impulse08Tagungsbericht - Lebenshilfe Berlin
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Guten Morgen meine Damen und Herren,<br />
liebe Besucherinnen und Besucher dieses 4. Fachtags<br />
Impulse 2008 der <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Berlin</strong>,<br />
mein Name ist Georg Schnitzler, Geschäftsführer der <strong>Lebenshilfe</strong><br />
gGmbH, der Betriebsgesellschaft, d.h. des Trägers der vielen Einrichtungen<br />
und Dienste für Menschen mit geistiger Behinderung im Verbund<br />
der <strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Berlin</strong>.<br />
Die Kundgebung der Gewerkschafter, die Sie hier heute Morgen<br />
empfangen hat, galt uns, der Betriebsgesellschaft mit unseren ca.<br />
800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />
Sie – und übrigens wir auch – sind unzufrieden mit dem, was wir an<br />
Gehältern zahlen können. Und weil im öffentlichen Dienst hier in<br />
<strong>Berlin</strong> gerade viele Streikaktionen laufen, rumort es auch bei uns.<br />
<strong>Berlin</strong> ist – unser Regierender Bürgermeister hat es auf den Punkt<br />
gebracht – arm aber sexy. <strong>Berlin</strong> ist – auch ein Zitat von Wowereit –<br />
Ostdeutschland, das sich aber, so meine Erfahrung, mit Westberliner<br />
Erwartungen und Ansprüchen konfrontiert sieht. Wir werden in den<br />
nächsten Wochen ausloten, wie wir unseren Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern eine Gehaltsaufbesserung bieten können. Verrückterweise<br />
fällt uns das für unsere Mitarbeiter in den ambulanten Diensten,<br />
also vor allem im Betreuten Einzelwohnen, besonders schwer,<br />
obwohl doch eigentlich hier die Zukunft liegt. Wir leiden darunter,<br />
dass wir im Betreuten Einzelwohnen mit 30,08 Euro für die Fachleistungsstunde<br />
exakt 27 Cent weniger in Rechnung stellen können als<br />
vor 13 Jahren, während z.B. die Hessen 50,66 Euro zahlen. Soweit zu<br />
den ökonomischen Rahmenbedingungen unseres heutigen Themas.<br />
„Wohnen mit Aufsicht“ oder „Wohnen mit Aussicht“ – „Individuelle<br />
Assistenz für Menschen mit Behinderung“ unter diesem Titel haben<br />
wir Sie heute eingeladen.<br />
Wir freuen uns über knapp 150 Gäste, sogar ein paar mehr Anmeldungen<br />
als im vergangenen Jahr. Die meisten von Ihnen kommen<br />
aus <strong>Berlin</strong>, einige aus Brandenburg, nach unserer Liste hatten Sie,<br />
Jutta Renner aus Kiel den weitesten Weg. Die meisten von Ihnen sind<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behindertenhilfe, aber auch<br />
Menschen mit Behinderung, Angehörige, Freunde, Politiker und unsere<br />
Gegenüber aus den Bezirksämtern und der für uns zuständigen<br />
<strong>Berlin</strong>er Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Einige<br />
wenige möchte ich namentlich begrüßen: Die SPDBundestagsab<br />
bEGrüSSunG<br />
geordneten Silvia Schmidt und Mechthild Rawert, Angela Budäus,<br />
Elisabeth Schuckenböhmer, Wolfgang PapeWunnenberg und Uwe<br />
Lehmann aus der Senatsverwaltung, unsere frühere Vorsitzende, Prof.<br />
Dr. Monika Seifert und Ulrich Arndt, heute Vorsitzender der <strong>Lebenshilfe</strong><br />
<strong>Berlin</strong>. Herzlich willkommen.<br />
Der Untertitel: „Ambulant vor / statt / und / oder stationär“ beschreibt<br />
den Rahmen der Vorträge, die Sie heute hören. Diese beiden Begriffe<br />
beschreiben zunächst einmal Rechtsformen. Wenn ich mit Menschen<br />
zu tun habe, die nicht in der Behindertenhilfe zuhause sind, merke<br />
ich immer wieder – und es nervt mich jedes Mal mehr – wie antiquiert<br />
und von vorgestern diese Begriffe sind. Immer muss ich sie erklären<br />
und es gelingt mir meist nur unvollständig. Vor allem ist die Realität<br />
der Lebenssituation und der Betreuung nicht deutlich unterscheidbar.<br />
Ein zentraler Begriff bleibt „die eigene Wohnung“. Nun haben<br />
wir aber z.B. ambulant betreute Wohngemeinschaften, in denen vier<br />
bis sechs Menschen mit Behinderung als unsere Untermieter leben<br />
und zugleich von uns betreut werden – nicht einzeln, sondern als<br />
Gruppe. Eigene Wohnung?<br />
Andererseits: In den nächsten Wochen werden wir eine neue – stationäre<br />
– Wohnstätte in Betrieb nehmen, die aus 10 Zweizimmerwohnungen,<br />
jeweils mit geräumiger Wohnküche und Bad besteht. Die<br />
Wohnungen gehören zu einem neugebauten Mietshaus des geförderten<br />
Wohnungsbaus, die Wohnungen sind jeweils erreichbar über<br />
ein ganz normales öffentliches Treppenhaus, im Haus leben weitere<br />
ebenfalls ganz normale Mieter. Keine eigene Wohnung? Es gibt viele<br />
Beispiele, die deutlich machen, dass die klassische Zweiteilung in der<br />
Welt des Wohnens von Menschen mit Behinderung verschwimmt.<br />
In allen Formen der Assistenz für Menschen mit Behinderung steht<br />
die Individualisierung auf der Tagesordnung. In Wohnheimen werden<br />
dafür Zeitbudgets ausprobiert oder der Kühlschrank im eigenen<br />
Zimmer. Andererseits: Die Altenhilfe macht es uns vor, wie in Wohngemeinschaften<br />
persönlich zugemessene Leistungen der Pflegeversicherung<br />
und der Sozialhilfe gemeinschaftlich genutzt, verpoolt<br />
werden. Ich vermute, dass Nutzer des Persönlichen Budgets noch<br />
ganz andere Formen der – auch gemeinsam genutzten – Assistenz<br />
finden und ausprobieren werden. Und wenn dann auch noch die<br />
Pflegeversicherung mitmacht beim Persönlichen Budget, z.B. mit den<br />
Leistungen für die Pflegestufe Null, dann wird die Unterscheidung in<br />
den Rechtsformen ambulant und stationär bald endgültig auf dem<br />
<strong>impulse08Tagungsbericht</strong> _ 4