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28 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 70 · M ontag, 25. März 2019<br />
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Spreewild<br />
Klartext<br />
Kommt euren<br />
Lesern näher!<br />
VonLaura Krüger, 24Jahre<br />
Immer wieder hört man, dass Jugendliche<br />
heutzutage weniger<br />
lesen. Auch auf der Leipziger Buchmesse<br />
haben Verlage und Autoren<br />
versucht, dem entgegenzuwirken<br />
und zu verstehen, wie man die Jugendlichen<br />
wieder ans Buch heranführen<br />
kann. Als Buchbloggerin<br />
habe ich selbst<br />
allerdings nicht<br />
das Gefühl, dass<br />
weniger gelesen<br />
wird. Es stimmt<br />
schon, das Leseverhalten<br />
hat<br />
sich verändert.<br />
Aber es gibt da<br />
ein kleines Geheimnis,<br />
dass<br />
Laura folgt ihren<br />
Lieblingsautoren auf man den Verlagen<br />
und Autoren<br />
Instagram.<br />
ruhig verraten<br />
kann, wenn sie mehr jugendliche<br />
Leser wollen. Pssst, das Geheimnis<br />
lautet: Social Media!<br />
PRIVAT<br />
Buchverlage: Ab zu Instagram!<br />
Ich denke, wenn Jugendliche weniger<br />
in Buchhandlungen gehen, muss<br />
man ihnen eben auf andere Weise<br />
zeigen, was es Neues gibt. Instagram<br />
als Foto-Plattform ist perfekt dafür<br />
geeignet, da viele Buchkäufe über<br />
das Cover stattfinden. Einige Verlage<br />
haben schon herausgefunden,<br />
wie man mit Instagram mehr Leser<br />
an Land zieht: tolle Bilder, Hintergrundinfos,<br />
regelmäßige Aktionen –<br />
und viel Interaktion mit Lesern und<br />
Bloggern. Dasist das,was wir Digital<br />
Natives brauchen: das Gefühl, überall<br />
teilhaben zu können. Auch viele<br />
Autoren machen das ganz richtig. Sie<br />
schreiben mit ihren Followern, tauschen<br />
sich aus und schaffen so eine<br />
freundschaftlicheBasis.<br />
Eine weitereMöglichkeit, Jugendlichezum<br />
Lesenzubringen, sind die<br />
Blogger. Wozu selber Werbung machen,<br />
wenn das jemand übernehmen<br />
kann, der sowieso eine große<br />
Reichweite hat und sich gut mit seinen<br />
Followern versteht?<br />
Es gibt immer noch Verlage, die<br />
nicht herausgefunden haben, wie<br />
das mit der Eigenwerbung im Internet<br />
funktioniert. Da besteht bei vielen<br />
noch extremer Verbesserungsbedarf.<br />
Ja, die Jugendlichen haben<br />
sich verändert. Aber vielleicht wird<br />
nur weniger gelesen, weil sie schon<br />
einen Schritt vorausgegangen sind<br />
und das Buch noch nicht hinter ihnen<br />
herkommt.<br />
Von Anastasia Barner und<br />
Alma Dewerny, beide 20 Jahre<br />
Bevor sie vonder Politik den<br />
großen Wurf fordern, sollten<br />
sie doch mal bei sich<br />
anfangen. Das kriegen die<br />
Jugendlichen, die bei „Fridays for<br />
Future“ auf die Straße gehen, häufig<br />
zu hören. Sind doch bestimmt selber<br />
keine „Klimaengel“, heißt es dann,<br />
und auf Instagram findet sich auch<br />
sicher ein Foto voneiner Flugreise in<br />
ein fernes Land. Also erst mal an die<br />
eigene Nase fassen, bitte? Wirhaben<br />
uns gefragt, werrecht hat –und sind<br />
zu zwei unterschiedlichen Antworten<br />
gekommen.<br />
Jeder muss seinen Beitrag leisten<br />
Die draußen oder die drinnen: Wer ist zuständig für den Klimaschutz?<br />
Jeder von uns kann seinen Teil beisteuern,<br />
um auf lange Sicht etwas zu<br />
bewirken. Es bringt nicht viel, dem<br />
Staat die Schuld für alles zugeben<br />
und zu demonstrieren. Dadurch<br />
werden Straßen gesperrt, wodurch<br />
Stau entsteht und somit mehr Abgase.Kontraproduktiv,nicht<br />
wahr?<br />
Statt also den Bürger mit Demos<br />
zu behindern, sollten wir zu<br />
