Berliner Kurier 11.03.2019
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HINTERGRUND<br />
Der erste Turm<br />
waraus Holz<br />
Der ersteMüggelturm, den<br />
1890 der Köpenicker Unternehmer<br />
Carl Spindler<br />
errichten ließ, waraus<br />
Holz. Durch Bauarbeiten<br />
brannte 1958 das Gebäude<br />
ab, der Ostberliner Magistrat<br />
beschlosseinen<br />
Neubau. Architektur-Studenten<br />
entwarfen einen<br />
ovalen Turm, der im Wettbewerb<br />
siegte, aber nie gebaut<br />
wurde. Nun soll er als<br />
Zwilling am heutigen Müggelturm<br />
entstehen.<br />
Der neue Entwurf:<br />
Der Zwilling kommt<br />
nun in ovaler Form,<br />
so wie der Müggelturm<br />
eigentlich gebaut<br />
werden sollte.<br />
Der Turmbau<br />
Erst stritten sie, jetzt sind sie ein Team: Turmherr Matthias Große und Architekt<br />
Von<br />
NORBERT KOCH-KLAUCKE<br />
Sein Urteil war vernichtend.<br />
Als „Kitsch“ bezeichnete<br />
Siegfried Wagner (87)<br />
noch vor über einen Monat im<br />
KURIER den Plan von Müggelturm-Eigentümer<br />
Matthias<br />
Große (51), einen Zwillingsturm<br />
neben dem Köpenicker<br />
Wahrzeichen zu errichten.<br />
Man dürfe so etwas nicht bauen,<br />
sagte damals der Mann, der<br />
in den 50er-Jahren zu den vier<br />
Architekten gehörte, die den<br />
heutigen, 1961 eröffneten Müggelturm<br />
mit entwarfen.<br />
Nun hat Wagner seine Meinung<br />
radikal geändert und arbeitet<br />
sogar mit Müggelturm-<br />
Eigner Große zusammen. Heraus<br />
kam ein völlig<br />
neuer<br />
Entwurf. Statt des kastenförmigen<br />
Zwillings soll nun der zweite<br />
Turm in einer ovalen Form<br />
entstehen. Genau so, wie Wagner<br />
und seine bereits verstorbenen<br />
Kollegen den Müggelturm-<br />
Neubau damals ursprünglich<br />
geplant hatten, der den 1958 abgebrannten<br />
hölzernen Müggelturm<br />
ersetzen sollte.<br />
Zur Zusammenarbeit kam es<br />
Anfang März, als sich der DDR-<br />
Architekt und der Turm-Eigner<br />
trafen. „Durch einen Zufall<br />
hatte ich von einer Informationsveranstaltung<br />
erfahren, die<br />
Herr Große zu dem geplanten<br />
Zwillingsturm abhielt“, sagt<br />
Wagner. „Bis zu 50 Zuhörer,<br />
meist ältere Menschen, waren<br />
da. Sie waren begeistert von<br />
Großes Idee, einen Zwilling mit<br />
Fahrstuhl und Übergang zum<br />
jetzigen Turm zu bauen, damit<br />
auch Menschen, die nicht mehr<br />
gut zu Fuß sind, die Aussicht in<br />
über 29 Metern Höhe auf<br />
die Müggelberge genießen<br />
können.“<br />
Dies konnten laut Große<br />
etwa 40 Prozent der<br />
100000 Besucher im<br />
vergangenem Jahr, in<br />
Fotos: Klug, Ponizak,Große, Wagner<br />
Müggelturm-Besitzer und<br />
Zwillingsturm-Planer<br />
Matthias Große, der seine<br />
Pläne nun änderte.<br />
dem das von ihm sanierte Müggelturm-Areal<br />
wiedereröffnet<br />
wurde, nicht. „Menschen im<br />
Rollstuhl oder mit Rollator, Eltern<br />
mit Kinderwagen, die gerne<br />
auch auf den Turm wollten,<br />
mussten unten bleiben, weil sie<br />
wegen der 126 Treppenstufen<br />
nicht nach oben kommen“, erklärte<br />
Große schon im Januar,<br />
als erstmals der KURIER über<br />
den Zwillingsturm berichtete,<br />
der auch im Bezirksamt Anklang<br />
fand.<br />
Architekt Wagner war dagegen.<br />
Der Anbau würde das einzigartige<br />
Ensemble zerstören,<br />
sagte er auch anfangs auf dem<br />
Info-Abend. „Das sorgte unter<br />
den Anwesenden für Tumult“,<br />
sagt Wagner. „Sie hielten mir<br />
vor, mit meiner Meinung älteren<br />
Menschen mit Handicap<br />
die Chance zu nehmen, auch<br />
wieder auf den Turm zu kommen,<br />
der für sie immer noch ein<br />
beliebtes Ausflugsziel ist. Das<br />
gab mir zu Denken.“<br />
Nach der Diskussion traf sich<br />
Wagner mit Große zum Gespräch.<br />
„Herr Große machte<br />
Der Zwillingsturm in<br />
Kastenform, so sah<br />
der erste Plan von<br />
Matthias Große aus.