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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 12 · D ienstag, 15. Januar 2019 15 *<br />
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Berlin/Brandenburg<br />
Der ständige<br />
Husten war das<br />
Todesurteil<br />
Erdrosselt im Pflegeheim –<br />
ein 78-Jähriger gesteht Tat<br />
VonKatrin Bischoff, Berlin<br />
Wolfgang G. wird imRollstuhl in<br />
den Gerichtssaal geschoben.<br />
Er kommt gerade aus dem Haftkrankenhaus<br />
–dortist er seit dem gewaltsamen<br />
Tod seines Pflegeheim-Mitbewohners<br />
untergebracht.<br />
Wolfgang G. ist 78 Jahre alt. Gebeugt<br />
sitzt er vordem Richter.Seit einem<br />
Schlaganfall hörterschlecht. Er<br />
hat weder Familie noch Freunde. Er<br />
hatte nur noch dieses Zimmer, in<br />
dem er mit seinem bettlägerigen<br />
Mitbewohner Erich K. (77) lebte.<br />
Nun muss sich Wolfgang G. wegen<br />
Totschlags vor Gericht verantworten.<br />
Er hat zugegeben, seinen<br />
Bettnachbarn in der Nacht zum<br />
31. Juli 2017 erdrosselt zu haben. Die<br />
Anklage geht auch davon aus, dass<br />
der Angeklagte seinem Opfer auch<br />
noch ein Kissen aufs Gesicht gedrückt<br />
hat.<br />
Der Angeklagte und Erich K. teilten<br />
sich Zimmer 404 in dem Pflegeheim<br />
seit einem Jahr und vier Monaten.<br />
Doch 14 Tage vor der Tatsei das<br />
Zusammenleben unerträglich geworden,<br />
sagt der Angeklagte.Erich K.<br />
habe so laut gehustet, dass selbst die<br />
Ärztin gegenüber ihr Fenster geschlossen<br />
habe. Erich K. hustete<br />
auch in der Nacht, und Wolfgang G.<br />
konnte nicht schlafen. Auch Kopfhörerhalfen<br />
da nicht.<br />
Gegen 3Uhr in derTatnacht stand<br />
Wolfgang G. auf, knüpfte aus dem<br />
Gürtel des Bademantels seines Mitbewohners<br />
eine Schlinge –so, wie er<br />
es auch immer beim Angeln für seinen<br />
Kahn gemacht hatte. Dann ging<br />
er zu dem anderen Bett, legte Erich<br />
K. die Schlinge von hinten um den<br />
Hals und zogzu. BisRuhe war.<br />
Wolfgang G. sagt, dass er sich<br />
dann wieder in sein Bett legte, um<br />
endlich zu schlafen. „Ich habe ihn<br />
nicht vorsätzlich getötet. Ich habe<br />
einfach nur die Nerven verloren. Ich<br />
bin durchgedreht.“<br />
Er gibt auch dem Pflegepersonal<br />
eine Mitschuld. Die Leasingkräfte<br />
hätten sich angeblich nicht richtig<br />
um Erich K. gekümmert. Und sie<br />
hätten nachts nicht mehr auf sein eigenes<br />
Klingeln reagiert, wenn er das<br />
Husten nicht mehr ertragen habe.Er<br />
habe auch um ein Einzelzimmer gegeben,<br />
es aber nicht bekommen.<br />
Ein Pfleger sagt aber als Zeuge,<br />
dass man Wolfgang G. sehr wohl ein<br />
anderes Zimmer angeboten habe.<br />
Fast 80 Jahre sei er straflos durchs<br />
Leben gegangen, sagt Wolfgang G. Er<br />
könne sich nicht erklären, wie er „so<br />
einen Mist“ habe machen können.<br />
Potsdams größter Mäzen<br />
Hasso Plattner spendierte der Stadt das Barberini-Museum. Nun wird er 75 Jahre alt<br />
VonAnnika Grah und<br />
Jens Blankennagel, Potsdam<br />
Erstmals in der Geschichte<br />
der Stadt Potsdam kamen<br />
im Jahr 2017 mehr als eine<br />
halbe Millionen Übernachtungsgäste<br />
in die Brandenburger<br />
Landeshauptstadt – und nicht nur<br />
die Stadtverwaltung hat dafür einen<br />
klaren Hauptverantwortlichen ausgemacht:<br />
DenMilliardär,Mäzen und<br />
Museumsgründer Hasso Plattner<br />
und dessen Barberini-Museum.<br />
Plattner, der am kommenden<br />
Montag 75 Jahre alt wird, ist zwar<br />
kein gebürtiger Potsdamer und hat<br />
dort nur einen Zweitwohnsitz, aber<br />
er ist der größter Mäzen der vergangenen<br />
Jahrzehnte in Potsdam, einer<br />
Stadt, in der sich inzwischen sehr<br />
viele, sehr reiche Leute niedergelassen<br />
haben. Zuerst hat Hasso Plattner<br />
