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FILM<br />
INTERVIEW<br />
FOTOS: UNIVERSAL PICTURES<br />
VIGGO MORTENSEN<br />
Rassismus und Homophobie<br />
Kaum zu glauben, aber der<br />
US-Däne, der durch seine<br />
Rolle des Aragorn in „Herr der Ringe“<br />
einst Weltruhm erlangte, wurde<br />
2018 schon sechzig Jahre alt – und<br />
ist immer noch verdammt sexy. Auch<br />
wenn er für seine neue Rolle ordentlich<br />
zunehmen musste. Ab Ende<br />
Januar ist er in einem der wichtigsten<br />
LGBTIQ*-Filme <strong>2019</strong> zu sehen.<br />
Wir sprachen mit dem Weltstar.<br />
Mr. Mortensen, Sie müssen kurz<br />
erklären, worauf sich der Titel Ihres<br />
neuen Films „Green Book – Eine<br />
besondere Freundschaft“ bezieht.<br />
Die wenigsten deutschen Zuschauer<br />
werden je vom Green Book gehört<br />
haben ...<br />
Viele Ame<strong>rik</strong>aner haben das sicherlich<br />
auch nicht. Selbst manche Afroame<strong>rik</strong>aner<br />
wissen das nicht mehr, gerade wenn<br />
sie eher jung sind. Von den Dreißigern bis<br />
in die Sechziger hinein war das Büchlein<br />
ein absolut notwendiges Hilfsmittel für<br />
Schwarze in den Südstaaten, denn es listete<br />
Hotels, Restaurants, Tankstellen und<br />
Raststätten auf, die sie betreten durften.<br />
Unerlässlich gerade für jeden Afroame<strong>rik</strong>aner,<br />
der zum Beispiel zum Familienbesuch<br />
aus dem Norden anreiste. Denn anderswo<br />
wurde man ja rausgeschmissen, beleidigt<br />
und Schlimmeres. Das Green Book ist also<br />
auch ein Symbol dafür, wie institutionalisiert<br />
der Rassismus in den USA war.<br />
So schlimm ist es zum Glück heute<br />
nicht mehr!<br />
Stimmt, aber die Geschichte, die wir im<br />
Film erzählen, ist trotzdem heute noch relevant,<br />
denn wir zeigen – hoffe ich zumindest<br />
– zu welcher Grausamkeit und Ungerechtigkeit<br />
Ignoranz führt. Wenn wir nicht<br />
offen und ehrlich mit unserem Gegenüber<br />
kommunizieren, neigen wir dazu, ihn nicht<br />
als ebenbürtig zu betrachten – und dann<br />
führt das mitunter zu solch schlimmen<br />
Zuständen. Die Gefahr, dass das passiert,<br />
besteht immer, denke ich, das ist so ein<br />
Stammesding. Dadurch, dass es sich hier<br />
um eine Geschichte aus der Vergangenheit<br />
handelt, taugt sie als Warnung, dass solche<br />
Ignoranz immer wieder erwachen kann. Wir<br />
sehen ja aktuell in den USA genauso wie in<br />
Europa, wie das Misstrauen gegen Einwanderer<br />
wächst und bestimmte Politiker die<br />
Angst und das Unwissen der Bürger dann<br />
schamlos ausnutzen.<br />
Aber reicht es schon, wie „Green<br />
Book“ suggeriert, das Andere kennenzulernen,<br />
um es nicht mehr abzulehnen?<br />
Muss ein Rassist nur einen<br />
Schwarzen kennenlernen, um eines<br />
Besseren belehrt zu werden?<br />
Auf jeden Fall hilft es, diesem „Anderen“<br />
zumindest ausgesetzt zu sein. So offen<br />
und ehrlich wie möglich mit Menschen<br />
zu kommunizieren, die anders sind, selbst<br />
wenn die sich sträuben, kann nichts Verkehrtes<br />
sein. Denn: Die meisten Politiker<br />
und wenig wohlmeinende Menschen<br />
wollen den Dialog verhindern und uns<br />
voneinander getrennt halten, schließlich<br />
garantiert die Angst ihre Wiederwahl. Von<br />
daher hoffe ich einfach, dass unser Film zu<br />
einem Austausch untereinander ermutigt.<br />
Selbst wenn damit nicht gleich das ganze,<br />
große Problem Rassismus gelöst wird.<br />
Dass der von Ihnen gespielte Türsteher<br />
und Fahrer Tony anfangs rassistisch<br />
ist, steht außer Frage. Aber<br />
als herauskommt, dass der von ihn<br />
chauffierte Musiker Dr. Don Shirley<br />
obendrein auch schwul ist, hat er<br />
ausgerechnet damit scheinbar kaum<br />
ein Problem. Wie erklären Sie sich<br />
das bei diesem italienischstämmigen<br />
Macho?<br />
Die Szene stellt einen echten Wendepunkt<br />
im Verhältnis dieser beiden Männer dar.<br />
Der Schlüssel dafür liegt übrigens meiner<br />
Meinung nach in Tonys Arbeit in New