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Berliner Kurier 07.04.2019

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20 JOURNAL<br />

BERLINER KURIER, Sonntag, 7. April 2019<br />

Leopold Altenburg,<br />

hier beim Fototermin<br />

im Café des Hotels<br />

Bristol Berlin, lebt<br />

seit dreizehn Jahren<br />

an der Spree. Seine<br />

Abstammung machte<br />

es ihm schwer,zu<br />

beweisen, mehr zu<br />

können, als ein Prinz<br />

aus dem Hause<br />

Habsburgzusein.<br />

Prinz Leopold<br />

als Krankenhaus-<br />

Clown Leofinow: So<br />

macht er Kinder froh.<br />

PrinzClown<br />

WieSisis Ururenkel Leopold Altenburg<br />

sein Glück in der Narrenfreiheit fand<br />

Seine Eltern<br />

ließen ihn<br />

bei der Wahl<br />

des Berufs<br />

gewähren.<br />

Immer am Wochenende<br />

vermischte sich im Salon<br />

der Familie Altenburg der<br />

Geruch von Zigarren mit<br />

dem Duft von türkischem Kaffee.<br />

Besuch war da, man unterhielt<br />

sich, meist über die Personen,<br />

deren Porträts die Wände<br />

schmückten.<br />

Der kleine Leopold war ein<br />

aufmerksamer Zuhörer, zwischen<br />

den Erwachsenen sitzend<br />

machte er sich ein Bild davon,<br />

wer er war: Er war der<br />

Sohn des Sohnes des Sohnes<br />

der Tochter von Franz Joseph<br />

I. und Elisabeth Amalie<br />

von Österreich-Ungarn.<br />

Der Ururenkel von Franz und<br />

Sisi.<br />

Aufrecht sitzt Leopold Altenburg<br />

in dem tiefen Sessel eines<br />

<strong>Berliner</strong> Cafés. Seine Stimme<br />

klingt angenehm tief und<br />

schwingt in der typischen österreichischen<br />

Sprachmelodie.<br />

Als er sich an die Szene aus seiner<br />

Kindheit erinnert, lächelt<br />

er.<br />

Bei Graz in Österreich wuchs<br />

er auf, mit vier Geschwistern<br />

und mehreren Dackeln. Das<br />

Haus seiner Eltern war zwar<br />

kein Schloss, aber wie ein solches<br />

eingerichtet. Das gelb angestrichene<br />

Wohnzimmerwurde<br />

von allen „Salon“ genannt.<br />

Die Räumlichkeiten waren gefüllt<br />

mit Erbstücken, „Sacherln“,<br />

wie sein Vater sie liebevoll<br />

nannte. Jeden Tag wurde<br />

zusammen zu Mittag gegessen,<br />

jedes Wochenende kam<br />

Besuch aus der sogenannten<br />

Gesellschaft.<br />

Jeder Gegenstand erzählte<br />

die Geschichte der Familiendynastie,<br />

in die Leopold Altenburg<br />

hineingeboren worden<br />

war. Leopold, der eine normale<br />

Schule besuchte, brachte selten<br />

jemanden mit nach Hause, aus<br />

Sorge, dass sich jemand überfordert<br />

fühlen könnte von der<br />

übermäßigen Präsenz seiner<br />

Abstammung.<br />

Ein Habsburger. Ein Prinz.<br />

All das scheint heute weit entfernt,<br />

da er in Berlin lebt und als<br />

Schauspieler, Kabarettist und<br />

Krankenhausclown arbeitet.<br />

Wie außergewöhnlich sein<br />

Weg war, begreift man, wenn<br />

man Leopold von seiner Jugend<br />

erzählen hört. Zusammen mit<br />

Adligen seines Alters feierte<br />

der junge Leopold rauschende<br />

Feste. Jagte über Bälle und Geburtstage.<br />

Er erfuhr, wie es ist,<br />

Teil eines Netzwerkes zu sein,<br />

alt wie die Aristokratie selbst:<br />

Menschen, die durch ihre Tradition<br />

verbunden sind. Durch<br />

ihre Art, sich zu benehmen,<br />

sich zu kleiden und zu sein.<br />

Zwar stimme es, dass der Adel<br />

unter sich bleibe, aber nicht,<br />

weil man sich für was Besseres<br />

halte, sondern weil man Geschichte<br />

teile, erklärt Leopold<br />

Altenburg. Und anders als zum<br />

Beispiel bei einem Ensemble im<br />

Theater, das sich nach der letzten<br />

Aufführung auflöse, bleibe<br />

das Netz der Aristokratie über<br />

Generationen bestehen, sagt er.<br />

Es gehe sehr familiär zu, das geläufige<br />

Lieblingswort sei „gemütlich“.<br />

Und das nicht umsonst,<br />

beteuert er, man habe<br />

einander sogar grundsätzlich<br />

beim Spitznamen gerufen –seiner<br />

war Poldo.<br />

Obwohl Leopold es genoss, einen<br />

Ort zu haben, an dem er zu<br />

Hause war, machte es ihm seine<br />

Abstammung schwer, zu beweisen,<br />

dass er mehr konnte,<br />

als Prinz zu sein.<br />

Mit 18 Jahren bewarb er sich<br />

am Konservatorium in Wien. Er<br />

wollte Schauspieler werden.<br />

Ein Wunsch, den er verspürte,<br />

seitdem er bei einem Schultheaterstück<br />

das erste Mal auf dem<br />

Parkett stand.<br />

Obwohl es bei den Altenburgs<br />

DasKaiserpaar Franz Joseph I.<br />

und Elisabeth (Sisi) vonÖsterreich-Ungarn<br />

sind die Ururgroßeltern<br />

vonLeopold Altenburg.

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