Hause überlegen: Wo kann ich verzichten<br />
und meinen persönlichen<br />
Beitrag leisten? Statt jeden Monat<br />
die neueste Mode zu kaufen oder in<br />
Kaufhäusern wie H&M und Primark<br />
einkaufen zu gehen, eher auf Marken<br />
setzen, die vielleicht etwas mehr<br />
kosten, dafür aber nachhaltiger sind.<br />
Am besten wäre natürlich, über Secondhands,<br />
Flohmärke oder Kleidertauschpartys<br />
an neue Kleidung<br />
zu kommen. Eine Win-win-Situation,<br />
denn das spart nicht nur Energie,<br />
sondern verschafft einem meist<br />
auch noch originelle Klamotten.<br />
Wirmüssen konsequent sein, das<br />
heißt, uns nicht von Mama mit dem<br />
SUV zur Schule fahren lassen, sondern<br />
die Bahn nehmen, beim Zähneputzen<br />
denWasserhahn abdrehen<br />
und beim Verlassen eines Raumes<br />
das Licht löschen. Auch Essen muss<br />
nicht sofort weggeworfen werden,<br />
nur weil das Verfallsdatum gerade<br />
abgelaufen ist. Das verbessert die<br />
persönliche Ökobilanz und schont<br />
somit schon das Klima.<br />
Auch wenn es schwerfällt, sollte<br />
jeder von uns versuchen, auf Flüge<br />
zu verzichten und sich nicht ständig<br />
ein neues Handy zuzulegen. Falls wir<br />
aber ein neues technisches Gerät benötigen,<br />
sollten wir die alten Modelle<br />
nicht inder Schublade vergammeln<br />
lassen, sondern sie verkaufen oder<br />
sogar verschenken. Ressourcensparen<br />
ist hier das Stichwort. Anastasia<br />
Barner<br />
Die Politik muss handeln<br />
Für den Klimaschutz ist jeder verantwortlich<br />
und es ist wichtig, dass jeder<br />
seinen Konsum hinterfragt und<br />
vielleicht öfter zum Rad greift. Doch<br />
die Politik kann trotzdem nicht untätig<br />
bleiben. ZumGlück erreicht die<br />
globale „Fridays for Future“-Bewegung<br />
durch die Provokation, sich der<br />
Schulpflicht zu widersetzen, und ihr<br />
Durchhaltevermögen eine hohe mediale<br />
Präsenz. Die Diskussion ist in<br />
Familien, Freundeskreisen, Schulen,<br />
Büros –kurz: in der breiten Gesellschaft<br />
angekommen. Damit kann<br />
sich die Politik nicht mehr aus der<br />
Verantwortung stehlen.<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />
nannte hybride Kriegsführung<br />
und Propaganda kürzlich in einem<br />
Atemzug mit „Fridays for Future“:<br />
Sie könne nicht glauben, dass so<br />
viele Kinder auf einmal von sich<br />
aus protestieren. Damit sprach sie<br />
WIKIMEDIA/LEONHARD LENZ<br />
Werdas Klima schützen sollte<br />
Liegt die Verantwortung nun beim Staat oder doch beim Einzelnen? Zwei Antworten<br />
„Lernen mit Kopf, Herz und Verstand“<br />
leider all den Protestierenden die<br />
Eigeninitiative ab.<br />
Dabei reagieren die Demonstranten<br />
in Deutschland doch auch<br />
auf Merkels Politik. Denn in den<br />
vergangenen Jahren gab esverheerende<br />
Entscheidungen gegen den<br />
Klimaschutz. Das deutsche Ziel war<br />
es einmal, den Ausstoß von Treibhausgasen<br />
bis 2020 im Vergleich zum<br />
Jahr 1990 um 40 Prozent zu reduzieren.<br />
Zu Beginn dieser Legislaturperiode<br />
war klar: Das wird Deutschland<br />
nichtschaffen. Grund dafür ist unter<br />
anderem der verzögerte Kohleausstieg,<br />
der erst für 2038 geplant ist,<br />
und auch der Verkehrssektor muss<br />
klimafreundlicher werden. Die industriefreundliche<br />
Politik des vergangenen<br />
Jahrzehnts hat das bislang<br />
allerdings verhindert.<br />
Mittlerweile lobt die Kanzlerin<br />
das Engagement der Schüler ausdrücklich.<br />
Doch das reicht nicht: Es<br />
geht hier um Teamwork. DasThema<br />
ist komplex und es müssen globale<br />
Ansätze und Lösungen gefunden<br />
