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Kulturfenster Nr. 02|2018 - April 2018

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Chorwesen<br />

Siegfried Tappeiner - eine außerordentliche Persönlichkeit<br />

Der Obmann des Südtiroler Chorverbandes<br />

Erich Deltedesco hat bei der Beerdigung am<br />

24. März <strong>2018</strong> in Montan Siegfried Tappeineer<br />

in einer Grabrede eindrucksvoll gewürdigt,<br />

die wir hier vollinhaltlich wiedergeben.<br />

Sehr geehrte Angehörige,<br />

verehrte Trauergemeinde!<br />

„Wir sind nur Gast auf Erden“ heißt es in<br />

einem Lied aus unserem Gotteslob; / eine Tatsache,<br />

die uns ihren tieferen Sinn vor allem<br />

dann schonungslos vor Augen führt, wenn<br />

sich der Tod in unserer nahen Umgebung<br />

ereignet. Der Tod von Dr. Siegfried Tappeiner<br />

macht uns betroffen, denn in ihm verlieren<br />

wir eine Persönlichkeit, die als Brückenbauer<br />

zwischen den musikalischen Institutionen,<br />

als Anreger und Impulsgeber das Kulturleben<br />

in Südtirol und weit über unsere Landesgrenzen<br />

hinaus über Jahrzehnte richtungsweisend<br />

geprägt hat.<br />

Neben seiner Tätigkeit als Pädagoge hat<br />

er sich über Jahrzehnte der Förderung des<br />

Chorgesangs gewidmet. Als Chorleiter des<br />

Männergesangvereins Kurtatsch, als langjähriges<br />

Mitglied des deutschen Kulturbeirates,<br />

als Obmann des Südtiroler Chorverbandes,<br />

als Präsident des Institutes für Musikerziehung<br />

in deutscher und ladinischer Sprache -<br />

überall genoss er Achtung und Vertrauen.<br />

Mit seiner Tätigkeit an der Spitze alpenländischer<br />

und europäischer Chorverbände - als<br />

Gründungsmitglied der AGACH, sowie als Vizepräsident<br />

der Arbeitsgemeinschaft Europäischer<br />

Chorverbände - hat er bereits früh den<br />

Geist eines Europa der Regionen verkörpert.<br />

„Die Moderne in der Leistung und die Heimat<br />

im Herzen“ war zeitlebens das Motto<br />

von Dr. Siegfried Tappeiner. Als Obmann<br />

des damaligen Südtiroler Sängerbundes<br />

von 1975 bis 2001 hat er zweifellos Südtiroler<br />

Verbandsgeschichte geschrieben. Mit<br />

einer selten anzutreffenden Symbiose von<br />

Bodenständigkeit und Weltläufigkeit hat er<br />

den Südtiroler Sängerbund aus bescheidenen<br />

Anfängen zu einem bedeutenden<br />

Faktor im Musikleben unseres Landes entwickelt.<br />

Mit Siegfried Tappeiner ist das Sängerwesen<br />

in Südtirol groß geworden, er hat<br />

es aus dem kulturellen Schattenwinkel in<br />

das Licht der Öffentlichkeit geführt. Als treibende<br />

Kraft und als unermüdlicher Impulsgeber<br />

über viele Jahrzehnte hinweg hat er<br />

Bleibendes für das Chorwesen geschaffen.<br />

Er initiierte erfolgreiche Veranstaltungen wie<br />

„Unser Lied“ oder „Jugend singt“. In seiner<br />

Amtszeit fand das erste Landessingen statt,<br />

das zu einer wichtigen Tradition im Chorverband<br />

geworden ist und bis heute in regelmäßigen<br />

Zeitabständen stattfindet, gerade<br />

in diesem Jahr wiederum Ende September<br />

in Sterzing. Schon früh hat er den Wert von<br />

kontinuierlicher Fortbildung erkannt und<br />

Weiterbildungsprogramme entwickelt, die<br />

heute noch den Schwerpunkt in der Verbandsarbeit<br />

bilden. Wenn eine Arbeit abgeschlossen<br />

war, suchte er wieder andere<br />

Horizonte, hat wieder neue Ziele angestrebt.<br />

Aber über all den Zielen stand das, was Dr.<br />

Siegfried Tappeiner zu einer besonders wertvollen<br />

Persönlichkeit machte: In erster Linie<br />

