Berliner Kurier 19.10.2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10 BERLIN BERLINER KURIER, Freitag, 19. Oktober 2018<br />
Immer rein in<br />
die gute Stube:<br />
Gedränge im<br />
U-Bahnhof<br />
Friedrichstraße.<br />
Rekord-Fahrgastzahlen<br />
Foto: dpa<br />
BVG: Wohin mit der Milliarde?<br />
Lesen Sieinder großen Wochenendausgabe:<br />
Neuer Höchststand –doch nicht für<br />
jeden ist das ein Grund zum Jubeln.<br />
Bahnen und Busse sind zu voll<br />
Manipulation bisinden Wahnsinn:<br />
Der Psychoterror„Gaslighting“<br />
greift zunehmendauch in der<br />
Arbeitswelt um sich<br />
Törggeln: Ursprüngliches<br />
entdecken in Schenna in Südtirol<br />
Die Ente wird 70: Ein<br />
Lebensgefühl auf Rädern<br />
Von<br />
PETER NEUMANN<br />
Berlin – Sie steigt und steigt<br />
und steigt – die Zahl der<br />
Fahrgäste bei den <strong>Berliner</strong><br />
Verkehrsbetrieben (BVG).<br />
Aber nicht jeder hält das für<br />
eine gute Nachricht.<br />
„Die Fahrgastzahl wird in diesem<br />
Jahr einen weiteren Rekord<br />
erreichen“, so BVG-Chefin<br />
Sigrid Evelyn Nikutta. „Im<br />
vergangenen Jahr wurden unsere<br />
Busse und Bahnen für<br />
1,064 Milliarden Fahrten genutzt,<br />
das war schon ein<br />
Höchststand. Für 2018 haben<br />
wir mit 1,075 Milliarden Fahrten<br />
gerechnet, doch so, wie<br />
sich die Nachfrage entwickelt<br />
hat, werden es sicher mehr als<br />
1,080 Milliarden sein.“<br />
Nicht alle stimmen jedoch in<br />
den Jubel ein. In ihrem jetzigen<br />
Zustand lade die BVG im<br />
Zeichen drohender Dieselfahrverbote<br />
nicht zum Umsteigen<br />
ein, meinen Kritiker.<br />
In einer anderen, kleineren<br />
Stadt wären mehr als 15 Millionen<br />
zusätzliche Fahrgäste<br />
in einem Jahr ein beachtliches<br />
Plus, sagte Jens Wieseke,<br />
Sprecher des <strong>Berliner</strong> Fahrgastverbands<br />
IGEB. Doch für<br />
<strong>Berliner</strong> Verhältnisse und prozentual<br />
gerechnet sei die Zahl<br />
wenig beeindruckend. „Sie<br />
dürfte sich im Bereich statistischer<br />
Schwankungen bewegen“,<br />
sagte der Sprecher.<br />
Um einen echten Erfolg vermelden<br />
zu können, hätte der<br />
Anstieg viel größer ausfallen<br />
müssen. „Doch auf immer<br />
mehr Strecken ist die Kapazität<br />
erschöpft, dort könnten die<br />
Fahrgastzahlen kaum noch<br />
steigen“, so Wieseke. Morgens<br />
und nachmittags sind die Wagen<br />
schon voll –für neue Fahrgäste<br />
wäre kaum noch Platz.<br />
Im Zeichen des Sparens, das<br />
die damalige rot-rote Koalition<br />
dem Landesunternehmen<br />
auferlegte, wurden notwendige<br />
Erneuerungen des U-Bahn-<br />
Wagenparks aufgeschoben.<br />
Obwohl die Nachfrage schon<br />
damals stieg, sank die Zahl der<br />
Fahrzeuge. Doch auch Fahrerinnen<br />
und Fahrer fehlen, sagten<br />
BVG-Personalvertreter.<br />
„Es stimmt, wir stellen viele<br />
Kollegen neu ein“, so ein Straßenbahner.<br />
Doch viele kündigen<br />
bald, weil sie den Stress<br />
nicht aushalten und anderswo<br />
besser bezahlt werden –der<br />
Einstiegslohn liegt bei knapp<br />
2100 Euro brutto im Monat.<br />
Zwar werde Personal gesucht,<br />
doch die Zahl der Beschäftigten<br />
reiche, so Nikutta.<br />
Das gelte auch für den Busverkehr:<br />
„Wir stellen jedes Jahr<br />
rund 500 Busfahrerinnen und<br />
Busfahrer ein, anders als früher<br />
mehr als wir brauchen.“