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FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 8

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q SIMEON BUß IM GESPRÄCH<br />

» Es macht Spaß. Du siehst viel von der Welt. «<br />

Ich möchte in den Workshops durch kleine Schreibübungen<br />

vermitteln, dass jeder schreiben kann. Es geht mir darum, nicht<br />

nur bei Kindern Blockaden und Ängste aufzubrechen. In den<br />

längeren Workshops erarbeite ich mit den TeilnehmerInnen ein<br />

Konzept für einen Text – als Richtschnur, an der sie sich beim<br />

Schreiben orientieren können. Das hilft ganz vielen Leuten. Es<br />

kommt natürlich noch der Slam Poetry-Gedanke mit hinein. Ich<br />

mache mit den TeilnehmerInnen Vorlese- und Stimmübungen<br />

– und auch ganz einfache Dinge, die man auf der Bühne gut<br />

gebrauchen kann: Wie benutze ich ein Mikrofon ? Was kann<br />

ich noch neben meiner Stimme benutzen, wenn ich einen Text<br />

vorlese. Es geht darum, dass alle Spaß daran haben, etwas vorzulesen<br />

und das nötige Selbstvertrauen dazu entwickeln. Wenn<br />

man mit Schulen arbeitet, hat man heute Kinder, die wenig<br />

lesen und schreiben. An einem Gymnasium habe ich neulich<br />

gefragt, wer denn noch Bücher liest. Das waren etwa die Hälfte<br />

der SchülerInnen. Die anderen spielen lieber Videospiele oder<br />

schauen Serien. Genauso groß ist natürlich auch der Abstand<br />

zum Schreiben geworden. Schreiben kennen die SchülerInnen<br />

nur noch durch Aufsätze und Hausarbeiten, die sie machen<br />

müssen. Ein Grund ist sicher auch die Ökonomisierung von<br />

Schule. Als ich in der elften Klasse war, hatten wir ein halbes<br />

Jahr »Kreatives Schreiben«. Das hat mich unheimlich gepusht<br />

und auch auf den Weg gebracht, mit meinen Texten irgendwann<br />

als Slam-Poet aufzutreten. Dafür bin ich meiner Lehrerin immer<br />

noch dankbar. Jemanden intensiv zu unterstützen – dafür haben<br />

die LehrerInnen heute einfach keine Zeit mehr. Das ist vorbei.<br />

Deine Tätigkeit als Slam-Lehrer hat Dich auch nach Kuala<br />

Lumpur, Tokyo und Hongkong geführt. Fühlst du Dich als<br />

»Sim Panse« im asiatischen Raum besonders wohl ?<br />

Nein, nicht wirklich. Tatsächlich war es in Japan eine richtig<br />

anstrengende Woche, weil ich nach der Ankunft völlig gejetlagt<br />

war. Als Vegetarier hatte ich Probleme, überhaupt etwas ohne<br />

Fleisch zum Essen zu finden. Kuala Lumpur hingegen war einfach<br />

großartig – da will ich auch auf jeden Fall wieder hin. Dort<br />

war meine erste Erfahrung, dass es in der Nähe unseres Hostels<br />

eine Straße ausschließlich mit vegetarischen Restaurants gab.<br />

Hongkong widerum ist mir einfach zu groß. Diese Reisen sind<br />

über einen Freund möglich geworden. Er hat eine Agentur, die<br />

sich »Die Zeilenschmiede« nennt. Gemeinsam vermitteln wir<br />

KünstlerInnen weltweit an Goethe-Institute, die Workshops für<br />

Schreiben geben. In den nächsten Jahren stehen auch wieder<br />

einige Projekte an. Es macht Spaß. Du siehst viel von der Welt.<br />

Auf Deiner Internetpräsenz kann man nachlesen, dass Du als<br />

Jugendlicher Kinderbuchautor werden wolltest …<br />

Das will ich immer noch !<br />

Welche künstlerischen Ziele hast Du noch ?<br />

Mein künstlerisches Ziel Nummer Eins ist: Wenn die AfD an<br />