werden. Wir brauchen und fordern<br />
deshalb klare Maßnahmen von der<br />
Politik für unseren Klimaschutz.<br />
Alma Dewerny<br />
Karola Braun-Wanke hat sich mit der SchülerUni der Vermittlung von Nachhaltigkeit verschrieben. Ein Interview<br />
Immer mehr<br />
Klicks, Swipes<br />
und Views<br />
Das machen die Menschen<br />
jede Minute im Internet<br />
Von Hristo Lolovski, 21 Jahre<br />
Das Internet ist ein treuer Begleiter<br />
–inder Bahn, inder Uni,<br />
im Bett. Unser Smartphone leistet<br />
uns sogar an Orten Gesellschaft, wo<br />
man normalerweise völlig alleine ist:<br />
nämlich auf der Toilette. Aber was<br />
genau machen wir im Netz? Daten<br />
über die Nutzung der bekanntesten<br />
Online-Dienstleistungen haben die<br />
Social-Media-Gurus Lori Lewis und<br />
Chadd Callahan in einer „Internet<br />
Minute“ zusammengefasst. Es ist<br />
festzustellen, dass ineiner Minute<br />
immer mehr passiert.<br />
Auf YouTube kriegen die Videos<br />
4,5 Millionen Views pro Minute,<br />
fast zwei Millionen mehr als im Jahr<br />
2016. In der gleichen Zeit wird auf<br />
Google 3,8 Millionen Mal gesucht.<br />
Die Serien-Junkies werden auch immer<br />
mehr:ImJahr 2019 werden jede<br />
einzelne Minute fast 700.000 Stunden<br />
Serien geschaut. Währenddessen<br />
wirdauf Tinder wild nach rechts<br />
und links gewischt –anderthalb Millionen<br />
Malalle 60 Sekunden.<br />
Laut den Daten sind E-Mails immer<br />
noch das meistgenutzte Online-<br />
Kommunikationsmittel: 188 Millionen<br />
werden pro Minute verschickt,<br />
waseine Steigerung voneinem Viertel<br />
in den vergangenen drei Jahren<br />
bedeutet –und mehr als 11 Milliarden<br />
E-Mails proStunde.<br />
Im Buch „How Bad are Bananas?<br />
The Carbon Footprint of Everything“<br />
ist übrigens die Rede von<br />
vier Gramm Treibhausgasen pro<br />
E-Mail, verursacht durch den Energieverbrauch<br />
von Servern und<br />
Computern, der beim Verschicken,<br />
Zustellen und Lesen einer Nachricht<br />
entsteht. Macht mehr als 750.000<br />
Kilo Treibhausgase pro Minute. Also<br />
müssen wir auch mit dem Mailen<br />
sparsamer umgehen. Offenbar machen<br />
die Menschen bei Snapchat<br />
schon einen Anfang:Sie verschicken<br />
mittlerweile wieder weniger Snaps.<br />
Leseprobe<br />
MELDUNG<br />
Literaturpreis THEO:<br />
Nominierte stehen fest<br />
Nach der Sichtung vonrund<br />
660 Einsendungen hat der Verein<br />
Schreibende Schüler15Texte aus<br />
Berlin, Brandenburg, Hamburg<br />
und Nordrhein-Westfalen sowie<br />
Brasilien und Italien für den überregionalen<br />
Berlin-Brandenburgischen<br />
Preis für Junge Literatur nominiert.<br />
Beider Preisverleihung am 28. April,<br />
um 11 Uhr, im Roten Rathaus in<br />
Berlin lesen die Nominierten aus<br />
ihren Beiträgen. Danach entscheidet<br />
die Jury über die Gewinner und<br />
abschließenderfolgt die Preisvergabe.Das<br />
Motto lautete in diesem<br />
Jahr anlässlich des 200. Geburtstags<br />
vonTheodor Fontane „Vor dem<br />
Sturm“. SW<br />
VonLaura von Puttkamer, 26Jahre<br />
Abheute ist es wieder so weit: Im<br />
Rahmen der SchülerUni Nachhaltigkeit<br />
+ Klimaschutz lädt das<br />
Forschungszentrum für Umweltpolitik<br />
bis zum 29. März Hunderte von<br />
Fünft- und Sechstklässlern an die<br />
Freie Universität Berlin ein. Zweimal<br />
im Jahr bietet das Projekt mehr<br />
als 80 Mitmachveranstaltungen an,<br />
in diesem Jahr zum Beispiel zu den<br />
Themen Spielzeugproduktion, Mikroplastik,<br />
Gemüseimport sowie<br />
zur Reise eines Smartphones. Karola<br />
Braun-Wanke ist die Gründerin und<br />
Leiterin der SchülerUni.<br />
