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Berliner Kurier 30.12.2018

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15<br />

Inseln<br />

der Ruhe<br />

finden<br />

Nichtnur<br />

reagieren<br />

Was haben Sie ihr geraten?<br />

Ich sagte ihr, sie soll am<br />

Abend Inseln finden, an denen<br />

sie sich das Multitasking ver-<br />

Aufmerk-<br />

bietet und mit ganzer<br />

samkeit bei ihren Kindern ist.<br />

Das ist das Wichtigste, egal, ob<br />

es dann an anderer Stelle etwas<br />

chaotisch wird. Mein Rat ist im-<br />

Kontrolle<br />

mer: Fangen Sie an,<br />

zu übernehmen, finden Sie<br />

Zeitfenster, in denen Sie davon<br />

wegkommen, nur zu<br />

reagieren.<br />

Sie behaupten in Ihrem Buch,<br />

dass geschäftige Menschen in<br />

Wirklichkeit faul<br />

seien.<br />

Haben Sie das der Mutter mit<br />

den vier Kindernn auch gerennen<br />

und<br />

sagt?<br />

Durchs Haus zu<br />

gleichzeitig die Wäsche zu ma-<br />

Kindern,<br />

chen, zu kochen und<br />

die gerade ihre Hausaufgaben<br />

machen, Antwortenn entgegenintellektuell<br />

zuschleudern, ist<br />

und emotional einfacher, als eine<br />

Stunde mit dem Kind zusamwirklich<br />

prä-<br />

menzusitzen und sent zu sein. Ich will davon<br />

wegkommen, dasss man gewertvoll<br />

an-<br />

schäftig sein als sieht. Ich unterscheide zwi-<br />

und tie-<br />

schen Geschäftigkeit<br />

fem Eintauchen in eine Tätig-<br />

Sie haben selbst drei Kin-<br />

keit, auf die es ankommt.<br />

der ...<br />

Ich arbeite oft zu Hause. Mei-<br />

uns im-<br />

ne Frau und ich haben<br />

mer wieder dabei<br />

erwischt,<br />

dass wir durch Haus hetzten<br />

und unsere Kinder, wenn sie etvertrösteten:<br />

was wollten, „Warte, ich muss erst XY maentschieden<br />

chen.“ Aber dann<br />

wir uns, nicht unsere Kinder,<br />

sondern die Geschäftigkeit<br />

auszubremsen.<br />

Kürzlich<br />

forderte meine fünfjährige<br />

Tochter mich auf, mit ihr<br />

zu tanzen, während<br />

ich<br />

mit etwas furchtbar<br />

Wichtigem beschäf-<br />

tigt war, an das ich<br />

mich nicht mal mehr erinnere.<br />

Ich drückte innerlich die Pause-Taste,<br />

und wir tanzten und<br />

lachten 20 Sekunden lang. Ich<br />

versank in diesem besonderen<br />

Moment. Es entsteht bei mir<br />

pure Freude, wenn ich nicht<br />

den Kindern, sondern der Geschäftigkeit<br />

Einhalt gebiete.<br />

Meine Tochter hatte nach 20<br />

Aufmerksamkeit<br />

ist die<br />

Kernressource,<br />

nicht Zeit.<br />

Sekunden schon wieder etwas<br />

anderes vor.<br />

Wenn wir zurück zu den<br />

Nachrichten kommen – was<br />

kann man gegen die Flut tun?<br />

Wir müssen alle E-Mails<br />

schreiben. Aber die Frage ist:<br />

Womit beginne ich den Tag,<br />

Einfach mal fünfe<br />

gerade sein lassen und<br />

sich weniger stressen.<br />

Da geht es einem gleich<br />

besser, so Crabbe.<br />

was treibt mich an? Für viele ist<br />

das erste, was sie im Büro machen,<br />

sich einen Kaffee zu holen<br />

und das E-Mail-Postfach zu<br />

öffnen – und das setzt die Agenda<br />

für den Tag. Anstatt zu sagen:<br />

Ich setze mir Zeitpunkte,<br />

zu denen ich meine E-Mails<br />

checke, zweimal am Tag, einmal<br />

die Stunde, alle halbe Stunde<br />

von mir aus. Aber wichtig ist,<br />

sich Zeit freizuschaufeln, in der<br />

wir uns fokussieren. Wir schaffen<br />

40 Prozent mehr, wenn wir<br />

uns auf eine Aufgabe konzentrieren.<br />

Sie schreiben, wir brauchen<br />

ein Aufmerksamkeitsmanagement<br />

– was meinen Sie<br />

damit?<br />

Aufmerksamkeit ist die Kernressource,nichtZeit.DasGegenteil<br />

von Geschäftigkeit ist nicht<br />

Relaxen am Strand, sondern aufmerksam<br />

zu sein, für Aufgaben,<br />

Menschen und Gespräche, auf<br />

die es am meisten ankommt. Wir<br />

müssen davon wegkommen,<br />

möglichst viele Dinge in möglichst<br />

wenig Zeit zu schaffen zu<br />

wollen. Busy zu sein ist eine Art<br />

der Prokrastination. Schwierige<br />

Dinge werden aufgeschoben.<br />

Was ist falsch daran,<br />

stolz darauf zu sein,<br />

seine To-do-Liste abgearbeitet<br />

zu haben?<br />

To-do-Listen sind<br />

gefährlich. Wir<br />

schreiben per Definition<br />

die Dinge darauf,<br />

die wir sonst vergessen<br />

würden, die also<br />

nicht wirklich wichtig<br />

sind. Die großen Themen<br />

fehlen. So werden<br />

wir verführt, uns<br />

nur um Mikroaufgaben<br />

zu kümmern. Todo-Listen<br />

leisten<br />

dann einen Beitrag<br />

zu einem erfolgreichen<br />

Arbeitsleben,<br />

wenn wir dort<br />

Dinge festhalten,<br />

um sie aus dem<br />

Kopf zu bekommen<br />

und zu einem<br />

dafür reservierten<br />

Zeitpunkt abzuarbeiten,<br />

etwa<br />

am Nachmittag.<br />

Frederik<br />

Jötten<br />

Fotos: Imago, Campus Verlag/Alan Howard

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