, aus dem alten Trott herauszukommen. Er wies die großen Zerrissenheiten<br />
des Seins, die in der Erfahrung gegeben sind, zurück –<br />
die Zerrissenheiten von Mensch und Welt, von immanentem Sein<br />
und transzendenter Realität, von Mensch und Gott, Subjekt und<br />
Objekt, Aktion und Kontemplation, die Zerrissenheiten, die auf das<br />
Mysterium der Schöpfung hinweisen. Er wollte die Welt vom Standpunkt<br />
der coincidentia oppositorum aus sehen, das heißt vom Standpunkt<br />
Gottes aus. Er erreichte diese Sicht in den Thesen durch die<br />
Konstruktion des hermetisch versiegelten Existenzstroms, in dem die<br />
Gegensätze ineinander verwandelt werden. Er schuf das Symbol der<br />
verschlossenen Welt, in der Subjekte Objekte und Objekte eine subjektive<br />
Tätigkeit sind; wo die Dinge sind, was sie sind, und zur selben<br />
Zeit ihr Gegenteil sind. Kurzum: Bei der Beschreibung seines<br />
Existenzstroms wendete er die Methoden der Spekulation an, die die<br />
Mystiker bei der Übersetzung der Gotteserfahrung in eine weltimmanente<br />
Sprache anwenden. Nach den Maßstäben mystischer<br />
Spekulation ist die Konstruktion einwandfrei. Sie ist wahrscheinlich<br />
der beste Weltfetisch (“world fetish”), der jemals von einem Menschen<br />
entworfen wurde, der Gott sein wollte.<br />
Wir müssen uns die volle Bedeutung dieses Unterfangens vergegenwärtigen.<br />
Das Schauspiel eines Menschen, der sich derartige dämonische<br />
Extravaganzen leistet, mag abscheulich sein, aber die<br />
abscheulichen und vielleicht komischen Aspekte machen die Aufführung<br />
in sozialer Hinsicht nicht weniger gefährlich. Es gibt eine<br />
beträchtliche Anzahl von Menschen, die Götter sein wollen. Während<br />
Marx im Hinblick auf die Fähigkeiten des Durchschnittsmenschen,<br />
sich an seinen eigenen Hosenträgern (“boot straps”)<br />
selbst zur Göttlichkeit hochzuziehen, völlig zu Recht pessimistisch