impulse08Tagungsbericht - Lebenshilfe Berlin
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Wünsche von Familienmitgliedern mit Behinderungserfahrung<br />
Heide BesucH (links), eltern beraten eltern e.V. und Judy GummicH (rechts), Projektleiterin<br />
„Lebensübergänge“ ebenfalls bei eltern beraten eltern e.V.<br />
NormalisieruNgspriNzip, iNtegrative WohNformeN,<br />
heterogeNität uNd vielfältige, soziale verNetzuNgeN<br />
Sohn: Ja klar möchte ich „ganz normal“ mit anderen jungen Leuten<br />
zusammen in der WG. wohnen. Alle arbeiten, studieren oder gehen<br />
zur Schule. Vielleicht fährt einer auch Moped oder Auto? – Mit den<br />
Leuten möchte ich etwas unternehmen, zum Billard gehen oder Partys<br />
feiern. Ich möchte in meinem Kiez bleiben, in dem ich groß geworden<br />
bin. Hier kennen mich viele Leute, die mich brauchen.<br />
Mal schnell rüber zu meinen Eltern, gucken, ob meine Mutter nicht<br />
traurig ist. Klasse wäre es, mit dem Bruder im Sommer zum Schwimmen<br />
zu gehen. – Unsere Leute aus der Kirchengemeinde sind auch<br />
so nett, da war ich in der Kita.<br />
Ich möchte ausprobieren, wie es mit dieser WG klappt oder ob es in<br />
einer gemischten WG besser geht? Meine Freundin bleibt dann über<br />
Nacht, das ist doch klar. Mein alter Klassenkamerad, mit dem Rolli muss<br />
dabei sein! Wenn wir etwas zusammen machen, lacht er immer.<br />
Wenn ich in der WG oder bei der Arbeit Stress habe, rufe ich meine<br />
Oma an und erzähle ihr alles oder sause mal eben zu meiner Familie.<br />
Einen Garten fände mein Vater schön, wichtiger fände ich aber die<br />
U-Bahn und viele Läden, in denen man rumstöbern kann.<br />
transparenz, zusammenarbeit, fließende Übergänge, zukunftswerkstatt<br />
Mutter: Immer dieses nicht Loslassen können, was uns da untergeschoben<br />
wird. Damit haben wir die Schuld, wenn es schwierig ist.<br />
– Dabei darf ich gar nicht loslassen. – Meine Elternpflicht ist, unsere<br />
Söhne und Töchter lebenslang zu begleiten. Wir sind das hoch motivierte<br />
und nachhaltigste Netzwerk unserer Kinder!<br />
Diese Ressource wollen wir einsetzen und nicht außen vor lassen. –<br />
Transparenz in den Lebenszusammenhängen des WG-Alltags gibt<br />
uns Sicherheit und Vertrauen. Wir wollen nicht nur ab und zu Besucher<br />
sein, sondern uns einbringen und ein Gefühl für das Leben unserer<br />
Kinder bekommen. Die Übergänge von zu Hause zur WG sollen<br />
fließen. Selbstbestimmung soll an erster Stelle stehen! Mal sind die<br />
jungen Leute in der WG, mal bei den Eltern. Kein Reglement durch<br />
Dienstpläne, sondern freie Wahlmöglichkeit.<br />
menschen mit Behinderung und ihre Familien wünschen sich inklusive Angebote in ihrem<br />
sozialen umfeld und erwarten von mitarbeitern eine Begegnung auf Augenhöhe.<br />
reFerAte<br />
Wünsche von familienmitgliedern mit Behinderungserfahrung von Heide Besuch<br />
5<br />
Wir Eltern, die jungen Leute und die Assistenten sind ein Team, das<br />
zusammen arbeitet, um für die individuellen Bedürfnisse der Bewohner<br />
Sorge zu tragen. Unser soziales Netzwerk kann bei jungen<br />
Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, z.B. im Rahmen der<br />
Zukunftskonferenz, Prozesse der Persönlichkeitsentwicklung begleiten.<br />
Durch alle Möglichkeiten des normalen Miteinanders nutzen wir<br />
die soziale Spiegelung, damit entsteht Solidarität und Sicherheit für<br />
unsere jungen Menschen.<br />
veränderung des Beziehungsfeldes: du bist oK!<br />
Tochter: Total komisch ist mir, wenn ich bei den WG-Besprechungen<br />
dabei bin. – Hier sitzt mein Bruder, da die Betreuer und Eltern. Furchtbar,<br />
wie er sich fühlen muss, wenn dann Dinge besprochen werden,<br />
die nicht klappen. Wir hier – Du da!<br />
Da wird sortiert, das macht ihn klein und ist sehr peinlich. – Ich würde<br />
mir das nicht gefallen lassen, er muss es aushalten? In einer normalen<br />
WG gäbe es solche Situationen gar nicht! Ich wünsche mir für Ihn,<br />
dass wir sehen, wo er richtig Klasse ist und das ihm auch uneingeschränkt<br />
zeigen. Du bist OK Bruder, und wir erziehen und therapieren<br />
nicht ewig an dir herum. Du darfst an den Herausforderungen<br />
auch mal scheitern. Wir trauen dir zu, dass du weißt, wie du es dann<br />
anders machen kannst.<br />
Kulturelle Werte<br />
Tante: Schwierig ist es, Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund<br />
achtsam zu erfassen. Da ist es möglicherweise undenkbar, Menschen<br />
mit Assistenzbedarf an einem anderen Ort als in der Familie zu<br />
pflegen. Wir brauchen für Familien mit Migrationshintergrund Entlastung,<br />
altersentsprechende Angebote und Weiterentwicklungsmöglichkeiten!<br />
sorge, machtmissbrauch, isolation<br />
Vater: Große Sorge macht uns die Isolation in Wohnstätten und WGs,<br />
in die unsere Söhne und Töchter mit Assistenzbedarf geraten können.<br />
Durch fehlende Außenperspektiven und Korrektive besteht die Möglichkeit,<br />
in einem Umfeld von ausschließlich professionell helfenden<br />
Menschen leben zu müssen, die das Zusammenleben bestimmen.<br />
<strong>impulse08Tagungsbericht</strong> _ 35