–der Anfang der 70er JahreMitgründer<br />
des Software-Konzerns SAP war<br />
–imJahr 1998 der Uni Potsdam ein<br />
Hightech-Institut spendiert. Diese<br />
Fakultät trägt seinen Namen, und<br />
seine Stiftung finanziert den Betrieb<br />
dort inden ersten 20 Jahren mit 200<br />
Millionen Euro.<br />
EinPublikumsmagnet<br />
Dann folgte sein Coup mit dem Privat-Museum<br />
Barberini, in dem er<br />
Kunstwerke aus seiner eigenen und<br />
aus fremden Sammlungen zeigt, und<br />
das zu einen wahren Besuchermagnet<br />
für Potsdam wurde. Plattner ließ<br />
das Museum neben dem nachgebauten<br />
Hohenzollernschloss bauen.<br />
Es wurde am 23. Januar 2017 der Öffentlichkeit<br />
übergeben – mit sehr<br />
großem Echo in der Öffentlichkeit –<br />
national und international.<br />
Nicht nur Kanzlerin Merkel kam,<br />
auch die Stadt Potsdam erklärte<br />
Plattner an jenem Tagzum Ehrenbürger.<br />
Schon vorher war das Haus<br />
bundesweit zum Gebäude des Jahres<br />
erklärt worden, und die britische<br />
<strong>Zeitung</strong> Guardian zählt das Haus zu<br />
den TopTen der weltweit wichtigsten<br />
Museumseröffnungen des Jahres.<br />
So kam es auch: Im ersten Museumsjahr<br />
wurden 520 000 Besucher<br />
gezählt. Ein wahrer Publikumserfolg<br />
–eswaren mehr Gäste,als das legendäreSchloss<br />
Sanssouci besuchten.<br />
Plattner, der gebürtige <strong>Berliner</strong>,<br />
feiert am21. Januar seinen 75. Geburtstag.<br />
Doch im Ruhestand ist er<br />
noch nicht, sondern noch immer<br />
Aufsichtsratschef von SAP, die Firma<br />
ist immerhin der größte europäische<br />
Softwarehersteller.<br />
Im vergangenen Jahr wollte es<br />
Plattner, der leidenschaftliche Segler,<br />
noch einmal wissen: Zusammen<br />
mit seiner Tochter nahm er an der internationalen<br />
Segel-Regatta „52 Super<br />
Series“ teil. Nurknapp verpasste<br />
Hasso Plattner ist gebürtiger <strong>Berliner</strong>,der in Baden-Württemberg steinreich wurde. LAIF<br />
Gründer: Hasso Plattner,geboren<br />
am 21. Januar 1944<br />
in Berlin, gründete 1972 mit<br />
Dietmar Hopp und drei IBM-<br />
Kollegen die FirmaSAP –<br />
eine Abkürzung für Systeme,<br />
Anwendungen und Produkte<br />
in der Datenverarbeitung.<br />
GRÜNDER UND STIFTER<br />
Fußballclub: Plattners Mitgründer,der<br />
Informatiker<br />
Dietmar Hopp, ist inzwischen<br />
ebenfalls Mäzen. In der breiten<br />
Öffentlichkeit wurde er<br />
vorallem als Geldgeber des<br />
Profifußballvereins TSG<br />
1899 Hoffenheim bekannt.<br />
Wissenschaft: Zwei andere<br />
Mitgründer,Hans-Werner<br />
Hector und Klaus Tschira,<br />
haben Stiftungen, mit denen<br />
sie vorallem Geld für Unis<br />
geben, um zum Beispiel die<br />
Naturwissenschaften und Informatik<br />
zu fördern.<br />
ihr Team, mit seiner Tochter am<br />
Steuer, einen Sieg vor der kroatischen<br />
Küste –inder Gesamtwertung<br />
schafften sie es auf Rang sieben.<br />
Plattner brachte den Softwarekonzern<br />
mit dem richtigen Gespür<br />
für künftige Trends an dieWeltspitze.<br />
In einem Alter, indem andere sich<br />
zurückziehen, blieb er aktiv. Inzwischen<br />
scheint er etwas ruhiger geworden<br />
zu sein: DieZeiten, in denen<br />
er sich mit einer E-Gitarre vor Kunden<br />
stellte, sind längst vorbei. Die<br />
Regatten in den kleinen 505er-Jollen<br />
mutet er sich ebenfalls nicht mehr<br />
zu. Auch die legendären Segelwettfahrten<br />
gegen Oracle-Chef LarryEllison<br />
sind Geschichte –und mit streitbaren<br />
Verlautbarungen hielt er sich<br />
zuletzt ebenfalls zurück.<br />
Früher wetterte er gernmal gegen<br />
das deutsche Steuersystem oder<br />
brachte die SAP-Belegschaft im baden-württembergerischen<br />
Walldorf<br />
gegen sich auf. Mal sollte SAP eine<br />
„Happy Company“ àlaGoogle werden,<br />
mal rief er den Mitarbeitern<br />
