Berliner Kurier 05.02.2019
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RECHT<br />
Die wichtigsten<br />
Urteile der Woche<br />
SEITE17<br />
BERLINER KURIER, Dienstag, 5. Februar 2019<br />
DIE PROFIS<br />
Wolfgang Büser,<br />
Rechtsexperte<br />
in der ARD<br />
und im<br />
ZDF<br />
Anschnallen auf<br />
der Rückbank?<br />
Müssen sich eigentlich<br />
Insassen im Auto auch auf<br />
der Rückbank anschnallen?<br />
Da ist die Gefahr<br />
doch wesentlich geringer<br />
als „vorne“.<br />
Die Anschnallpflicht gilt<br />
seit Jahrzehnten auch für<br />
die „Rückbänkler“. Wer’s<br />
nicht tut, der bekommt<br />
unter Umständen bei Unfällen,<br />
die ein auffahrender<br />
„Unfallgegner“ voll verschuldet<br />
hat, keinen vollen<br />
Schadenersatz, wenn gutachterlich<br />
festgestellt wird,<br />
dass seine Verletzung(en)<br />
„mit Gurt“ weniger stark<br />
ausgefallen wären.<br />
Infos: www.wolfgang-büser.de<br />
NACHRICHTEN<br />
Mit dem Heli zur Arbeit<br />
Die meisten Arbeitnehmer<br />
kommen mit öffentlichen<br />
Verkehrsmittelnoder dem<br />
eigenen Pkw oder Zweirad<br />
wohl ganz gut zur Arbeit<br />
und wieder nachHause.<br />
Man kann aber gerne auch<br />
einmal den Helikopter nehmen.<br />
Das Verwaltungsgericht<br />
Freiburghat nämlich<br />
entschieden, dass die Genehmigung<br />
eines Hubschraubersonderlandeplatzes<br />
auf einem geplanten Firmengebäudenicht<br />
die Rechte<br />
zweier Nachbarn verletzt,<br />
die gegen die Genehmigung<br />
geklagt hatten.<br />
Urlaubsabgeltung<br />
Endet das Arbeitsverhältnis<br />
durch den Tod des Arbeitnehmers,<br />
haben dessen Erben<br />
nach §1922 Abs. 1BGB<br />
in Verbindung mit §7Abs. 4<br />
BUrlG Anspruch auf Abgeltung<br />
des vom Erblasser<br />
nicht genommenenUrlaubs.<br />
Das hat das Bundesarbeitsgerichtmit<br />
Blick auf ein Urteil<br />
des Europäischen Gerichtshofs<br />
klargestellt(BAG,<br />
Az.: 9AZR 45/16).<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Tel. 030/63 33 11-456<br />
(Mo.–Fr. 10–15 Uhr)<br />
E-Mail: berlin.service@dumont.de<br />
Foto: Imago<br />
Krank in der Probezeit:<br />
Kann ich gekündigt werden?<br />
Experte Tobias Klingelhöfer beantwortet die wichtigsten Fragen zum Auftakt im neuen Job<br />
Es gibt zwar keine gesetzlich<br />
festgelegte Probezeit, doch ist<br />
es mittlerweile üblich, dass am<br />
Anfang eines neuen Arbeitsverhältnisses<br />
eine Probezeit steht.<br />
Wir haben nachgefragt, was Arbeitnehmer<br />
über ihre Rechte<br />
und Pflichtenwährend der Probezeit<br />
wissen müssen. Der<br />
Rechtsanwalt und Rechtsexperte<br />
von der Arag, Tobias Klingelhöfer,<br />
hat geantwortet.<br />
Was ist denn eigentlich die<br />
„Probezeit“?<br />
Tobias Klingelhöfer: Unter<br />
einer Probezeit ist der an den<br />
Anfang eines Arbeitsverhältnisses<br />
gestellte Zeitraum der<br />
Tätigkeit zu verstehen, der<br />
zum Zwecke der Erprobung<br />
dient. Die Vereinbarung einer<br />
Probezeit innerhalb des laufenden<br />
Arbeitsverhältnisses ist<br />
hingegen unzulässig. Tritt hingegen<br />
ein Arbeitnehmer bei<br />
seinem bisherigen Arbeitgeber<br />
eine neue Stelle an, so kann<br />
grundsätzlich für diese Stelle<br />
eine Probezeit vereinbart werden.<br />
Das gilt aber nur, wenn<br />
sich die Tätigkeit so wesentlich<br />
von der vorherigen unterscheidet,<br />
dass eine solche Erprobung<br />
erforderlich ist. Dies ist<br />
letztlich immer eine Entscheidung<br />
im Einzelfall.<br />
Wie lange dauert die Probezeit?<br />
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch<br />
