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Berliner Kurier 18.03.2019

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*<br />

KULTUR<br />

Walter Plathe ist jetzt internett<br />

In der Komödie spielt er einen Herrn, der sich glücklich klickt,dabei hat er privat noch nie eine Mail verschickt<br />

Von<br />

KARIM MAHMOUD<br />

Sie passen nicht wirklich<br />

zusammen: Walter Plathe<br />

(68) und Jochen Schropp<br />

(40) trennen Welten. Zumindest,<br />

was das Internet angeht.<br />

Ersterer ist ein bekennender<br />

Technikmuffel, Letzterer ein<br />

fleißiger Instagramer. Und obwohl<br />

Plathe im Leben noch keine<br />

Mail geschrieben hat, stehen<br />

beide jetzt zusammen auf der<br />

Bühne –dort geht es ausgerechnet<br />

ums Digitale. Vielleicht ist<br />

das ja gut so. Denn in der gestrigen<br />

Uraufführung von „Monsieur<br />

Pierre geht online“ in der<br />

Komödie am Kurfürstendamm<br />

im Schiller-Theater – Plathe<br />

hat darin die Titelrolle übernommen,<br />

einen Witwer, der<br />

den Tod seiner Frau noch nicht<br />

verwunden hat –darf Schropp<br />

ihm zeigen, wie das so geht mit<br />

der Partnersuche im www<br />

(Karten ab 13 Euro, Tel.<br />

030/88591188). Auf der Bühne<br />

stehen auch Manon Straché als<br />

Tochter Monsieur Pierres, außerdem<br />

Magdalena Steinlein<br />

als deren Tochter. Und dann<br />

wäre da noch Vanessa Rottenburg<br />

als Flora: eine junge Frau,<br />

die Pierre in einem Dating-Portal<br />

kennenlernt ...<br />

<strong>Berliner</strong> KURIER: Dating-<br />

Portale: Teufelszeug oder ein<br />

Segen, Herr Plathe?<br />

Walter Plathe: Ich bin der<br />

Letzte, der das beurteilen kann,<br />

weil ich mich in dieser Branche<br />

überhaupt nicht auskenne. Ich<br />

kann dazu weder sagen, ob ich<br />

das gut oder schlecht finde, ob<br />

das ein Segen oder kein Segen<br />

ist. Ich weiß es nicht, und ich<br />

kenne auch niemanden, der<br />

über so ein Portal schon mal jemanden<br />

kennengelernt hat.<br />

Ein direkter Flirt ist kunstvoller?<br />

Ja, natürlich ist das besser,<br />

aber das ist eben auch unsere<br />

Zeit, in der man kaum noch mit-<br />

Pierre(Walter Plathe, l.)<br />

bekommt Nachhilfe von<br />

Alex(Jochen Schropp).<br />

einander kommuniziert. Wenn<br />

man im Restaurant sitzt: Wie<br />

oft sieht man da junge oder<br />

auch ältere Paare, die sich gegenübersitzen<br />

und eine Stunde<br />

lang kein Wort miteinander reden?<br />

Jeder spielt an seinem Apparat.<br />

Kommunikation wird<br />

doch ganz kleingeschrieben.<br />

Wo soll denn ein älterer<br />

Mensch heute noch kommunizieren?<br />

Der Tante-Emma-Laden<br />

ist weg. Es gibt nur noch<br />

diese unpersönlichen Supermärkte.<br />

Mit wem soll man<br />

sich denn unterhalten? Es<br />

wird doch nur noch über<br />

diese Geräte kommuniziert<br />

und das finde ich<br />

bedrohlich. Das ist eine<br />

Verarmung.<br />

Spüren Sie den<br />

Druck unserer Leistungsgesellschaft?<br />

Immer jünger,<br />

schneller, fitter ...<br />

Tja, den spürt man<br />

schon. Dem kann man sich<br />

nicht entziehen. Da muss man<br />

versuchen, möglichst sein Tempo<br />

zu halten, denn das ist einem<br />

eigen. Ich glaube nicht, dass<br />

man das verändern sollte, nur<br />

zugunsten der Gesellschaft.<br />

Man lebt ja nur einmal. Das ist<br />

ja wichtig.<br />

Und wie erobert man nun die<br />

Herzen seiner Mitmenschen?<br />

Indem man auf sie zugeht, indem<br />

man das sagt, was man<br />

denkt, und indem man vielleicht<br />

auch mal zu einer Postkarte<br />

greift und<br />

schreibt. Man<br />

sollte einfach mal<br />

den Mut haben,<br />

beim nächsten<br />

Ausgehen das Gerät<br />

zu Hause zu<br />

lassen und mal<br />

wieder um sich zu<br />

schauen. Ich glaube,<br />

dass das ganz<br />

wichtig ist.<br />

Dasganze Interview<br />

im Web auf<br />

www.berlinerkurier.de<br />

Manon Straché (v.li.),<br />

Jochen Schropp und Magdalena<br />

Steinlein sind die<br />

Co-Darsteller im Stück.<br />

Glücklich geklickt:<br />

Witwer<br />

Pierre(Walter<br />

Plathe) schöpft<br />

durch den Computerkurs<br />

neuen<br />

Lebensmut.<br />

Fotos: Franziska Strauss/zVg

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