Berliner Kurier 05.11.2018
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*<br />
LEUTE<br />
NEUE CDS<br />
Der Club der 80er<br />
Boy George &Culture<br />
Club, CD: Life (BMG). Auf<br />
dem Cover<br />
macht sich<br />
das Ego von<br />
Boy George<br />
ganz alleine<br />
breit. Sieht<br />
wie ein Solo-<br />
Album aus –ist aber keins.<br />
Culture Club kehrt kehrt<br />
nach 19 Jahren zurück. Mit<br />
der alten Besetzung, mit<br />
John Moss &Co. Und das<br />
funktioniert erstaunlich<br />
gut. Reggaelastig wie gewohnt,<br />
mit Georges Stimme,<br />
die das Leben souliger<br />
machte („What Does Sorry<br />
Mean?“). Ganz klar: Der<br />
Bonbonpop der 80er lebt.<br />
Was machen eigentlich<br />
Bronski Beat und Limahl?<br />
Neues Traumpaar<br />
Soundtrack, CD: AStar is<br />
born (Interscope). Es war<br />
Zeit, dass die Verkleidung<br />
fällt. In „La<br />
Vie en Rose“<br />
zeigt Lady<br />
Gaga, wie ihre<br />
Stimme<br />
ungeschminkt<br />
berühren kann. War es Zeit,<br />
dass Bradley Cooper rockt?<br />
In „Maybe it’s Time“ beweist<br />
er, dass er auch den<br />
Bruce draufhat. Gelungener<br />
Soundtrack zu einem schönen<br />
Film. Mit Gaga/Cooper<br />
als neuem Country-Traumpaar.<br />
STH<br />
NEUE DVD<br />
Tykwers Meisterwerk<br />
Zwei Folgen fehlen noch,<br />
dann geht auch in der ARD<br />
Staffel 2von „Babylon Berlin“<br />
zu Ende. Wer nicht warten<br />
will: Beide Staffeln gibt<br />
es bei Universum<br />
nun auch<br />
auf DVD<br />
(35,99 Euro)<br />
und BD<br />
(44,99 Euro).<br />
16 Teile,<br />
mit den<br />
Tom Tykwer zeigt, dass<br />
Deutschland auch Serie<br />
kann. Vielleicht abgesehen<br />
vom dürftig ausgefallenen<br />
Vorspann, der mit den kleinen<br />
Kunstwerken, mit denen<br />
„Boardwalk Empire“,<br />
„Bosch“ oder „Dexter“ in die<br />
Handlung starten, nicht mithalten<br />
kann. Der Rest ist<br />
stimmig: Erstklassige Schauspieler,<br />
der sorgfältig konstruierte<br />
20er-Jahre-Set, die<br />
Musik und natürlich die<br />
Spannung, die einen Staffel 3<br />
entgegenfiebern lässt. STH<br />
Musical-Autor Christian Berg<br />
SEITE15<br />
BERLINER KURIER, Montag, 5. November 2018<br />
Lesen streichelt<br />
Kinderseelen<br />
Daserklärtder Star der Jugendunterhaltung, der nun<br />
mit seinem Stück „Bambi“ Berlin erobern will<br />
Von<br />
FLORIAN THALMANN<br />
Er ist einer der Stars der Kinderunterhaltung<br />
–und bringt<br />
nun einen Klassiker nach<br />
Berlin! Komponist und Autor<br />
Christian Berg gastiert<br />
am Wochenende<br />
mit „Bambi“ im Admiralspalast.<br />
Einem Musical,<br />
das nicht nur<br />
Knirpse begeistert. Der<br />
KURIER sprach mit dem<br />
52-Jährigen über seine Arbeit<br />
– und die ernste Botschaft<br />
hinter den Kulissen.<br />
Wohl jeder kennt die Geschichte<br />
des Rehs Bambi –spätestens<br />
seit der Disney-Verfilmung aus<br />
dem Jahr 1942. Nun kommt die<br />
Story neu auf die Bühne –inszeniert<br />
vom Kindermusical-Profi<br />
Christian Berg. „Ich bekam vor<br />
