Quintessenz 03 | 2018 - quintessenz_3_18_1118_web_red.pdf
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52 INTERNATIONAL QUINTESSENZ <strong>03</strong>|<strong>18</strong><br />
DER GESCHMACK<br />
DER ALPEN IST<br />
VERTRAUT UND<br />
DOCH VON EINER<br />
GRENZENLOSEN<br />
VIELFALT<br />
a<br />
GRENZÜBERGREIFENDES MITEINANDER<br />
Tatsächlich hat die Kochelite des Alpenraums<br />
vom Einzelkämpfer- in den Kollaborationsmodus<br />
geschaltet. Ein alpines<br />
Foodsymposium jagt das nächste, und<br />
was Köche von Graubünden bis Salzburg<br />
bei diesen hochkarätigen Thinktanks über<br />
die Pässe schicken, ist ebenso überzeugend<br />
wie zukunftsträchtig. Eine der Vorreiterinnen<br />
der modernen Alpenküche und<br />
gern gesehener Gast bei Cooking Summits<br />
zum Thema ist die slowenische Ausnahmeköchin<br />
Ana Roš. Sie betrachtet Slowenien,<br />
Österreich und Italien als eine kulinarische<br />
Region und fokussiert sich in ihrem<br />
Restaurant Hiša Franko auf bekannte<br />
und weniger bekannte Produkte der Region<br />
Primorska und des Soča-Tals. Gerade<br />
in den kalten Monaten scheint das Angebot<br />
auf den ersten Blick überschaubar<br />
– und wenig spektakulär: Wild, Pilze, Äpfel,<br />
Kürbis, Nüsse. „Aber je weniger wertvoll<br />
die Grundzutat, desto größer die Herausforderung,<br />
sie mit noch unentdeckten<br />
Aromen zu kombinieren und mithilfe<br />
moderner Techniken daraus etwas Einzigartiges<br />
zu kreieren“, findet Roš. Brot aus<br />
fermentierten Apfelschalen zum Beispiel.<br />
Ziegenfrischkäse-Ravioli mit Mais, Prosciutto<br />
und Haselnussbrühe oder Eberescheneiscreme,<br />
gereifter Ziegenkäse, Apfelschaum<br />
und Shortbread.<br />
Andernorts, im Schweizer Graubünden,<br />
kämpft 3-Sterne-Koch Andreas Caminada<br />
erfolgreich gegen das Knödelklischee<br />
an – und scharte beim von Dominik<br />
Flammer 2017 initiierten Alpengipfel auf<br />
Schloss Schauenstein Gleichgesinnte um<br />
sich. Heinz Reitbauer präsentierte dort etwa<br />
„Heidensterz – Nierenfett – Steinklee“,<br />
der Südtiroler 3-Sterne-Koch Norbert Niederkofler<br />
Tatar von der Renke, Caminada<br />
selbst eine Variation von traditionell sehr<br />
deftigen Pizzoccheri mit Wirsing, Speck<br />
und gereiftem Käse – luftig, leicht, modern<br />
und tausend Meilen entfernt vom klassischen<br />
„Hungertötergericht“. Für einen<br />
Gast, der die Welt auf der Zunge hatte, sei<br />
Kaviar in einem Grabündner Tal auf dem<br />
Teller schlicht uninteressant, ist Caminada<br />
überzeugt. Über den Gaumen erzählt zu<br />
bekommen, wo man ist: Das sei die Kunst,<br />
die es zu perfektionieren gelte.<br />
c<br />
DIE PFLANZEN- UND<br />
RASSENVIELFALT<br />
DES ALPENRAUMS<br />
IST SEINER LANG<br />
WÄHRENDEN TOPO-<br />
GRAFISCHEN UNER-<br />
SCHLOSSENHEIT ZU<br />
VERDANKEN. DIESE<br />
VIELFALT UNVER-<br />
KRAMPFT NEU ZU<br />
ENTDECKEN, IST DAS<br />
ZIEL.<br />
a Die Marmorata-Forelle<br />
ist die berühmteste<br />
Bewohnerin des Flusses<br />
Soča. Ana Roš serviert<br />
sie roh gebeizt mit<br />
Fichtensalz, Mandeln,<br />
Vogelmiere, unreifen<br />
Erdbeeren und grünen<br />
Bohnen<br />
b Rinderzunge mit geräuchertem<br />
Selleriepüree,<br />
eingelegtem Sellerie,<br />
roher Jakobsmuschel<br />
und mediterranem Dashi<br />
von Ana Roš<br />
c Im hauseigenen Käsekeller<br />
des Hiša Franko<br />
reifen drei indigene<br />
Käsesorten: Nanoški sir,<br />
Tolminc und Bovški