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Musik als lebensgestaltende Kraft! von Dr. Werner Jüsgen<br />
Fortsetzung<br />
Wenige Tage nach der Entlassung aus der<br />
Kriegsgefangenschaft im Juni 1945 traf ich in<br />
Salzburg ein, konnte aber wegen der damals<br />
auch in Österreich bestehenden sowjetischen<br />
Demarkationslinie zunächst nicht weiter zu<br />
meiner Familie nach Wien fahren. So blieb<br />
ich einige Monate in Salzburg, das, abgese<br />
hen von dem inzwischen wieder prachtvoll<br />
)vierten Dom, in seiner Substanz ziemlich<br />
&%.zerstört geblieben war. Es stand noch das<br />
Geburtshaus von Mozart und es gab noch die<br />
anderen Erinnerungsstätten an diesen Kompo<br />
nisten. In dieser Stadt Salzburg fand ich bald<br />
das innere Gleichgewicht wieder. Die Tat<br />
sache, daß ich Mitglied des Kölner Männer-<br />
Gesang-Vereins war, genügte, daß ich sofort<br />
bei den kirchlichen Konzerten der 1945 be<br />
reits wieder aufgenommenen Salzburger<br />
Festspiele im Chor mitwirken durfte. Wie er<br />
griffen mich in solcher menschlichen Situa<br />
tion, in der wir uns damals fast alle befanden,<br />
die in der St. Peterskirche aufgeführten Mo<br />
zart-Messen, sein Requiem und manches an<br />
dere Werk von Mozart. Zwar hatte ich schon<br />
vor dem Kriege das „Ave verum" Mozarts in<br />
der Kirche in Baden bei Wien, wo dieses Werk<br />
seine Uraufführung erlebt hatte, gehört. Aber<br />
es ist doch etwas ganz anderes, ob man sich<br />
satt und sorglos solchen Kunstgenüssen hin<br />
geben konnte oder ob man unmittelbar nach<br />
diesem Kriege merkte, wie das endlich er<br />
füllte seelische Verlangen nach dem solange<br />
entbehrten absoluten Schönen in der Kunst<br />
die Schatten irdischer Not besiegte. Ich glau-<br />
^ nirgends konnte dies besser geschehen<br />
I in der prachtvollen Mozartstadt Salzburg<br />
ofcirch Mozarts unsterbliche Musik.<br />
An einem herrlichen Frühlingstag besuchte ich<br />
vor einigen Jahren Beethovens Geburtshaus<br />
in Bonn. Zufällig besichtigten gleichzeitig<br />
zahlreiche Japaner ebenfalls diese Stätte der<br />
Erinnerung. Ich schloß mich der Führung an,<br />
wobei mich besonders interessierte, wie die<br />
Erinnerungsstücke aus Beethovens Leben und<br />
Wirken auf die Japaner wirken würden. In<br />
Stille und Ehrfurcht verweilten sie am Eingang<br />
jener Dachkammer, in der dieses musikalische<br />
Genie geboren wurde, vor der dort stehenden<br />
Büste des Komponisten. Ehrfurcht und Stille<br />
waren auch kennzeichnend für den Fortgang<br />
der Führung. Mit welcher inneren Anteilnahme<br />
waren diese Japaner bei der Sache! Man<br />
konnte eine Nadel zur Erde fallen hören, als<br />
sie vor der Partitur der 9. Symphonie standen<br />
und dabei erklärt wurde, daß Beethoven die<br />
ses Werk geschaffen hatte, als er schon völlig<br />
taub war.<br />
Mich selbst ergriff besonders ein Bild, auf<br />
dem dargestellt war, wie das bekannte Strub-<br />
Quartett seinerzeit Papst Pius XII. eine Kom<br />
position Beethovens vorgespielt hatte. Unter<br />
diesem Bild stand etwa folgendes: „Nach<br />
dem Erklingen des Lento-Satzes erhob sich<br />
der Hellige Vater und sprach: ,Mit dieser Mu<br />
sik geht man In den Himmel!'" So ehrte das<br />
Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche<br />
Beethoven.<br />
Zum Schluß jener Führung versammelten sich<br />
die Japaner im Hofe dieses Hauses am Rande<br />
eines kleinen Hausgartens. Die dann folgende<br />
Begebenheit wird mir immer unvergeßlich<br />
bleiben. Die Japaner hatten aus ihrer Heimat<br />
einen kleinen Baum mitgebracht. Diesen<br />
Baum pflanzte nun dort im Garten des Beet<br />
hovenhauses ein japanischer Mönch im Ornat.<br />
So ehrte Japan Beethoven.<br />
Ich möchte aber nicht stehen bleiben in der Ver<br />
gangenheit. Auch in der Erinnerung darf die<br />
klassische Musik nicht nur wie in einem Mu-<br />
Terminkalender für den Monat Dezember <strong>1969</strong><br />
Donnerstag, 4. Dezember Chorprobe Wolkenburg<br />
Sonntag, 7. Dezember Nikolausfeier Haus Wolkenburg, Großer Saal<br />
Donnerstag, 11. Dezember Chorprobe Wolkenburg<br />
Donnerstag, 18. Dezember Chorprobe Wolkenburg<br />
19.30 Uhr<br />
14.30 Uhr<br />
19.30 Uhr<br />
19.30 Uhr