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Berliner Kurier 05.02.2019

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BERLINER KURIER,Dienstag, 5. Februar 2019<br />

In immer mehr<br />

Trend-Cafés wie<br />

dem „Spreegold“<br />

gibt es glutenfreies<br />

Essen. Für<br />

echte Allergiker<br />

ist das richtig toll.<br />

ernähren sich<br />

glutenfrei – und<br />

lassen das auch ihre jungen, beeinflussbaren<br />

Fans wissen.<br />

Heilpraktiker haben sich ebenfalls<br />

auf den Trend zum Gluten-<br />

Verzicht eingelassen. Sie empfehlen<br />

ihn mitunter gegen allerlei<br />

Gesundheitsprobleme, ohne<br />

dass eine Arzt-Diagnose vorliegt.<br />

In der rbb-Studie gaben<br />

zwei Drittel der Befragten an,<br />

ganz ohne Ratschlag von Arzt<br />

oder Heilpraktiker ihre Ernährung<br />

umgestellt zu haben.<br />

Das ist überraschend. Denn:<br />

Wer glutenfrei isst, der muss<br />

teure Spezial-Produkte kaufen.<br />

So ist glutenfreies Brot oft zweibis<br />

viermal teuerer als gewöhnliches<br />

Brot. Eine Packung Spaghetti<br />

des führenden Herstellers<br />

Dr. Schär schlägt im Edeka-<br />

Onlineshop mit 2,39 Euro zu<br />

Buche, die glutenfreie Mehlmischung<br />

„Kuchen und Kekse –<br />

Mix C“ mit 4,29 Euro. Gleichwohl<br />

haben glutenfreie Produkte<br />

längst ihren Weg aus den<br />

Reformhäusern und Biomärkten<br />

in gewöhnliche Supermärkte<br />

gefunden. In immer mehr<br />

Cafés und Restaurants, vor allem<br />

in Trend-Bezirken wie<br />

Prenzlauer Berg und Mitte, gibt<br />

es glutenfreie Speisenangebote.<br />

Doch die vermeintlich gesunde<br />

Küche bringt zumindest für<br />

alle Nicht-Allergiker ihre Risiken<br />

mit sich. Eine Studie der<br />

Harvard Medical School zeigt,<br />

dass glutenfreie Ernährung bei<br />

gesunden Menschen schädlich<br />

für das Herz sein kann. Der<br />

Grund liegt in der Zusammensetzung<br />

der Lebensmittel ohne<br />

Gluten: Ihnen fehlen viele Vitamine,<br />

Ballaststoffe und Mineralstoffe,<br />

zudem enthalten sie<br />

häufig mehr Zucker und Fett.<br />

Beim Verzehr von glutenfreier<br />

Nahrung steigen laut Studie<br />

Cholesterin- und Zuckerspiegel<br />

–und damit das Risiko für<br />

Diabetes und Übergewichtigkeit.<br />

In Teigwaren mit Gluten<br />

befindet sich dagegen das fürs<br />

Herz wichtige Vitamin B–und<br />

zwar in hoher Konzentration.<br />

Auch Prof. Dr. Torsten Zuberbier,<br />

Leiter des Allergie-Centrums<br />

der Charité, rät davon ab,<br />

sich ohne ärztliche Diagnose<br />

völlig glutenfrei zu ernähren.<br />

„Wir haben viele Menschen, die<br />

unnötig ein, zwei Jahre Lebensmittel<br />

weglassen und dann<br />

in eine Mangelernährung kommen“,<br />

sagte er dem rbb. Gesichert<br />

sei zudem, dass die echte<br />

Glutenunverträglichkeit in der<br />

Bevölkerung nicht zunimmt.<br />

Prof. Dr. Jana Rückert-John,<br />

Dekanin der Hochschule Fulda,<br />

hat die „Soziologe des Essens“<br />

gründlich erforscht. Sie sieht<br />

„einen rapiden Anstieg der gefühlten<br />

oder der behaupteten“<br />

Lebensmittelunverträglichkeit.<br />

Gefühlt oder behauptet: Vieles<br />

spricht also dafür, dass glutenfreie<br />

Ernährung vor allem eines<br />

ist –eine ungesunde Mode.

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