wollte er immer Kollege und Freund sein,<br />

der zu fördern verstand, der integrierte und<br />

der zu gemeinsamen Zielen aufrief.<br />

Seine Ideen und Visionen<br />

strahlten weit über Südtirol hinaus<br />

Von der reichen Frucht seines Schaffens<br />

und Mühens kann das Chorwesen in unserem<br />

Land heute noch profi tieren und genießen,<br />

seine selbstlose, uneigennützige Art<br />

soll für uns alle leuchtendes Vorbild sein.<br />

Seine Ideen und Visionen strahlten aber<br />

weit über Südtirol hinaus - wie schon erwähnt<br />

- hat er bereits sehr früh den Geist<br />

eines Europa der Regionen verkörpert.<br />

Tappeiner war davon überzeugt, dass das<br />

Zusammenwachsen der europäischen<br />

Völker nicht alleine nach den Regeln der<br />

Wirtschaft von statten gehen darf, sondern<br />

dass in kleinen Schritten auch die Kultur<br />

ihren Beitrag leisten soll und muss. In den<br />

1970er Jahren war ein völkerverbindendes<br />

Bewusstsein der Menschen im Alpenraum<br />

bei weitem noch nicht in jenem Maße entwickelt<br />

wie wir es heute weitum kennen<br />

und schätzen. Es war damals eine Zeit des<br />

Aufbruchs und des Umbruchs, und derartige<br />

Zeiten brauchen Menschen, die den<br />

Geist der Zeit erahnen und erfassen, Entwicklungen<br />

fördern und neue Weichen<br />

stellen. Siegfried Tappeiner besaß diese<br />

Qualität. Und so wurde 1979 im Sitzungssaal<br />

des Südtiroler Landtages in<br />

Bozen die AGACH, die Arbeitsgemeinschaft<br />

Alpenländischer Chorverbände<br />

gegründet. Für die AGACH war er Vordenker,<br />

Promotor und Gründungsvater<br />

und mehr als dreißig Jahre – von 1979<br />

bis 2010 - befruchtete er als Präsident<br />

mit immer wieder neuen Ideen die Arbeitsgemeinschaft,<br />

prägte nachdrücklich<br />

und nachhaltig ihr Antlitz. In all<br />

den Jahren war er ein unermüdlicher<br />

Botschafter nicht nur seiner geliebten<br />

Heimat Südtirol, sondern auch ein erfolgreicher<br />

Botschafter für länderübergreifendes<br />

Denken, Handeln und Fühlen.<br />

Seine Arbeit, sein Wirken ist für die<br />

Mitgliedsverbände der AGACH weiterhin<br />

Auftrag und Verpfl ichtung.<br />

„Wir sind nur Gast auf Erden“, gerade<br />

der Abschied vom geschätzten<br />

Ehrenobmann des Südtiroler Chorverbandes<br />

und Ehrenpräsidenten der<br />

AGACH macht uns diese Tatsache heute<br />

wieder einmal deutlich bewusst. Dennoch<br />

kann der Tod nicht auslöschen,<br />

was in guter Erinnerung bleibt und weiterwirkt.<br />

Möge gerade die liebe Erinnerung<br />

und die Verbundenheit über den<br />

Tod hinaus diesen Abschied erleichtern,<br />

wenn ich in dieser Stunde die aufrichtige<br />

Anteilnahme und die große Dankbarkeit<br />

des Südtiroler Chorverbandes<br />

und der AGACH zum Ausdruck bringe.<br />

Lassen sie mich mit einem Satz von<br />

Albert Schweitzer enden, der einmal gesagt<br />

hat: „Das schönste Denkmal, das<br />

ein Mensch bekommen kann, steht in<br />

den Herzen seiner Mitmenschen.“ In<br />

diesem Sinne, Ihnen, sehr geehrte Familien<br />

Tappeiner, mein und unser aller<br />

aufrichtigstes Beileid. Möge der Verstorbene<br />

ewigen Frieden fi nden, möge<br />

der Herrgott ihm all sein Wirken vergelten!<br />

Der Südtiroler Chorverband und die<br />

AGACH werden ihm stets ein ehrendes<br />

Andenken bewahren.<br />

Lieber Siegfried: Vergelt’s Gott für<br />

alles, ruhe in Frieden.<br />

<strong>Nr</strong>. 02 | <strong>April</strong> <strong>2018</strong> 11

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