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*<br />
HINTERGRUND<br />
Polizeieinsatz<br />
in der Kritik<br />
Wegen der Räumung eines<br />
Obdachlosencamps in<br />
Mitte wird die <strong>Berliner</strong> Polizei<br />
derzeit heftig kritisiert.<br />
Die Beamten hatten<br />
das Ordnungsamt bei der<br />
Räumung unterstützt.Einer<br />
Wohnungslosen, die<br />
sich weigerte, den Platz zu<br />
verlassen, wurde aus Eigenschutzgründen<br />
ein<br />
Tuch über den Kopf gezogen.<br />
Die Frau soll Polizisten<br />
bespuckt und an Läusebefall<br />
gelitten haben.<br />
Obdachlosen-Camp geräumt<br />
Polizei am Video-Pranger<br />
Frau mit Decke fixiertund abgeführt–Linke-Politiker fühlt sich an Guantanamo erinnert<br />
Über diese Szene wird<br />
gestritten: Einer Frau<br />
wird eine weiße Decke<br />
über den Kopf gezogen.<br />
Von<br />
P. DEBIONNE<br />
und<br />
E. RICHARD<br />
Polizisten, die einer Obdachlosen<br />
eine weiße<br />
Decke über den Kopf ziehen<br />
und sie dann in Handschellen<br />
gefesselt abführen. Durch<br />
ein Video, das genau diese Szene<br />
zeigt, ist die <strong>Berliner</strong> Polizei<br />
jetzt massiv in die Kritik geraten,<br />
vor allem durch Politiker<br />
der Grünen und der Linken.<br />
Wie KURIER-Recherchen<br />
zeigen, ist der durch die Bilder<br />
erweckte Eindruck, hier handele<br />
es sich um rohe Polizeigewalt,<br />
wohl nicht zutreffend.<br />
Jetzt bekommen die Einsatzkräfte<br />
Unterstützung von der<br />
FDP. Rückblick: Am 9. Januar<br />
lässt Grünen-Politiker Stephan<br />
von Dassel, Bezirksbürgermeister<br />
von Mitte, ein Obdachlosencamp<br />
im Ulap-Park am<br />
Hauptbahnhof räumen (KU-<br />
RIER berichtete). Als eine der<br />
Obdachlosen sich weigert, den<br />
Platz zu verlassen, kommt es zu<br />
einer Rangelei mit der Frau.<br />
Nach Polizeiangaben habe die<br />
Frau sich gewehrt und in Richtung<br />
der Einsatzkräfte gespuckt.<br />
Daraufhin sei sie mit<br />
Handfesseln fixiert worden.<br />
Als ihr kurz darauf die Mütze<br />
vom Kopf fiel, hätten die Polizisten<br />
„massiven Läusebefall“<br />
festgestellt. Daraufhin ist entschieden<br />
worden, der Frau eine<br />
weiße Decke als Läuse- und<br />
Spuckschutz über den Kopf zu<br />
legen. Ob diese Maßnahme gerechtfertigt<br />
war, wird nun intern<br />
geprüft, so die Polizei.<br />
Dann sei die Frau abgeführt<br />
worden. So weit die Fakten, die<br />
auch auf dem Video zu sehen<br />
sind. Am Freitag entbrannte<br />
nun eine Debatte über den<br />
richtigen Umgang mit der Frau.<br />
Grünen-Fraktionschefin Antje<br />
Kapek sprach von „schockierenden<br />
Bildern“, der Linke-Innenpolitiker<br />
Niklas Schrader<br />
fühlte sich laut „Tagesspiegel“<br />
an das US-Gefangenenlager<br />
Guantanamo erinnert. Dort<br />
werden Häftlingen stundenlang<br />
blickdichte Säcke über<br />
den Kopf gezogen, Menschenrechtsorganisationen<br />
sprechen<br />
von Folter. Anders als in Guantanamo<br />
handelt es sich bei dem<br />
Tuch, dass die <strong>Berliner</strong> Polizei<br />
verwendete, aber um eine dünne<br />
Einwegdecke, die licht- und<br />
luftdurchlässig ist. „Wegen der<br />
Gefahr einer Ansteckung mit<br />
Hepatitis müssen Polizisten<br />
sich davor schützen, angespuckt<br />
zu werden“, so FDP-Innenexperte<br />
Marcel Luthe zum<br />
KURIER. Zwar sei die aktuelle<br />
Lösung –eine Decke –„sicher<br />
nicht optimal“, da sie „die Sicht<br />
behindern und den Menschen<br />
depersonalisieren“ würden. Allerdings<br />
bliebe den Einsatzkräften<br />
keine andere Möglichkeit.<br />
Denn anders als in Bundesländern<br />
wie Hamburg, Bremen<br />
oder Rheinland-Pfalz, wo<br />
spezielle Spuckschutzhauben<br />
zur Standardausrüstung bei<br />
Streifenwagenbesatzungen gehören,<br />
haben Berlins Einsatzkräfte<br />
diese Einweghauben<br />
(Kosten: rund drei Euro pro<br />
Stück) nicht. Vergangenes Jahr<br />
wurde ein Testlauf gestartet,<br />
die Auswertung dieses Testlaufs<br />
dauert aber noch an.