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18 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 70 · M ontag, 25. März 2019<br />
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Berlin/Brandenburg<br />
Parkett verlegen mit Waffenschein<br />
Jessica Sonnenschein fand auf Umwegen zu ihrem Beruf. Die fröhliche Marzahnerin arbeitet heute als Bodenlegerin auf vielen Baustellen der Stadt<br />
VonMartina Doering<br />
An dieser Stelle berichten<br />
montags <strong>Berliner</strong> über ihrenBerufsalltag.<br />
Heute: Jessica<br />
Sonnenschein. Sie ist<br />
Bodenlegerin, gibt also Räumen mit<br />
Parkett und anderen Fußbodenbelägen<br />
den letzten Schliff. Ihr Job führt<br />
sie auf Baustellen in ganz Berlin und<br />
Umgebung.<br />
DieHandwerker anderer Bereiche auf<br />
einer Baustelle schauen schon mal<br />
verwundertoder skeptisch, wenn Jessica<br />
Sonnenschein dort in Arbeitskluft<br />
und mit einer großen Teppichrolle<br />
über der Schulter auftaucht.<br />
Frauen sind selten in diesem Beruf.<br />
Die 33-Jährige vermutet sogar, dass<br />
sie die einzige ist. Denn die Arbeit verlangt<br />
Körperkraft: DieEimer mit Ausgleichsmasse<br />
zur Vorbereitung der<br />
Böden sind schwer, Parkettpakete<br />
und Teppichrollen nicht minder.<br />
Auch für das Schneiden des Belages<br />
und Schleifen von Parkett oder für<br />
das „Klicken“, das Auskratzen der<br />
Kantenfugen, braucht man Muskeln.<br />
Als Jessica Sonnenschein 2003 die<br />
Schule beendet hatte, wusste sie<br />
nicht so richtig, was sie werden<br />
wollte. Sie absolvierte ein soziales<br />
Jahr, arbeitete in der Gastronomie<br />
und bekam ihr erstes Kind, eineTochter.Nach<br />
der Elternzeit folgte sie dem<br />
Rateiner Angestellten des Jobcenters,<br />
Raumausstatter-Lehre zu machen.<br />
Das entsprach ziemlich genau ihren<br />
Vorstellungen: Sie wollte nicht in einem<br />
Bürositzen, und sie wollte etwas<br />
mit den Händen machen.<br />
„Bodenleger“ war neben Wand<br />
und Decke, Polstern, Dekoration sowie<br />
Sonne und Lichtschutz einer von<br />
fünf Bereichen der Raumausstatter-<br />
Lehre, in denen sie ausgebildet<br />
wurde.Bei den Praktika während der<br />
Lehrzeit arbeitet sie in einem Betrieb<br />
für Schaufenstergestaltung, was ihr<br />
zugesagt hätte. Aber da bekam sie<br />
keine Stelle –und nach der dreijährigen<br />
Lehreihr zweites Kind.<br />
Jobbei Sicherheitsfirma<br />
DenJob nach der Elternzeit für ihren<br />
Sohn hat sie einem Zufall zu verdanken.<br />
Schon als junges Mädchen trieb<br />
Jessica Sonnenschein ziemlich viel<br />
Sport, spielte Handball undVolleyball<br />
und war als ehrenamtliche Ordnerin<br />
bei Fußballspielen des BFC Dynamo<br />
aktiv. Einer ihrer Bekannten beim<br />
Ordnerteam warb sie für eine Tätigkeit<br />
bei einer Wach- und Sicherheitsfirma.<br />
Siejobbte dortaneinigen Wochenenden,<br />
dann legte sie in einem<br />
Weiterbildungszentrum die erforderlichen<br />
Prüfungen ab und machte dort<br />
auch denWaffenschein.<br />
Mitdieser Qualifikation wurde Jessica<br />
Sonnenschein bei einer Firmafür<br />
Objekt- und Personenschutz eingestellt.<br />
„Weil ich mit meinem Äußeren<br />
–ohne sichtbare Tattoos, ohne Piercing<br />
–auch vorzeigbar war,“ erzählt<br />
sie lachend, „bekam ich die eher vornehmen<br />
Aufträge.“Washeißt, dass sie<br />
Auf allen Baustellen besonders: die 33-Jährige Jessica Sonnenschein.<br />
MEINE WOCHE<br />
Name: Jessica Sonnenschein<br />
Beruf: Bodenlegerin<br />
Wasverdient man in dem Beruf? Es ist zum Leben zu wenig,zum Sterben zu viel.<br />
