05.03.2019 Aufrufe

Berliner Kurier 04.03.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

*<br />

SPORT 25<br />

Bierbecherwürfe gegen Trainer,Kapitänsbinden-Klau und unbändige Wutder Fans –bei Königsblau geht es drunter und drüber<br />

Gelsenkirchen – Die Geduld<br />

der Schalke-Anhänger ist aufgebraucht.<br />

Aus Wut über den<br />

neuerlichen spielerischen Offenbarungseid<br />

des Teams bei<br />

der peinlichen Pleite gegen<br />

Düsseldorf gingen sie auf die<br />

Barrikaden. Der Trainer wurde<br />

mit Bierbechern beworfen,<br />

dem Kapitän die Binde vom<br />

Arm gerissen. Nach dem blamablen<br />

0:4 entlud sich beim<br />

FC Schalke die Wut der Fans.<br />

Auch die demütige Geste von<br />

Domenico Tedesco, der sich<br />

beim schweren Gang Richtung<br />

Nordkurve mit gefalteten Händen<br />

mutig vor sein Team stellte,<br />

konnte den erbosten Anhang<br />

nicht besänftigen. Doch selbst<br />

die heftige Reaktion von den Tribünen<br />

verleitete den Fußball-<br />

Lehrer nicht zur Kapitulation:<br />

„Ich bin der Letzte, der sich in so<br />

einer Situation verpisst. So bin<br />

ich nicht erzogen. Ich glaube an<br />

meine Arbeit“, antwortete er auf<br />

Fragen nach einem möglichen<br />

Rücktritt.<br />

Das Votum der Fans am Sonnabend<br />

fiel eindeutig aus. Bereits<br />

nach einer Stunde Spielzeit holten<br />

einige Ultras aus der Nordkurve<br />

die Fahnen ein.<br />

Nicht nur der Trainer, sondern<br />

auch Benjamin Stambouli bekam<br />

die Ablehnung zu spüren.<br />

Sein Versuch, mit besänftigenden<br />

Worten auf die verärgerten<br />

Ultras einzuwirken, endete in einem<br />

Eklat. „Die haben mir die<br />

Kapitänsbinde abgenommen.<br />

Das war sehr schwer für mich“,<br />

bekannte der 28 Jahre alte Franzose<br />

mit Tränen in den Augen.<br />

Diese Aktion der Fans hat auf<br />

Schalke eine hohe symbolische<br />

Bedeutung. Als Zeichen für ihre<br />

Unterstützung hatten die Ultras<br />

dem derzeitigen Ersatzkeeper<br />

Ralf Fährmann zu Saisonbeginn<br />

eine eigens angefertigte „Nordkurve<br />

Gelsenkirchen“-Kapitänsbinde<br />

übergeben. „Die Binde soll<br />

unsere Elf die komplette Saison<br />

über begleiten und den Arm unseres<br />

Kapitäns bei den Spielen<br />

und sicherlich schwierigen<br />

sportlichen Aufgaben in Europa<br />

schmücken.“ Nun forderten sie<br />

diese zurück.<br />

Nach dem ersten Schreck äußerte<br />

Stambouli Verständnis.<br />

„Ich weiß, dass wir nur kleine<br />

Trainer Domenico<br />

Tedesco gibt sich<br />

energisch, steht auf<br />

Schalkeaber vorm Aus.<br />

Spieler sind, wenn du das mit<br />

diesem großen Verein vergleichst.“<br />

Kämpferisch fügte er<br />

an: „Es ist Zeit für uns zu zeigen,<br />

dass wir Männer und eine richtige<br />

Mannschaft sind.“<br />

Guido Burgstaller äußerte sich<br />

ähnlich verständnisvoll wie<br />

Stambouli. „Die Fans haben uns<br />

ins Gewissen geredet, das ist absolut<br />

zu akzeptieren. Wir haben<br />

es verdient.“ Der Stürmer ergänzte:<br />

„Wir hoffen, dass wir<br />

Fotos: Getty (2), dpa<br />

schnellstmöglich mit unseren<br />

Fans wieder eine Einheit bilden<br />

–und diese besondere Kapitänsbinde<br />

zurückbekommen.“<br />

Ursprünglich hatten sich die<br />

Schalker gegen Düsseldorf vorgenommen,<br />

sich für die desolate<br />

Vorstellung eine Woche zuvor<br />

in Mainz (0:3) zu rehabilitieren.<br />

Zu sehen war davon jedoch<br />

nichts. „Wir haben keinen Charakter<br />

gehabt. Null. Nichts.<br />

Nach so einer Woche. Das ist<br />

noch bitterer“, befand Tedesco.<br />

Mit jedem der vier Gegentreffer<br />

durch Dodi Lukebakio, Dawid<br />

Kownacki (2) und Benito<br />

Raman wuchs die Verunsicherung.<br />

Neben den Toren der Düsseldorfer<br />

mussten die Profis<br />

während der Partie die Hohngesänge<br />

der Fans („So ein Tag, so<br />

wunderschön wie heute“) ertragen.<br />

Tedescos Kommentar klang<br />

mehr nach Resignation als nach<br />

Zukunftsglaube. „Die Mannschaft<br />

war vor dem Spiel lebendig,<br />

aber im Spiel tot“, bekannte<br />

er. Ähnlich schwer tat sich Nationalspieler<br />

Mark Uth mit dem<br />

Versuch, den Absturz des Vorjahreszweiten<br />

zu erklären: „Wir<br />

wissen nicht, wie wir aus der Situation<br />

rauskommen, wenn man<br />

sieht, wie wir Fußball spielen.<br />

Wir spielen ja gar keinen Fußball.<br />

Ich weiß es selber nicht genau,<br />

was wir da machen.“ KEX

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!