Berliner Kurier 23.01.2019

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POLITIK Eine überfällige Warnung MEINE MEINUNG Von Jörg Köpke Vor Kurzem wollte die AfD Lehrer an den Internet- Prangerstellen, die sich kritisch über diePartei äußern. Inzwischenhat sich der Wind gedreht. Nachdemder Verfassungsschutz dieParteijugend und den Höcke-Flügel der AfDins Visier genommenhat, geraten Beamte, die fürdie Rechtspopulisten um Mandate kämpfen, in Erklärungsnot. Die Polizeigewerkschaft fordert dieAfD-Kandidaten im Polizeidienstauf,unmissverständlichAbstand zum „rechten Saum“zuhalten. Nun sind es Polizisten –aber auchLehrer, Richter und Staatsanwälte –auf Landeslisten der AfD, die Farbe bekennenmüssen, ob die „noch blau oder schon braun“ sind, wie es NRW-Innenminister Herbert Reul formuliert. Der Eidauf die Verfassung verpflichtet Beamte, das Grundgesetz zu verteidigen. Dem stehen Aussagen Höckes diametral entgegen, demder Verfassungsschutz„umstürzlerische“ Züge bescheinigt. Rechte Revolution und Rassismus passen nicht zum Eid. Deshalb waren die klaren Worte der Polizeigewerkschaft überfällig. Nun sollten auch Lehrergewerkschaft und Richterbundihre Sprachlosigkeit überwinden. MANN DESTAGES Klaus Schwab Seit1971findet es jährlich im schweizerischen Davos statt: das Weltwirtschaftsforum. Gegründet wurdedas wichtigste informelle Treffen der Weltpolitik von Wirtschaftswissenschaftler Klaus Schwab (70). Dieses Jahr fehlenallerdings US- Präsident Trump,Theresa May undEmmanuel Macron.Dennoch ist Schwab optimistisch: „Das Treffen wird den Zustand der Welt betrachten und zusammenarbeiten, um den Zustand der Welt zu verbessern.“ Foto: Xu Jinquan/imago/Xinhua Wie radikal darf ein Lehrer sein? Gewerkschaft warnt vor Einflussauf Kinder durch Rechtsaußen in der AfD–auchPolizisten im Fokus Berlin – Wie rechts dürfen Lehrer, Polizisten oder Richter sein? Die Neueinstufung der AfD durch den Verfassungsschutz hat eine Debatte im Öffentlichen Dienst angefacht. Vor allem ein Gewerkschafter geht nun in die Offensive. Oliver Malchow, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), fordert von Polizeibeamten eine klare Abgrenzung gegenüber Teilen der AfD: „Jeder Beamte schwört auf die Verfassung. Dieser Eid verpflichtet, sich an Regeln zu halten. Er verträgt sich nicht mit Zweifeln des Verfassungsschutzes am rechtsnationalen Flügel um Björn Höcke“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Auslöser für Malchows Vorstoß sind fünf Polizisten in Thüringen, die bei der kommenden Landtagswahl für die AfD kandidieren. AfD- Chef in Thüringen ist Höcke, dessen Flügel ebenso wie die Junge Alternative (JA) vom Inlandsgeheimdienst zum Prüffall erklärt wurde und künftig mit geheimdienstlichen Mitteln überwacht werden kann. Aber wie liegt der Fall eigentlich bei Lehrern? Auch Berlin –Unternehmen haben es leichter als Otto Normalverdiener, Steuern zuvermeiden. Was schon immer als „gefühlte Wahrheit“ klar war, wird jetzt mit konkreten Zahlen unterfüttert. In Europa und Deutschland führen Multis sehr viel weniger Steuern ab, als eigentlich durch den festgelegten Steuersatz vorgesehen ist. Eine Untersuchung der Grünen im Europaparlament hat ergeben: In keinem EU-Land Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius. mit Ausnahme von Bulgarien zahlen multinationale Unternehmendas, was sie eigentlich sollten. Am krassesten ist der Gegensatz demnachinLuxemburg. Dort liegt der Steuersatz