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Berliner Zeitung 02.04.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 77 · D ienstag, 2. April 2019 – S eite 18 *<br />

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Sport<br />

Ein neuer Held ist geboren<br />

Ferrari-Neuling Charles Leclerc deutet in Bahrain an, dass er das Zeug zum Champion hat. An Sebastian Vettels Klasse kommen hingegen Zweifel auf<br />

VonElmar Brümmer,Sakhir<br />

Lewis Hamilton, der tatsächliche<br />

Sieger des Großen<br />

Preises von Bahrain, gratulierte<br />

Charles Leclerc, dem<br />

moralischen Gewinner: „Du bist<br />

großartig gefahren, wirklich fantastisch.<br />

Vergiss’ diesen Moment, denn<br />

du hast eine lange,große Zukunft vor<br />

dir.“ Der Champion von Mercedes<br />

konnte nur am Ferrarivorbeiziehen,<br />

weil dessen Energierückgewinnungssystem<br />

kollabierte, der Neuling<br />

in Rot rettete das beeindruckendste<br />

Wochenende seiner noch<br />

jungen Formel-1-Karrieremit einem<br />

dritten Platz. Ein Held wurde geboren,<br />

keine Frage.Nächste Frage: Was<br />

bedeutet das für Sebastian Vettel?<br />

Zunächst mal eine Menge persönlichen<br />

Ärger. Über sich selbst,<br />

über die Situation im Rennen, über<br />

Ferrari. Dieehrwürdige BBC betätigt<br />

sich im Fall des Heppenheimers gern<br />

als Buchhalter des Versagens. Sehr<br />

korrekt, aber auch ein bisschen hämisch,<br />

werden von den Briten die<br />

Versäumnisse aufgelistet. Der Dreher<br />

in Bahrain mit anschließendem<br />

Verlust des Frontflügels ist in der Statistik<br />

der Vettel-Fehler nach Monza,<br />

Suzuka und Austin bereits der vierte<br />

persönliche Fauxpas in kurzerZeit in<br />

dieser Liste. Und da ist der verschenkte<br />

Sieg im Regen vonHockenheim<br />

noch gar nicht mitgezählt. Vettel<br />

drehte sich, weil Motor oder Reifen<br />

durchdrehten, als hätte er das für<br />

2019 ins Auge gefasste Ziel „Wende“<br />

zu wörtlich genommen.<br />

Kann passieren, bescheidet ihm<br />

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto,der<br />

statt des möglichen Doppelerfolgs<br />

wieder mit leeren Händen dastand.<br />

Aber natürlich kommen sofort wieder<br />

die Stimmen auf, dass der „tedesco“<br />

unter Druck zu viele Fehler<br />

machen würde.Sowar auch die Kritik<br />

aus Italien doch ziemlich harsch.<br />

Die La Repubblica beispielsweise<br />

kam zu folgendem Schluss: „Die<br />

Wahrheit der Wüste: Leclerc ist der<br />

wahre Rivale Hamiltons. Ferrari hat<br />

in Bahrain seinen Goldjungen gefunden.<br />

Schon Sergio Marchionne<br />

wusste,dass LeclercFerraris Zukunft<br />

sein würde. Auch seine Gegner wissen,<br />

dass er der Pilot der Gegenwart<br />

und der Zukunft ist. Das weiß auch<br />

Kapitän Sebastian Vettel, der mit<br />

Schwierigkeiten zu rechnen hat.<br />

Aus vielen Perspektiven interessant: Charles Leclerc ist in der Formel 1der Mann der Stunde, obwohl er in Bahrain lediglich als Dritter ins Ziel kommt.<br />

