Kulturfenster Nr. 02|2018 - April 2018
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Blasmusik<br />
Frühjahrskonzert <strong>2018</strong> mit<br />
vielen Höhenpunkten<br />
Bürgerkapelle Brixen mit bestechenden Blasmusik-Interpretationen<br />
Blasmusik von bestechender Qualität bot die Bürgerkapelle Brixen mit Kapellmeister<br />
Hans Pircher am Dirigentenpult.<br />
Unglaublich, dass in den Annalen der Stadt<br />
Brixen die Bürgerkapelle schon seit 200<br />
Jahren aufscheint. Nun, wenn auch der Winter<br />
noch bei jeder Gelegenheit das sachte<br />
Aufkeimen des Frühlings niederhaut, wehen<br />
im Frühlingskonzert feierliche Winde, deren<br />
Anrufung ein Trompetensignal bei der<br />
„Festouvertüre“ des Schweden Hugo Alfvén<br />
verkündet.<br />
Sehr musikalisch und mit viel Gefühl<br />
für die Tempi dirigiert Hans Pircher diese<br />
Transkription, wenn nach der Trompete<br />
sich die Holzbläser einbringen, während<br />
die in den tiefen Lagen das Blech und<br />
besonders die Klarinetten einen Tutti-<br />
Akkord einleiten, und los geht’s mit dem<br />
Martialischen. Die Schlagwerker spielen<br />
gut dosiert, nie zu laut, das tut gut,<br />
wenn bei den dumpfen Tubaklängen die<br />
Läufe im sauberen Legato – sehr gut das<br />
hohe Blech – gespielt werden, bis ein aufbäumendes<br />
Crescendo diese Marschsequenz<br />
im Vollrausch vollendet. Ein Arrangement<br />
der berühmten „Rule Britannia“<br />
für Solo-Euphonium wird von Elias Plieger<br />
zunächst sehr gut vorgetragen, weil<br />
er die schweren Solopassagen und Läufe<br />
herzzeitlich ausformuliert, nur geht sein<br />
Spiel manchmal im Gesamtklang unter,<br />
weil Komponist Peter Graham zu oberflächlich<br />
orchestriert. Plieger aber spielt<br />
die Solokadenzen ausgezeichnet, virtuos,<br />
rein und punktiert, auch die Elegie mit<br />
den Übrigen, die Hans Pircher hervorragend<br />
niederhält, bis letztlich nach ungebändigtem<br />
Big-Band-Sound frenetischer<br />
Applaus ausbricht.<br />
Und weiter geht’s mit dem norwegischen<br />
„Valdres“Marsch (J. Hanssen)<br />
der, leise beginnend, kühn und lebendig<br />
aufgetischt wird mit einem kurzen Trompetensolo<br />
und nicht zuletzt auch mit dem<br />
schönen Solo der Klarinette. Rührend gespielt<br />
wird das irreführende Arrangement<br />
„The Barber of Seville goes to the Devil“<br />
nach Rossini, der ja vor 150 Jahren in Paris<br />
gestorben ist. Da geht nichts zum Teufel,<br />
denn es ist einfach eine Umsetzung<br />
der Opern-Ouvertüre, die Rossini selbst<br />
ja nur von einer anderen Oper übernommen<br />
hat. Die UA war ein Riesenskandal,<br />
doch die Brixner spielen alles mit besten<br />
Akzenten, sehr durchsichtig, ja leichtfüßig.<br />
Das ist bei dem wässrigen „Alla marcia“<br />
des Schwedischen Finnen Sibelius naturgemäß<br />
anders, wenn trotzdem sehr gut die<br />
Bläserfanfaren von zarten Paukenwirbeln,<br />
Triangel und Becken umrahmt werden und<br />
die Oboen, Flöten und hohen Saxofone,<br />
aber auch das tiefe Blech den pompösen<br />
Schluss anzetteln. Gut gemacht, aber zum<br />
einsamen Höhenpunkt werden letztlich<br />
die „Four Scottish Dances“ von Sir Malcom<br />
Arnold. Das viersätzige Poem ist mit<br />
seiner herrlichen Orchestrierung – arrangiert<br />
von J. P. Paynter – eng verwandt mit<br />
den neoklassischen Tondichtungen, denn<br />
die Schlag- und Percussion- Instrumente<br />
flattern umher, ja es wird behutsam gezaubert<br />
mit herrlichen Staccati, dann wieder<br />
mit berührenden Soli, doch zum Bestem<br />
gehört der Einheitsklang, der durch<br />
das souveräne Dirigat von Hans Pircher<br />
zur bestechendsten Blasmusik-Interpretation<br />
überhaupt wird. Beim 2. Satz, eindeutig<br />
ein Scherzo, gibt's Zauberklänge<br />
quer durch die ganze Kapelle, ja da tänzelt<br />
das Glockenspiel in die Akkordzerlegungen<br />
der Harfenistin, die sich dann<br />
in Satz drei sehr schön mit dem fein gespielten<br />
elegischen Oboensolo einbringt,<br />
während die tiefen Blechtöne Weite ankünden.<br />
Wundervoll breiten sich auch die<br />
geschliffenen (Natur)Töne aus eingebettet<br />
von Harfenarppegien, bis dann letztlich<br />
allesamt toll zu hören sind, wenn ein getragenes<br />
Crescendo in Bruckner-Art zum<br />
Traum des Abends wird, sodass aus dem<br />
Norden Träume des Südwindes blasen,<br />
die auch im lieblich jodelnden Schlussstück<br />
Zauber erfährt. Applaus, Ovationen!<br />
C.F. Pichler<br />
Dieser Artikel erschien am 22.03.<strong>2018</strong> in<br />
der Tageszeitung „Dolomiten“ – Nachdruck mit<br />
freundlicher Erlaubnis des Autors und der Redaktion.<br />
<strong>Nr</strong>. 02 | <strong>April</strong> <strong>2018</strong> 47