Wie gelingt es Ihnen, jungen Menschen<br />
komplexe Ideen zu vermitteln?<br />
Wir bemühen uns, Orientierungswissen<br />
zu vermitteln und<br />
den Kindern zugleich viele Beteiligungsmöglichkeiten<br />
zu geben. In<br />
den Workshops gibt es nicht viele<br />
Vorgaben, sondern die Schüler basteln,<br />
kochen und experimentieren<br />
gemeinsam. Dabei erkennen sie<br />
selbst Zusammenhänge und entdekkenneue<br />
Lösungen. Wirnennen das<br />
„Lernen mit Kopf, Herz und Hand“.<br />
Gehen Sie während der SchülerUni<br />
auch auf aktuelle Themen ein?<br />
Das Programm ist jedes Mal<br />
ein wenig unterschiedlich, da immer<br />
wieder neue und hochaktuelle<br />
Workshops hinzukommen. Auch<br />
die Lehrkräfte haben ein großes Bedürfnis<br />
danach, aktuelle Themen<br />
zu behandeln. Ein neuer Workshop,<br />
den wir Ende März zum ersten Mal<br />
anbieten, trägt den Titel „Mikroplastik<br />
ist in aller Munde, auch bei Regenwurm<br />
und Wasserfloh“. Denn<br />
die Tatsache, dass wir ein Meer an<br />
Plastik in den Ozeanen schwimmen<br />
haben, ist bereits sehr bekannt. Aber<br />
auch hier in Berlin, wo wir uns nicht<br />
gerade am Meer befinden, ist überall<br />
Mikroplastik nachzuweisen –sei<br />
es in der Kosmetik, in der Kleidung,<br />
im Boden, in Flüssen oder eben in<br />
Regenwürmernund Wasserflöhen.<br />
Karola Braun-Wanke leitet die SchülerUni<br />
Nachhaltigkeit +Klimaschutz. SUSANNE WEHR<br />
Warum haben Siedie SchülerUni eigentlich<br />
ins Leben gerufen?<br />
Als meine Tochter in der 5. Klasse<br />
war, ist mir aufgefallen, dass nur<br />
Wetter und Klima Themen im Unterricht<br />
sind, obwohl schon damals<br />
Klimawandel und Klimaschutz in<br />
aller Munde waren. Ich habe mich<br />
gewundert, warum diese hochaktuellen<br />
Themen nicht im Unterricht<br />
behandelt werden, und habe entsprechend<br />
eine Recherche in <strong>Berliner</strong><br />
Schulen begonnen, bei der ich<br />
gefragt habe, welchen Stellenwert<br />
der Themenkomplex Nachhaltigkeit<br />
und Klimaschutz hat. Ich fand<br />
es schade, dass die meisten Schulen<br />
nur die vorgegebenen Themen<br />
durchgehen, ohne einen Bezug zur<br />
Lebenswirklichkeit und relevanten<br />
Herausforderungen herzustellen.<br />
Also sind Sie selbst aktiv geworden.<br />
Die 20-Jahre-Tschernobyl-Konferenz<br />
im Jahr 2005 war dann der Anlass<br />
für die erste Schüleruniversität<br />
zu den Themen Klima und Energie.<br />
Seit 2011 besteht die SchülerUni in<br />
ihrer heutigen Form als Mitmachprogramm.<br />
Laura von Puttkamer hat bei der Schüler-<br />
Uni im September 2018 selbst einen Workshop<br />
angeboten.<br />
Angie Thomas –OnThe Come Up<br />
Jeder hat ein Recht auf Redefreiheit<br />
–aber nicht jeder wirdgehört…<br />
Die 16-jährige Bri wünscht sich<br />
nichts sehnlicher,als eine berühmte<br />
Rapperin zu werden. Als ihreMutter<br />
arbeitslos wird, hat Bri keine Wahl<br />
mehr: Sie muss aus ihrem Traum<br />
Realität machen.<br />
Neben der Musik geht es vor allemumDiskriminierung<br />
und Vorurteile.Wenn<br />
Bri schon bei einem Augenrollen<br />
zum Schulleiter muss oder<br />
wegen ihrer Hautfarbe sofort als<br />
Drogendealerin und Unruhestifterin<br />
abgestempelt wird,trifft Autorin Angie<br />
Thomas die Leser direkt ins Herz.<br />
Sie zeigt deutlich, was die Ungleichbehandlung<br />
von Menschen anrichtenkann.<br />
LauraKrüger,24Jahre<br />
Fazit Absolute Leseempfehlung –insbesondere<br />
für Menschen, die nicht diskriminiert<br />
werden!<br />
Mit freundlicher Unterstützung von:<br />
Das Projekt „Spreewild“<br />
im Internet unter:<br />
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