entgegen: „Manchmal will ich die<br />
Walldorfer Entwickler packen und<br />
schütteln und schreien: Bewegt euch<br />
schneller!“<br />
Langsamer Rückzug<br />
Als Mäzen für Wissenschaft und<br />
Kunst mischt Plattner weiter mit.<br />
Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes<br />
schätzt sein Vermögen auf 12,5 Milliarden<br />
US-Dollar. ImPotsdamer Institut<br />
leitet er einen Fachbereich und<br />
erklärtden Studenten schon mal die<br />
Trends in der Softwareindustrie.<br />
Und als letzter der fünf SAP-<br />
Gründer zieht Plattner noch Strippen<br />
im Unternehmen –auch wenn<br />
er das so nie sagen würde. „Ich bin<br />
kein Über-Chef“, sagte er 2013 der<br />
Zeitschrift Wirtschaftswoche.<br />
Der langjährige SAP-Chef Henning<br />
Kagermann, den Plattner einst<br />
anwarb,sagte vordreiJahren in einer<br />
Laudatio, ersei ein „unerschöpflich<br />
kreativer Mensch“, der auch einen<br />
Blick für das Machbare, das kommerziell<br />
Erfolgreiche habe. Dabei<br />
leite ihn ein fast untrügliches Gespür<br />
für technologische Neuerungen.<br />
SAP-Mitgründer Dietmar Hopp<br />
nennt ihn einen konstruktiven Querdenker.<br />
„Seinen Nutzen kann man<br />
nicht beziffern, aber die SAP wäre<br />
ohne ihn niemals so erfolgreich geworden.<br />
Ich wünsche ihm und der<br />
SAP,dass der Übergang zu einer SAP<br />
ohne Hasso Plattner reibungslos gelingt,<br />
wann immer Hasso diesen<br />
Zeitpunkt für gekommen hält.“<br />
Das könnte schon bald sein. Auf<br />
der Hauptversammlung 2017 kündigte<br />
Plattner für die diesjährige Aufsichtsratswahl<br />
an: „Ich bin durchaus<br />
bereit weiterzumachen, aber nicht<br />
volle fünf Jahre.“ (mit dpa)<br />
NACHRICHTEN<br />
40 Tipps an die Polizei zum<br />
DHL-Erpresser<br />
An dieser Station in Potsdam gab der Erpresser<br />
eine Paketbombe auf.<br />
DPA<br />
Nach derVeröffentlichung neuer Angaben<br />
zu dem oder den mutmaßlichen<br />
DHL-Erpressernsind in Brandenburg40Hinweise<br />
eingegangen.<br />
Dasteilte die Polizei am Montag in<br />
Potsdam mit. Ob unter den Hinweisen<br />
eine heiße Spur sei, wollten die<br />
Ermittler nicht sagen. Anfang vergangener<br />
Woche hatten sie eine sogenannte<br />
MAC-Adresse (Media-Access-Control)<br />
veröffentlicht, der das<br />
Motorola-Gerät des mutmaßlichen<br />
Täters identifiziertwerden kann. Anbieter<br />
öffentlicher und offner privater<br />
WLAN-Netzesollten prüfen, ob<br />
sich ein Endgerät mit dem Code mit<br />
der Adresse „f8:e0:79:af:57:eb“ in<br />
ihreRouter eingewählt hat. (dpa)<br />
Granate in Mühlberg<br />
gesprengt<br />
In Mühlberg(Elbe-Elster) ist eine<br />
Weltkriegsgranate bei der Ernte von<br />
Zuckerrüben voneinem Feld versehentlich<br />
eingesammelt worden und<br />
landete mit den Rüben in einer Fabrik.<br />
AmMontag konnte die Granate<br />
dann kontrolliertgesprengt werden.<br />
Etwa 150 Menschen mussten vorher<br />
ihreHäuser verlassen. Kurz nach 10<br />
Uhrgab es Entwarnung: „Die Menschen<br />
dürfen in ihreHäuser zurückkehren“,<br />
sagte ein Mitarbeiter des<br />
Ordnungsamtes. (dpa)<br />
Städte gegen Abschaffung<br />
der Straßenbaugebühr<br />
DerStädte- und Gemeindebund<br />
wehrtsich weiter vehement gegen<br />
die geplante Abschaffung der Straßenausbaubeiträge<br />
für Anlieger.<br />
„Das ist absoluter Populismus“,<br />
sagte Geschäftsführer Jens Graf nach<br />
einer Präsidiumssitzung. Es sei bislang<br />
völlig unklar,wie die Sanierung<br />
und der Ausbau der Straßen in den<br />
Städten und Gemeinden künftig finanziertwerden<br />
sollen. Diediskutierte<br />
Übernahme vonKosten in<br />
Höhe von25Millionen Euro jährlich<br />
durch das Land reiche jedenfalls bei<br />
weitem nicht aus,sagte Graf. (dpa)<br />
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