die Macht kommt, dann will ich einer der ersten KünstlerInnen<br />

<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 16<br />

sein, die verboten werden. Die werden definitiv Kunst verbieten.<br />

Hoffen wir einfach, dass diese Leute nicht an die Macht kommen.<br />

An einem Kinderbuch schreibe ich gerade. Den Anfang<br />

für die Geschichte hatte ich auf einen Block geschrieben und<br />

den Block habe ich liegen gelassen. Das ärgert mich ziemlich,<br />

denn es war ein sehr schöner Anfang. Aber ein Kinderbuch<br />

werde ich definitiv noch schreiben. Drehbücher würde ich auch<br />

gern schreiben – und Theaterstücke. Ein Roman steht ganz<br />

hinten auf der Liste. Zur Zeit arbeite ich daran, in die Kabarettszene<br />

einzusteigen. In spätestens zwei Jahren möchte ich ein<br />

eigenes Solo-Programm für die Bühne erarbeitet haben und<br />

damit auftreten. Es gibt schon ganz viele Ideen und Programmanfänge<br />

in meinem Kopf. Auch kann ich das, was ich bisher<br />

im Slam-Bereich gemacht habe, wunderbar dafür verwenden.<br />

Vieles davon ist auch für das Kabarett Eins-zu-Eins kompatibel.<br />

In der Neustadt, einem bekannten Nachbardorf von Findorff,<br />

veranstaltest Du einmal im Monat »Lesen für Bier«. Wie geht<br />

das und wann und wo kann man Dich dort live erleben ?<br />

»Lesen für Bier« findet in der Kulturkneipe »Gastfeld« statt. Es<br />

funktioniert folgendermaßen: Ich muss nicht arbeiten, da ich<br />

nichts vorzubereiten habe. Ich komme an dem Abend einfach<br />

und das Publikum bringt mit, was wir als Slam-Poeten vorlesen.<br />

Ich lade mir dafür immer einen Gast ein und dann können die<br />

Leute nach und nach ihre Texte einreichen. Wir lesen die dann<br />

im Wechsel vor. Das Publikum darf uns dazu Regieanweisungen<br />

geben – und wir spielen mit jedem Text um ein Bier. Das heißt,<br />

wenn die Performance besser ist als der Textinhalt, dann gibt es<br />

ein Bier für uns. War ein Text inhaltlich besser als die Performance,<br />

mit der wir ihn vorgelesen haben, dann gibt’s ein Bier<br />

für den Besucher oder die Besucherin. Das macht viel Spaß !<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

▼ ÜBER SIMEON BUß<br />

Simeon Buß wurde 1987 in Unna geboren. Seit 2013 bereist er<br />

die deutschsprachigen Slam-Bühnen, stand seitdem häufig im<br />

Teilnehmerfeld der deutschsprachigen Meisterschaften und<br />

wurde 2015 Landesmeister im Poetry Slam für Bremen und<br />

Niedersachsen. Ausgezeichnet mit zahlreichen ersten Plätzen<br />

bei Poetry Slams präsentiert er sein Programm auf Kabarettbühnen<br />

und in Solo-Shows. Seine Dichtkunst hat ihn bereits<br />

nach Kuala Lumpur, Hongkong und Findorff geführt. Buß hat<br />

einen kritischen Blick auf unsere Gesellschaft und ihre Schattenseiten<br />

– fast liebevoll schaut er hingegen auf die einzelnen<br />

Menschen und ihre Geschichte. In der Bremer Szene ist er mit<br />

einer weiteren Veranstaltungsreihe bekannt. Mit seiner außergewöhnlichen<br />

Leseshow »Lesen für Bier« bringt er Lese- mit<br />

Bölkstoff als »zwei der schönsten Dinge der Welt« in einer vollendeten,<br />

endgültigen Symbiose zusammen. www.simpanse.de<br />

Interview: Benjamin Krause, Foto: Kerstin Rolfes ▲<br />

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