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15<br />
Inseln<br />
der Ruhe<br />
finden<br />
Nichtnur<br />
reagieren<br />
Was haben Sie ihr geraten?<br />
Ich sagte ihr, sie soll am<br />
Abend Inseln finden, an denen<br />
sie sich das Multitasking ver-<br />
Aufmerk-<br />
bietet und mit ganzer<br />
samkeit bei ihren Kindern ist.<br />
Das ist das Wichtigste, egal, ob<br />
es dann an anderer Stelle etwas<br />
chaotisch wird. Mein Rat ist im-<br />
Kontrolle<br />
mer: Fangen Sie an,<br />
zu übernehmen, finden Sie<br />
Zeitfenster, in denen Sie davon<br />
wegkommen, nur zu<br />
reagieren.<br />
Sie behaupten in Ihrem Buch,<br />
dass geschäftige Menschen in<br />
Wirklichkeit faul<br />
seien.<br />
Haben Sie das der Mutter mit<br />
den vier Kindernn auch gerennen<br />
und<br />
sagt?<br />
Durchs Haus zu<br />
gleichzeitig die Wäsche zu ma-<br />
Kindern,<br />
chen, zu kochen und<br />
die gerade ihre Hausaufgaben<br />
machen, Antwortenn entgegenintellektuell<br />
zuschleudern, ist<br />
und emotional einfacher, als eine<br />
Stunde mit dem Kind zusamwirklich<br />
prä-<br />
menzusitzen und sent zu sein. Ich will davon<br />
wegkommen, dasss man gewertvoll<br />
an-<br />
schäftig sein als sieht. Ich unterscheide zwi-<br />
und tie-<br />
schen Geschäftigkeit<br />
fem Eintauchen in eine Tätig-<br />
Sie haben selbst drei Kin-<br />
keit, auf die es ankommt.<br />
der ...<br />
Ich arbeite oft zu Hause. Mei-<br />
uns im-<br />
ne Frau und ich haben<br />
mer wieder dabei<br />
erwischt,<br />
dass wir durch Haus hetzten<br />
und unsere Kinder, wenn sie etvertrösteten:<br />
was wollten, „Warte, ich muss erst XY maentschieden<br />
chen.“ Aber dann<br />
wir uns, nicht unsere Kinder,<br />
sondern die Geschäftigkeit<br />
auszubremsen.<br />
Kürzlich<br />
forderte meine fünfjährige<br />
Tochter mich auf, mit ihr<br />
zu tanzen, während<br />
ich<br />
mit etwas furchtbar<br />
Wichtigem beschäf-<br />
tigt war, an das ich<br />
mich nicht mal mehr erinnere.<br />
Ich drückte innerlich die Pause-Taste,<br />
und wir tanzten und<br />
lachten 20 Sekunden lang. Ich<br />
versank in diesem besonderen<br />
Moment. Es entsteht bei mir<br />
pure Freude, wenn ich nicht<br />
den Kindern, sondern der Geschäftigkeit<br />
Einhalt gebiete.<br />
Meine Tochter hatte nach 20<br />
Aufmerksamkeit<br />
ist die<br />
Kernressource,<br />
nicht Zeit.<br />
Sekunden schon wieder etwas<br />
anderes vor.<br />
Wenn wir zurück zu den<br />
Nachrichten kommen – was<br />
kann man gegen die Flut tun?<br />
Wir müssen alle E-Mails<br />
schreiben. Aber die Frage ist:<br />
Womit beginne ich den Tag,<br />
Einfach mal fünfe<br />
gerade sein lassen und<br />
sich weniger stressen.<br />
Da geht es einem gleich<br />
besser, so Crabbe.<br />
was treibt mich an? Für viele ist<br />
das erste, was sie im Büro machen,<br />
sich einen Kaffee zu holen<br />
und das E-Mail-Postfach zu<br />
öffnen – und das setzt die Agenda<br />
für den Tag. Anstatt zu sagen:<br />
Ich setze mir Zeitpunkte,<br />
zu denen ich meine E-Mails<br />
checke, zweimal am Tag, einmal<br />
die Stunde, alle halbe Stunde<br />
von mir aus. Aber wichtig ist,<br />
sich Zeit freizuschaufeln, in der<br />
wir uns fokussieren. Wir schaffen<br />
40 Prozent mehr, wenn wir<br />
uns auf eine Aufgabe konzentrieren.<br />
Sie schreiben, wir brauchen<br />
ein Aufmerksamkeitsmanagement<br />
– was meinen Sie<br />
damit?<br />
Aufmerksamkeit ist die Kernressource,nichtZeit.DasGegenteil<br />
von Geschäftigkeit ist nicht<br />
Relaxen am Strand, sondern aufmerksam<br />
zu sein, für Aufgaben,<br />
Menschen und Gespräche, auf<br />
die es am meisten ankommt. Wir<br />
müssen davon wegkommen,<br />
möglichst viele Dinge in möglichst<br />
wenig Zeit zu schaffen zu<br />
wollen. Busy zu sein ist eine Art<br />
der Prokrastination. Schwierige<br />
Dinge werden aufgeschoben.<br />
Was ist falsch daran,<br />
stolz darauf zu sein,<br />
seine To-do-Liste abgearbeitet<br />
zu haben?<br />
To-do-Listen sind<br />
gefährlich. Wir<br />
schreiben per Definition<br />
die Dinge darauf,<br />
die wir sonst vergessen<br />
würden, die also<br />
nicht wirklich wichtig<br />
sind. Die großen Themen<br />
fehlen. So werden<br />
wir verführt, uns<br />
nur um Mikroaufgaben<br />
zu kümmern. Todo-Listen<br />
leisten<br />
dann einen Beitrag<br />
zu einem erfolgreichen<br />
Arbeitsleben,<br />
wenn wir dort<br />
Dinge festhalten,<br />
um sie aus dem<br />
Kopf zu bekommen<br />
und zu einem<br />
dafür reservierten<br />
Zeitpunkt abzuarbeiten,<br />
etwa<br />
am Nachmittag.<br />
Frederik<br />
Jötten<br />
Fotos: Imago, Campus Verlag/Alan Howard