Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
GESUNDHEIT<br />
PrEP:<br />
„Sex wird wieder frei“<br />
Von ursprünglich 800 Euro<br />
monatlichen Kosten sank der<br />
Preis für die PrEP auf aktuell bis zu<br />
rund 40 Euro und die erste gesetzliche<br />
Krankenkasse erklärte Anfang<br />
Dezember 2018 die freiwillige Kostenübernahme.<br />
In <strong>2019</strong> soll PrEP<br />
reguläre Kassenleistung werden.<br />
Großen Anteil an dieser schnellen<br />
Entwicklung haben engagierte<br />
Ärzte und Apotheker, die PrEP über<br />
spezielle Angebote schon vor den<br />
Preissenkungen für die auf Privatrezept<br />
flächendeckend erhältlichen<br />
Gene<strong>rik</strong>a erschwinglich machten.<br />
Wir sprachen mit Dr. Inka Krude von der<br />
Alten Apotheke in Bochum, die zusammen<br />
mit TAD Pharna und Prof. Dr. Norbert<br />
Brockmeyer vom WIR-Zentrum für sexuelle<br />
Gesundheit in Bochum ein Verblisterungskonzept<br />
zur PrEP anbieten.<br />
Immer noch kaufen viele PrEP-<br />
Nutzer ihre Medikamente über den<br />
Schwarzmarkt bzw. über das Ausland.<br />
Warum?<br />
Prof. Brockmeyer: Das sind zwei wesentliche<br />
Punkte. Zum einen ist es immer noch<br />
nicht bekannt genug, dass man sich die PrEP<br />
auch in Deutschland zu günstigen Preisen<br />
verschreiben lassen kann. Der andere Punkt<br />
ist der, dass es mit Sexualität zu tun hat. Sexualität<br />
ist nach wie vor ein großes Tabuthema.<br />
Viele haben Angst, sich als promiskuitiv zu<br />
outen und stigmatisiert zu werden.<br />
Welche Risiken birgt das?<br />
Prof. Brockmeyer: Ein ganze Vielfalt. Für<br />
das Individuum die Gefahr, dass über das<br />
Internet gekaufte Medikamente nicht<br />
zu 100 Prozent sicher sind. Das Problem<br />
von gefälschten Medikamenten ist höher.<br />
Das zweite große Problem ist, dass die<br />
regelmäßigen Untersuchungen eventuell<br />
ausbleiben. Sind die Nutzer wirklich nicht<br />
mit dem HI-Virus infiziert? Werden die<br />
Nebenwirkungen, insbesondere der Nieren<br />
beobachtet? Was ist mit anderen sexuell<br />
übertragbaren Krankheiten? Auch deshalb<br />
bieten wir im WIR ein Selbsttestset für HIV<br />
und die gängigen STI an.<br />
Was ist das Besondere an „ihrer“<br />
PrEP?<br />
Dr. Krude: Ursprünglich war das vor allem<br />
der Preis. Im Oktober 2017 kostete die<br />
PrEP regulär rund 800 Euro, wir konnten<br />
sie über unser Konzept für 52 Euro<br />
schnell verfügbar und sicher anbieten. Bei<br />
uns kann man die PrEP innerhalb einer<br />
Stunde fertig verblistert bekommen, was<br />
besonders auch für Menschen mit längerer<br />
Anreise praktisch ist.<br />
Was waren Ihre ganz persönlichen<br />
Gründe, sich so zu engagieren? Reich<br />
werden Sie damit ja nicht …<br />
Dr. Krude: Ich hätte nicht Apothekerin<br />
werden sollen, wenn ich nicht auch den<br />
Menschen sehe: Der Bedarf ist einfach<br />
enorm groß. Der Bedarf, sich zu schützen.<br />
Der Bedarf, sich beim Sex freier zu fühlen.<br />
Zum Beispiel in Beziehungen mit einem<br />
HIV-positiven Partner, wo ich nicht erst<br />
fragen muss, ob nun die Virenlast schon<br />
unter der Nachweisgrenze ist. Oder bei<br />
ganz vielen anderen Situationen – die Erfahrungen<br />
aus dem Jahr sind sehr vielfältig<br />
und mit einer großen Dankbarkeit verbunden.<br />
Ein bisschen stelle ich mir das vor, wie<br />
die sexuelle Revolution in den 1960er-<br />
Jahren gerade. Sex wird wieder frei.<br />
Ihr Verblisterungskonzept gibt es<br />
nur regional und verglichen mit dem<br />
Privatrezept nicht anonym. Was<br />
erhoffen Sie sich in Zukunft?<br />
Dr. Krude: Meine Hoffnung ist, dass die<br />
gesetzlichen Krankenkassen die PrEP<br />
übernehmen und wir sind ja wohl so nah<br />
dran, wie nie zuvor. Damit wäre dann die<br />
Verblisterung nicht mehr nötig. (Siehe<br />
Infokasten „How to PrEP“ A.d.R.)