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Berliner Kurier 07.04.2019

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BERLIN<br />

DER<br />

ROTE<br />

TEPPICH<br />

Ehre, wemEhregebührt!<br />

Foto: Privat<br />

Sebastian<br />

Böwe(56)<br />

ebnet<br />

Menschen<br />

den Weg<br />

zurück ins<br />

Leben.<br />

Erhilft Erwachsenen,<br />

die am Rande der Gesellschaft<br />

stehen. Sebastian<br />

Böwe vermittelt über<br />

„Housing First Berlin“<br />

Menschen eine Wohnung,<br />

die zuvor jahrelang auf der<br />

Straße gelebt haben. Die<br />

Projektpartnerschaft der<br />

Neue Chance gGmbH und<br />

der <strong>Berliner</strong> Stadtmission<br />

startete im vergangenen<br />

Herbst. „Seitdem konnten<br />

wir zehn Mietverhältnisse<br />

abschließen. Kommende<br />

Woche werden wieder drei<br />

neue Verträge aufgesetzt“,<br />

so Böwe, der die Koordination<br />

des Wohnraumes übernommen<br />

hat. Dem zweifachen<br />

Vater und Großvater<br />

war früh klar, dass er mal<br />

einen Beruf im sozialen Bereich<br />

ergreifen möchte. Seine<br />

Karriere begann in der<br />

ehemaligen Nervenklinik in<br />

Spandau, Anfang der 90er-<br />

Jahre als Arbeitstherapeut.<br />

Das Schöne an seinem Job<br />

seien die Erfolgserlebnisse,<br />

wie er sagt: „Es ist schön,<br />

wieder glückliche Menschen<br />

in ihrer Wohnung zu<br />

sehen, die vorher nie eine<br />

Chance auf dem Wohnungsmarkt<br />

hatten.“ Energie<br />

für seine Arbeit tankt<br />

Sebastian Böwe in seinem<br />

Garten und beim Kampfsport.<br />

Im Verein Aikiko Dojo<br />

ist er erster Vorsitzender.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.neuechance-berlin.de<br />