längerer Zeit ein Hörbuch zu<br />
Bambi geschenkt –eshat mich<br />
sofort gepackt, die Geschichte<br />
für das Theater zu inszenieren“,<br />
sagt er. „Auch wenn mir<br />
viele abgeraten haben, weil es<br />
schwierig ist, Tiere auf die Bühne<br />
zu bringen.“ Mithilfe eines<br />
Puppenbauers fand er eine Lösung<br />
– das Ergebnis ist am<br />
Sonntag, um 14 Uhr, zu sehen.<br />
„Bambi“ sei für ihn vor allem<br />
eine Geschichte über das Erwachsenwerden.<br />
„Es geht darum,<br />
seinen eigenen Weg zu finden<br />
und zu sich zu stehen“, sagt<br />
er dem KURIER. Es sei seine<br />
Pflicht, den Kindern etwas mitzugeben.<br />
„Die Aussage ist: Es ist<br />
egal, ob du anders bist, im Gegenteil.<br />
Es ist wichtig, dass wir<br />
anders sind!“ Berg kenne das.<br />
„Ich war als Kind der Schwächling,<br />
der eine Fünf in Sport hatte.“<br />
Die Helden seiner Kindheit<br />
waren Pippi Langstrumpf und<br />
Momo. „Sie waren Helden, obwohl<br />
sie anders waren.“<br />
Berg begann seine Laufbahn<br />
als Clown an einem Schweizer<br />
Zirkus, besuchte die Hamburger<br />
Schauspielschule und gründete<br />
ein Tourneetheater für<br />
Kinder und Familien. Heute gehören<br />
seine Stücke für Knirpse<br />
zu den meistgespielten im deutschen<br />
Sprachraum. Hinter den<br />
bunten Kulissen versteckt sich<br />
aber eine ernste Botschaft.<br />
„Kinder haben sich sehr verändert,<br />
das beobachte ich seit Jah-<br />
ren“,<br />
sagt er.<br />
„Es ist eine<br />
Tragödie, dass<br />
heute nur in jedem<br />
sechsten deutschen<br />
Haushalt regelmäßig<br />
vorgelesen wird. 18,9 Prozent<br />
der Kinder können Ende<br />
der vierten Klasse nicht lesen.“<br />
Das sei schleichend wie eine<br />
Seuche. „Wir ziehen damit unsere<br />
Hartz-IV-Empfänger<br />
groß. Wenn Eltern ihren Kindern<br />
nicht vorlesen, ist es für<br />
mich Körperverletzung. Man<br />
vergeht sich an Kinderseelen. “<br />
Sein Ziel sei es, mit seiner Arbeit<br />
–Berg schreibt auch Kinderbücher,<br />
brachte zuletzt sein<br />
Werk „Rumpelröschen“ auf<br />
den Markt –Kinder zum Lesen<br />
zu bringen. „Wenn nach<br />
jeder Vorstellung eines<br />
Stücks zwei Kinder das<br />
‚Bambi‘-Buch in die Hand<br />
nehmen, ist das schon<br />
sehr toll.“<br />
„Bambi“ dürfte dem einen<br />
oder anderen Zuschauer<br />
übrigens eine<br />
Überraschung bieten.<br />
„Der Vorverkauf lief<br />
schleppend, weil im Disney-Film<br />
die Reh-Mama<br />
vom Jäger erschossen<br />
wird und viele, die heute<br />
erwachsen sind, traumatisiert<br />
wurden“, sagt er.<br />
„Ich nehme diesen Leuten<br />
das Trauma, bei mir<br />
gibt’s ein Happy End.“<br />
Wie? Das wird nicht<br />
verraten. „Aber wer weiß? Vielleicht<br />
hat der Jäger ja nicht getroffen“,<br />
sagt Berg und lacht.<br />
Christian Bergwill mit<br />
seiner Arbeit Kinder<br />
zum Lesen bringen –<br />
dabei sollen Musicals<br />
wie „Bambi“ (läuft<br />
am 11. November im<br />
Admiralspalast) helfen.<br />
Fotos: Sabine Gudath, zVg