(BGB) kann die Probezeit<br />
maximal für die Dauer von<br />
sechs Monaten vereinbart werden.<br />
Eine Verlängerung dieser<br />
Dauer ist nicht möglich –selbst<br />
bei einer krankheitsbedingten<br />
Fehlzeit des Arbeitnehmers. Oft<br />
wird aber auch eine Probezeit<br />
von drei Monaten vereinbart.<br />
Die kann dann verlängert werden,<br />
wenn sich Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber über die Verlängerung<br />
einig sind. Statt der<br />
Probezeit kann auch ein auf<br />
sechs Monate befristeter Arbeitsvertrag<br />
geschlossen werden,<br />
der dann anschließend verlängert<br />
oder entfristet wird.<br />
Kann man in der Probezeit jederzeit<br />
gekündigt werden?<br />
Ja. Auch ohne Angabe von<br />
Gründen. Aber es gibt auch hier<br />
eine Kündigungsfrist von mindestens<br />
zwei Wochen, wenn<br />
nicht etwa tarifvertraglich etwas<br />
anderes vereinbart ist. Sie<br />
gilt innerhalb der gesamtenProbezeit.Auch<br />
am letzten Tag der<br />
Probezeit kann noch eine Kündigung<br />
ausgesprochen werden.<br />
Ist dies der Fall, muss der Arbeitnehmer<br />
in zwei Wochen<br />
seinen Arbeitsplatz räumen.<br />
Gelten Kündigungsschutzgründe<br />
bei einer Kündigung<br />
während der Probezeit?<br />
Nein. Voraussetzung für die<br />
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes<br />
ist, dass<br />
das Arbeitsverhältnis ohne<br />
Unterbrechung länger als sechs<br />
Monate bestanden hat. Somit<br />
greift das Kündigungsschutzgesetz<br />
während einer<br />
sechsmonatigen Probezeit<br />
nicht ein.<br />
Was gilt bei einer Krankschreibung<br />
während der Probezeit?<br />
Es besteht tatsächlich auch die<br />
Gefahr, bei Krankheit während<br />
der Probezeit gekündigt zu<br />
werden. Da das Kündigungsschutzgesetz<br />
nicht gilt, muss<br />
sich der Arbeitgeber für die<br />
Kündigung nicht rechtfertigen.<br />
Hält der Arbeitgeber aber trotz<br />
Krankmeldung am Arbeitsverhältnis<br />
fest, besteht auch Anspruch<br />
auf Entgeltfortzahlung,<br />
allerdings nicht in den ersten<br />
vier Wochen des Arbeitsverhältnisses.<br />
In den ersten vier<br />
Wochen gibt es nur einen Anspruch<br />
auf Krankengeld von<br />
der Krankenkasse.<br />
Besteht ein besonderer Kündigungsschutz<br />
für Schwerbehinderte?<br />
Neue Arbeitnehmer<br />
werden in der Probezeit<br />
genau unter die Lupe<br />
genommen.<br />
Nein. Genauso wie das Kündigungsschutzgesetz<br />
gilt auch<br />
der besondere Kündigungsschutz<br />
erst nach dem Ablauf<br />
von sechs Monaten. In den ersten<br />
sechs Monaten ist eine<br />
Kündigung auch ohne Zustimmung<br />
des Integrationsamts<br />
möglich. Der Sonderkündigungsschutz<br />
für Schwangere<br />
gilt hingegen bereits ab dem<br />
Zeitpunkt, zu dem diese ihre<br />
Schwangerschaft offenbaren,<br />
völlig unabhängig von der Probezeit.<br />
Kann man in der Probezeit<br />
Urlaub nehmen?<br />
Grundsätzlich ja. Dass während<br />
der Probezeit kein Anspruch<br />
auf Urlaub besteht, ist<br />
ein weit verbreitetes Vorurteil.<br />
Richtig ist allerdings, dass der<br />
volle Urlaub erst nach einem<br />
halben Jahr entsteht. Davor<br />
entsteht er nur anteilig pro Monat.<br />
Sind im Arbeitsvertrag beispielsweise<br />
24 Urlaubstage pro<br />
Jahr vereinbart, entstehen somit<br />
zwei pro Monat. Nach zwei<br />
Monaten kann der Arbeitnehmer<br />
also vier Tage Urlaub nehmen,<br />
nach drei Monaten sechs<br />
etc. Nach sechs Monaten beträgt<br />
der Anspruch dann nicht<br />
nur zwölf, sondern die gesamten<br />
24 Tage.