für Unternehmen bei 29 Prozent. Tatsächlich werden im Schnitt aber nur 2Prozent abgeführt. Deutschlandbefindet sich in dem Ranking im oberen Mittelfeld. Offiziell lag die Abgabenlastfür Unternehmen hierzulande in den Jahren 2011 bis unter ihnen gibt es viele Beamte –und einige mit fragwürdigen Ansichten. In Brandenburg kandidiert beispielsweise ein Grundschullehrer auf der AfD-Landesliste. Und nicht zuletzt ist auch Höcke selbst eigentlich Gymnasiallehrer für Sport und Geschichte. Die AfD hat zudem immer wieder Schlagzeilen mit sogenannten Lehrerprangern gemacht, mit denen Pädagogen denunziert werden sollten, die sich kritisch über die Partei äußern. Aus der Lehrergewerkschaft GEW hieß es gestern, man habe sich „noch keine abschließende Meinung gebildet“, ob man dem Vorbild der Gewerkschaft der Polizei folgen wolle. Nach RND-Informationen hat die Lehrergewerkschaft in einzelnen Fällen aber bereits damit begonnen, Personalräte einzuschalten, um Lehrer mit kritischen AfD-Positionen zu bitten, zumindest die Gewerkschaft zu verlassen. Es gehe auch „um die Gefahr der politischen Indoktrination von Kindern“, verlautete es aus Gewerkschaftskreisen. Der Richterbund wollte sich gestern auf Anfrage nicht äußern. Die AfD hingegen 2015 bei 30 Prozent; der Untersuchung zufolge führten Konzerne aber tatsächlich nur 20 Prozent an den Fiskus ab. Wie kann das sein? „Finanzminister Olaf Scholz muss seine Blockadehaltung, die schon Wolfgang Schäuble zeigte, aufgeben“, sagt Sven Giegold, Europaabgeordneter und Finanzexperte der Grünen im Straßburger Parlament. Die EU will erreichen, dass multinational tätige Konzerne den Behörden Daten zu Umsatz, schon. Sie ist vom Vorstoß der Polizeigewerkschaft empört: „Ein Polizist braucht keine Belehrung von satten Gewerkschaftsbossen, was er politisch denken darf und was nicht“, erklärte AfD-Vizecheff Georg Pazderski. Unterstützung kommt hingegen von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD): „Ich finde es äußerst problematisch, wenn Personen, die sich zur Wahl aufstellen lassen – und zugleich Sympathisanten des Flügels oder auch der JA sind –als Polizisten oder Lehrer arbeiten. Es ist problematisch, wenn man einerseits in einem Beamtenverhältnis als Lehrer oder Polizist auf der Grundlage eines Eides auf unser Grundgesetz arbeitet und sich andererseits als Kandidat für einen Verdachtsfall wie JA oder den Flügel aufstellen lässt“, sagte er dem RND. SPD-Innenexperte Burkhard Lischka ergänzte: „Wer dem Staat dient, muss auf dem Boden des Grundgesetzes und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Das bedingt, dass sich Polizisten oder Lehrer klar vom völkisch-nationalistischen der AfD distanzieren.“ Konzerne zahlenkaumSteuern Untersuchungder Grünen: Großunternehmen führten bei uns nur 20 statt 30 Prozent ab Foto: Julian Stratenschulte/dpa Teil Gewinn und Steuerzahlungen aufgeschlüsselt nach Ländern vorlegen. Auch Scholz findet das grundsätzlich „sehr gut“, will aber eine Lösung für alle Industrienationen (OECD) und nicht nur für die EU. Das Problem: Diese Lösung ist überhaupt nicht in Sicht. Giegold: „Die EU muss den Bürgern vor der Europawahl zeigen, dass sie etwas Wirksames gegen dubiose Steuerpraktiken auf die Reihe bekommt.“
