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KUNSTINVESTOR AUSGABE NOVEMBER 2018

KUNSTINVESTOR Kunst als Kapitalanlage AUSGABE NOVEMBER 2018 Chefredakteur: Michael Minassian

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AUSGABE NOVEMBER 2018
Chefredakteur: Michael Minassian

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DAME MIT GEHEIMNIS<br />

Anthonis van Dyck gilt als der bekannteste und einflussreichste<br />

Porträtmaler seiner Zeit. Sein „Bildnis einer Dame mit<br />

Papagei“ ist einer der Höhepunkte der Dorotheum-Auktion Alte<br />

Meister im Oktober und als Neuentdeckung eine kunsthistorische<br />

Sensation. Wer die Dargestellte tatsächlich ist,<br />

darüber lässt sich nur spekulieren.<br />

Das „Bildnis einer Dame mit Papagei“<br />

stellt einen wichtigen Neuzugang zum<br />

Werkkorpus Anthonis van Dycks dar<br />

und ist auch wegen seiner Entstehungszeit<br />

von großer Bedeutung: Es wurde während<br />

des ersten Antwerpen-Aufenthalts van Dycks von<br />

etwa 1615 bis 1621 geschaffen. In dieser wichtigen<br />

künstlerischen Entwicklungsphase machte<br />

van Dyck sich mit einer auf Porträts spezialisierten<br />

Werkstatt selbstständig und arbeitete<br />

nebenbei für das Atelier des bedeutendsten europäischen<br />

Vertreters großformatiger Historienmalerei,<br />

Peter Paul Rubens.<br />

Möglicherweise erkannte der Meister Peter Paul<br />

Rubens das große Talent van Dycks und legte seinem<br />

Schützling das Genre Porträtmalerei ans Herz.<br />

Vermutlich öffnete Rubens dem aufstrebenden<br />

Künstler auch Zutritt zu seinem eigenen Netz<br />

potenter Kunden und ermöglichte ihm auf diese<br />

Weise, als Porträtist zu reüssieren. Zu van Dycks<br />

Auftraggebern zählten bald Königs- und Adelshäuser<br />

sowie betuchte Bürger von Rang und Namen<br />

aus Kontinentaleuropa und England.<br />

Das prächtige Gemälde „Bildnis einer Dame mit<br />

Papagei“ zeigt stilistisch eine große Nähe zu van<br />

Dycks Porträts der Isabella Brant und der Susanna<br />

Fourment mit Tochter. Auch in anderen Werken findet<br />

sich die für die Mode der 1620er-Jahre charakteristische<br />

Kombination von „Mühlsteinkrause“, Spitzenmanschetten,<br />

perlenbesetzter Kopfbedeckung und<br />

goldbesticktem Korsett, wie es die Dargestellte trägt.<br />

Bislang ist die Identität der Porträtierten mit Augen<br />

von unterschiedlicher Farbe ungeklärt. Die Ringe an<br />

den Händen lassen auf einen Gemahl schließen, von<br />

dem vermutlich ein Pendant existiert. Vielleicht ist<br />

das Gegenstück mit dem Gemahl auch zerstört worden<br />

oder verschollen.<br />

Das „Bildnis einer Dame mit Papagei“ stand einst im<br />

Besitz der historischen Arenberg-Sammlung; danach<br />

verliert sich seine Spur. Möglicherweise gehörte die<br />

Porträtierte dem Haus Arenberg an. Wir wissen,<br />

dass Anthonis van Dyck – wie sein Mentor Peter<br />

Paul Rubens – für die Familie Arbeiten anfertigte,<br />

allen voran für Albert de Ligne, Fürst von Arenberg<br />

und Barbançon.<br />

Bereits 1620 wurde er nach England eingeladen<br />

und war dort am Hof König Jakobs I. tätig. Von<br />

Oktober 1620 bis Februar 1621 blieb van Dyck<br />

in England, Ende 1621 brach er nach Italien auf,<br />

um sich dort sechs Jahre lang als Porträtmaler zu<br />

betätigen. Nach seiner Rückkehr nach Antwerpen<br />

im Juli 1627 wurde er Hofmaler in Brüssel<br />

und Den Haag. 1631 begab sich van Dyck auf Einladung<br />

König Karls I. abermals nach England,<br />

wo er bis zu seinem Tod in London überaus<br />

produktiv arbeitete. Im Jahr 1641 starb er als<br />

berühmtester und einflussreichster Porträtmaler<br />

seiner Zeit.<br />

Rubens war als Knabe Page der Herzogin Margaretha<br />

de Ligne-Arenberg gewesen und pflog 1616, als der<br />

junge van Dyck bereits in seinen Diensten stand,<br />

engen Kontakt zu Philipp-Karl von Arenberg,<br />

Herzog von Aarschot. Derselbe Philipp-Karl von<br />

Arenberg heiratete 1620, fünf Jahre nach dem<br />

Tod seiner ersten Frau, ein zweites Mal, und zwar<br />

Isabelle Claire de Berlaymont, Comtesse de Lalaing.<br />

Vielleicht gab er ja anlässlich dieser Verbindung<br />

dieses Bildnis beim jungen Anthonis van Dyck<br />

in Auftrag. Handelt es sich bei der Porträtierten<br />

um die frisch vermählte Comtesse? Wir können<br />

nur spekulieren …<br />

Information:<br />

Mark MacDonnell,<br />

Experte für Alte Meister

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