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BERLIN<br />
DER<br />
ROTE<br />
TEPPICH<br />
Ehre, wemEhregebührt!<br />
Foto: Privat<br />
Sebastian<br />
Böwe(56)<br />
ebnet<br />
Menschen<br />
den Weg<br />
zurück ins<br />
Leben.<br />
Erhilft Erwachsenen,<br />
die am Rande der Gesellschaft<br />
stehen. Sebastian<br />
Böwe vermittelt über<br />
„Housing First Berlin“<br />
Menschen eine Wohnung,<br />
die zuvor jahrelang auf der<br />
Straße gelebt haben. Die<br />
Projektpartnerschaft der<br />
Neue Chance gGmbH und<br />
der <strong>Berliner</strong> Stadtmission<br />
startete im vergangenen<br />
Herbst. „Seitdem konnten<br />
wir zehn Mietverhältnisse<br />
abschließen. Kommende<br />
Woche werden wieder drei<br />
neue Verträge aufgesetzt“,<br />
so Böwe, der die Koordination<br />
des Wohnraumes übernommen<br />
hat. Dem zweifachen<br />
Vater und Großvater<br />
war früh klar, dass er mal<br />
einen Beruf im sozialen Bereich<br />
ergreifen möchte. Seine<br />
Karriere begann in der<br />
ehemaligen Nervenklinik in<br />
Spandau, Anfang der 90er-<br />
Jahre als Arbeitstherapeut.<br />
Das Schöne an seinem Job<br />
seien die Erfolgserlebnisse,<br />
wie er sagt: „Es ist schön,<br />
wieder glückliche Menschen<br />
in ihrer Wohnung zu<br />
sehen, die vorher nie eine<br />
Chance auf dem Wohnungsmarkt<br />
hatten.“ Energie<br />
für seine Arbeit tankt<br />
Sebastian Böwe in seinem<br />
Garten und beim Kampfsport.<br />
Im Verein Aikiko Dojo<br />
ist er erster Vorsitzender.<br />
Mehr Informationen unter:<br />
www.neuechance-berlin.de<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Redaktion: Tel. 030/63 33 11 456<br />
(Mo.–Fr. 10–18 Uhr)<br />
10969 Berlin, Alte Jakobstraße 105<br />
E-Mail: leser-bk@dumont.de<br />
Abo-Service: Tel. 030/232777<br />
Fotos: Christian Schulz. camcop Media/Andreas Klug<br />
Mieter machen<br />
mobil: Zehntausende<br />
ziehen<br />
am Sonnabend<br />
vomAlexnach<br />
Treptow, um gegen<br />
steigende<br />
Mieten zu demonstrieren.<br />
Hier marschiert<br />
die Mieterwut<br />
Zehntausende demonstrieren gegen steigende Wohnkosten. Lange<br />
Schlangen bilden sich an den Ständen zur Unterschriftensammlung<br />
für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen &Co. enteignen“<br />
VonULRICH PAUL<br />
Berlin – Rentner, Studenten,<br />
Alleinerziehende und Familien<br />
– Zehntausende Menschen<br />
haben am Sonnabend<br />
in Berlin gegen steigende<br />
Mieten und Verdrängung demonstriert<br />
–sowie in vielen<br />
anderen Städten in Deutschland.<br />
Der Protestzug in Berlin setzt<br />
sich am Mittag nach einer<br />
Kundgebung auf dem Alex über<br />
die Karl-Marx-Allee in Bewegung,<br />
um dann weiter durch<br />
Friedrichshain-Kreuzberg bis<br />
zur Arena in Treptow zu ziehen.<br />
Dort findet an diesem Wochenende<br />
eine Immobilienmesse<br />
statt. „Miethaie zu Fischstäbchen“,<br />
„Herz statt Profit“ und<br />
„Euch gehören die Häuser, aber<br />
uns gehört die Stadt“, steht auf<br />
Protestplakaten.<br />
Die Organisatoren der Demo<br />
beziffern die Teilnehmerzahl<br />