Wiewar Ihre Ausbildung? Raumausstatter-Lehre, praktische Erfahrungen<br />
Wielangearbeiten Sie pro Woche? 30 Stunden<br />
Würden Sie diese Berufswahl wieder treffen: Ja!Es passt alles!<br />
SABINE GUDATH<br />
etwa bei der Bambi-Verleihung oder<br />
der Berlinale am roten Teppich stand,<br />
wo George Clooney mit seiner Frau<br />
Amal oder John Cusack an ihr vorbeizogen<br />
–von denen sie natürlich Fotos<br />
auf ihrem Handy hat.<br />
Dieser Job hat Jessica Sonnenschein<br />
Spaß gemacht. Das Problem<br />
war dann zum Teil das schlechte Arbeitsklima<br />
in der Firma, aber vor allem<br />
die Arbeitszeiten. Schließlich<br />
fanden die Einsätzemeistens abends<br />
oder auch nachts statt. Sie aber war<br />
alleinerziehende Mutter zweier Kinder.<br />
Als sie kurze Zeit später jedoch<br />
ihren neuen Lebenspartner Frank<br />
kennenlernte, schloss sich auf fast<br />
wundersameWeise wieder der Bogen<br />
zu ihrer Ausbildung als Raumausstatterin<br />
–ihr Freund ist Bodenleger.<br />
Nicht immer alles sonnig<br />
Ihr Lebenspartner erzählte seinem<br />
Chef vonseiner neuen Liebe und deren<br />
Ausbildung. Der wiederum<br />
schickte sie mit Frank probeweise auf<br />
einige Baustellen. Was sie damals<br />
nicht konnte, lernte sie rasch. Sie arbeitete<br />
präzise, konnte rechnen und<br />
gut mit den Werkzeugen umgehen.<br />
DerChef stellte sie ein.<br />
Jessica Sonnenschein erzählt ihre<br />
Geschichte klar, schnell und mit viel<br />
Lachen. Sie zeigt Fotos von den Kindernund<br />
ihrem Freund. MitFrank ist<br />
sie in einem Kegel-Club. Den Sohn<br />
begleitet sie zum Football-Training<br />
als Team-Betreuerin. Alles läuft bestens.<br />
Zudem trägt sie auch noch einen<br />
solch schönen Namen –der, wie<br />
sie sagt, fast jeden zu Kommentaren<br />
animiert. „Am Telefon heißt es dann:<br />
Schicken Sie mal ein bisschen rüber.<br />
Und wenn man mich sieht: Sie machen<br />
ihrem Namen ja alle Ehre.“<br />
Dass ihr Leben jedoch nicht nur so<br />
sonnig verlief, wie ihr Name glauben<br />
machen könnte,hörtman aus einem<br />
Satz heraus, mit dem sie die Frage<br />
nach ihrer Leidenschaft für den Sport<br />
beantwortet. „Ich wollte nicht Opfer<br />
sein“, sagt sie.Deshalb habe sie soviel<br />
trainiert, deshalb war sie in so vielen<br />
Sportarten aktiv. Ihre Kindheit und<br />
Jugend sei, so erklärt sie recht kurz,<br />
von Gewalt gezeichnet gewesen –<br />
und wischt den Satz mit einer entschiedenen<br />
Geste schnell weg.<br />
Heute ruht ihr Leben auf drei<br />
ziemlich festen Säulen. Das sind die<br />
Kinder,der Partner und eben ihr Job.<br />
„Wir haben in der Firma gut zu tun“,<br />
sagt Jessica Sonnenschein. Es werde<br />
viel neu gebaut in Berlin, es würden<br />
aber auch viele Wohnungen saniert.<br />
„Die Eigentümer wollen das Niveau<br />
der Wohnungen heben, um möglichst<br />
viel Miete zu kassieren“, lautet<br />
ihr Kommentar dazu.<br />
Zu den Aufträgen werde sie vom<br />
Chef immer zusammen mit ihrem<br />
Lebenspartner geschickt. Ob das<br />
ganz in ihrem Sinne ist, mit dem Partner<br />
zu leben und auch zu arbeiten,<br />
beantwortet sie lachend mit dem<br />
Satz: „Deshalb sind wir ja auch noch<br />
nicht zusammengezogen.“ Aber sie<br />
seien„ein gutes Team“.<br />
ECHT GRATIS FÜRSIE:<br />
Die aktuelle „Tina“!<br />
Morgen im<br />
<strong>Berliner</strong> Kurier<br />
Ohne Neubau kein Umzug<br />
Ministerium: BER-Regierungsterminal soll neu entstehen<br />
Viele Millionen für ein neues Regierungsterminal<br />
am BER, obwohl<br />
es dort schon eins gibt? Aus<br />
Sicht des Bundesbauministeriums<br />
führt amNeubau kein Weg vorbei.<br />
