impulse08Tagungsbericht - Lebenshilfe Berlin
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Wohnen wie andere –Unterstütztes Wohnen in der Hausgemeinschaft<br />
LEBEN MIT BEHINDERUNG HAMBURG 1 hat das Konzept des Unter-<br />
stützten Wohnens in der Hausgemeinschaft entwickelt, um auf der<br />
Grundlage dieses Konzeptes seine Wohnangebote zu modernisieren<br />
und inhaltlich weiterzuentwickeln. Das Konzept wird als Beitrag zur<br />
Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe verstanden.<br />
Das Konzept hat unterschiedliche historische, fachliche und sozialrechtliche<br />
Ausgangspunkte, die bei der Entwicklung des Konzepts der Hausgemeinschaft<br />
einbezogen wurden.<br />
1. AusgAngspunkte<br />
säulen der eingliederungshilfe: stationär und ambulant<br />
LEBEN MIT BEHINDERUNG HAMBURG ist ein Elternverein mit ca. 1.500<br />
Mitgliedern. Nach den Erfahrungen der Aussonderung und Ermordung<br />
von behinderten Menschen im deutschen Faschismus wurde<br />
der Elternverein 1956 von einem Hamburger Juden gegründet. Zunächst<br />
setzte sich der Verein für die Beschulung von behinderten Kindern<br />
ein.<br />
In den siebziger Jahren wurde das Konzept der stadtteilintegrierten<br />
Wohngruppe als Alternative zum Heim entwickelte und in Hamburg<br />
als die Wohnform für Menschen mit Behinderung durchgesetzt. Jeweils<br />
acht Menschen mit unterschiedlichen Unterstützungsbedarf<br />
(alle Bedarfsgrupppen) leben selbstbestimmt und mit einer hohen<br />
Lebensqualität in einer Wohnung im normalen Wohnumfeld zusammen.<br />
Rechtlich handelt es sich bei der Wohngruppe allerdings um<br />
ein (Kleinst-)Heim.<br />
In Hamburg werden seit 20 Jahren auch ambulante pädagogische<br />
Leistungen für Menschen mit Behinderung angeboten, die in der<br />
eigenen Wohnung leben. Die Pädagogische Betreuung im eigenen<br />
Wohnraum (PBW), wie in Hamburg die Fachleistungsstunde heißt,<br />
ist ein Erfolgsmodell: Die PBW ermöglichte vielen Wohngruppenbewohnern<br />
in die eigene Wohnung zu ziehen. Trotz stetiger Reduzierung<br />
des Umfangs der Unterstützung ziehen nur wenige Menschen<br />
in eine Wohngruppe zurück. LEBEN MIT BEHINDERUNG HAMBURG<br />
unterstützte 2007 erstmals mehr Menschen ambulant als stationär.<br />
Trotz Pflegeversicherung und Hilfe zur Pflege werden Menschen<br />
1 Leben mit Behinderung Hamburg, Sozialeinrichtungen, gemeinnützige GmbH: Rahmen-<br />
konzeption für betreute Wohngruppen. Hamburg 1995<br />
martin rösner ist Bereichsleiter Unterstütztes Wohnen West LeBen mit BeHinDerUnG<br />
HamBUrG.<br />
mit der Hausgemeinschaft „max-B“ wurde ein Konzept entwickelt, das stadtteilintegriertes<br />
Wohnen in der eigenen Wohnung unabhängig vom Unterstützungsbedarf und unabhängig<br />
von der Leistungsform realisiert.<br />
referate<br />
Wohnen wie andere – unterstütztes Wohnen in der Hausgemeinschaft von Martin Rösner<br />
2<br />
mit hohem Unterstützungsbedarf von einem Leben in der eigenen<br />
Wohnung mit ambulanten Hilfen eher ausgeschlossen. Wirtschaftliche<br />
Rahmenbedingungen führen bei vielen Klienten nur zu ein bis zwei<br />
persönlichen Kontakten pro Woche. Im Durchschnitt erhalten die Klienten<br />
3–3,5 Stunden face-to-face-Leistung.<br />
Ende der 90er Jahre hatten sich zwei Säulen in der Hamburger Eingliederungshilfe<br />
herausgebildet: die (stationäre) Wohngruppe und die<br />
pädagogische Betreuung in der eigenen Wohnung. Die Rahmenbedingungen<br />
ambulanter Hilfen verhinderten jedoch, dass viele Menschen<br />
mit Behinderung eine wirkliche Entscheidung zwischen Wohngruppe<br />
und eigener Wohnung treffen konnten.<br />
Unzufrieden mit dieser Situation und aufgrund der Erfahrung, dass viele<br />
Menschen mit Behinderung sich mehr soziale Kontakte wünschten,<br />
baute bzw. ließ LEBEN MIT BEHINDERUNG HAMBURG zwei Häuser<br />
mit je 9 bzw.14 Wohnungen für ein bzw. zwei Personen bauen. Die<br />
Mieter erhalten die eben genannten Leistungen durch Dienstleister<br />
ihrer Wahl. Soziale Kontakte im Haus werden durch Mitarbeiter von<br />
LEBEN MIT BEHINDERUNG HAMBURG erfolgreich unterstützt.<br />
Wohnen wie andere: Wohnwünsche von jungen Menschen<br />
mit Behinderung<br />
Von großer Bedeutung für die konzeptionellen Überlegungen zur<br />
Weiterentwicklung der Wohn- und Unterstützungsangebote war die<br />
Untersuchung von Frau Dr. Metzler zu den Wohnwünschen von jungen<br />
Menschen mit Behinderung2 .<br />
Frau Dr. Metzler kam in der Untersuchung zu dem nicht wirklich<br />
überraschenden Ergebnis: „Menschen mit Behinderung wollen ihr eigenes<br />
Leben gestalten und eingebunden sein in das soziale Netzwerk<br />
mit Menschen ohne Behinderung.“ Nur 13% der Befragten wollten in<br />
einem Heim wohnen.<br />
Bei der Planung neuer Wohn- und Unterstützungsstrukturen, die Bedürfnisse<br />
von Menschen befriedigen wollen, muss dieses Ergebnis<br />
berücksichtigt werden. Die eigene Wohnung – ob sie nun allein oder<br />
gemeinsam mit anderen bewohnt wird, ist für Menschen mit Behinderung<br />
genauso wichtig wie für alle anderen Menschen.<br />
2 Metzler, H.; Rauscher; C.: Wohnen inklusiv. Wohn- und Unterstützungsangebote für<br />
Menschen mit Behinderungen in Zukunft. Projektbericht. Hrsg. vom Diakonischen<br />
Werk Württemberg. Stuttgart 2004<br />
<strong>impulse08Tagungsbericht</strong> _ 12