Kulturfenster Nr. 02|2018 - April 2018
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Kritisch hingehört<br />
Blasmusik<br />
Festkonzert der<br />
Stadtkapelle Bozen <strong>2018</strong><br />
Kapellmeister Alexander Veit überrascht das Publikum mit „starken Stücken“<br />
Die Festkonzerte der Blaskapellen mit symphonischer<br />
Ausrichtung zeichnen sich mehr<br />
und mehr durch eine Programmgestaltung aus,<br />
die auf eine Vielzahl kurzer Stücke zugunsten<br />
einer gut überlegten Auswahl größerer, technisch<br />
wie interpretatorisch anspruchsvoller<br />
Originalkompositionen verzichtet.<br />
Dazu der Einsatz von Solisten, wie es<br />
auch anlässlich des Festkonzerts der traditionsreichen<br />
„Stadtkapelle Bozen“ im Konzerthaus<br />
Bozen, das dem Anspruch einer<br />
guten Akustik durchaus entspricht, der Fall<br />
war. Unter der Leitung Alexander<br />
Veits, eines der erfahrensten Dirigenten<br />
und Kenner im Bereich<br />
symphonischer Blasmusik des<br />
Landes, präsentierten die ca. 60<br />
Musiker der „Stadtkapelle Bozen“<br />
im ersten Teil drei „starke<br />
Stücke“ der Originalmusik für<br />
symphonische Blaskapelle.<br />
Zur Eröffnung „Red Rock<br />
Mountains“ des US-Amerikaners<br />
Rossano Galante, ein ca.<br />
sieben bis acht Minuten dauernden<br />
Werk für großes Blasorchester,<br />
das in seinen Sätzen<br />
das musikalische Porträt des<br />
„Red Rock Mountains“ nachzeichnet<br />
und klanglich vor den<br />
Augen des Hörers erstehen lassen<br />
will. Fanfaren auf irisierenden, wellenartigen<br />
Flöten- und Klarinettenpassagen<br />
eröffnen diese Musik, die in einen ersten<br />
emotionalen Höhepunkt mündet, die dann<br />
landschaftliche Konturen beschreibt und im<br />
fast schon filmisch triumphalen Finale alles<br />
an instrumentaler Kraft aufbringt, die in den<br />
Instrumenten der hervorragenden Musiker<br />
der Stadtkapelle Bozen steckt.<br />
Weniger programmatisch, dafür aber<br />
technisch auf die Solotrompete geeicht, erklang<br />
als zweites Stück „Concertpiece“ von<br />
James Curnow, ebenfalls ein US-Amerikaner,<br />
der damit den Solisten der virtuosen Trompete<br />
geradezu herausfordern will. Im Konzerthaus<br />
war der Solist der Katalane Xavier<br />
Segura Ardèvol, der seit einigen Jahren in<br />
Bozen lebt und als Musiker tätig ist. Curnows<br />
„Concertpiece“ verlangt vom Trompeter<br />
im langsamen Mittelsatz eine schön<br />
gerundete lyrische Kantilene, im abschließenden<br />
schnellen Satz einige recht schwierige<br />
Läufe, die der katalanische Trompeter<br />
recht sauber vorzutragen wusste.<br />
Der Höhepunkt des ersten Teils waren indes<br />
die drei Lieder der Freiheit, „Songs of<br />
Liberation“, des Niederländers Harrie Janssen<br />
aus dem Jahr 2015 zum Anlass des<br />
70. Jahrestages der Befreiung der Niederlande<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg mit klaren<br />
Andeutungen auf den Kampf der Niederländer<br />
gegen die spanische Besatzung<br />
im 17. Jahrhundert. Historisch fesselnde<br />
und zu Beginn recht düstere Klänge, die<br />
wie ein Trauerkondukt à la Gustav Mahler<br />
einhergehen, die dann sich aber zusehends<br />
verlebendigen und zum ersehnten<br />
Freiheitschoral anschwellen. Aus zwei Bozner<br />
Chören, dem „Choriosum“ und dem<br />
„Flat Caps“, hat die „Stadtkapelle Bozen“<br />
einen einzigen gemischten Chor zusammengestellt,<br />
der eigentlich der Protagonist<br />
in der Aufführung des „Songs of Liberation“<br />
war. Die Musik, vom Orchester hervorragend<br />
in Szene gesetzt und im dritten<br />
Satz durch ein Sopransolo bereichert, das<br />
Brigitte Canins in ihrer schönen Mittellage<br />
gegeben hat. Expressive Musik, die dem<br />
Programm durchaus mit vielen Klangmodulationen<br />
auch gerecht wird.<br />
Nach der Pause dann eine Premiere:<br />
Filmmusik des Österreichers Otto M.<br />
Schwarz zum Streifen „1805- A Towns’<br />
Tale“, eine recht tränensatte Lovestory um<br />
einen Soldaten der napoleonischen Garnison<br />
bei Dürnstein an der Donau mit Mina,<br />
„Starke Stücke“ gab die Stadtkapelle Bozen unter der Leitung von Alexander Veit<br />
beim diesjährigen Festkonzert zum Besten.<br />
einer Ortsansässigen: Die Morgennebel<br />
hängen an einem Herbsttag 1805 schwer<br />
über dem Feld bei Dürnstein. In der Dunkelheit<br />
des Morgengrauens schleicht Philippe<br />
am Hauptzelt vorbei und verlässt das<br />
Lager, um Mina, seine Geliebte, vor dem<br />
geplanten Überfall der napoleonischen<br />
Truppen zu warnen. Der Kurzfilm war auf<br />
der Leinwand zu sehen, aber interessant<br />
war dazu die durchaus „episch“ animierte<br />
Musik von Otto M. Schwarz, die von der<br />
„Stadtkapelle Bozen“ unter der hervorragenden<br />
Leitung Alexander Veits mit großer<br />
Empathie den Zauber der Bilder fast<br />
vergessen ließ.<br />
F. Delle Cave<br />
<strong>Nr</strong>. 02 | <strong>April</strong> <strong>2018</strong> 45