Hauptgrund sind die notwendigen<br />
Vorfeldflächen. Am jetzigen Standort<br />
gebe es nur fünf Abstellpositionen<br />
für Flugzeuge, erforderlich seien<br />
aber 13, teilte das Ministerium mit.<br />
Auch Hangars und Büros der Flugbereitschaft<br />
bräuchten Platz. Ohne einen<br />
Neubau könne auch die Flugbereitschaft<br />
nicht vonKöln-Wahn nach<br />
Schönefeld umziehen.<br />
Bisher müssen die Regierungsmaschinen<br />
häufig erst von Köln<br />
nach Berlin fliegen, bevor am Flughafen<br />
Tegel die Bundeskanzlerin<br />
oder ihre Minister einsteigen. Mehr<br />
als 800 Mal flogen Hubschrauber<br />
und Flugzeuge im vergangenen Jahr<br />
leer hin und her. Nach Angaben des<br />
Verteidigungsministeriums blies die<br />
„weiße Flotte“ dabei 4785 Tonnen<br />
Kohlendioxid in die Luft.<br />
Am BER in Schönefeld war im vorigen<br />
Herbst ein Regierungsterminal<br />
fertig geworden, das samt Vorfeld<br />
rund 70 Millionen Euro gekostet hat.<br />
Es soll ab 2020 genutzt werden, ist<br />
aber nur eine Zwischenlösung. Das<br />
eigentliche Baufeld liegt direkt nebenan,<br />
ist aber wegen der BER-Verzögerungen<br />
noch nicht frei. Bis2025<br />
soll dort das endgültige Regierungsterminal<br />
entstehen. Es wirdmindestens<br />
344 Millionen Euro kosten. Das<br />
Interimsgebäude sollen dann Geschäftsflieger<br />
nutzen.<br />
Berlin und Brandenburg dringen<br />
nun darauf, die Zwischen- zur Dauerlösung<br />
zu machen. Der Bund soll<br />
auf das endgültige Regierungsterminal<br />
verzichten –aus Kostengründen<br />
und um den geplanten Startdes BER<br />
2020 nicht zu gefährden. Dafür<br />
machten sich die Regierungschefs<br />
Michael Müller und Dietmar Woidke<br />
(beide SPD) beim Bund stark.<br />
Wie das Finanz- pocht aber auch<br />
das Bauministerium auf die bisherige<br />
Festlegung.„Nur die bestehende<br />
Planfeststellung am Standort Schönefeld-Nord<br />
gewährleistet planungsrechtlich<br />
die Funktionen des<br />
Protokollbereichs der Bundesregierung<br />
und der Verfassungsorgane sowie<br />
der Flugbereitschaft.“ Aus planungsrechtlichen<br />
Gründen dürfe<br />
auch die Flugbereitschaft nicht in<br />
Köln-Wahn bleiben. (dpa)<br />
Auf Distanz zur Garnisonkirche<br />
Potsdams OB lässt Sitz im Stiftungs-Kuratorium ruhen<br />
www.berliner-kurier.de<br />
Der von hier<br />
Der Potsdamer Oberbürgermeister<br />
Mike Schubert (SPD) lässt<br />
seinen Sitz im Kuratorium der Stiftung<br />
Garnisonkirche vorerst ruhen.<br />
„Er möchte nach der Kommunalwahl<br />
ein klares Votum über die Rolle<br />
des Oberbürgermeisters haben“,<br />
sagte eine Sprecherin. DieMärkische<br />
Allgemeine und die Potsdamer Neuesten<br />
Nachrichten hatten über einen<br />
Brief Schuberts an die Stiftung berichtet,<br />
in dem er ankündigt, nicht<br />
zur Sitzung des Kuratoriums an diesem<br />
Montag zu kommen.<br />
Zum einen geht es um einen Beschluss<br />
der Stadtverordneten von<br />
2008, den Wiederaufbau des Kirchturms<br />
zu unterstützen. Zum anderen<br />
gibt es einen Beschluss nach einem<br />
Bürgerbegehren gegen den<br />
Wiederaufbau von 2014, nach dem<br />
der OB alle rechtlich zulässigen<br />
Möglichkeiten nutzen solle, umauf<br />
die Auflösung der Stiftung hinzuwirken.<br />
Schubert sieht in den Widersprüchen<br />
einen gesellschaftlichen<br />
Konflikt und einen unter den Stadtratsfraktionen.<br />
Er will aber nach Angaben<br />
der Sprecherin mit der Stiftung<br />
im Gespräch bleiben.<br />
Der Turm der Garnisonkirche<br />
wird derzeit wieder aufgebaut. Die<br />
DDR-Führung hatte das Gotteshaus<br />
1968 sprengen lassen. (dpa)