Denn sein junger Teamkollege bietet<br />

etwas mehr.“ Die LaStampa wurde<br />

sogar ziemlich persönlich: „Ein Rat:<br />

Der Deutsche sollte einen Mentalcoach<br />

anheuern. Und sich den<br />

Schnurrbartrasieren.“<br />

Nachwirkungen des Qualifyings<br />

Sebastian Vettel hatte sich schon<br />

nach seinem vierten Platz beim Großen<br />

Preis von Australien in Melbourne,<br />

den er nur einer Stallorder<br />

zu seinen Gunsten verdankte, ungewöhnlich<br />

gelassen gezeigt. Nach<br />

dem verpatzten fünften Rang in der<br />

Steinwüste gab er sich einsilbig, für<br />

seine Verhältnisse aber immer noch<br />

ausgeglichen. Er sagte:„Ich muss das<br />

erst einmal verdauen. Ich habe<br />

Hausaufgaben zu erledigen, denn<br />

Die Enttäuschung: Renault<br />

will die drei Top-Teams Mercedes,<br />

Ferrari und Red Bull<br />

angreifen. Das funktioniert<br />

aber nicht. Nico Hülkenberg<br />

zum Beispiel ging vonRang<br />

17 ins Rennen. Nach einer<br />

beherzten Aufholjagd war der<br />

Emmericher sogar Sechster.<br />

In der 54. von57Runden<br />

musste er seinen Renault<br />

aber wegeneines Motorproblems<br />

vorzeitig abstellen.<br />

ÄRGER BEI RENAULT<br />

Das Problem: „Das ist<br />

schwer zu verdauen“, sagte<br />

Hülkenberg.„Es ist ein brutaler<br />

Moment.“ Für seinen<br />

neuen Teamkollegen Daniel<br />

Ricciardo lief es auch nicht<br />

gut. Für ihn war ebenfalls in<br />

Runde 54 Schluss. Der<br />

Grund: Probleme mit dem<br />

Energierückgewinnungssystem.<br />

Es war Ricciardos zweiter<br />

Ausfall im zweiten Rennen.<br />

Die Forderung: „Das sind<br />

Probleme, die schon vorher<br />

aufgetreten waren, aber die<br />

wir in Bahrain nicht lösen<br />

konnten. Diese Probleme ärgern<br />

uns immer mehr und sie<br />

sind nicht akzeptabel“, ärgertesichTeamchef<br />

CyrilAbiteboul.<br />

Er fordertdeshalb,<br />

dass Renault reagiertund<br />

seinen Fokus schleunigst auf<br />

die Zuverlässigkeit des Autos<br />

legt.<br />

GETTY IMAGES/BARON<br />

ich habe nicht das richtige Gefühl für<br />

das Auto entwickelt.“<br />

Doch in ihm muss es brodeln.<br />

Denn im Kurzzeitgedächtnis ist<br />

noch jener taktische Fehler vom<br />

Sonnabend verhaftet, als ihn Ferrari<br />

im zweiten Qualifikationsabschnitt<br />

aufgrund einer falschen taktischen<br />

Berechnung mitten in den Verkehr<br />

schickte und er sich deshalb die Reifen<br />

ruinierte. Das erlaubte ihm nur<br />

einen Versuch in der entscheidenden<br />

Qualifying-Runde und hatte<br />

Nachwirkungen bis ins Rennen. Der<br />

neutrale Beobachter fühlt sich auch<br />

hier an die vergangene Saison erinnert,<br />

als der Mixaus taktischen, technischen<br />

und persönlichen Fehlern<br />

zum Verlust des möglichen Titels<br />

führte.<br />

In dieser Saison ist die Lage viel<br />

früher viel härter. Der in die Defensive<br />

gedrängte Vettel muss noch offensiver<br />

werden, das birgt zusätzliche<br />

Risiken, obwohl es sonst entgegen<br />

der bisherigen Ergebnisse<br />

durchaus vielversprechend aussieht.<br />

Der Ferrari ist vor allem auf den<br />

Geraden dem Mercedes überlegen,<br />

was für einen stärkeren Antriebsstrang<br />

spricht. Dass das Aggregat bei<br />

Leclerc unzuverlässig arbeitete,<br />

muss nicht zwingend auf eine Überforderung<br />

hindeuten. Generell<br />

kommt der 21 Jahre alte Monegasse,<br />

obwohl neu in der Werksfahrerrolle,<br />

besser mit den Gegebenheiten zurecht.<br />

Es braucht gar nicht dessen<br />

Hinweis „Ich bin schneller“, um Binottos<br />

Grundsatz, dass Vettel als gesetzte<br />

Nummer eins im Team zu<br />

schützen ist, aufzugeben.<br />

Bei Ferrari merken sie, dass der<br />

Paradefahrer in seinem fünften Jahr<br />

angeschlagen ist, und dass Leclerc<br />

kraft seines Talentes und seiner erstaunlichen<br />

Reife ein ebenbürtiger,<br />

vielleicht schon überlegener Gegner<br />

ist. Wird es eine Schonfrist für Vettel<br />

geben? Der Erfolgsdruck auf den<br />

Hessen, der Anfang September 2018<br />

sein letztes Rennen gewonnen hat,<br />

ist enorm. „Das ist nicht das,was ich<br />

wollte. Eswar ziemlich offensichtlich,<br />

dass ich nicht das Tempo von<br />

Charles mitgehen konnte“, sagte er<br />

mit leichter Verbitterung unter dem<br />

arabischen Nachthimmel.<br />

Für einen Moment sentimental<br />

„Leclerc ist ein werdender Champion“,<br />

urteilt Mercedes-Teamchef<br />

Toto Wolff, „er war sehr beeindruckend<br />

und besitzt eine große Persönlichkeit.<br />

In Bahrain war er der<br />

schnellste Mann im schnellsten<br />

Auto. Dass er die grausamste Seite<br />

des Motorsports zu spüren bekam,<br />

war unser Glück.“ Der Umgang mit<br />

dem Pech spricht auch für die Ferrari-Entdeckung:<br />

„Aufs ganze Wochenende<br />

betrachtet nehme ich eine<br />

Menge positiver Dinge mit. Wir haben<br />

einige Antworten gefunden,<br />

nachdem wir in Australien doch<br />

nicht weit weg waren.“ Dann wurde<br />

er für einen Moment doch sentimental:<br />

„Ich war so nah dran, mir einen<br />

Traum zu erfüllen. Aber ich<br />

hoffe, das kommt eines nicht zu fernen<br />

Tages.“ Es ist ein Gefühl, das Sebastian<br />

Vettel nur zu gut kennt.<br />

Fünf ist fast wie drei<br />

Warum der Auswärtssieg in Bamberg für Albas Basketballer im Hinblick auf die kommenden Wochen so wichtig war<br />

