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impulse08Tagungsbericht - Lebenshilfe Berlin

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Die „Geldleistung“ in der Hilfe und unterstützung für Menschen mit behinderung<br />

Was die Mehrzahl der Leser 1991 in Jochen Schweitzers Aufsatz<br />

„Wenn der Kunde König wäre?“ 1 noch als soziale Utopie aufnahm,<br />

wurde bereits 1997 von Florian Gerster, dem damaligen Sozialminister<br />

in Rheinland­Pfalz, ohne die sonst übliche Abstimmung mit den<br />

Wohlfahrtsverbänden unter dem Begriff „Persönliches Budget“ eingeführt.<br />

Die „Geldleistung“ als Alternative zur „Sachleistung“ in der rheinlandpfälzischen<br />

Behindertenhilfe wurde etabliert, trotz aller empörten<br />

Proteste über diesen Akt der „Vollstreckung“. 2 Die seinerzeit<br />

durch das Ministerium einseitig festgesetzten Rahmenbedingungen<br />

und Teilnahmevoraussetzungen werden heute noch in Rheinland­<br />

Pfalz angewendet, obwohl seit dem 01.07.2004 bundesweit das<br />

„Trägerübergreifende Persönliche Budget“ nach § 17 SGB IX eingeführt<br />

wurde.<br />

Ermöglicht wird diese Situation durch den neuen § 17 Absatz 5 SGB IX,<br />

wonach alle Modellerprobungen zum Persönlichen Budget, die vor<br />

dem 01.07.2004 in den Bundesländern begonnen wurden, noch in<br />

der am 30.06.2004 geltenden alten Fassung des § 17 (3) SGB IX bis<br />

zum 31.12.2007 fortgeführt werden dürfen. 3<br />

In nahezu allen 36 rheinland­pfälzischen kommunalen Gebietskörperschaften<br />

ist das Verfahren etabliert. Wohl hat sich aber eine Umsetzungspraxis<br />

entwickelt, die höchst heterogen von jenen Vorgaben<br />

aus dem Jahr 1997 abweicht – im Positiven wie im Negativen.<br />

1 In: Zeitschrift für Systemische Therapie, Jahrgang 1991, Heft 4<br />

2 Seinerzeit konnten sich die wenigsten Akteure der Behindertenhilfe vorstellen, dass<br />

der Leistungsträger den behinderten Menschen selbst das Geld ausgezahlt. Man hielt<br />

das für eine unzulässige Überforderung der Behinderten, die aus pekuniären Motiven<br />

billigend in Kauf genommen würde. Die Empörung wurde dann auch noch stärker,<br />

dass die Geldbeträge, die den Menschen direkt zur Verfügung gestellt wurden, die<br />

Vergütungen, die die Leistungserbringer erhielten, weit unterschritten.<br />

3 § 17 Absatz 3 SGB IX (alte Fassung bis zum 30.06.2004): „Die Rehabilitationsträger<br />

erproben die Einführung persönlicher Budgets durch Modellvorhaben.“<br />

JoAcHIM SPEIcHEr ist Geschäftsführer der <strong>Lebenshilfe</strong> Einrichtungen GmbH in worms.<br />

Von 2004 bis 2007 war er Leiter des bundesweit tätigen „Paritätischen Kompetenzzentrums<br />

Persönliches budget“ in Mainz.<br />

Das Persönliche budget, seit 2008 als regelleistung eingeführt, eröffnet Menschen mit<br />

behinderungen ganz neue Möglichkeiten. Mit einem Geldbetrag kaufen sie sich als Kunden<br />

die für sie notwendigen unterstützungsleistungen selbst ein.<br />

Die Heterogenität (manchmal geht auch das Wort der „Beliebigkeit“<br />

um) betrifft die Fragen des Zugangsrechts zum Persönlichen Budget<br />

genauso wie die Regelungen zum Antragsverfahren und der Bedarfsfeststellung<br />

sowie das geänderte Rechtsverhältnis zwischen<br />

Leistungsträger, Leistungserbringer und Hilfeberechtigtem.<br />

Ende 2003 hatte der Bundesgesetzgeber im „Gesetz zur Einordnung<br />

des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch“ eine neue Ausgangslage<br />

geschaffen, die eine deutliche Verbesserung der bisherigen rheinland­pfälzischen<br />

Lösungen sowie darüber hinaus eine bundesweite<br />

Installierung des „Persönlichen Budgets“ zur Folge hatte.<br />

Wenn wir über das Thema „Persönliches Budget“ sprechen, so zeigt<br />

sich durchaus eine gewisse begriffliche Konfusion. Konkret gibt es<br />

in Deutschland vier, sich wesentlich von einander unterscheidende<br />

Budgettypen:<br />

1. Das Persönliche Budget in Rheinland­Pfalz (BSHG/ SGB XII) seit 1998 4<br />

2. Das Trägerübergreifende Persönliche Budget (SGB IX) seit 2004 5<br />

3. Das Pflegebudget (SGB XI) seit 2004 6<br />

4. Das Integrierte Budget in Rheinland­Pfalz<br />

(eine Kombination aus 2. und 3.) seit 20057 4 Persönliche Budgets werden im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe nach SGB XII<br />

(„Eingliederungshilfe“) an leistungsberechtigte Menschen mit Behinderung alternativ<br />

zu einer Sachleistung („Geld oder Liebe“? – „Wohnheim oder Geld?“) als pauschalierte<br />

Geldbeträge in drei Stufen ausgezahlt. Aktuelle Stufungen und Monatsbeträge<br />

sind Stufe 1 (€ 200,­), Stufe 2 (€ 400,­) und Stufe 3 (€ 770,­). Im Mai 2007 hat das<br />

zuständige Ministerium in Mainz die Obergrenze persönlicher Budgets an die Sachleistungsgrenze<br />

stationärer Hilfen nach oben erweitert.<br />

5 Vgl. § 17 SGB IX und die Budgetverordnung nach § 21 a SGB IX; s. auch: www.bud­<br />

get.paritaet.org<br />

6 umfangreiche Information und Darstellung: www.pflegebudget.de<br />

8<br />

7 umfangreiche Information und Darstellung: www.integriertesbudget.de<br />

rEFErAtE<br />

Die „Geldleistung“ in der Hilfe und Unterstützung<br />

für Menschen mit Behinderung von Joachim Speicher<br />

<strong>impulse08Tagungsbericht</strong> _ 43

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