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*<br />
KULTUR<br />
Walter Plathe ist jetzt internett<br />
In der Komödie spielt er einen Herrn, der sich glücklich klickt,dabei hat er privat noch nie eine Mail verschickt<br />
Von<br />
KARIM MAHMOUD<br />
Sie passen nicht wirklich<br />
zusammen: Walter Plathe<br />
(68) und Jochen Schropp<br />
(40) trennen Welten. Zumindest,<br />
was das Internet angeht.<br />
Ersterer ist ein bekennender<br />
Technikmuffel, Letzterer ein<br />
fleißiger Instagramer. Und obwohl<br />
Plathe im Leben noch keine<br />
Mail geschrieben hat, stehen<br />
beide jetzt zusammen auf der<br />
Bühne –dort geht es ausgerechnet<br />
ums Digitale. Vielleicht ist<br />
das ja gut so. Denn in der gestrigen<br />
Uraufführung von „Monsieur<br />
Pierre geht online“ in der<br />
Komödie am Kurfürstendamm<br />
im Schiller-Theater – Plathe<br />
hat darin die Titelrolle übernommen,<br />
einen Witwer, der<br />
den Tod seiner Frau noch nicht<br />
verwunden hat –darf Schropp<br />
ihm zeigen, wie das so geht mit<br />
der Partnersuche im www<br />
(Karten ab 13 Euro, Tel.<br />
030/88591188). Auf der Bühne<br />
stehen auch Manon Straché als<br />
Tochter Monsieur Pierres, außerdem<br />
Magdalena Steinlein<br />
als deren Tochter. Und dann<br />
wäre da noch Vanessa Rottenburg<br />
als Flora: eine junge Frau,<br />
die Pierre in einem Dating-Portal<br />
kennenlernt ...<br />
<strong>Berliner</strong> KURIER: Dating-<br />
Portale: Teufelszeug oder ein<br />
Segen, Herr Plathe?<br />
Walter Plathe: Ich bin der<br />
Letzte, der das beurteilen kann,<br />
weil ich mich in dieser Branche<br />
überhaupt nicht auskenne. Ich<br />
kann dazu weder sagen, ob ich<br />
das gut oder schlecht finde, ob<br />
das ein Segen oder kein Segen<br />
ist. Ich weiß es nicht, und ich<br />
kenne auch niemanden, der<br />
über so ein Portal schon mal jemanden<br />
kennengelernt hat.<br />
Ein direkter Flirt ist kunstvoller?<br />
Ja, natürlich ist das besser,<br />
aber das ist eben auch unsere<br />
Zeit, in der man kaum noch mit-<br />
Pierre(Walter Plathe, l.)<br />
bekommt Nachhilfe von<br />
Alex(Jochen Schropp).<br />
einander kommuniziert. Wenn<br />
man im Restaurant sitzt: Wie<br />
oft sieht man da junge oder<br />
auch ältere Paare, die sich gegenübersitzen<br />
und eine Stunde<br />
lang kein Wort miteinander reden?<br />
Jeder spielt an seinem Apparat.<br />
Kommunikation wird<br />
doch ganz kleingeschrieben.<br />
Wo soll denn ein älterer<br />
Mensch heute noch kommunizieren?<br />
Der Tante-Emma-Laden<br />
ist weg. Es gibt nur noch<br />
diese unpersönlichen Supermärkte.<br />
Mit wem soll man<br />
sich denn unterhalten? Es<br />
wird doch nur noch über<br />
diese Geräte kommuniziert<br />
und das finde ich<br />
bedrohlich. Das ist eine<br />
Verarmung.<br />
Spüren Sie den<br />
Druck unserer Leistungsgesellschaft?<br />
Immer jünger,<br />
schneller, fitter ...<br />
Tja, den spürt man<br />
schon. Dem kann man sich<br />
nicht entziehen. Da muss man<br />
versuchen, möglichst sein Tempo<br />
zu halten, denn das ist einem<br />
eigen. Ich glaube nicht, dass<br />
man das verändern sollte, nur<br />
zugunsten der Gesellschaft.<br />
Man lebt ja nur einmal. Das ist<br />
ja wichtig.<br />
Und wie erobert man nun die<br />
Herzen seiner Mitmenschen?<br />
Indem man auf sie zugeht, indem<br />
man das sagt, was man<br />
denkt, und indem man vielleicht<br />
auch mal zu einer Postkarte<br />
greift und<br />
schreibt. Man<br />
sollte einfach mal<br />
den Mut haben,<br />
beim nächsten<br />
Ausgehen das Gerät<br />
zu Hause zu<br />
lassen und mal<br />
wieder um sich zu<br />
schauen. Ich glaube,<br />
dass das ganz<br />
wichtig ist.<br />
Dasganze Interview<br />
im Web auf<br />
www.berlinerkurier.de<br />
Manon Straché (v.li.),<br />
Jochen Schropp und Magdalena<br />
Steinlein sind die<br />
Co-Darsteller im Stück.<br />
Glücklich geklickt:<br />
Witwer<br />
Pierre(Walter<br />
Plathe) schöpft<br />
durch den Computerkurs<br />
neuen<br />
Lebensmut.<br />
Fotos: Franziska Strauss/zVg