Berliner Kurier 07.04.2019

Blutbahnhof Schönleinstraße
Stachensie auf ihn
ein, weil er Christ ist?
In dem Video verfluchen die beiden Täter das obdachlose Opfer
BERLIN 7
Nach der Attackesitzt der
Obdachlose benommen
auf dem Boden.
Von
P. DEBIONNE
Berlin – Zwei hoch aggressive
Schläger, die einen Obdachlosen
beschimpfen und
niederstechen (KURIER
berichtete). Der Mann wurde
dabei schwer verletzt,
die Polizei ermittelt. Jetzt
gibt es erste Hinweise auf
den Hintergrund der blutigen
Auseinandersetzung.
Möglicherweise wurde der
Mann nur deshalb angegriffen,
weil er Christ ist.
Nach Polizeiangaben sollen
sowohl die beiden Täter als
auch ihr Opfer arabischer
Herkunft sein. Wir spielten
das Video einem syrischen
Flüchtling sowie einem seit
über 20 Jahren hier lebenden
Palästinenser vor. Beide sagten
unabhängig voneinander,
dass auf dem Video deutlich
zu hören sei, wie die Angreifer
zunächst schreien: „Wir
f***** deine Schwester, wir
machen dich fertig!“ Und
dann: „Dein Sch****-Gott, wir
ficken deinen Sch****-Gott“.
Tatsächlich kommt es in
Berlin immer wieder zu religiös
motivierten Übergriffen
auf Flüchtlinge. Die Täter
haben dabei fast immer ebenfalls
einen Migrationshintergrund.
So wurde ein 39-Jähriger
in einer Straßenbahn in
Prenzlauer Berg wegen seiner
Halskette mit Kreuz-Symbol
zusammengeschlagen. In
Neukölln wurde ein homosexueller
Mann, der ebenfalls
eine Kreuz-Kette trug, beleidigt
und getreten. Dabei sollen
sowohl christenfeindliche
als auch homophobe Sprüche
gefallen sein. Und am U-
Bahnhof Gesundbrunnen
wurde ein Libanese, der eine
Halskette mit schiitischem
Glaubenssymbol trug, von
arabischsprachigen Jugendlichen
beschimpft und zu Boden
gestoßen.
Gesicherte Zahlen über solche
Angriffe liegen allerdings
nicht vor: Die Polizeiliche
Kriminalstatistik erfasst religiös
motivierte Straftaten gegen
Andersgläubige bislang
nicht gesondert.
Im aktuellen Fall gestalten
sich die weiteren Ermittlungen
zu dem Fall unterdessen
schwierig: Das als obdachlos
gemeldete Opfer habe laut
Polizei bislang nicht gefunden
und vernommen werden
können.
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