auf 40000. Die Polizei macht<br />
keine genauen Angaben. Eine<br />
Sprecherin sagt nur, die Zahl<br />
der Demonstranten liege weit<br />
über der angemeldeten Zahl<br />
von 6000 Teilnehmern. Viele<br />
der Demonstranten tragen gelbe<br />
Schilder mit dem Namen ihrer<br />
Straße und ihres Vermieters,<br />
Deutsche Wohnen, wobei<br />
Deutsche Wohnen<br />
durchgestrichen<br />
war. Hintergrund:<br />
Die Deutsche Wohnen<br />
steht als größter<br />
privater Vermieter<br />
in Berlin für<br />
Der erste<br />
Mieter<br />
unterschrieb<br />
11.35 Uhr<br />
rigide Mieterhöhungen.<br />
Auf der<br />
Kundgebung am<br />
Alexanderplatz beginnt<br />
die Unterschriftensammlung<br />
für das Volksbegehren der Initiative<br />
Deutsche Wohnen &<br />
Co. enteignen. Ziel ist es, die<br />
Häuser von Immobilienunternehmen<br />
mit mehr als 3000<br />
Wohnungen gegen eine Entschädigung<br />
zu vergesellschaften.<br />
Um 11.35 Uhr habe der<br />
erste <strong>Berliner</strong> unterschrieben,<br />
berichtet Navid Krüger (19)<br />
von der Initiative Deutsche<br />
Wohnen & Co enteignen. An<br />
dem Stand bilden sich zeitweise<br />
lange Schlangen von Menschen,<br />
die ihre Unterschrift<br />
leisten wollen. „Wir hatten mit<br />
viel Andrang gerechnet, aber<br />
mit so viel nicht“, sagt Krüger.<br />
Ein 39-Jähriger, der gerade<br />
unterschrieben hat,<br />
sagt: „Ich habe mich<br />
schwergetan, will<br />
aber einen Anstoß<br />
geben, dass sich was<br />
bewegt, dass sich<br />
die Preisspirale<br />
beim Wohnen nicht<br />
weiterdreht.“ Sandrine<br />
Woinzeck von<br />
den Organisatoren<br />
der Demo sagt bei<br />
der Kundgebung<br />
auf der Bühne: „Jeder Mensch<br />
hat das Recht auf angemessenen<br />
Wohnraum, dieses Recht<br />
wird von Spekulanten und Politik<br />
aber bestenfalls mit Füßen<br />
getreten.“<br />
Aus der <strong>Berliner</strong> Landespolitik<br />
sind von der Linken die Senatoren<br />
Katrin Lompscher<br />
(Stadtentwicklung), Elke Breitenbach<br />
(Soziales) und Klaus<br />
Lederer (Kultur) gekommen.<br />
Lompscher erklärt, sie teile das<br />
Anliegen der Menschen. „Die<br />
soziale Wohnraumversorgung<br />
ist das dringendste Thema für<br />
die Politik in großen Städten.“<br />
Für das Volksbegehren unterschrieben<br />
die Linken-Senatoren<br />
jedoch nicht. Das richte<br />
sich schließlich an den Senat,<br />
sagt Lompscher. Also an sie<br />
selbst. Das Anliegen sei aber<br />
richtig, bekräftigt Sozialsenatorin<br />
Breitenbach.<br />
Die Linke ist bisher die einzige<br />
Partei, die das Volksbegehren<br />
unterstützt. Die Grünen,<br />
die am Sonnabend ihren Landesparteitag<br />
abhalten (siehe<br />
S. 9), schicken über den Kurznachrichtendienst<br />
Twitter immerhin<br />
„solidarische Grüße“<br />
zur Demo. Von der SPD läuft<br />
unter anderem die Abgeordnete<br />
Iris Spranger bei der Demo<br />
mit –und wirbt für den „Mietendeckel“.<br />
FDP-Fraktionschef<br />
Sebastian Czaja protestiert am<br />
Alex auf eigene Art. Er hält als<br />
Gegenposition zur Enteignung<br />
ein Schild mit der Forderung<br />
„Bauen statt Klauen“ hoch.