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Der Burgbote 1969 (Jahrgang 49)

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195<br />

Musik als lebensgestaltende Kraft! von Dr. Werner Jüsgen<br />

Fortsetzung<br />

Wenige Tage nach der Entlassung aus der<br />

Kriegsgefangenschaft im Juni 1945 traf ich in<br />

Salzburg ein, konnte aber wegen der damals<br />

auch in Österreich bestehenden sowjetischen<br />

Demarkationslinie zunächst nicht weiter zu<br />

meiner Familie nach Wien fahren. So blieb<br />

ich einige Monate in Salzburg, das, abgese<br />

hen von dem inzwischen wieder prachtvoll<br />

)vierten Dom, in seiner Substanz ziemlich<br />

&%.zerstört geblieben war. Es stand noch das<br />

Geburtshaus von Mozart und es gab noch die<br />

anderen Erinnerungsstätten an diesen Kompo<br />

nisten. In dieser Stadt Salzburg fand ich bald<br />

das innere Gleichgewicht wieder. Die Tat<br />

sache, daß ich Mitglied des Kölner Männer-<br />

Gesang-Vereins war, genügte, daß ich sofort<br />

bei den kirchlichen Konzerten der 1945 be<br />

reits wieder aufgenommenen Salzburger<br />

Festspiele im Chor mitwirken durfte. Wie er<br />

griffen mich in solcher menschlichen Situa<br />

tion, in der wir uns damals fast alle befanden,<br />

die in der St. Peterskirche aufgeführten Mo<br />

zart-Messen, sein Requiem und manches an<br />

dere Werk von Mozart. Zwar hatte ich schon<br />

vor dem Kriege das „Ave verum" Mozarts in<br />

der Kirche in Baden bei Wien, wo dieses Werk<br />

seine Uraufführung erlebt hatte, gehört. Aber<br />

es ist doch etwas ganz anderes, ob man sich<br />

satt und sorglos solchen Kunstgenüssen hin<br />

geben konnte oder ob man unmittelbar nach<br />

diesem Kriege merkte, wie das endlich er<br />

füllte seelische Verlangen nach dem solange<br />

entbehrten absoluten Schönen in der Kunst<br />

die Schatten irdischer Not besiegte. Ich glau-<br />

^ nirgends konnte dies besser geschehen<br />

I in der prachtvollen Mozartstadt Salzburg<br />

ofcirch Mozarts unsterbliche Musik.<br />

An einem herrlichen Frühlingstag besuchte ich<br />

vor einigen Jahren Beethovens Geburtshaus<br />

in Bonn. Zufällig besichtigten gleichzeitig<br />

zahlreiche Japaner ebenfalls diese Stätte der<br />

Erinnerung. Ich schloß mich der Führung an,<br />

wobei mich besonders interessierte, wie die<br />

Erinnerungsstücke aus Beethovens Leben und<br />

Wirken auf die Japaner wirken würden. In<br />

Stille und Ehrfurcht verweilten sie am Eingang<br />

jener Dachkammer, in der dieses musikalische<br />

Genie geboren wurde, vor der dort stehenden<br />

Büste des Komponisten. Ehrfurcht und Stille<br />

waren auch kennzeichnend für den Fortgang<br />

der Führung. Mit welcher inneren Anteilnahme<br />

waren diese Japaner bei der Sache! Man<br />

konnte eine Nadel zur Erde fallen hören, als<br />

sie vor der Partitur der 9. Symphonie standen<br />

und dabei erklärt wurde, daß Beethoven die<br />

ses Werk geschaffen hatte, als er schon völlig<br />

taub war.<br />

Mich selbst ergriff besonders ein Bild, auf<br />

dem dargestellt war, wie das bekannte Strub-<br />

Quartett seinerzeit Papst Pius XII. eine Kom<br />

position Beethovens vorgespielt hatte. Unter<br />

diesem Bild stand etwa folgendes: „Nach<br />

dem Erklingen des Lento-Satzes erhob sich<br />

der Hellige Vater und sprach: ,Mit dieser Mu<br />

sik geht man In den Himmel!'" So ehrte das<br />

Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche<br />

Beethoven.<br />

Zum Schluß jener Führung versammelten sich<br />

die Japaner im Hofe dieses Hauses am Rande<br />

eines kleinen Hausgartens. Die dann folgende<br />

Begebenheit wird mir immer unvergeßlich<br />

bleiben. Die Japaner hatten aus ihrer Heimat<br />

einen kleinen Baum mitgebracht. Diesen<br />

Baum pflanzte nun dort im Garten des Beet<br />

hovenhauses ein japanischer Mönch im Ornat.<br />

So ehrte Japan Beethoven.<br />

Ich möchte aber nicht stehen bleiben in der Ver<br />

gangenheit. Auch in der Erinnerung darf die<br />

klassische Musik nicht nur wie in einem Mu-<br />

Terminkalender für den Monat Dezember <strong>1969</strong><br />

Donnerstag, 4. Dezember Chorprobe Wolkenburg<br />

Sonntag, 7. Dezember Nikolausfeier Haus Wolkenburg, Großer Saal<br />

Donnerstag, 11. Dezember Chorprobe Wolkenburg<br />

Donnerstag, 18. Dezember Chorprobe Wolkenburg<br />

19.30 Uhr<br />

14.30 Uhr<br />

19.30 Uhr<br />

19.30 Uhr

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