SEITE3 BERLINER KURIER, Mittwoch, 23. Januar 2019 NACHRICHTEN EU ignoriert Mays „Plan B“ Foto: Virginia Mayo/AP/dpa Diese Liebe trägt ganz Europa Der französische Präsident François Mitterrand (l.) und Bundeskanzler Helmut Kohl reichen sich am 22.09.1984 über den Gräbern von Verdun die Hand. Aachen –Esist heute das mit Abstand engste Bündnis zweier Länder in Europa. Das war nicht immer so: Die Umarmung zwischen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer am 22. Januar 1963 war von unerhörter Symbolkraft. Der französische Staatspräsident hatte als Kommandant einer Panzerdivision 1940 seine Heimat gegen die deutschen Invasoren verteidigt. Bundeskanzler Adenauer war der erste Repräsentant eines neuen demokratischen und friedlichen Deutschland. Heute sind Liebesbezeugungen zwischen Deutschen und Franzosen auch auf Regierungsebene alltäglich. Erst kürzlich sagte Präsident Emmanuel Macron, an das deutsche Volk gewandt: „Seien Sie versichert, Frankreich liebt Sie.“ Kein Wunder also, dass die Neuauflage des Élysée- Vertrages im Krönungssaal des Aachener Rathauses nur so vor Harmonie strotzte. In Zeiten eines auseinanderdriftenden Europas, auch da sind sich Kanzlerin Angela Merkel und Emmanuel Macron einig, hat die symbolische Erneuerung des deutsch-französischen Freundschaftspaktes wieder hohen Symbolwert. Die praktischen Themen wie eine verstärkte Zusammenarbeit im UN-Sicherheitsrat, Kooperation über nationale Gesetze hinaus für grenznahe Regionen, den gemeinsamen Rückbau des französischen AKW Fessenheim, gemeinsame Kulturinstitute im Ausland sind zwar ein wichtiger Bestandteil. Noch wichtiger aller- Konrad Adenauer (CDU,l.) und Charles de Gaulle am 22. Januar 1963 in Paris. dings waren die Gesten: „Wir bekräftigen, dass wir die großen Herausforderungen unserer Zeit Hand in Hand angehen wollen“, betonte Merkel. Und Macron teilte gegen rechte Verschwörungstheoretiker wie Marine Le Pen aus, die behauptet hatte, das Elsass werde künftig wieder unter deutscher Kontrolle stehen: „Diejenigen, die karikieren oder die Lüge verbreiten, schaden unserer Geschichte und unseren Völkern.“ Foto: imago/blickwinkel Regensburg –Nach den jüngsten Ankündigungen der britischen Premierministerin Theresa May zum Brexit sieht die EU-Kommission keine Bewegung. „Derzeit haben wir nichts Neues aus Brüssel zu sagen, weil es nichts Neues aus London gibt“, sagte Sprecher Margaritis Schinas. Anklage gegen Syrer Frankfurt/Main –Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hat Anklage gegen einen 29-jährigen terrorverdächtigen Syrer erhoben. Der Mann soll sich in seiner Heimat im Jahr 2013 oder 2014 der terroristischen Vereinigung Ahrar al-Sham angeschlossen haben. Kein Termin für Kommission Berlin –Nachdem Wirbel um Vorschlägewie einem Tempolimitauf Autobahnen hat dasVerkehrsministerium ein fürheute geplantes Treffen derRegierungskommission Mobilität abgesagt. VerkehrsministerAndreas Scheuer (CSU) hattedie Überlegungen scharf zurückgewiesen. Antisemitismus nimmt zu Brüssel –Etwa jeder dritte EU-Bürger nimmt einer Eurobarometer-Studie zufolge einen Anstieg von Antisemitismus in seinem Land wahr –inder jüdischen Bevölkerung liegt der Anteil allerdings viel höher. In Deutschlandnehmen danach 61 Prozent vermehrten Antisemitismus wahr. Staatsgeheimnisauf Stick Moskau –Der wegen Spionageverdachts in Moskau festgehaltene US-Bürger Paul Whelan hatte nach Angaben seines Anwalts bei seiner Festnahme einen USB- Stick mit russischen „Staatsgeheimnissen“ bei sich. Whelan habe jedoch nicht gewusst, dass die sich auf dem Stick befanden.
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