Fragen?<br />

Wünsche?<br />

Tipps?<br />

Redaktion: Tel. 030/63 33 11 456<br />

(Mo.–Fr. 10–18 Uhr)<br />

10969 Berlin, Alte Jakobstraße 105<br />

E-Mail: leser-bk@dumont.de<br />

Abo-Service: Tel. 030/232777<br />

Fotos: Christian Schulz. camcop Media/Andreas Klug<br />

Mieter machen<br />

mobil: Zehntausende<br />

ziehen<br />

am Sonnabend<br />

vomAlexnach<br />

Treptow, um gegen<br />

steigende<br />

Mieten zu demonstrieren.<br />

Hier marschiert<br />

die Mieterwut<br />

Zehntausende demonstrieren gegen steigende Wohnkosten. Lange<br />

Schlangen bilden sich an den Ständen zur Unterschriftensammlung<br />

für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen &Co. enteignen“<br />

VonULRICH PAUL<br />

Berlin – Rentner, Studenten,<br />

Alleinerziehende und Familien<br />

– Zehntausende Menschen<br />

haben am Sonnabend<br />

in Berlin gegen steigende<br />

Mieten und Verdrängung demonstriert<br />

–sowie in vielen<br />

anderen Städten in Deutschland.<br />

Der Protestzug in Berlin setzt<br />

sich am Mittag nach einer<br />

Kundgebung auf dem Alex über<br />

die Karl-Marx-Allee in Bewegung,<br />

um dann weiter durch<br />

Friedrichshain-Kreuzberg bis<br />

zur Arena in Treptow zu ziehen.<br />

Dort findet an diesem Wochenende<br />

eine Immobilienmesse<br />

statt. „Miethaie zu Fischstäbchen“,<br />

„Herz statt Profit“ und<br />

„Euch gehören die Häuser, aber<br />

uns gehört die Stadt“, steht auf<br />

Protestplakaten.<br />

Die Organisatoren der Demo<br />

beziffern die Teilnehmerzahl<br />

auf 40000. Die Polizei macht<br />

keine genauen Angaben. Eine<br />

Sprecherin sagt nur, die Zahl<br />

der Demonstranten liege weit<br />

über der angemeldeten Zahl<br />

von 6000 Teilnehmern. Viele<br />

der Demonstranten tragen gelbe<br />

Schilder mit dem Namen ihrer<br />

Straße und ihres Vermieters,<br />

Deutsche Wohnen, wobei<br />

Deutsche Wohnen<br />

durchgestrichen<br />

war. Hintergrund:<br />

Die Deutsche Wohnen<br />

steht als größter<br />

privater Vermieter<br />

in Berlin für<br />

Der erste<br />

Mieter<br />

unterschrieb<br />

11.35 Uhr<br />

rigide Mieterhöhungen.<br />

Auf der<br />

Kundgebung am<br />

Alexanderplatz beginnt<br />

die Unterschriftensammlung<br />

für das Volksbegehren der Initiative<br />

Deutsche Wohnen &<br />

Co. enteignen. Ziel ist es, die<br />

Häuser von Immobilienunternehmen<br />

mit mehr als 3000<br />

Wohnungen gegen eine Entschädigung<br />

zu vergesellschaften.<br />

Um 11.35 Uhr habe der<br />

erste <strong>Berliner</strong> unterschrieben,<br />

berichtet Navid Krüger (19)<br />

von der Initiative Deutsche<br />

Wohnen & Co enteignen. An<br />

dem Stand bilden sich zeitweise<br />

lange Schlangen von Menschen,<br />

die ihre Unterschrift<br />

leisten wollen. „Wir hatten mit<br />

viel Andrang gerechnet, aber<br />

mit so viel nicht“, sagt Krüger.<br />

Ein 39-Jähriger, der gerade<br />

unterschrieben hat,<br />

sagt: „Ich habe mich<br />

schwergetan, will<br />

aber einen Anstoß<br />

geben, dass sich was<br />

bewegt, dass sich<br />

die Preisspirale<br />

beim Wohnen nicht<br />

weiterdreht.“ Sandrine<br />

Woinzeck von<br />

den Organisatoren<br />

der Demo sagt bei<br />

der Kundgebung<br />

auf der Bühne: „Jeder Mensch<br />

hat das Recht auf angemessenen<br />

Wohnraum, dieses Recht<br />

wird von Spekulanten und Politik<br />

aber bestenfalls mit Füßen<br />

getreten.“<br />

Aus der <strong>Berliner</strong> Landespolitik<br />

sind von der Linken die Senatoren<br />

Katrin Lompscher<br />

(Stadtentwicklung), Elke Breitenbach<br />

(Soziales) und Klaus<br />

Lederer (Kultur) gekommen.<br />

Lompscher erklärt, sie teile das<br />

Anliegen der Menschen. „Die<br />

soziale Wohnraumversorgung<br />

ist das dringendste Thema für<br />

die Politik in großen Städten.“<br />

Für das Volksbegehren unterschrieben<br />

die Linken-Senatoren<br />

jedoch nicht. Das richte<br />

sich schließlich an den Senat,<br />

sagt Lompscher. Also an sie<br />

selbst. Das Anliegen sei aber<br />

richtig, bekräftigt Sozialsenatorin<br />

Breitenbach.<br />

Die Linke ist bisher die einzige<br />

Partei, die das Volksbegehren<br />

unterstützt. Die Grünen,<br />

die am Sonnabend ihren Landesparteitag<br />

abhalten (siehe<br />

S. 9), schicken über den Kurznachrichtendienst<br />

Twitter immerhin<br />

„solidarische Grüße“<br />

zur Demo. Von der SPD läuft<br />

unter anderem die Abgeordnete<br />

Iris Spranger bei der Demo<br />

mit –und wirbt für den „Mietendeckel“.<br />

FDP-Fraktionschef<br />

Sebastian Czaja protestiert am<br />

Alex auf eigene Art. Er hält als<br />

Gegenposition zur Enteignung<br />

ein Schild mit der Forderung<br />

„Bauen statt Klauen“ hoch.

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