KUNSTINVESTOR AUSGABE NOVEMBER 2018
KUNSTINVESTOR Kunst als Kapitalanlage AUSGABE NOVEMBER 2018 Chefredakteur: Michael Minassian
KUNSTINVESTOR
Kunst als Kapitalanlage
AUSGABE NOVEMBER 2018
Chefredakteur: Michael Minassian
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DOROTHEUM<br />
50<br />
Haben Sie schon einige der Künstler<br />
persönlich getroffen?<br />
Ich habe Ai Weiwei kennengelernt. Ein tolles Treffen,<br />
aber leider nur sehr kurz. Ich lebe das halbe<br />
Jahr über in Miami und bin dort mit vielen interessanten<br />
Künstlern befreundet. Ich besitze zwar keine<br />
Werke von ihnen, habe aber großen Respekt vor<br />
ihrer Arbeit. Ich lasse die Dinge einfach auf mich<br />
zukommen, wie es meine Art ist. Wann immer ich<br />
etwas erzwingen wollte, ist es in die Hose gegangen,<br />
ob privat oder geschäftlich.<br />
Was ist derzeit Ihre größte Leidenschaft?<br />
Im Moment wahrscheinlich die Familie. Ich bin<br />
Single, aber die Familiengründung steht ganz oben<br />
auf meiner Liste. Wenn du von deinem 13. Lebensjahr<br />
an nur rackerst wie ich, nimmt die Arbeit<br />
irgendwann überhand. Im Geschäftsleben gibt es<br />
nur ein Ziel: noch mehr Geld scheffeln. Aber Geld<br />
wird nie glücklich machen. Wenn ich heute 100.000<br />
Pfund in den Sand setze, ist das kein großes Drama,<br />
und doch wär’ ich am Boden zerstört. So ist es<br />
immer, wenn ich Geld verliere. Letzte Woche zum<br />
Beispiel hab ich 10.000 beim Pokern verbraten.<br />
Wenn ich bei einem Deal eine Million verdiene, bin<br />
ich happy, aber bei Weitem nicht so happy, wie ich<br />
sauer bin, wenn ich zehn Riesen verliere. Alles ist<br />
relativ: Du verlierst ein wenig Kohle und bist fix<br />
und fertig; du verdienst ein Vermögen und bringst<br />
es vielleicht zur Bank. Du kaufst Autos, ein Haus,<br />
und was dann? Eine Familie relativiert das alles,<br />
und das steht bei mir als nächstes auf dem Plan.<br />
Sie arbeiten so lange intensiv an Ihren<br />
Projekten, bis Sie Erfolg haben. Was ist<br />
Ihr Geheimnis?<br />
Ich sage immer, dass ich nicht der Talentierteste<br />
bin, und das stimmt auch. Es ist ein bisschen wie<br />
mit dem Kunstsammeln – auch das ist mir eher in<br />
den Schoß gefallen. Überhaupt scheint mir meine<br />
Ausstrahlung Glück zu bringen. Ich mache zehn<br />
und geb’ drei davon her; anderen helfe ich dabei,<br />
zehn einzufahren. Ich war schon als Kind so. Ich<br />
bin immer mehr als spendabel zu anderen, deshalb<br />
umgibt mich ein super Karma – und das hat<br />
mir wiederum viel Glück gebracht (klopf auf Holz!).<br />
Aber ich arbeite auch extrem viel. Ich hasse es zu<br />
verlieren; ich brauche den Wettkampf.<br />
Wie läuft das Sammeln bei Ihnen ab?<br />
Ich kaufe sukzessive. Wenn mich etwas anspricht –<br />
zum Beispiel im Dorotheum –, kann es leicht sein,<br />
dass ich es für die Sammlung haben will. Aber alles<br />
zu seiner Zeit. Ich erzwinge nichts, fliege nicht extra<br />
nach China oder Tokio, um bei einer Veranstaltung<br />
eine Arbeit zu kaufen. Sie muss mich anspringen,<br />
wenn ich daran vorbeigehe.<br />
Sind Sie in der Kunstszene aktiv, gehen<br />
Sie zu Veranstaltungen, Vernissagen<br />
oder Kunstpartys?<br />
Lassen Sie mich ein Beispiel geben, das nichts mit<br />
Kunst zu tun hat: Ich konnte Yoga nie leiden – und<br />
das wegen der Leute, die sich Yogis nennen, nur<br />
weil sie einmal die Woche Yoga machen. Ich steh<br />
auf Yoga als Workout, aber ich will nicht dauernd<br />
„ommmmm“ brummen und so tun, als wär ich<br />
Yoga-Buddhist. Mit der Kunst ist es ähnlich: Wenn<br />
man in Galerien geht oder zu Auktionen, muss man<br />
auf Künstler machen. Das liegt mir nicht. Ich bin<br />
Sportler und Geschäftsmann. Ich bin ungehobelt<br />
und martialisch, das Gegenteil eines Kunstmenschen.<br />
Deshalb bin ich bei solchen Veranstaltungen<br />
auch immer fehl am Platz und nach fünf Minuten<br />
gelangweilt.<br />
Sie sollten als nächstes ein Buch schreiben …<br />
Das haben schon viele zu mir gesagt. Aber das<br />
Buch gilt es vorher zu füllen. Ich werde entweder<br />
Premierminister oder gehe bankrott; wir werden’s<br />
bald wissen. Für Kompromisse bin ich jedenfalls<br />
nicht zu haben.<br />
„Kunst muss mich anspringen,<br />
wenn ich daran vorbeigehe“:<br />
„It’s Not A Laptop“ von<br />
Keith Haring, 1985, aus der<br />
Sammlung von Joe Fournier<br />
Constanze Werner ist Leiterin des International<br />
Client Advisory Service des Dorotheum.