VonChristian Kattner<br />

Nicht immer lässt sich die Wichtigkeit<br />

eines Sieges auch am Tabellenbild<br />

ablesen. An dem hat sich<br />

für Alba Berlin mit dem knappen<br />

69:66 am Sonntag bei Brose Bamberg<br />

nämlich nichts geändert. Bamberg<br />

bleibt Vierter, Alba ist weiter<br />

Fünfter der Bundesliga. Und doch<br />

kann dieser 17. Saisonsieg für die<br />

<strong>Berliner</strong> in der Endabrechnung der<br />

Hauptrunde Gold wert sein –vor allem<br />

für die Psyche der Spieler,die im<br />

Aprilein Mammutprogramm mit bis<br />

zu elf Partien –darunter auch die Finalserie<br />

im Eurocup gegen den FC<br />

Valencia –vor der Brust haben.<br />

In Bamberg hatten die <strong>Berliner</strong><br />

Profis sechs Wochen zuvor ja noch<br />

im Endspiel um den BBL-Pokal<br />

knapp gegen eben diese Bamberger<br />

eine schmerzhafte Niederlage einstecken<br />

müssen. Auch wenn Johannes<br />

Thiemann am Sonntag vor dem<br />

Mikrofon von Magenta Sport zugeben<br />

musste, dass er eben dieses Finale<br />

lieber gewonnen hätte,sowar er<br />

Alba-Trainer Aito Garcia Reneses bereitet sich auf die nächste Auszeit vor. CAMERA 4<br />

doch froh darüber,„dass wir den direkten<br />

Vergleich in der Tabelle haben“.<br />

Damit sprach der Alba-Center<br />

auch gleich den zweiten, den sportlichen<br />

Aspekt, des Erfolgs vom Sonntag<br />

an.<br />

Denn auch wenn Alba nach dem<br />

Spiel Fünfter geblieben ist, hat es die<br />

Mannschaft in der eigenen Hand,<br />

daran etwas zu ändern. Schon am<br />

duelle mit den Bambergern gewonnen<br />

wurden.<br />

Baldi warnt vorUlm<br />

Undesist sogar noch mehr drin. Gerade<br />

einmal 22 Saisonspiele in der<br />

Bundesliga haben die <strong>Berliner</strong> absolviert,<br />

so wenige wie kein anderes<br />

Team. Auch deshalb trügt das aktuelle<br />

Tabellenbild. Schaut man sich<br />

Dienstagabend geht es um 19 Uhr<br />

mit dem Heimspiel gegen Ulminder<br />

Arena am Ostbahnhof weiter. Durch<br />

einen Sieg würden die <strong>Berliner</strong> nach<br />

Pluspunkten mit Bamberggleichziehen<br />

und auf den vierten Tabellenplatz<br />

klettern. Sollten beide Mannschaften<br />

am Ende der Hauptrunde<br />

ebenfalls punktgleich sein, wäre<br />

Alba besser platziert, da beide Liganur<br />

die Minuspunkte an, belegt Alba<br />

den dritten Rang. Genau dieser soll<br />

es nach Möglichkeit auch am Ende<br />

der Hauptrunde sein, damit man<br />

dem FC Bayern idealerweise bis zum<br />

Play-off-Finale aus dem Weggehen<br />

kann.<br />

Nichts wird daher dem Zufall<br />

überlassen. Im Sinne der besseren<br />

Vorbereitung auf das Spiel gegen<br />

Ulm hat die Mannschaft die Anreise<br />

nach Bamberg diesmal im Bus und<br />

nicht mit dem Zug absolviert. „Wir<br />

kommen am Sonntagabend sonst<br />

nicht mehr dort weg“, sagte Geschäftsführer<br />

MarcoBaldi. DieRegeneration<br />

der Spieler mit Recovery<br />

Boots, Strümpfen die für mechanische<br />

Massagen der Beine sorgen,<br />

fand bereits auf der Rückreise statt.<br />

Der Montag in Berlin diente Aito<br />

Garcia Reneses somit komplett der<br />

Vorbereitung auf den nächsten Gegner.<br />

Außerdem hatte der Trainer im<br />

Hinblick auf die Anstrengungen der<br />

kommenden Wochen auch schon in<br />

Bamberg zielgerichtet gearbeitet:<br />

„Ich habe versucht, die Spielzeit<br />

möglichst gleichmäßig auf die Spieler<br />

zu verteilen.“ Denn der Sieg dort<br />

steigt noch einmal an Wert, wenn<br />

Alba am Dienstag gegen Ulm nachlegen<br />

kann. Baldi sprach aber dahingehend<br />

zur Sicherheit noch gleich<br />

eine Warnung aus: „Die Ulmer haben<br />

sich wieder gefangen. Ein sehr<br />

unangenehm zu spielender Gegner,<br />

der viele Waffen hat.“

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