Berliner Kurier 23.09.2018
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BERLINER KURIER, Sonntag, 23. September 2018<br />
Wird der Ortsteil zur Schlafstadt für Reiche? Anwohner ärgern sich<br />
über verfallene Denkmäler,Spekulanten und Luxusvillen am Ufer<br />
BERLIN 7<br />
Von<br />
STEFAN STRAUSS<br />
Grünau – Es gab mal Zeiten,<br />
da war Grünau ein beliebtes<br />
und lebendiges Ausflugsund<br />
Naherholungsgebiet.<br />
Heute fürchten Bewohner,<br />
Grünau entwickele sich zur<br />
trostlosen Schlafstadt für<br />
Reiche. Dort verfallen<br />
Denkmäler und Spekulanten<br />
machen ihr Geld. Am<br />
Sonnabend haben etwa 50<br />
Menschen gegen diese Entwicklung<br />
protestiert.<br />
Nils-R. Schultze ist in Grünau<br />
aufgewachsen. Der 53-jährige<br />
Lichtdesigner kennt den ruhigen<br />
Ortsteil im Südosten der<br />
Stadt noch aus seiner Kindheit.<br />
Er erinnert sich an die<br />
vielen Besucher, die damals<br />
aus der Stadt zur Erholung ans<br />
Wasser kamen, am Ufer der<br />
Dahme gab es viele Biergärten<br />
und Restaurants.<br />
Die Regattastraße in Grünau<br />
war einst die Wiege des Wassersports<br />
und ein beliebtes<br />
Ausflugsziel. Die Grünauer<br />
waren stolz auf ihren Ort. Und<br />
heute? „Grünau ist stillgelegt“,<br />
sagt Nils-R. Schultze. Im Ortsverein<br />
Grünau wehrt er sich<br />
gegen diese Entwicklung.<br />
„Unser Ort verliert seine Einzigartigkeit<br />
und seine Seele.“<br />
Am Sonnabendnachmittag<br />
sind Schultze und seine Mitstreiter<br />
durch Grünau gezogen.<br />
Ihr Ziel: die früheren<br />
Ausflugs- und Tanzlokale Riviera<br />
und Gesellschaftshaus<br />
am Ufer der Dahme. Beide<br />
Häuser, mit prunkvoll gestalteten<br />
Sälen, stehen bis heute<br />
unter Denkmalschutz. Und sie<br />
verfallen trotzdem seit drei<br />
Jahrzehnten.<br />
Für Schultze sitzen die Verantwortlichen<br />
für diese Entwicklung<br />
im Bezirksamt Treptow-Köpenick.<br />
Vor allem gegen<br />
Bezirksbürgermeister Oliver<br />
Igel und Baustadtrat<br />
Rainer Hölmer (beide SPD)<br />
richtet sich der Ärger. „Der<br />
Bezirk hat 30 Jahre lang nichts<br />
gemacht. Er unterstützt Spe-<br />
Der Prunk ist dahin: DasRivierawar einst ein beliebtes Ausflugs- und Tanzlokal mit einem prächtigen Saal.<br />
kulanten und ignoriert die<br />
Denkmalpflege.“ Zudem würden<br />
lukrative Wassergrundstücke<br />
mit Luxusbauten zugebaut,<br />
es gebe dort keine öffentlichen<br />
Gaststätten und Ausflugslokale<br />
mehr.<br />
Nach der Wende übernahm<br />
die Treuhand die Grundstücke<br />
von Riviera und Gesellschaftshaus<br />
und verkaufte sie. Die<br />
neue Eigentümerin ließ die<br />
Häuser weiterverfallen. Nun<br />
will ein neuer Besitzer dort eine<br />
Seniorenresidenz und Neubauten<br />
mit einer Tiefgarage<br />
errichten. Der Denkmalschutz<br />
wurde erheblich gelockert –<br />
zum Ärger der Bewohner.<br />
„Der Denkmalschutz für Riviera<br />
und Gesellschaftshaus<br />
muss erhalten bleiben“, sagt<br />
Nils-R. Schultze.<br />
Bezirksbürgermeister Oliver<br />
Igel hält die Vorwürfe gegen<br />
das Bezirksamt für „absurd“,<br />
sagte er dem KURIER. Der<br />
Treuhand sei damals egal gewesen,<br />
was mit den Denkmalen<br />
passiert. „Das hat der Spekulation<br />
Tür und Tor geöffnet.“<br />
Der Bezirk habe später<br />
„über Jahre Druck auf die Eigentümerin<br />
ausgeübt“, leider<br />
erfolglos. So habe der Bezirk auf<br />
eigene Kosten Saaldecken mit<br />
Gerüsten vor dem Absturz gerettet.<br />
Nun hat sich der Bezirk mit<br />
„schmerzhaften Kompromissen“<br />
den Plänen des neuen Eigentümers<br />
gebeugt. „Weitere<br />
Jahre des Stillstands hätte das<br />
Denkmal nicht überlebt“, sagt<br />
der Bezirksbürgermeister. Leider<br />
bleibe nur ein denkmalgeschützter<br />
Saal erhalten, dieser<br />
werde aber für die Öffentlichkeit<br />
zugänglich bleiben, ein<br />
zweiter Saal bleibt auch erhalten,<br />
wird aber nicht frei zugänglich<br />
sein. Die Veranda und die<br />
Fassaden beider Gebäude werden<br />
denkmalgerecht saniert.<br />
„Das war die letzte Chance für<br />
Riviera und Gesellschaftshaus“,<br />
sagt Oliver Igel.<br />
ECHT GRATIS FÜRSIE:<br />
Dieaktuelle„Tina“!<br />
Foto: dpa<br />
Nächster Halt: Sieg<br />
Busfahrer-EM<br />
im BVG-Depot<br />
Berlin – VonParis über<br />
Moskau bis Reykjavik:In<br />
Berlin haben bei derersten<br />
Europameisterschaft<br />
der Busfahrerinnen<br />
und Busfahrer die<br />
Besten ihrer Zunft konkurriert.<br />
Werlegt den<br />
perfekten Stopp an der<br />
Haltestelle hin? Daswurde<br />
genau mit einem Maßband<br />
gemessen. Slalom,<br />
auf engem Raum wenden<br />
und Rückwärtsfahren<br />
gehörten zu den weiterenDisziplinen.<br />
Mehrere<br />
TausendZuschauerwarenzudem<br />
Wettkampf<br />
im BVG-Depot in Weißensee<br />
gekommen.Fahreraus<br />
21 Städtentraten<br />
gegeneinanderan. Gastgeber<br />
wardie BVG, ihr<br />
Team belegte Platz 5.<br />
Sieger wurden zwei<br />
Schwaben.<br />
Am<br />
Dienstag im<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Kurier</strong><br />
Ruine in bester Lage: DasGesellschaftshaus an der Regattastraße öffnete<br />
1875und wurde als Ausflugslokal berühmt.Seit 1991 verfällt es.<br />
www.berliner-kurier.de<br />
Der von hier